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Geplatztes Verfahren: Zweimal Gebühren für einen Adhäsionsantrag?

Mich erreichte vor einigen Tagen folgende gebührenrechtliche Anfrage: 

Ich habe im Rahmen einer Opfervertretung folgendes, ich denke durchaus interessantes, gebührenrechtliche Problem: Ich habe in 2 Verfahren Opfer vertreten. Im Verfahren habe ich jeweils Adhäsionsantrag gestellt. Beide Verfahren sind aber, noch bevor über den Antrag entschieden wurde, geplatzt, da im einen Verfahren noch ein Gutachten zur Frage des § 66 StGB eingeholt werden musste und im anderen Verfahren sich das Gericht mit der Terminsplanung verschätzt hatte (ein Richter wurde zum OLG abgeordnet und es konnte nicht mehr weiter verhandelt werden). In beiden Verfahren kam es zu einer Neuauflage. Dort habe ich wieder einen Adhäsionsantrag gestellt, dem letztendlich stattgegeben wurde.

Fallen die Gebühren des Adhäsionsverfahrens doppelt an?“

Wäre ja schön, habe ich gedacht. Aber ich kann dir leider auch nicht helfen. M.E. handelt es sich bei den Verfahren auch nach dem „Platzen“ noch um dieselbe Angelegenheit. Der Kollege verdient ja in vergleichbaren Fällen als Verteidiger auch nur noch einmal eine neue Terminsgebühr und nicht auch noch neue Verfahrensgebühren. Also: Nur einmal Nr. 4143 VV RVG.

Adhäsionsverfahren – dieselbe Angelegenheit wie das Strafverfahren?

Soweit ersichtlich hat sich bisher in der Rechtsprechung noch kein Gericht mit der Frage auseinandersetzt, ob das Adhäsionsverfahren und das Strafaverfahren eigentlich dieselbe oder unterschiedliche Angelegenheiten sind. Von Bedeutung ist die Frage für die doppelte Anwendbarkeit der Nr. 7002 VV RVG. Nicht viel, aber immerhin 20 €. Zu der Problematik gibt es jetzt die beiden ersten Entscheidungen, und zwar einmal den Beschl. des AG Ratingen vom o3.o.2010 – 24 Ls-70 Js 4636/08-280/08 und die bestätigende Beschwerdenentscheidung des LG Düsseldorf vom 04.06.2010, O 14 Qs 42/10. Beide gehen davon aus, dass es sich um dieselbe Angelegenheit handelt und die Nr. 7002 VV RVG nicht noch einmal für das Adhäsionsverfahren abgerechnet werden kann. Dürfte passen/stimmen.

Opfer darf wählen: Zivilverfahren oder Adhäsionsverfahren? Daher gibt es PKH…

Den Gesetzgeber hätte es gefreut, wenn eine Entscheidung des LG Stralsund Bestand behalten hätte. Dieses hatte nämlich einem Antragsteller, der Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Schmerzensgeld wegen versuchten Mordes beantragt hatte, die PKH verweigert. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei mutwillig, weil das Klageziel einfacher erreicht werden könne, indem der Antragsteller das begehrte Schmerzensgeld im Adhäsionsverfahren nach Maßgabe der §§ 403 ff. StPO geltend mache. Zumal wenn der Geschädigte  in dem Strafverfahren als Nebenkläger unter Beteiligung eines Rechtsanwaltes beteiligt sei, handele es sich bei dem Antrag auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes im Strafverfahren um das einfachere und billigere Verfahren.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte Erfolg. Das OLG Rostock hat in seinem Beschl. v. 10.06.2010 5 W 35/10 den landgerichtlichen Beschluss aufgehoben und Mutwilligkeit i.S. von § 114 ZPO verneint. Die liegte vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde und stattdessen den kostengünstigeren von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen beschreitet. Diese Voraussetzungen seine nicht gegeben, wenn der Geschädigte seinen Schmerzensgeldanspruch auf dem Zivilrechtsweg geltend macht, obwohl er – anwaltlich vertreten – dieses Ziel auch im Adhäsionsverfahren hätte verfolgen können, denn es handelt sich bei den beiden Möglichkeiten nicht um gleichwertige prozessuale Möglichkeiten. Das OLG weist darauf hin, dass den Geschädigten das vom LG vorgeschlagene Verfahren sogar teuerer zu stehen kommen könne. Also: Wahlrecht bleibt beim Opfer.

Wochenspiegel für die 26. KW – oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist m.E. über:

1. Die neue Entscheidung des BVerfG zu § 81a Abs. 2 StPO 2 BvR 1046/08 war u.a. Gegenstand der Berichterstattung nicht nur bei uns, sondern auch hier und hier.

2. Über neue Maßstäbe bei der StA Göttingen berichtete der Kollege Feltus, der sich auch hier mit Verhalten der StA auseinandersetzt

3. Ein Drama um die Sicherstellung eines PC ist m.E. nicht selten.

4. „Darf man barfuß Auto fahren?“ fragte sich der Schadenfixblog.

5. Zum Fahrtenbuch auch der Schadenfixblog.

6. Zum Adhäsionsverfahren verweist auch der Beck-Blog auf die (zumindest unglückliche) Entscheidung des OLG Hamburg in 3 Ws 73/10, über die wir auch schon berichtet hatten

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt… hier ist der Beschluss des OLG Hamburg – vielleicht doch „schofel“?

Ich hatte gestern in dem Beitrag “ Ein Schelm, wer Böses dabei denkt… oder: Ist das nicht doch schofel?“ über einen Beschluss des OLG Hamburg berichtet, der zu der Frage ergangen ist, wie weit die Pflichtverteidigerbestellung geht, isnbesondere ob sie auch Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren umfasst. Hier ist der Beschl. des OLG Hamburg v. 14.06.2010 – 3 Ws 73/10 nun.

Das, was die Kollegin mitgeteilt hatte, stimmt. Es handelt sich allerdings nicht um eine Änderung der Rechtsprechung des OLG Hamburg, sondern um ein Abweichen von der Rechtsprechung eines anderen Senats, dass zu diesem Ergebnis geführt hat. Das OLG erörtert zwar die Frage der konkludenten Beiordnung, die es verneint, aber: Damit ist nicht geklärt, wie man denn nun damit umgeht, dass der Kollegin die Beiordnung unter Hinweis auf die gesicherte Rechtsprechung des OLG „verweigert“ worden ist. Warum geht das OLG eigentlich nicht hin und gibt die Sache zurück an das LG, damit dort über den Antrag noch entschieden werden kann. Wenn man das nicht tut, weil das Verfahren ja nun rechtskräftig abgeschlossen ist, dann wäre es – meine ich – doch schofel.

Fair Trial lässt grüßen…