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Ablehnung III: „Wir werden uns wiedersehen“ – reicht nicht

Zur Ablehnung im Strafverfahren eine weitere Entscheidung:

In einem umfangreichen Verfahren wird am dritten Sitzungstag nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“

Wegen dieser Äußerung lehnten die anderen Angeklagten die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Anträge werden zurückgewiesen. In der Revision wird ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO gerügt. Die Rüge greift beim BGH nicht durch. Dazu das BGH, Urt. v. 09.07.2009 – 5 StR 263/08BGHSt 54, 39, der im Übrigen wegen einer anderen Frage auch das BVerfG (NJW 2010, 2036) beschäftigt hat.

„…Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.

Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein bestimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.“

Ich denke, da hatte der BGH Recht.

Das ist ja „lachhaft“ – reicht nicht für eine Ablehnung…

Ich hatte im Februar über den BGH, Beschl. v. 21.12.2011 – 4 StR 404/11 berichtet, in dem es u.a. um die Ablehnung des Richters wegen der Äußerungen „Mumpitz“ und „Unfug“ ging. Bei meinen Recherchen für die Neuauflagen der Handbücher für das Ermittlungsverfahren (immerhin die 6. Aufl.) bzw. für die Hauptverhandlung (immerhin die 7. Aufl.) bin ich dann auch auf den BGH, Beschl. v. 09.06.2009 – 4 StR 461/08 gestoßen. Da war es die Äußerung „das ist ja lachhaft“ zu einem Antrag des Verteidigers, die der BGH hat durchgehen lassen, allerdings immerhin versehen mit einem kleinen „noch“.

Aus dem Beschluss:

„a) Zur Begründung dieses Ablehnungsgesuchs führte die Verteidigerin des Beschwerdeführers u. a. aus: Der Verteidiger des Mitangeklagten G. , Rechtsanwalt R. , habe im Zusammenhang mit der Vernehmung des Zeugen Gü. einen schriftlichen Antrag auf Wortlautprotokollierung angekündigt. Dabei sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen Rechtsanwalt R. und dem Vorsitzenden gekommen, in deren Verlauf sich der Verteidiger gegen den Ton des Vorsitzenden verwahrt und die Verhandlungsführung beanstandet habe. Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung habe der Vorsitzende “völlig überraschend“ den nicht gestellten, sondern nur angekündigten Antrag auf Protokollierung zurückgewiesen. Daraufhin habe sie die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, weil sie keine Gelegenheit gehabt habe, für den Beschwerdeführer zu „diesem Antrag“ Stellung zu nehmen. Dies habe der Vorsitzende mit der Bemerkung kommentiert: “Dies ist ja lachhaft“. Diese Bemerkung könne nur so verstanden werden, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht ernst genommen werde, weil das Gericht sich sein Urteil zu dessen Nachteil bereits gebildet habe. …

b) Die Verfahrensrüge greift nicht durch. …

Die danach verbleibende Prüfung der Rüge der „Zurückweisung“ des Ablehnungsgesuchs nach Beschwerdegrundsätzen ergibt folgendes:

Das Gesuch war zwar zulässig, insbesondere war seine Begründung nicht aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet. Das Gesuch war aber, die Richtigkeit der behaupteten Ablehnungsgründe unterstellt, sachlich nicht begründet. Die Reaktion des Vorsitzenden auf die Rüge der Verteidiger des Beschwerdeführers, ihnen sei vor der Entscheidung über die vom Verteidiger des Mitangeklagten G. gestellten Antrages keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, war zwar in der Form unangemessen. Die Unmutsäußerung des Vorsitzenden war aber unter den gegebenen Umständen aus der Sicht eines verständigen Angeklagten (vgl. BGHSt 21, 334, 341) nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen.

Unmutsäußerungen eines abgelehnten Richters dürfen nicht isoliert, sondern müssen in dem Zusammenhang, in dem sie gefallen sind, betrachtet werden (vgl. BGH NStZ 2000, 325). Das Protokoll über die Hauptverhandlung und das Vorbringen der Revision belegen, dass die Atmosphäre zwischen dem Gericht und den Verteidigern sowohl des Beschwerdeführers als auch des Mit-angeklagten G. während der gesamten Hauptverhandlung erheblich gespannt war. Erst im Verfahren entstandene Spannungen zwischen Gericht und Verteidigern begründen jedoch in aller Regel nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. BGH NStZ 2005, 218 m. N.). Diese kann sich allerdings aus Reaktio-nen des Richters ergeben, die in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem sie auslösenden Anlass stehen (vgl. BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 8). So liegt es hier jedoch nicht. Auch am 27. Hauptverhandlungstag war es während der Vernehmung des Polizeibeamten Gü. , die zwischen 10:08 Uhr und 11:00 Uhr fünfmal, davon zweimal auf Antrag des Beschwerdeführers, unterbrochen wurde, zu Spannungen zwischen dem Vorsitzenden und den Verteidigern, ins-besondere dem Verteidiger des Mitangeklagten G. gekommen. Entgegen dem Vorbringen der Revision hatte dieser im Verlauf der Vernehmung des Zeugen Gü. nicht „lediglich“ angekündigt, schriftlich einen Antrag auf Protokollierung zu stellen. Vielmehr beantragte der Verteidiger des Mitangeklagten G. ausweislich des Protokolls, dem insoweit gemäß § 274 StPO Beweiskraft zu-kommt, mündlich „die wörtliche Protokollierung einer Äußerung des Zeugen.“ Nach zwei kurzen Unterbrechungen der Hauptverhandlung und einem Wortwechsel zwischen dem Vorsitzenden und dem Verteidiger des Mitangeklagten G. lehnte der Vorsitzende diesen Antrag mit der Begründung ab, dass es auf den Wortlaut der Äußerung des Zeugen unter keinem, wie auch immer gearteten rechtlichen Gesichtspunkt ankomme. Von der Möglichkeit, gemäß § 274 Abs. 3 Satz 2 StPO die Entscheidung des Gerichts zu beantragen, machte keine der an der Verhandlung beteiligten Personen Gebrauch. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Reaktion des Vorsitze“nden auf die Rüge der Verteidiger des Angeklagten, sie hätten keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Antrag gehabt, als eine spontane, noch verständliche Unmutsäußerung dar.

Immerhin: „ noch verständliche Unmutsäußerung„.

Prozessverschleppung – (Später) Beweisantrag bei erdrückender Beweislage

Den BGH, Beschl, v. 12.01.2012 – 1 StR 373/11 hatte ich bwereits zum Anlass für ein Posting genommen, u.a. deshalb, weil der Beschluss eine Fundgrube für (unzulässige) Verfahrensrüge darstellt (vgl. auch hier).  Aber nicht nur das. Der BGH behandelt auch die Frage der Porzessverschleppung i.S. des § 344 Abs. 3 StPO. und führt dazu aus:

Die Beanstandung der Revision, das Landgericht habe den Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen, mit dem bewiesen werden sollte, der Zeuge C. habe bestimmte Schriftstücke eigenhändig unterschrieben, zu Unrecht wegen Prozessverschleppungsabsicht gemäß § 244 Abs. 3 StPO abgelehnt, dringt nicht durch. Ergänzend zu den Ausführun-gen des Generalbundesanwalts zum Vorliegen eines Beweisermittlungsantrags, zur Reichweite der Aufklärungspflicht und zum jedenfalls fehlenden Beruhen bemerkt der Senat Folgendes:

Die Erwägungen der Strafkammer tragen auch die von ihr gezogenen Schlüsse, der Antrag auf Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens sei allein zum Zweck der Prozessverschleppung im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 6 StPO gestellt worden und die beantragte Beweiserhebung habe nichts Sachdienliches zu Gunsten des Angeklagten erbringen können. Die Strafkammer konnte hierbei dem Umstand, dass der Angeklagte zunächst versucht hatte, das Erscheinen des Zeugen C. – als sachnäheres Beweismittel – und dessen Aussage vor Gericht zu verhindern, und den Zeugen dazu sogar persönlich in Italien aufgesucht hatte, maßgebliche Bedeutung beimessen. Nachdem dieser Verdunkelungsversuch gescheitert war und als nach einer Hauptverhandlung mit einer Dauer von über einem Jahr eine insgesamt erdrückede Beweislage gegen den Angeklagten bestand, durfte die Strafkammer den Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen als allein zum Zwecke der Verfahrensverzögerung gestellt ansehen. Dabei konnte sie in ihre Bewertung einbeziehen, dass keiner der hierzu bisher vernommenen Zeugen – danach angefallene abweichende Erkenntnisse sind weder von der Revision behauptet worden noch aus den Urteilsgründen ersichtlich – Angaben im Sinne der Beweisbehauptung gemacht hatte und sowohl der Zeuge C. als auch der Zeuge V. vehement bestritten hatten, dass die Firma T. Vertragsverhältnisse mit deutschen Firmen bezüglich des Vorhabens der P. GmbH eingegangen waren. Hinzu kommt, dass der vom Beweisantrag umfasste Generalunternehmervertrag zwischen der Firma T. und der Firma Z. in der Ausfertigung des Zeugen Z. gerade keinen Firmenstempel der Firma T. und keine Unterschrift des Zeugen C. aufwies.

Nicht zu beanstanden ist auch die Überzeugung der Strafkammer, die Wahlverteidigerin – auf die es bei dem von ihr gestellten Antrag ankommt – habe die Nutzlosigkeit der beantragten Beweiserhebung sowie die damit verbundene Verfahrensverzögerung erkannt und sie habe mit ihrem Antrag auch ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses bezweckt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007 – 1 StR 32/07 Rn. 16, BGHSt 51, 333, 336). Die Strafkammer durfte bei ihrer Würdigung den bisherigen Verfahrensverlauf berücksichtigen (BGH aaO Rn. 16).

Eine beim 1. Strafsenat sicherlich nicht ungefährliche Argumentation – die Strafvereitelung lässt grüßen?

Der enttäuschte Richter und der „Beklagte, der den Schwanz einzieht“

Der Lawblog und der Kollege Blaufelder haben gestern schon über OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.3.2012, 14 W 2/12 berichtet, in dem es um die Frage der Besorgnis (!!) der Befangenheit, allerdings im Zivilverfahren (§ 42 ZPO),  ging.

Zur Prüfung stand eine Äußerung des Vorsitzenden der Zivilkammer. Der hatte, nachdem der Geschäftsführer der Beklagten nicht zum Termin erschienen und sein Fernbleiben durch den Beklagtenvertreter mit „dringenden Angelegenheiten“ begründet worden war, geäußert, dass der Geschäftsführer der Ladung des Gerichts hätte Folge leisten und sich der Auseinandersetzung oder Diskussion stellen sollen, statt den „Schwanz einzuziehen“.

Das OLG sieht mit dieser Äußerung die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet, und zwar weil:

Zwar stellt die beanstandete Äußerung („Schwanz einziehen“) eine – wie der abgelehnte Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 5. Dezember 2011 (GA 63) selbst einräumt – „saloppe bis derbe Redensart“ dar. Die Äußerung darf jedoch nicht isoliert betrachtet werden; vielmehr kommt es auf den Zusammenhang an, in dem sie gefallen ist (vgl. OLG Hamburg, NJW 1992, 2036).

 So ist die Äußerung ersichtlich von der Enttäuschung des abgelehnten Richters darüber geprägt, dass der für eine nach § 278 Abs. 1 ZPO angestrebte wirtschaftliche Gesamtlösung unerlässliche Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten, dessen persönliches Erscheinen zu dem – immerhin mit dreimonatiger Vorlaufzeit anberaumten – Termin vom 24. November 2011 angeordnet worden war, nicht zum Termin erschienen war.

Dies manifestiert sich nicht zuletzt darin, dass der abgelehnte Richter – ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. November 2011 (GA 52 f.) – den Parteien mitgeteilt hat, dass nach seiner Auffassung der hiesige Rechtsstreit nicht die eigentliche Ursache der Auseinandersetzung betreffe. Diese liege vielmehr in dem Streit zwischen den beiden Gesellschaftern über die Trennungsvereinbarung begründet, weswegen es angezeigt sei, eine gütliche Einigung hierüber anzustreben.“

Ok, natürlich muss ich eine Äußerung immer im Gesamtzusammenhang sehen. Ab – darauf wird im Strafverfahren in der Rechtsprechung des BGH übrigens auch abgestellt. Aber: Ist die vom OLG als „saloppe bis derbe Redensart“ zugelassene Begründung nicht ein wenig dünn? Die Äußerung ist „ersichtlich von der Enttäuschung des abgelehnten Richters darüber geprägt, dass …“? Das trägt m.E. nicht. Ein Richter hat nicht enttäuscht zu sein und wenn, dann hat er seine Enttäuschung zu (er)tragen. Jedenfalls berechtigt sie ihn m.E. nicht zu einer „saloppen und derben Redensart“.

Und wenn man sich schon so äußert, dann sollte man aber auch die Möglichkeit einer Entschuldigung sehen/ergreifen: Aber dazu hat es nicht gereicht. Denn – so heißt es im Beschluss:  „In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass der abgelehnte Richter auch in der Folge – und somit nach reiflicher Überlegung – an seiner unangemessenen Äußerung festgehalten habe (aaO).“ Eben, spätestens da war Schluss.

Mich hat die Entscheidung jedenfalls erstaunt und ich habe mich gefragt, wie wohl reagiert würde, wenn eine enttäuschte Partei geäußert hätte, das „Gericht ziehe den Schwanz ein. §§ 176 ff. GVG lassen grüßen. Mir sind übrigens bei den Aktualisierungsarbeiten für meine beiden Handbücher, Hauptverhandlung und Ermittlungsverfahren, mehrere so großzügige Entscheidungen begegnet. Also starten wir demnächst mal eine Reihe: Was ein Gericht alles sagen darf.

Sechser im Lotto – die zulässige Verfahrensrüge

Mal wieder mit der nicht ausreichenden Begründung von Verfahrensrügen befasst sich der BGH, Beschl. v. 22.02.2012 – 1 StR 647/11, und zwar im wesentlichen mit der Begründung der Verfahrensrügen, mit denen die fehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen gerügt wird.

Der BGH hat sie als unzulässig angesehen, und zwar:

die 1. Rüge, weil nicht alle Verfahrenstatsachen vorgetragen waren:

Rügt der Revisionsführer die Verletzung des Beweisantragsrechts, muss er – neben dem abgelehnten Beweisantrag und dem Ablehnungsbe-schluss – auch für die Prüfung der Rüge etwaig notwendige, weitere Verfah-renstatsachen vollständig vortragen (BGHSt 37, 168, 174; Kuckein in Karlsru-her Kommentar zur StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 38, 43 mwN). Der Revisionsführer  hat jedoch nicht mitgeteilt, dass der abgelehnte Beweisantrag – bei identischem Inhalt und nur minimal abweichendem Wortlaut – unter Ziffer 6 eines Schriftsatzes vom 3. September 2011 erneut gestellt und im Hauptverhandlungstermin vom 5. September 2011 neu beschieden worden ist. Dieser Vortrag wäre jedoch notwendig gewesen; die neue Bescheidung eines wiederholt gestellten Beweisantrages kann etwaige Fehler der ersten Ablehnung heilen, weil – anders als beim Nachschieben von Ablehnungsgründen in den schriftlichen Urteilsgründen (dazu BGHSt 19, 24, 26; BGH NStZ 2000, 437, 438) – der Angeklagte seine Verteidigung auf die neue Beurteilung einstellen kann. ...“

die 2. Rüge, mit der die Nichteinhaltung einer von der Kammer konstatierten Wahrunterstellung gerügt worden ist,

weil zwar der Ablehnungsbeschluss der Jugendschutzkammer vom 5. September 2011 mitgeteilt wird, vom zugrunde liegen-den Beweisantrag aus dem Schriftsatz vom 3. September 2011 jedoch nur Beweisbehauptung und Beweismittel, nicht aber die zum Verständnis des Antrags bedeutsame Antragsbegründung. Zwar kann der Umfang des notwendigen Vortrages – insbesondere zum Beweisantrag – beim Vorwurf der Nichteinhaltung einer Wahrunterstellung je nach Angriffsrichtung der Rüge divergieren; bei der Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts ist die (vollständige) Mitteilung des Beweisantrages jedoch erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1983 – 2 StR 222/83, BGHSt 32, 44, 46).

und die 3. Rüge, mit der die Ablehnung mehrerer, auf eine psychologische Begutachtung der Zeugen P. , S. und K. sowie auf eine psychiatrische Begutachtung des Zeugen K. gerichteter Beweisanträge geltend gemacht worden ist,

weil nicht mitgeteilt wird, ob die Zeugen oder gegebenenfalls deren gesetzliche Vertreter (vgl. dazu Senge in Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl., § 81c Rn. 8) sich mit einer solchen Untersuchung einverstanden erklärt haben. Ohne Einverständniserklärung wären die beantragten Untersuchungen bereits wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung abzulehnen gewesen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. September 1990 – 5 StR 184/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Unzulässigkeit 5; Beschluss vom 25. September 1990 – 5 StR 401/90, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Unzulässigkeit 6).

Man sieht mal wieder: Es ist schon fast ein Sechser im Lotto, wenn man eine Verfahrensrüge ausreichend begründet ist, na ja, zumindest Fünf mit Zusatzzahl