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Erfolgreiches Rechtsmittel gegen Ordnungsmittel, oder: Gibt es eine Kostenentscheidung?

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Im zweiten Posting geht es um den AG Koblenz, Beschl. v. 11.10.2024 – 30 AR 8/24 – und die Frage: Muss es im Beschwerdeverfahren des Ordnungsmittelverfahrens der StPO eine Kostenentscheidung geben. In der Rechtsprechung ist nicht abschließend geklärt, wer die notwendigen Auslagen eines erfolgreichen Rechtsmittels gegen eine Entscheidung in einem Ordnungsmittelverfahren der StPO trägt. Das AG Koblenz hat dazu nun Stellung genommen.

In dem Fall war im Ermittlungsverfahren war durch die Staatsanwaltschaft die zeugenschaftliche Vernehmung einer Zeugin durch eine Polizeidirektion angeordnet worden. Nachdem die Zeugin einer Ladung nicht nachgekommen war, erließ die Staatsanwaltschaft einen Vorführbefehl für die Zeugin und verhängte ein Ordnungsgeld von 200 EUR. Später wurde die Zeugin durch die Polizei persönlich zu Hause angetroffen und macht dann schließlich ihre Aussage. Die Staatsanwaltschaft hielt an ihrer Ordnungsgeldentscheidung fest und versuchte, diese in der Folge erfolglos zu vollstrecken. Sie beantragte dann, gegen die Zeugin Ordnungshaft festzusetzen. Daraufhin meldete sich der Rechtsanwalt für die Zeugin und beantragte Abweisung der beantragten Ordnungshaft und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Ordnungsgeldentscheidung. Das AG hat die Ordnungsgeldentscheidung aufgehoben und den Antrag auf Ordnungshaft zurückgewiesen. Es hat zudem die Kosten des „Beschwerdeverfahren“ der Staatskasse auferlegt. Dazu sagt es:

„Das Beschwerdeverfahren gegen einen Ordnungsgeldbeschluss ist ein selbständiges Zwischenverfahren, das einer eigenen Kostenentscheidung bedarf (entgegen BGH, Beschluss vom 12.06.2007, VI ZB 4/07, und BAG, Beschluss vom 20.08.2007, 3 AZB 50/05). Rechtsgrundlage für die Entscheidung ist der Rechtsgedanke aus § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 StPO, mittels dessen die planwidrige Lücke in der Prozessordnung geschlossen wird (Anschluss an BFH, st. Rspr., vgl. Beschluss vom 07.03.2007, X B 76/06).“

Ist m.E. richtig und wird im Übrigen, wenn man eine Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren als eine Ermittlungsmaßnahme i.S. des § 473a StPO ansieht, durch die Regelung des § 473a StPO, der durch das 2. Opferrechtsreformgesetz eingeführt worden ist, bestätigt.

Und dann stellt sich die ebenso interessante Frage, wie der der den Zeugen vertretende Rechtsanwalt abrechnet.. Dazu gilt: Bei der Vertretung des Zeugen im „Beschwerdeverfahren“ handelt es sich um eine Einzeltätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG, und zwar um „eine andere nicht in Nummer 4300 oder 4301 erwähnten Beistandsleistung“. Abgerechnet wird also nach Nr. 4302 VV RVG (s. auch Burhoff/Volpert/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Nr. 4301 VV Rn 10). Dabei wird man ggf. die Frage diskutieren können/müssen, ob nicht mehrere Angelegenheiten vorliegen, und zwar hier ggf. „Beschwerde“ gegen den Ordnungsgeldbeschluss und Antrag auf Abweisung des Ordnungshaftverfahrens. Voraussetzung ist aber, dass dem Tätigwerden des Rechtsanwalts jeweils ein Einzelauftrag zugrunde liegt (Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Vorbem. 4.3 VV Rn 55 ff.).

Pflichti III: Und nochmals rückwirkende Bestellung, oder: Einmal richtig, zweimal falsch

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Und dann – wie gewohnt – zum Schluss noch etwas zum „Dauerbrenner“ Zulässigkeit  der rückwirkende Bestellung des Pflichtverteidigers. Die Porblematik ist nicht erledigt.

Ich habe dann zunächst den positiven und richtigen AG Koblenz, Beschl. v. 10.07.2023 – 30 Gs 5496/23. Das macht es so, wie die m.e. inzwischen wohl überwiegende Meinung: Eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung ist danach dann zulässig, wenn der Antrag auf Pflichtverteidigerbeiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt wurde, die Vor-aussetzungen des § 140 StPO vorliegen und die Entscheidung über die Beiordnung nicht unverzüglich erfolgte, sondern wegen justizinterner Vorgänge unterblieben ist, auf die der (ehemalige) Beschuldigte keinen Einfluss hatte.

Also die Entscheidung bitte merken 🙂 .

Vergessen sollte man hingegen den OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.07.2023 – 5a Ws 1/21 – und den LG Berlin, Beschl. v. 20.06.2023 – 534 Qs 97/23. Beide lehnen die Möglichkeit einer rückwirkenden Bestellung ab. Die Argumente sind bekannt.

Nun, m.E. sind sie falsch. Vor allem auch, weil diese Rechtsprechung des zögerliche Handeln von StA und/oder Gerichten nachträglich „absegnet“. Der Sachverhalt zu OLG Frankfurt am Main ist ein „schönes“ Beispiel. Die „Erinnerung“ des Kollegen stammte aus Juni 2021. Allerdings sollte man dann nicht mehr lange warten und immer wieder erinnern. Vielleicht hilft es ja 🙂 . Obwohl ich beim OLG Frankfurt am Main wenig Hoffnung habe.

Dem LG berlin empfehle ich, vielleicht in dem Textbaustein doch mal die Rechtsprechung auszutauschen. Wenn man nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2019 noch mit Rechtsprechung aus 1989 argumentiert, macht sich das m.E. nicht so gut. Zumal es ja auch genügend Entscheidungen gibt, die die falsche Auffassung stützen könnten.

Zusätzliche Verfahrensgebühr nach Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO, oder: Eiertanz

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So, auch heute am Karfreitag gibt es RVG-Entscheidungen. Und da bringe ich zum Auftakt zunächst mal den positiven AG Koblenz, Beschl. v. 31.03.2020 – 33 Ds 2010 Js 19175/19 (2) -, den mir die Kollegin Juharos aus Trier geschickt.

Es geht mal wieder um den Ansatz der Nr. 4141 VV RVG. Die Kollegin hat die Gebühr bei der Vergütungfestsetzung nach Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO geltend gemacht. Der Rechtspfleger hat nicht festgesetzt mit der Begründung, „dass es sich bei der Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO lediglich um eine vorübergehende Einstellung handele, so dass die Voraussetzungen Nr. 4141 Abs. 1 Ziffer 1 VV RVG nicht vorliegen.“ Das AG richtet es dann:

2. Die Erinnerung hat in der Sache Erfolg.

Dem Wortlaut der Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG nach entsteht die Gebühr, wenn die Hauptverhandlung durch die anwaltliche Mitwirkung entbehrlich wird, weil das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird.

a) Zunächst ist festzustellen, dass die für den 01.03.2020 anberaumte Hauptverhandlung aufgrund der Mitwirkung der Pflichtverteidigerin pp. entbehrlich wurde.

Als Mitwirkungshandlung ausreichend ist jede zur Förderung der Einstellung geeignete Tätigkeit (BGH 18. 9. 2008 — IX ZR 174/07). Die Übersendung eines Antrages auf Erlass eines Haftbefehls mit der Anregung das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO einzustellen ist eine solche die Erledigung des Verfahrens fördernde Handlung. Diese Anregung führte auch zu der Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO, so dass die Durchführung der Hauptverhandlung am 01.10.2019 entbehrlich wurde.

b) Bei der Einstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO handelt es sich nicht um eine nicht nur vorläufige Verfahrenseinstellung i.S.d. Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG.

Zwar handelt es sich dem Wortlaut des § 154 Abs. 2 StPO nach um eine „vorläufige“ Einstellung. Gleichwohl wird angenommen, dass auch die Einstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eine nicht nur vorläufige Einstellung i. S. d. Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG ist (vgl. OLG Köln 18.10.2017 – III-2 Ws 673/17; LG Saarbrücken 06.03.2015 – 4 KLs 22/13; OLG Stuttgart 08.03.2010 – 2 Ws 29/10; Kremer in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10 Aufl. VV 4141, Rn. 12; Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 24. Aufl., VV 4141, Rn. 17).

Auch losgelöst von der Frage, ob es sich bei der Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO um eine Einstellung Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG handelt, die die Gebühr auslöst, ist allgemein anerkannt, dass es sich bei § 154 Abs. 2 StPO – entgegen dem Wortlaut – um eine endgültige Einstellung des Strafverfahrens handelt (Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, 62. Aufl., StPO, § 154, Rn. 17 m.w.N.; Teßmer in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl., § 154, Rn. 65; Diemer in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl., § 154, Rn. 24). Begründet wird diese Sichtweise mit den zutreffenden Erwägungen, dass mit der Einstellung eines Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO die gerichtliche Anhängigkeit des Verfahrens beendet ist und die Entscheidung in (beschränkte) materielle Rechtskraft erwächst. Der Einstellungsbeschluss schafft somit ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Prozesshindernis, dass nur unter den Voraussetzungen des § 154 Abs. 3 – Abs. 5 StPO beseitigt werden kann. Dementsprechend hat der erkennende Spruchkörper des Gerichtes gemäß § 464 StPO eine – verfahrensabschließende – Kostenentscheidung getroffen (vgl. zu diesem Erfordernis Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, 62. Aufl., StPO, § 154, Rn. 18 sowie § 464, Rn. 6).

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Wirkungen einer Einstellung gem. § 154 Abs. 2 StPO ist der allgemeinen Sichtweise beizupflichten, dass die Einstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eine nicht nur vorläufige Einstellung i. S. d. Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG ist. Denn die Gebühr Nr. 4141 Abs. 1 Ziff. 1 VV RVG soll gerade honorieren, dass das bei Gericht anhängige Verfahren ohne Durchführung einer Hauptverhandlung erledigt wird. In dem anhängigen Strafverfahren entsteht dementsprechend auch keine Termingebühr nach Nr. 4108 VV RVG. Diese Erfolge treten mit der Beseitigung der Anhängigkeit bei Gericht endgültig ein, unabhängig davon, ob das Verfahren auf der Grundlage eines Wiederaufnahmebeschlusses gemäß § 154 Abs. 5 StPO erneut gerichtlich anhängig werden sollte.“

Wenn man das liest man sich, warum der Rechtspflger eigentlich so entschieden hat.  Denn es ist seit langem h.M. Meinung, dass die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO eine Einstellung i.S. der Nr. 4141 VV RVG ist (allerdings lese ich das aus der im Beschluss angeführten Entscheidung des OLG Köln nicht heraus.. Warum also dieser „Eiertanz“? Das ist nicht nachvollziehbar. Und das hatte dann auch wohl die angehörte Bezirksrevisorin so gesehen. Denn die war der Erinnerung der Pflichtverteidigerin „nicht entgegen getreten“. Und das will bei der sonstigen Praxis der Vertreter der Staatskasse schon etwas heißen.

Der „Kölner Blitzerskandal“ zieht Kreise, oder: Kein Fahrverbot

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Und als dritte AG-Entscheidung bringe ich dann den AG Koblenz, Beschl. v. 06.12.2017 – 34 OWi 2010 Js 32805/17, also ein Nikolausbeschluss. Und das AG hat dem Betroffenen auch ein schönes Nikolausgeschenk gemacht. Denn es hat von einem an sich nach § 4 Abs. 2 BKatV verwirkten Regelfahrverbot abgesehen. Begründung:

„Eine Erhöhung der Geldbuße bzw. die Verhängung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen war nicht angezeigt. Denn die im Fahreignungsregister vom 12.07.2017 noch aufgeführte Vorein­tragung – es handelte sich dabei um den Vorwurf einer Überschreitung der zulässigen Höchstge­schwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h im Bereich Kreuz Köln Ost (Heumarer Dreieck) – besteht nicht mehr. Die an der betreffenden Stelle vorgenommenen Mes­sungen sind auch unter der Bezeichnung „Kölner Blitzerskandal“ bekannt geworden, da es sich um inhaltlich falsche Messungen handelte, aufgrund derer rechtswidrige Bußgeldbescheide bzw. Eintragungen im Fahreignungsregister ergingen. Die o.g. Eintragung des Betroffenen wurde da­her durch Anordnung der Bezirksregierung Köln am 21.08.2017 getilgt.“

Der Beschluss stammt vom „Hexer“ 🙂 , dem Kollegen T. Geißler, Wuppertal. Besten Dank.