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Ist die Aktenversendungpauschale angefallen? oder: Vollständige Originalakte und Rücksendepflicht

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Zum Schluss der Woche gibt es heute drei gebührenrechtliche AG-Entscheidungen mit kurzen, knappen Begründungen zu Fragen, die immer wieder eine Rolle spielen. Zunächst hier zwei Entscheidungen zur Aktenversendungspauschale.

Da weise ich dann zunächst (noch einmal) hin auf den AG Vechta, Beschl. v. 21.10.2022 – 93 OWi 234/22. In dem zugrunde liegenden Bußgeldverfahren hatte der Betroffene die Übersendung des Beschilderungsplans beantragt, der war ihm aber nicht zur Verfügung gestellt worden, was das AG als rechtsfehlerhaft angesehen hat. Der Landkreis hatte aber dennoch die Aktenversendungspauschale geltend gemacht. Diesen Kostenansatz hat das AG aufgehoben:

„b) Der vom Landkreis Vechta erlassene Kostenansatz der Pauschale von 12 Euro für die Versendung der Akte ohne des Beschilderungsplanes war aufzuheben, da dieser rechtswidrig ist Die Aktenversendungspauschale gern. § 107 Abs. 5 OWiG fällt nur bei Übersendung der vollständigen Originalakte an (Gassner/Seith/Sandherr, 2. Auflage 2020, § 107 OWiG Rn. 29). Da der Beschilderungsplan zum notwendigen Bestandteil der Akte gehört, hätte dieser mitübersendet werden müssen, was nicht der Fall war.“

Und als zweite Entscheidung hier dann der AG Langenburg, Beschl. v. 08.11.2022 – 1 Cs 36 Js 543/22 – mit folgender Aussage:

„Die Aktenversendungspauschale nach KV 9003 GKG kann nur erhoben werden, wenn eine Rücksendepflicht besteht. Bei Übersendung von Fotokopien eines Teils oder aber der gesamten Akte zum Verbleib fällt neben den Schreibauslagen daher keine Aktenversendungspauschale an.“

Einsicht III: Notwendige Beweise im OWi-Verfahren, oder: Beschilderungsplan

Und zum Tagesschluss dann noch einmal etwas aus dem Bußgeldverfahren. Es geht wieder um Einsicht in Unterlagen. Aber dieses Mal nicht um Messdatei usw., sondern um den sog. Beschilderungsplan. Auch der ist dem Betroffenen zur Verfügung zu stellen. So das AG Vechta im AG Vechta, Beschl. v. 21.10.2022 – 93 OWi 234/22:

„a) Der Landkreis Vechta war antragsgemäß zu verpflichten, den Beschilderungsplan beizuziehen. Der Beschilderungsplan ist ein notwendiges Beweismittel, welches unabdingbar für die Prüfung des Vorliegens der hier vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit erforderlich ist Sowohl der Landkreis Vechta als auch der Verteidiger müssen anhand des Beschilderungsplans prüfen, ob zur Tatzeit am Tatort tatsächlich ein Überholverbot angeordnet war. Da der Landkreis Vechta nur bei Vorliegen und Einsehen des Beschilderungsplans die Verwirklichung des hier betr. Ordnungswidrigkeitentatbestandes bejahen kann, obliegt es ihm, den Beschilderungsplan zum Bestandteil der Akte zu machen. Diese Aufgabe kann nicht auf den Verteidiger übertragen werden, indem diesem aufgetragen wird, bei einer dritten Stelle vor Ort den Beschilderungsplan einzusehen. In diesem Zusammenhang ist dem nicht örtlich ansässigen Verteidiger aufgrund der deutlichen Entfernung nicht zuzumuten, für die Einsichtnahme an den Sitz der Autobahn GmbH in Osnabrück anzureisen.“