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Ein (versteckter) Vollmachtstrick, oder was?

BleistiftUnter dem Stichwort der „Verjährungsfalle“ und/oder „Vollmachtstrick haben wir vor einiger Zeit die Fälle der Vorlage einer sog. außergerichtlichen Vollmacht diskutiert, wenn dann anschließend nach einer Zustellung eingewandt wird, der Rechtsanwalt, an den zugestellt worden ist, sei kein Verteidiger bzw. er zum Zeitpunkt der Zustellung habe keine Zustellungsvollmacht gehabt. (§§ 145a StPO, 51 RVG). Die OLG haben dem Vorgehen/Verhalten einen „Riegel vorgeschoben“ und sind mit unterschiedlicher Begründung zu einer wirksamen Zustellung gekommen. Hat mich nicht überzeugt, aber nun, muss man hinnehmen und sich darauf einstellen und nach Möglichkeit eben überhaupt keine Vollmacht vorlegen.

In diese Problematik passt (wirklich??) der AG Lüdinghausen, Beschl. v. 14.10.2014 – 19 OWi-89 Js 1652/14-166/14 -, der mich allerdings ein wenig ratlos zurücklässt. Das AG führt zur nachträglichen Vorlage einer Zustellungsvollmacht aus:

„Die weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist ausgeschlossen, weil inzwischen Verjährung eingetreten ist. Die in Rede stehende Tat ist am 22. Mai 2014 begangen worden. Die Verfolgungsverjährung wurde im Anschluss durch Verfügung des Anhörungsschreibens am 16. Juni 2014 unterbrochen. Der sodann ergangene Bußgeldbescheid vom 25. Juli 2014 dagegen hatte keine verjährungsunterbrechende Wirkung, da er nicht wirksam zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgte nämlich gegen Zustellungsurkunde an den Verteidiger. Gleichzeitig wurde eine Zustellung angeordnet an den Betroffenen, die jedoch nicht stattgefunden hat. Die Zustellungsurkunde hinsichtlich der Zustellung an den Verteidiger datiert vom 26. Juli 2014. Eine Verjährungsunterbrechung hierdurch konnte jedoch nicht stattfinden, da der Verteidiger zu dieser Zeit sich zwar als Verteidiger gemeldet hatte, sich seine Vollmacht jedoch nicht bei der Akte befand. Die Vollmacht wurde vielmehr erst mit Schreiben vom 12. September 2014 eingereicht. Eine solche erst nach Zustellung zur Akte gereichte Vollmacht ist nicht ausreichend, eine vorherige Zustellung wirksam erscheinen zu lassen oder nachträglich zu heilen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. 4. 2008 – 2 Ss (OWi) 191, 101/07 = NStZ 2008, 534). Die fehlende wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides führt ferner dazu, dass die Verlängerung der Verjährungsfrist für die Verfolgungsverjährung sich nicht im Sinne des § 26 Abs. 3 StVG von drei auf sechs Monate verlängert. Damit war die Verfügung des Anhörungsbogens die letzte die dreimonatige Verjährungsfrist unterbrechende Handlung im Verfahren. Am 16.9.2014 ist damit Verfolgungsverjährung eingetreten, da die nächst möglich verjährungsunterbrechende Handlung (Eingang der Akten bei Gericht) vom 10.10.2014 datiert und so nicht mehr in den Lauf der Verjährungsfrist fällt.“

So weit an sich grundsätzlich richtig. Aber: Hmm, und nun bzw. was ist/war das nun für eine Konstellation? War es der Aufbau einer „Verjährungsfalle“ bzw. der Versuch? Und hilft die angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf wirklich weiter? Denn der Beschl. v. 17.04.2008 -IV-2 Ss (OWi) 191/07 – (OWi) 101/07 – ist gerade der, in dem das OLG Düsseldorf zur „Verjährungsfalle“ Stellung nimmt, und zwar mit den Leitsätzen:

„1. Einem Rechtsanwalt, der in dem behördlichen Bußgeldverfahren tatsächlich als Verteidiger beauftragt und tätig ist, jedoch aus taktischen Erwägungen („Verjährungsfalle“) lediglich eine „außergerichtliche Vollmacht“ zu den Akten gereicht hat, kann der Bußgeldbescheid nach § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG wirksam zugestellt werden.

2. Ein Zustellungsmangel wird auch dann geheilt, wenn der Empfänger im Zeitpunkt der Zustellung nicht empfangsberechtigt war, jedoch durch die nachträgliche Erteilung einer Zustellungsvollmacht empfangsberechtigt wird.“

Und das AG schreibt selbst: „da der Verteidiger zu dieser Zeit sich zwar als Verteidiger gemeldet hatte, sich seine Vollmacht jedoch nicht bei der Akte befand.“ In den Fällen gehen die OLG aber ggf. von einer wirksamen Zustellung aus – „als Verteidiger“ gemeldet, weil sie den § 145a StPO bzw. den § 51 OWiG so verstehen/auslegen, dass sich die Vollmacht nicht bei der Akte befinden muss, sondern es ausreichen soll, wenn sich die Bevollmächtigung aus der Akte ergibt. Und da soll schon ausreichen, dass der Rechtsanwalt Akteneinsicht durch Übersenden der Akten in sein Büro beantragt hat, weil diese Form der Akteneinsicht nur einem Verteidiger zusteht ( § 147 Abs. 4 StPO). Und/oder: Wann ist die Vollmacht mit welchem Inhalt erteilt?

Also Fragen über Fragen, die allerdings, den Betroffenen und den Verteidiger, nachdem eingestellt worden ist, nicht mehr interessieren werden. Sie werden sich freuen. Vielleicht ist ja auch eine versteckte Abkehr von der Rechtsprechung zur „Verjährungsfalle“ ?

Als Fazit dann nochmals (mal wieder): Keine Vollmacht vorlegen, muss man ja auch nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.09.2011 – 2 BvR 449/11 und dazu: (vgl. hier “Triumph im Vollmachtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht“ und “Gratulation zum “Triumph im Vollmachtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht”).

Manchmal ein wenig „blumig“ beim AG, das den Betroffenen „leider …. verurteilen“ muss

entnommen openclipart.org

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Ich hatte am Freitag über das BGH, Urt. v. 14.08.2014 –  4 StR 163/14 – berichtet (vgl. Kleiner Grundkurs im Abfassen von Urteilsgründen: Da darf nichts “hoch kochen”…). Das Fazit daraus ist m.E., dass der BGH eine sachliche, klare und letztlich emotionslose Abfassung der Urteilsgründe anmahnt/fordert. Dazu passt dann ganz gut 🙂 das AG Lüdinghausen, Urt. v. 12.05.2014 – 19 OWi-89 Js 511/14-46/14 – mit dem ich mich am Wochenende aus ganz anderem Grund befasst hatte. Da ist dann m.E. ein wenig „blumig“ formuliert, wenn es heißt:

„Der Betroffene hat sich genau, wie vorstehend geschildert, eingelassen zur Ursache der Geschwindigkeitsüberschreitung. Der Betroffene hat das Ereignis lebhaft geschildert, so dass das Gericht keinen weiteren Aufwand betrieben hat, sondern einfach der Einlassung des Betroffenen geglaubt hat. Diese Einlassung musste leider aber auch dazu führen, dass der Betroffene wegen Vorsatzes zu verurteilen war. Das Gericht hat insoweit einen rechtlichen Hinweis in der Hauptverhandlung erteilt.“

Man fragt sich: „Einfach geglaubt“ ? Ja, was denn sonst, wenn man der „lebhaft“ (?) geschilderten Einlassung des Betroffenen folgen will. Und warum „leider“ wegen Vorsatzes zu verurteilen? Wenn das Gericht von der Richtigkeit der lebhaften Einlassung des Betroffenen überzeugt ist, dann muss es ihn verurteilen. was gibt es dazu bedauern – „leider“. Den Betroffenen wird es eher verwundern, wenn er den Eindruck bekommt, dass das Gericht ihn „leider“ wegen Vorsatzes verurteilen muss, also offenbar lieber nur wegen Fahrlässigkeit verurteilt oder gar frei gesprochen hätte.

In der Sache hat das AG allerdings Recht. Der Betroffene hat aufgrund der getroffenen Feststellungen zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.

„Der Betroffene fuhr nämlich mit weiteren Berufskollegen, die seinem Fahrzeug in einem anderen Fahrzeug folgten in Kolonne. Unmittelbar vor der Messstelle überholte der Betroffene einen Lkw. Er bemerkte dann, dass aus einer Einfahrt vor dem überholten Fahrzeug ein Fahrzeug sich auf die Gegenrichtung einordnete. Der Betroffene befürchtete einen Kollision und wollte wegen des ihm folgenden Fahrzeuges nicht bremsen und sich hinter das überholte Fahrzeug einsortieren, obgleich der hinter ihm fahrende Fahrzeugführer dies tat. Er entschied sich dann bewusst dazu Vollgas zu geben, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu überschreiten,  die er zuvor aufgrund eines eingestellten Tempomats eingehalten hatte. So überholte er mit deutlich höherer Geschwindigkeit als 100 km/h bewusst das überholte Fahrzeug und scherte auf die rechte Fahrspur ein. Hier bremste er nicht, sondern fuhr ungebremst weiter in der Hoffnung, der Tempomat werde die Geschwindigkeit schon wieder regulieren.“

Aber: „In diesem Augenblick konnte der Betroffene glücklicherweise durch die Polizei C bei seinem vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoß mit dem genannten Messgerät „geblitzt“ werden.“ Also dann doch nicht „leider“ wegen eines vorsätzlichen Verstoßes verurteilt?

Amtsgerichtliches „obiter dictum“, oder: Warum?

Manchmal ist man von Entscheidungen ziemlich überrascht. So ist es mir mit dem AG Lüdinghausen, Urt. v. 17.02.2014 – 19 OWi-89 Js 86/14-14/14 – ergangen, das das AG zur Prüfung der Frage der Veröffentlichung übersandt hat. Das AG hatte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO – verbotene Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr – verurteilt. Der Leitsatz der Entscheidung:

„Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO liegt auch vor, wenn der Betroffene ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegendes Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku aufgeladen werden muss, wegen der Blendung beim Fahren in die Hand nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt, um eine weitere Blendung zu vermeiden.“

Na, da habe ich schon Bedenken, denn was hat das noch mit Kommunikation zu tun? Und ist das nicht doch nicht nur ein bloßes Verlegen des Geräts? Wahrscheinlich hat das AG auf den fast leeren Akku und darauf abgestellt, dass der Betroffene auf das Mobiltelefon geschaut hat. Aber reicht das aus, wenn ich feststelle: „um eine weitere Blendung zu vermeiden„? Wird die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO dann nicht allmählich zu weit und zu unbestimmt?

Aus dem Urteil ergibt sich leider nichts Näheres. Denn das Urteil ist rechtskräftig und das AG hat nur mit einem Zusatz gearbeitet (also BGH- und OLG-like). Und da liest man dann und ist – ich zumindest – überrascht:

„Zwar ist der Betroffene durch die Aussage des am Tatort eingesetzten Polizeibeamten überführt worden, sein Handy in der rechten Hand gehalten und mit dem Daumen auf dem Handy herumgetippt zu haben, was unzweifelhaft ein verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons und somit einen Verstoß gegen das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO darstellt. Er wäre jedoch auch nach seiner eigenen Einlassung wegen Verstoßes gegen diese Vorschrift zu verurteilen gewesen, da er geltend gemacht hat, er habe das Handy auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegen gehabt. Das Handy habe aufgeblendet und hierdurch angezeigt, dass der Akku aufgeladen werden müsse. Der Betroffene führte aus, er sei durch das aufleuchtende Handy geblendet gewesen. Er habe das Handy deshalb in die Hand genommen, darauf geschaut und es dann zur Seite gelegt, damit es ihn nicht blende. Auch dies würde ein Benutzen im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO darstellen.“

Ah, also „herumgetippt “ hat er der Betroffene, „unzweifelhaft ein verbotswidriges Benutzen eines Mobiltelefons“. Warum dann aber das „obiter dictum“ zum „aufgeblendeten Akku“. Manchmal ist/wäre weniger mehr und das Weniger würde zu weniger Verwirrung führen. Jedenfalls bei mir.

„ein drückendes Problem“ – das AG Lüdinghausen und der Stuhldrang

entnommen wikimedia.org Urheber Okimicroline

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Urheber Okimicroline

Gelegentlich dann mal doch noch Entscheidungen zum Fahrverbot, allerdings nicht aus der Feder eines OLG-Senats, sondern vom AG Lüdinghausen im AG Lüdinghausen, Urt. v. 17.2.2014 – 19 OWi 89 Js 155/14 – 21/14  mit zwei ganz interessanten Fragen: Nämlich einmal die Frage der Rechtfertigung des Geschwindigkeitsverstoßes und dann eine Spezialproblematik bei der Frage: Erhöhung der Geldbuße. Im Einzelnen

Mit seiner Einlassung: Notstandsähnliche Situation, hatte der Betroffene keinen Erfolg. Das AG nimmt die die Einlassung: „Stuhldrang“ offenbar nicht ab; das ist m.E. dem Urteil deutlich anzumerken. Es untersucht die Frage dann beim Fahrverbot im Rahmen eines Augenblickversagens, was m.E. systematisch nicht ganz sauber ist, da im Fall des Vorliegens dieses Rechtsfertigungsgrundes der Betroffene hätte frei gesprochen werden müssen. Die Frage: Augenblicksversagen bzw. geminderte subjektive Vorwerfbarkeit stellt sind dann erst in einem zweiten Schritt. Das AG führt insoweit aus:

„Soweit sich der Betroffene dahin eingelassen hat, er habe den Geschwindigkeitsverstoß deshalb begangen, weil er unaufmerksam gewesen sei infolge eines starken Stuhldrangs, so konnte dies nicht zu einem Absehen vom Fahrverbot aufgrund einer so genannten „notstandsähnlichen Situation“ führen. Zwar hat der Betroffene glaubhaft erklärt, er habe diesen Stuhldrang während der Fahrt verspürt, sei dann auch mit unangepasster Geschwindigkeit an der Messstelle entlang gefahren und habe schließlich wenige Meter nach dem Ende des Geschwindigkeitsbegrenzungsbereichs ein Maisfeld aufgesucht, um dort seine Notdurft zu erledigen. Dies entschuldigt jedoch den in Rede stehenden Geschwindigkeitsverstoß nicht, da der Betroffene ergänzend glaubhaft ausgeführt hat, er habe bereits vor Erreichen der Geschwindigkeitsbegrenzungszone Probleme in seinem Darm wahrgenommen, unter denen er bereits seit geraumer Zeit leide. Vor diesem Hintergrund hätte der Betroffene erwägen müssen, ob er überhaupt in der Lage war, die Fahrt anzutreten. Gegebenenfalls hätten Umwege gefahren werden müssen, um es jederzeit zu ermöglichen, einem plötzlichen Stuhldrang nachzukommen. Auch hätte sich eine frühzeitige Fahrtunterbrechung oder gar  -beendigung angeboten.“

Na ja, nicht zwingend, aber vertretbar.

Das AG beschränkt dann aber das Fahrverbot und nimmt die Fahrerlaubnisklassen C und CE aus. Eine Erhöhung der Geldbuße lehnt es ab – gegen die h.M. der OLG:

§ 4 Abs. 4 BKatV („Erhöhung der Geldbuße bei Absehen vom Fahrverbot“) kam hier nicht zur Anwendung, da es sich nach Ansicht des Gerichtes bei der Beschränkung des Fahrverbotes auf einzelne Fahrzeugarten nicht um ein teilweise Absehen von einem Regelfahrverbot handelt (vgl. Krumm, in NK-GVR, 1. Aufl. 2014, § 25 StVG, Rn. 61; a.A aber die h.M., so u.a. Burmann in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 25 StVG Rn. 6; OLG Jena zfs 2007, 412; OLG Hamm DAR 2006, 100). Insbesondere enthält die Bußgeldkatalog-Verordnung keine Vorschrift, aus der sich ergibt, dass stets ein alle Fahrzeugarten betreffendes Fahrverbot als Regel festzusetzen wäre – vielmehr ist auf den Erziehungszweck des Fahrverbots abzustellen und der Umfang im Hinblick auf die betroffenen Fahrzeugarten hieran auszurichten.“

Auch das m.E. nicht zwingend, denn Ausgangspunkt ist die Beschränkung des Fahrverbotes. Das ist ein teilweises Absehen und führt zu § 4 Abs. 4 BKatV. Nun, den Betroffenen wird die a.A. des AG gefreut haben.

Einstellung des Bußgeldverfahrens – schöner Erfolg für den Betroffenen – ohne dass er etwas dazu kann

© Martin Fally - Fotolia.com

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Das AG Lüdinghausen hatte im AG Lüdinghausen, Beschl. v. 26.03. 2013 – 19 OWi -89 Js 187/13-20/13 – folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Der Betroffene sollte am 06.07.2012 einen Verkehrsverstoß begangen haben. Ihm wurde am 31.07.2012 ein Anhörungsbogen gesandt. Dieser geriet jedoch als unzustellbar in Rücklauf, da die Verwaltungsbehörde den Vornamen des  Betroffenen mit „Y“, nicht aber richtig mit „J“ geschrieben hat und auch die Hausnummer nicht mit 5, was richtig gewesen wäre, sondern falsch mit 6 angegeben hat. Die Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde hatten die etwas undeutliche – aber noch lesbarer – Schrift der Halterin in deren Rückantwort auf dem ihr übersandten Zeugenbefragungsbogen unrichtig in die behördlichen Datenerfassungssysteme übertragen. Obwohl somit der richtige Name und die richtige Anschrift des Betroffenen aktenkundig waren, wurde am 22.08.2012 und am 13.09.2012  das Verfahren nach „§ 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG“ eingestellt. Nach einer EMA-Auskunft wurde das Verfahren dann aber am 06.11.2012 mit falscher Namensangabe des Betroffenen durch Erlass eines Bußgeldbescheids wegen eines Abstandsverstoßes fortgesetzt. Das AG hat das Verfahren nach § 206a StPO wegen Verfolgungsverjährung eingestellt.

Die Einstellungen hatten jedoch nicht die verjährungsunterbrechende Handlung des § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG, so dass 3 Monate (§ 26 Abs. 3 StVO) nach dem Anhörungsschreiben vom 31.7.2012 und damit auch schon vor Erlass des Bußgeldbescheides Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es lag nicht ein bloßer Irrtum über den Aufenthalt des Betroffenen vor, der die Wirkung § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG nicht beeinflusst hätte (hierzu: Gürtler in: Göhler, OWiG, 16. Auflage 2012 § 33 Rn. 27). Vielmehr waren im Ursprung bereits die richtige Anschrift und der richtige Name des Betroffenen aktenkundig – sie wurden aber von der Verwaltungsbehörde nicht richtig zur Kenntnis genommen oder nicht richtig übertragen. So wurde selbst noch nach der EMA-Anfrage der Name des Betroffenen weiter falsch mit „Y“ geschrieben. Die verfahrensrechtliche Lage ist damit wie im Falle des OLG Karlsruhe, Beschluss v. 6.3.2000 2 Ss 163/98 = DAR 2000, 371 = BeckRS 2000 30099636 zu beurteilen, so dass wegen des Eintritts des Verfahrenshindernisses der Verjährung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 206a StPO einzustellen war.“

Schöner Erfolg für den Betroffenen – ohne dass er etwas dazu kann 🙂