Schlagwort-Archive: § 315c StGB

Vorläufige Fahrerlaubnisentziehung noch nach 7 Monaten?

Das LG Kleve hat in LG Kleve, Beschl.v. 21.04.2011 – 120 Qs 40/11 keine Bedenken, auch noch sieben Monate nach einer Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Der Umstand, dass der vorgeworfene Verkehrsverstoß bereits längere Zeit, hier über 7 Monate, zurückliegt, rechtfertige – so das LG – in der Regel kein Absehen von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO.

Na, ob das so im Grundsatz in allen Fällen zutrifft, kann man m.E. mit Fug und Recht bezweifeln, auch wenn die h.M. in der Rechtsprechung das wohl so sieht. Aber letztlich wird man dem Beschluss des LG KLeve beitreten können. Der Beschuldigte war – wie es eine frühere Kollegin gg. formulieren würde – ein „viel beschossener Hase“; na ja, immerhin aber zwei Voreintragungen und davon eine verkehrsrechtliche.

Folgen einer Trunkenheitsfahrt – Verurteilter darf nicht (Zeit)Soldat werden

Das VG Koblenz teilt in seiner PM Nr. 12/2010 gerade mit, dass nach einem Urteil des VG Koblenz v. 14.0.4.2010 -2 K 1319/09.KO ein zum Elektroniker ausgebildeter Soldat wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss derzeit keinen Anspruch auf eine Ernennung zum Soldaten auf Zeit habe. In der PM heißt es zum Sachverhalt und zu den Entscheidungsgründen:

Das Zentrum für Nachwuchsgewinnung West berief den 1988 geborenen Kläger auf dessen Antrag zu einer im April 2009 beginnenden viermonatigen Eignungsübung in die Bundeswehr ein. Nachdem das Amtsgericht Koblenz dem Kläger wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt im Juni 2009 und hierdurch bedingt einer Gefährdung des Straßenverkehrs sowie eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen hatte, beurteilte die zuständige Stelle der Bundeswehr den Kläger als nicht geeignet für eine Übernahme in das Soldatenverhältnis auf Zeit. Hiergegen legte der Kläger Beschwerde ein und wies darauf hin, dass bei ihm lediglich eine Blutalkoholkonzentration von 0,62 ‰ festgestellt worden sei. Zu dem Unfall sei es durch eine Unachtsamkeit gekommen. Er sei auf einen Grünstreifen geraten und ins Rutschen gekommen. Danach habe er unter Schock gestanden und die Unfallstelle verlassen, wobei er sich nicht bewusst gewesen sei, dass die Leitplanke durch den Unfall geschädigt gewesen sei. Die zuständige Stammdienststelle wies die Beschwerde ab. Daraufhin erhob der Kläger gegen die Entscheidung Klage, die ebenfalls erfolglos blieb.

Die Einschätzung der Bundeswehr, dass dem Kläger derzeit für einen Soldaten auf Zeit die charakterliche Eignung fehle, sei nicht zu beanstanden. Zum Zeitpunkt der Beurteilung habe angesichts des damals noch laufenden Strafverfahrens die konkrete Möglichkeit einer Verurteilung des Klägers wegen einer Straftat nach § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) bestanden. Ein solcher Verdacht rechtfertige bereits die einer Berufung in das Soldatenverhältnis entgegenstehenden Zweifel an der Eignung. Diese Entscheidung sei nicht unverhältnismäßig, zumal gegen den Kläger mittlerweile auch ein rechtskräftiger Strafbefehl ergangen sei und die Bundeswehr mitgeteilt habe, dass sie einen Eignungsausschluss lediglich für die Dauer von zwölf Monaten annehme. Mithin habe der Kläger die Möglichkeit, sich im Laufe dieses Zeitraumes zu bewähren.“

Als nicht „Folgen einer Dienstfahrt“, sondern Folgen einer Trunkenheitsfahrt.

Der Beinaheunfall bei §§ 315c, 315b StGB: Verteidigungsansätze

Innerhalb kurzer Zeit hat der BGH jetzt zum dritten Mal zu Fragen der konkreten Gefahr i.S. des § 315c StGB bzw. des § 315b StGB, wo die Frage ebenso eine Rolle spielt, und zum Begriff des „Beinaheunfalls“ Stellung genommen (vgl. BGH StRR 2010, 71 = VRR 2010, 70 = VA 2010, 29 und BGH VRR 2010, 29 = StRR 2010, 72) (jetzt Beschl. v. 10.12.2009 – 4 StR 503/09). Das zeigt, welche Bedeutung die Fragen in der Praxis haben und welche Fehler hier nicht selten von den Tatgerichten gemacht werden. In der Regel mangelt es an ausreichenden Feststellungen, dass der Unfall gerade noch hat vermieden werden können. Da bieten sich gute Verteidigungsansätze (siehe dazu der BGH in StRR 2010, 71 = VRR 2010, 70 = VA 2010, 29).