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Traffistar S 350: Beweiserhebungs-, aber kein Beweisverwertungsverbot in Mettmann

Zum Wochenauftakt dann das AG Mettmann, Urt. v. 14.02.2017 – 32 OWi 723 Js 1214/16-461/16. Es geht um einen „Blitzer“ auf der BAB A 3. Gemessen wird mit Traffistar S 350. Das AG sagt: TraffiStar S 350 ist ein standardisiertes Messverfahren.

Interessant ist die Entscheidung aber vor allem aus einem anderen Grund: Geltend gemacht war ein Beweisverwertungsverbot wegen eines Verstoßes gegen § 48 OBG NW. Danach ist die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen durch die Kreisordnungsbehörden nur mit in fest installierten Anlagen eingesetztem technischen Geräten zulässig. TraffiStar S 350 ist aber nach Auffassung des AG – insoweit zutreffend – nicht fest installiert.

Ein Beweisverwertungsverbot hat das AG hingegen abgelehnt:

„Unter Abwägung der vom BGH vorgegebenen Kriterien kann hier kein Beweisverwertungsverbot angenommen werden. Vorliegend ist eine Vorschrift über die Zuständigkeit für die Erhebung eines Beweismittels beeinträchtigt. Diese dient der Aufgabenteilung im Bereich der Verkehrsüberwachung zwischen der Polizei und der Ordnungsbehörde und ist Ausprägung des in NRW geltenden Trennungssystems. Damit es zu keiner Verschwendung von Ressourcen kommt, ist es erforderlich die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder gegeneinander abzugrenzen. Dies ist durch die Regelung des § 48 Abs. 2 S. 3 OGB geschehen. Eine solche Vorschrift dient nicht, zumindest nicht in erster Linie, dem Schutz des Betroffenen, sondern wie ausgeführt, der Verhinderung der Verschwendung von Ressourcen. Die Grundlagen der verfahrensrechtlichen Stellung des Betroffenen werden durch diesen Verstoß nicht im Ansatz berührt. Der Betroffene kann gegen eine Messung durch die Ordnungsbehörde ebenso vorgehen wie gegen eine Messung durch die Polizei. Auch besteht kein unterschiedlicher Bewertungsmaßstab je nachdem wer die Messung durchgeführt hat. Letztlich ist es für den Betroffenen selbst und seine Stellung im Verfahren völlig unerheblich, ob die Messung nun von der Ordnungsbehörde oder der Polizei durchgeführt wird.

Es handelt sich bei der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um Ordnungswidrigkeiten von einigem Gewicht. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist eine der Hauptursachen von Verkehrsunfällen. Die weit überwiegende Anzahl der Verkehrsordnungswidrigkeiten, die durch das hiesige Messverfahren geahndet werden, sind nach § 4 Abs. 2 StVG und der Bußgeldkatalogverordnung mit mindestens einem Punkt im Fahreignungsregister und oft mit einem Fahrverbot belegt. Aus dieser Bewertung und der letztendlichen Konsequenz aus der Ansammlung von Punkten im Fahreignungsregister (Entzug der Fahrerlaubnis) kann bereits die erhebliche Bedeutung (im Rahmen der Ordnungswidrigkeiten) der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erkannt werden.

Es ist auch die Möglichkeit der hypothetisch rechtmäßigen Beweiserlangung zu berücksichtigen. Wäre die Anlage von der Polizei aufgestellt worden, läge ein Verstoß gar nicht vor und die Messungen wären insoweit unproblematisch zu verwerten. Dabei kann wohl dahin stehen, ob die Messungen durch die Kreispolizeibehörde oder durch die Autobahnpolizei durchzuführen wäre, da es sich bei beiden Behörden, um die Polizei im Sinne des § 48 Abs. 2 OBG handeln dürfte.

Eine solche schwerwiegende Rechtsverletzung, die durch das besondere Gewicht der jeweiligen Verletzungshandlung bei grober Verkennung der Rechtslage geprägt ist, liegt hier nicht vor. Zum einen ist schon das besondere Gewicht der Verletzungshandlung zu verneinen, da „lediglich“ gegen eine Zuständigkeitsvorschrift verstoßen wurde und zum anderen liegt auch keine grobe Verkennung der Rechtslage vor, da die Auffassung der Ordnungsbehörde zumindest rechtlich vertretbar erscheint und die Frage für ein solches Gerät nicht (ober)gerichtlich geklärt ist. Zumal die Auffassung der Ordnungsbehörde teilweise auch vom Amtsgericht Mettmann vertreten wird. Die Rechtslage ist damit nicht eindeutig, sondern auslegungsbedürftig. Daraus ergibt sich auch, dass ein bewusster oder willkürlicher Verstoß hier nicht vorliegt.“

Na, das mag für die Vergangenheit ggf. richtig sein. Aber: Was ist für die Zuknuft, wenn der Kreis Mettmann, um den es hier geht, in Kenntnis des vom AG angenommenen Beweiserhebungsverbotes weiterblitzt? Wir werden dazu sicherlich etwas vom OLG Düsseldorf hören. Hoffentlich Gutes 🙂 .

(Keine) Verjährungsunterbrechung, oder: Bloß keine Vollmacht vorlegen

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Aus der „Rubrik“/Gruppe von Entscheidungen mit der Überschrift: „Bloß keine Vollmacht vorlegen“ stammt der AG Mettmann, Beschl. v. 25.01.2017 – 32 OWI 174/16. Es geht um die Zustellung eines Bußgeldbescheides und die damit (nicht) herbeigeführte Verjährungsunterbrechung. Letzte die Verfolgungsverjährung unterbrechende Handlung war die Anhörung des Betroffenen vom 11.12.2015. Verfolgungsverjährung ist daher am 11.03.2016 eingetreten. Zwischendurch ist zwar noch der Bußgeldbescheid erlassen worden. Aber:

„Für den Bußgeldbescheid vom 22.01.2016 findet sich keine Zustellungsurkunde in der Akte. Die Verwaltungsbehörde beruft sich auf eine „Zustellung nach § 50 Abs. 2 OWiG durch Empfangsbekenntnis“, da der Rechtsanwalt Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hat. Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung Verjährung eingewendet, da der Bußgeldbescheid seinem Mandanten nicht zugestellt worden sei. Er habe Einspruch eingelegt, da ihm der Bußgeldbescheid formlos übersandt worden sei.

50 Abs. 2 OWiG lautet: „Bei der Bekanntmachung eines Bescheides der Verwaltungsbehörde, der durch einen befristeten Rechtsbehelf angefochten werden kann, ist die Person, an die sich die Maßnahme richtet, über die Möglichkeit der Anfechtung und die dafür vorgeschriebene First und Form zu belehren.“ Wie sich daraus die Zulässigkeit der Zustellung per Empfangsbekenntnis ergeben soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch aus der Kommentierung ist nichts Entsprechendes ersichtlich. § 50 Abs. 2 OWiG schreibt viel mehr die Rechtsbehelfsbelehrung zwingend vor.

Nach § 51 Abs. 1 OWiG richtet sich das Zustellungsverfahren nach dem Landeszustellungsgesetz (LZG). Im LZG ist u.a. die Zustellung durch die Post mittels Zustellungsurkunde (§ 3), mittels Einschreiben (§ 4), durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis, und die Zustellung an Bevollmächtigte (§ 7) geregelt. Die Behörde hat nach § 2 Abs. 3 LZG die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten. Hier hat sich die Behörde für die Zustellungen durch die Post mittels Zustellungsurkunde entschieden. Allerdings ist die Zustellungsurkunde durch die Post verloren gegangen. Somit liegt ein Nachweis für die Zustellung erst mal nicht vor.

Nach § 8 LZG gilt das Schriftstück in einem solchen Fall als zugestellt, wenn es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Dieser Zeitpunkt ist aus der Akte jedoch nicht ersichtlich. Dieser Zeitpunkt muss aber nachweislich, also feststellbar, sein. Der Eingang beim Verteidiger ist insoweit nicht ausreichend, da der Verteidiger nach § 7 Abs. 1 LZG, wie auch nach § 51 Abs. 3 OWiG, nicht empfangsberechtigt war. Es lag zum Zeitpunkt der Zustellung keine schriftliche Vollmacht vor. Auch bis heute befindet sich eine solche nicht bei den Akten (auch wenn laut BI. 22 d.A. dem Schreiben eine solche beigefügt gewesen sein soll). Neben der Zustellung an den Betroffenen ist dem Verteidiger auch formlos eine Abschrift des Bescheides übersandt worden (BI. 3 d.A.). Der Einspruch des Verteidigers sagt damit nichts über den Zugang des Bescheides beim Betroffenen aus. Auf diesen kommt es aber entscheidend an. Es ist im Rahmen des Möglichen (und sogar sehr wahrscheinlich), dass der Verteidiger beauftragt war, grundsätzlich gegen jeden Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Der Rückschluss, dass der Betroffene auch zwingend Kenntnis vom Bußgeldbescheid hatte, als der Verteidiger Einspruch eingelegt hat, ist nach hiesiger Auffassung nicht möglich.

Die Verjährung ist daher durch den Bußgeldbescheid nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG nicht unterbrochen worden. Die Ordnungswidrigkeit vom 23.11.2015 ist daher verjährt.“

Rechtspfleger als Gesetzgeber? – oder: Ich lasse mir ein RVG stricken, das mir passt.

Ich hatte vor einigen Tagen über zwei Beschlüsse des AG Mettmann berichtet, die zur Frage des Anfalls der Nr. 4141 VV RVG bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ergangen waren, vgl. hier „Zusätzliche Gebühr – die 2.„. Diese hatte mir ein Kollege übersandt, der beim AG Mettmann mit dem dort zuständigen Rechtspfleger im Dauer-Clinch liegt.

Ich wage nun die Behauptung: Der Rechtspfleger hat die Abänderung seiner Festsetzungen durch zwei Richter am AG Mettmann durch die beiden bereits mitgeteilten Beschlüsse offenbar nicht verwunden bzw. persönlich genommen. Anders kann man nämlich m.E. folgenden Sachverhalt nicht verstehen/erklären:

Der Kollege hat inzwischen wieder eine Festsetzung der Nr. 4141 VV RVG im Fall des § 154 Abs. 2 StPO anhängig. Es ist zur Entscheidung der Rechtspfleger berufen, der auch schon die anderen Fällen entschieden hat. Nun richtet er sich aber wieder nicht nach der Auffassung der beiden Amtsrichter seines Gerichts. Nein, er teilt, dem Kollegen mit, dass wegen der Frage eine Petition beim Bundestag anhängig ist, in der eine Ergänzung der Nr. 4141 VV RVG angeregt wird, die dahin lauten soll, dass in den Fällen der § 154 StPO die Nr. 4141 VV RVG nie entsteht. Abgesehen davon, dass m.E. Quatsch ist/wäre und der ganz h.M. in der Frage entgegenstehen würde – aber was stört das unseren Rechtspfleger – finde ich es schon erstaunlich, dass sich der Rechtspfleger nun offenbar auch noch als Gesetzgeber fühlt bzw. sich als solcher versucht. Und was noch besser ist und die Sache krönt: Er teilt dem Kollegen mit, dass er die Entscheidung über seine Erinnerung aussetzt bis über die Petition – natürlich im Sinne des Rechtspflegers – entschieden ist. Wahrlich keck, gelinde ausgedrückt. Der gute Mann ist offenbar nicht gewillt, das geltende Recht anzuwenden, sondern verfährt nach dem Motto: Ich stricke mir ein RVG, das mir passt (hier übrigens der Wortlaut seiner Verfügung).

Im Übrigen. Der Rechtspfleger ist nicht nur an dieser Stelle rechtschöpfend tätig. Er hat auch noch zumindest eine weitere Petition laufen. Auch die liegt m.E. neben der Sache, hat aber schon Mitzeichner gefunden; vgl. hier die andere Petition. Ich vermute Kollegen.

Das bringt mich zum Aufruf: Rechtsanwälte vereinigt Euch. Strickt euch auch ein RVG :-).

Vermisst: Das betriebswirtschaftliche Denken der Justiz…

Manchmal will man es nicht glauben, wenn man eine Entscheidung liest, dass es wirklich wahr ist, dass in der Frage, die behandelt wird, gestritten wird.

So ergeht es mir beim Beschluss des AG Mettmann vom 29.04.2010 – 31 Ds-422 Js 739/09-194/09. Der Beschluss selbst ist goldrichtig, Denn es entspricht der allgemeinen Auffassung der Obergerichte, – so auch das AG -, dass die Beurteilung der Frage, was zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich ist, grundsätzlich dem Rechtsanwalt überlassen ist, denn er, nicht das Gericht, das nachträglich über die Berechnung oder Erstattbarkeit der Dokumentenpauschale zu entscheiden hat, ist für die anvertraute Führung der Rechtssache verantwortlich. Also: Letztlich schadet nur Missbrauch.

Erstaunt war ich, als ich las, um welche Summe es ging: 4 (in Worten: vier) Kopien waren nach Auffassung des Rechtspflegers nicht erstattungsfähig und sind abgesetzt worden. Wer hat eigentlich mal aus-/berechnet, was das die Staatskasse kostet und ob es nicht billiger wäre festzusetzen. Aber: Wer nicht hören will, muss fühlen und bekommt dann eine Abfuhr von der Richterin. Deren Beschluss liest sich schon leicht säuerlich. Sie hat sicherlich besseres zu tun, als solche Sachen zu entscheiden. Sehr schön dazu auch AG Bochum, und zwar hier. Da hatte der Direktor des AG sich selbst geäußert.