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Rechtzeitiger Eingang von Rechtsmittel(Begründung)?, oder: Entscheidend ist der Eingang beim Gericht

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Und als zweite – überall geltende – Entscheidung dann der BGH, Beschl. v. 08.11.2023 – VIII ZB 59/23 – zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Falle der Nichtberücksichtigung einer zwar rechtzeitig bei Gericht eingegangenen, aber nicht zur Verfahrensakte gelangten Berufungsbegründungsschrift. Auch da ist das, was der BGH ausführt nicht  völlig neu. Ähnliches hat er schon im BGH, Beschl. v. 19.05.2022 – V ZB 66/21 – gesagt.

Folgender Sachverhalt: In einem mietrechtlichen Räumung- und Zahlungsverfahren hat das AG der Klage stattgegeben. Dagegen die Berufung des Beklagten. Das LG hat dann die Berufung des Beklagten wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, eine Berufungsbegründung liege auch nach dem Verstreichen der – bis zum 19.06.2023 verlängerten – Berufungsbegründungsfrist beim Berufungsgericht nicht vor.

Dagegen diue Rechtsbeschwerde des Beklagten, die beim BGH Erfolg hatte:

„1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt – wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend gemacht hat – in entscheidungserheblicher Weise das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Denn das Berufungsgericht hat gehörswidrig die von dem Beklagten innerhalb der (verlängerten) Berufungsbegründungsfrist eingereichte Berufungsbegründungsschrift nicht zur Kenntnis genommen.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung des Beklagten nicht als unzulässig verworfen werden. Denn das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung die innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist bei ihm eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht berücksichtigt.

a) Ein Gericht verstößt gegen seine aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Pflicht, die Ausführungen eines Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, wenn es einen ordnungsgemäß bei Gericht eingegangenen Schriftsatz nicht berücksichtigt. Auf ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an; das Gericht ist insgesamt für die Einhaltung des Gebots des rechtlichen Gehörs verantwortlich (vgl. BVerfGE 48, 394, 395 f.; 53, 219, 222 f.; siehe auch BGH, Beschluss vom 19. Mai 2022 – V ZB 66/21, NJW-RR 2022, 995 Rn. 8). Deshalb ändert es an der Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nichts, wenn den erkennenden Richtern der Schriftsatz im Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorlag. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der Schriftsatz den Richtern nach Eingang bei Gericht nur nicht vorgelegt wurde oder erst gar nicht zur Verfahrensakte gelangt ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2022 – V ZB 66/21, aaO; vom 4. Juli 2018 – XII ZB 240/17, NJW 2018, 3786 Rn. 8 f. mwN).

b) Gemessen hieran hätte das Berufungsgericht, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, das Vorbringen des Beklagten in dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 16. Juni 2023 berücksichtigen müssen. Denn dieser ist am 19. Juni 2023 und damit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist beim Berufungsgericht eingegangen.

Für den rechtzeitigen Eingang einer Berufungsbegründungsschrift ist allein entscheidend, dass diese vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist an das zur Entscheidung berufene Gericht gelangt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Juni 2003 – VIII ZB 126/02, NJW 2003, 3418 unter II 2; vom 17. März 2009 – VIII ZB 66/08, juris Rn. 5; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 19. März 2018 – 1 BvR 2313/17, juris Rn. 12 mwN [zum rechtzeitigen Eingang einer Duplik im Klageverfahren]; zum Eingang elektronischer Dokumente – wie hier – vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. August 2020 – VI ZB 79/19, NJW-RR 2020, 1519 Rn. 7; vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 18 mwN; vom 30. November 2022 – IV ZB 17/22, NJW-RR 2023, 351 Rn. 8; zum Prüfvermerk siehe BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2022 – XII ZB 304/21, juris Rn. 7; vom 30. November 2022 – IV ZB 10/22, juris Rn. 9; jurisPK-ERV/H. Müller, 2. Aufl., §130a ZPO Rn. 329; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 20. Aufl., § 130a Rn. 11).

Ausgehend hiervon hat der Beklagte nach dem auf die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge hin zu beachtenden Sachverhalt (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO; siehe auch Senatsbeschluss vom 5. Juli 2022 – VIII ZB 33/21, NJW-RR 2022, 1436 Rn. 20 mwN) die Berufungsbegründungsfrist gewahrt. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 19. Juni 2023 (wirksam) verlängert worden. Die – von dem Beklagtenvertreter per beA übersandte (vgl. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) – Berufungsbegründungsschrift ist ausweislich des in den Gerichtsakten befindlichen und von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Prüfvermerks an diesem Tag („Eingangszeitpunkt: 19.06.2023, 16:27:17″) und damit rechtzeitig beim Berufungsgericht eingegangen. Dass das elektronische Dokument – offenbar infolge eines gerichtsinternen Versehens – erst am 19. Juli 2023 zur Gerichtsakte gelangt ist, ist dagegen für die Rechtzeitigkeit des Eingangs nicht von Bedeutung und steht aus den vorgenannten Gründen auch der Annahme eines Gehörsverstoßes nicht entgegen.

c) Der angefochtene Beschluss beruht auf diesem Gehörsverstoß (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2021 – VIII ZB 68/20, juris Rn. 39 mwN). Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei Kenntnisnahme des Inhalts der Berufungsbegründungsschrift von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen wäre.“

Man muss wissen, wer das Rechtsmittel eingelegt hat, oder: Kann man den Rechtsmittelführer ermitteln?

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Und heute im „Kessel Buntes“ zwei verfahrensrechtliche Entscheidungen des BGH. Bei aus Zivilverfahren, aber die vom BGh aufgestellten Grundsätze gelten auch für andere Verfahren, also ggf. im Straf- oder Bußgeldverfahren.

Ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2024, XII ZB 39/23. In ihm geht es um die Frage, dass bei einem Rechtsmittelerkennbar sein muss, wer es eingelegt hat. Das, was der BGH in der Entscheidung sagt, ist nicht ganz neu. Ähnliches hat er schon mal 2020 im BGH, Beschl. v. 12.02.2020 – XII ZB 475/19 ausgeführt.

Ergangen ist die Entscheidung in einem familiengerichtlichen Verfahren. Es geht um die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs, in dem sich der Kindesvater verpflichtet hatte, für seine Kinder Unterhalt zu Händen der Kindesmutter zu zahlen. Zunächst richtete sich der Antrag nur gegen Kindesmutter. Nach einem rechtlichen Hinweis wird auf die Kinder umgestellt. Da zwischen den Beteiligten u.a. auch streitig war, ob das angerufene AG international zuständig ist, hat sich dieses mit Zwischenbeschluss für international und örtlich zuständig erklärt. Im Rubrum dieses Beschlusses sind nur die vier Kinder als Antragsgegner aufgeführt.

Gegen diesen Beschluss hat die Kindesmutter, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, Beschwerde eingelegt. In dem Beschwerdeschriftsatz wird als Beschwerdeführerin allein die Kindesmutter benannt und die Beschwerde ausdrücklich „namens und im Auftrag der Beschwerdeführerin“ eingelegt. Mit der nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde eingegangenen Beschwerdebegründung, in der nunmehr die Kinder, vertreten durch die Kindesmutter, als „Antragsgegner und Beschwerdeführer“ bezeichnet werden, wenden sich diese gegen die vom Amtsgericht angenommene internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.

Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Antragsgegner und der Kindesmutter. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO) verworfen:

„2. Dies hält sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 3 FamFG muss die Beschwerdeschrift die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Diesem Erfordernis ist nur dann genügt, wenn bei der Einlegung des Rechtsmittels aus der Rechtsmittelschrift selbst oder in Verbindung mit sonstigen Unterlagen oder Umständen der Rechtsmittelführer erkennbar ist oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erkennbar wird. Die Einhaltung dieser an den Inhalt der Beschwerdeschrift zu stellenden Anforderung dient – sowohl für das Beschwerdegericht als auch im Interesse der Beteiligten – dem geregelten Ablauf des Verfahrens und der Rechtssicherheit (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 475/19FamRZ 2020, 778 Rn. 11 mwN). Denn bei der Beschwerde, die einen neuen Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befassten Gericht eröffnet, müssen aus Gründen der Rechtssicherheit zur Erzielung eines geordneten Verfahrensablaufs die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein (vgl. BGH Beschluss vom 18. April 2000 – VI ZB 1/00NJW-RR 2000, 1371, 1372 mwN zu § 518 Abs. 2 ZPO aF).

Das bedeutet indes nicht, dass die Person des Rechtsmittelführers wirksam nur ausdrücklich und nur in der Beschwerdeschrift selbst angegeben werden kann. Vielmehr ist die Rechtsmitteleinlegung einer Auslegung zugänglich. Den Belangen der Rechtssicherheit ist deshalb auch dann genügt, wenn eine verständige Würdigung des gesamten Vorgangs der Beschwerdeeinlegung jeden Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers ausschließt. Daher ist es ausreichend, wenn jedenfalls mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen ist, wer Beschwerdeführer sein soll (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 475/19FamRZ 2020, 778 Rn. 11 mwN).

b) Gemessen hieran bestehen bei verständiger Würdigung keine Zweifel, dass mit der Beschwerdeschrift allein die Kindesmutter Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Zwischenbeschluss eingelegt hat.

Die von der anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten verfasste Beschwerdeschrift enthält nach ihrem Wortlaut keinen Hinweis darauf, dass die Beschwerde für die Antragsgegner eingelegt werden sollte. In ihr wird ausdrücklich die Kindesmutter als Beschwerdeführerin bezeichnet. Zudem wird dort ausgeführt, dass „namens und im Auftrag der Beschwerdeführerin“ die Beschwerde eingelegt werde. Weitere Umstände, die zu einer Auslegung der Beschwerdeschrift führen können, dass das Rechtsmittel durch die Antragsgegner eingelegt werden sollte, ergaben sich für das Beschwerdegericht bis zum Ablauf der Beschwerdefrist nicht. Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde war der Beschwerdeschrift keine Abschrift des angegriffenen Zwischenbeschlusses beigefügt. Die Verfahrensakte wurde dem Beschwerdegericht erst nach Ablauf der Beschwerdefrist übersandt. Daher konnten bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Beschwerdeeinlegung keine Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerde allein von der Kindesmutter eingelegt wurde.

Soweit die Rechtsbeschwerde unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Kammergerichts (NJW-RR 2004, 331) die Auffassung vertritt, es greife im Streitfall die Zweifelsregelung, wonach die von einem gesetzlichen Vertreter eingelegte Beschwerde, wenn er selbst nicht beschwerdebefugt sei, im Zweifel als Rechtsmittel des Vertretenen anzusehen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, war in dem vom Kammergericht entschiedenen Fall die Person des Rechtsmittelführers in der Rechtsmittelschrift nicht bezeichnet und musste daher durch Auslegung ermittelt werden. Im vorliegenden Fall ist die Kindesmutter in der Beschwerdeschrift ausdrücklich als Beschwerdeführerin genannt, so dass gerade kein Zweifelsfall und daher auch kein Anlass zur Anwendung dieser Zweifelsregelung besteht.

c) Soweit sich die Antragsgegner erstmals in der Beschwerdebegründung selbst gegen den Zwischenbeschluss wenden, erfolgte dies weder fristgerecht noch gegenüber dem zutreffenden Adressaten iSd § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdefrist auch für die Antragsgegner bereits abgelaufen, zudem war der Schriftsatz nicht an das Amtsgericht, dessen Zwischenbeschluss angefochten werden soll, sondern an das Beschwerdegericht gerichtet und auch nur dort eingegangen.

d) Nach alldem ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Beschwerde der Kindesmutter wegen fehlender Beschwerdebefugnis und die Beschwerden der Antragsgegner wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist verworfen hat.“

Wie gesagt: Die Ausführungen gelten nicht nur für das Zivilverfahren, sondern eben auch für alle anderen Verfahrensarten. Ohne Kenntnis, wer Rechtsmittelführer ist, klappt es nicht. das bedeutet: Als Rechtsanwalt achte ist darauf, dass bei einem Rechtsmittel – egal in welchem Verfahren – immer erkennbar ist, wer Rechtsmittelführer ist. Man sollte sich nicht auf das „dünne Eis“ der Auslegung begeben.

Verfahrensgebühr im Zivilberufungsverfahren, oder: Schriftwechsel mit Revisionsanwalt der Gegenseite

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Und im zweiten Gebührenposting dann mal etwas aus dem Zivilrecht, und zwar den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.12.2023 – 22 W 42/23 – zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahre. Kann man ja auch mal etwas zu bringen.

Folgender Sachverhalt: Gestritten wird nach einem Zivilrechtsstreit um die Berechtigung der Festsetzung einer Gebühr nach Nr. 3403 VV RVG – Verfahrensgebühr für sonstige Einzeltätigkeiten. Der Beklagte hatte mit Schriftsatz vom 20.09.2022 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und beantragt, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde um zwei Monate zu verlängern. Einer erneuten Verlängerung der Begründungsfrist um einen Monat hatte der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, zugestimmt. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist dann nicht begründet worden, sondern vor Ablauf der Frist zurückgenommen worden. Der Kläger macht geltend, seine Prozessbevollmächtigten hätten mit ihm das weitere Vorgehen und die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde erörtert, mit dem Revisionsanwalt des Beklagten zum Verfahrensstand und zur Fristverlängerung korrespondiert und mit ihm besprochen, ob er seinerseits einen Rechtsanwalt beim BGH hinzuziehen solle.

Dafür ist die Verfahrensgebühr Nr. 3403 VV RVG festgesetzt worden. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte Erfolg:

„Die Festsetzung einer Gebühr gemäß Ziffer 3403 VV-RVG ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil mit dem Revisionsanwalt über Verfahrensstand und Fristverlängerung kommuniziert worden ist. Denn insoweit handelt es sich um Neben- und Abwicklungstätigkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG, die bereits durch die Verfahrensgebühr des Berufungsverfahrens abgegolten sind (OLG Hamburg, Beschl. v. 19.05.2016 – 8 W 52/16, NJOZ 2017, 191; BeckOK RVG/Schneider RVG-VV 3403 Rn. 14).

Auch kann für die Prüfung der Erfolgsaussicht keine Gebühr gemäß Ziffer 3403 VV-RVG festgesetzt werden. Zwar gehört die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr zum Berufungsrechtszug. Die Erstattung dieser Gebühr kommt hier jedoch gleichwohl nicht in Betracht, weil das Kostenschonungsgebot verletzt ist. Denn ein Rechtsmittelgegner kann sich erst nach Vorliegen der Rechtsmittelbegründungsschrift mit Inhalt und Umfang des Angriffs des Rechtsmittelsführers sachlich auseinandersetzen und durch einen entsprechenden Gegenantrag sowie dessen Begründung das Verfahren fördern, was auf die Erstattungsfähigkeit von Gebühren für solche Tätigkeiten durchschlägt, die sinnvoll nur auf Grund einer sachlichen Prüfung des Streitstoffs in der Rechtsmittelinstanz vorgenommen werden können. Der Grundsatz, dass über die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels tauglich nur anhand der Rechtsmittelbegründung entschieden werden kann, gilt auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, zumal es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde nicht um ein Rechtsmittel in Bezug auf die Hauptsache handelt. Grundlage der Entscheidung über die Zulassung der Revision ist sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht das Beschwerdevorbringen. Demgemäß ist der „verfrühte“ Auftrag zur „Prüfung“ der Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde lediglich anhand des bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens angefallenen Prozessstoffs offensichtlich nutzlos. Eine Erstattung so verursachter Kosten für die in der „Prüfung“ liegende Einzeltätigkeit kommt nicht in Betracht. Ein anderes Ergebnis ist auch nicht gerechtfertigt, weil der Kläger sogleich einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt hätte beauftragen können, der eine 1,8 Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3509 ohne Rücksicht darauf hätte abrechnen können, dass auch für ihn kein Anlass zur Prüfung der Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde bestanden hätte. Denn ein solcher Auftrag hätte einen anderen und im Gegensatz zur isolierten Prüfung der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschätzbaren Erfolgsaussichten der gegnerischen Nichtzulassungsbeschwerde sinnhaften Inhalt gehabt. Somit greift der Einwand des Klägers nicht, die gleiche Tätigkeit eines postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten wäre nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO erstattungsfähig gewesen (BGH, Beschl. v. 15.10.2013 – XI ZB 2/13, NJW 2014, 557).“

Kurze Anmerkung: Die Entscheidung liegt auf der Linie der Rechtsprechung, die für das Strafverfahren annimmt, dass eine Verfahrensgebühr für den Verteidiger noch nicht entsteht bzw. eine solche nicht erstattet wird, wenn die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel vor Begründung zurücknimmt (dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 27 ff. m.w.N.).

beA II: Anwendungsbereich der Formvorschriften, oder: Kostenfestsetzungsantrag „in eigener Sache“

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Und als zweite Entscheidung kommt dann der OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 18.01.2024 – 18 W 120/23, der sich zum Kostenfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts äußert, wenn der in eigenen Sachen tätig wird. Die Entscheidung hätte auch an einem RVG-Tag „gepasst“, aber sie „passt“ wegen des Sachzusammenhangs auch heute.

Gestritten worden ist nach einem zivilgerichtlichen Verfahren im Rahmen einer sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss über das Erfordernis der Einreichung des Kostenantrags als elektronisches Dokument nach § 130d ZPO. Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar a.D. Er hat sich im Verfahren zuletzt selbst vertreten. Er hat darauf hingewiesen, kein elektronisches Postfach zu besitzen, weil er nur noch zwei Verfahren bearbeiten müsse. Nach mehrfachem Hinweis des LG auf § 130d ZPO hat er sich zwecks Zustimmung zum schriftlichen Verfahren durch Rechtsanwalt B vertreten lassen.

Nach Beendigung des Berufungsverfahrens hat der Kläger unter Verwendung seines Briefbogens als Rechtsanwalt und Notar a.D. einen als Rechtsanwalt unterzeichneten Kostenausgleichsantrag, den Rechtsanwalt B im Auftrag des Klägers per beA an das Gericht übermittelte. Der Beklagte rügte den Antrag wegen Verstoßes gegen § 130a Abs. 3 ZPO als formunwirksam. Auf eine inhaltliche Rüge des Rechtspflegers hin korrigierte der Kläger seinen Kostenausgleichsantrag mit einem erneut durch Rechtsanwalt B per beA übermittelten Antrag. Nach einem Hinweis des Rechtspflegers darauf, dass die Anträge nicht mit dem signierenden Rechtsanwalt übereinstimmten, wiederholte der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag auf seinem Anwaltsbriefpapier per Fax, wobei er bei der Namensangabe unter der Unterschrift die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ wegließ.

Das LG hat die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten festgesetzt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er rügt, der Kläger könne nicht zur Umgehung des gesetzlichen Formerfordernisses seinen Kostenfestsetzungsantrag formfrei als Partei stellen. Solange er als Rechtsanwalt tätig sei, habe er sich des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu bedienen. Die sofortige Beschwerde hatte beim OLG Erfolg:

„Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtspfleger hätte den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht erlassen dürfen, weil der Kostenfestsetzungsantrag entgegen § 130d ZPO nicht als elektronisches Dokument übermittelt wurde.

Nach § 130d S. 1 ZPO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt (..) eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Übermittlung als elektronisches Dokument ist eine von Amts wegen zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung. Daher ist ein per Fax eingereichter Antrag – vom Sonderfall der technischen Störung nach § 130d S. 2 ZPO abgesehen – als unzulässig abzuweisen (Zöller/Greger, 35. A., § 130d ZPO Rn. 1).

Ein solcher Fall der unzulässigen Einreichung eines Antrags per Fax liegt hier vor.

1. Der sachliche Anwendungsbereich des § 130d S. 1 ZPO ist bei Einreichung eines Kostenfestsetzungsantrags durch einen Rechtsanwalt eröffnet.

a) § 130d S. 1 ZPO kommt allerdings nicht bereits deshalb zur Anwendung, weil ein Antrag nach § 103 ZPO nur durch einen Rechtsanwalt gestellt werden könnte. Für einen Antrag nach § 103 ZPO besteht kein Anwaltszwang, da § 78 Abs. 1 ZPO gemäß §§ 13, 21 Nr. 1 und Nr. 2 RPflG keine Anwendung findet (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 – III ZB 63/05, Rn. 14, juris).

b) § 130d S. 1 ZPO ist aber deshalb anwendbar, weil es sich bei dem Kostenfestsetzungsantrag um einen „schriftlich einzureichenden Antrag“ im Sinne des § 130d S. 1 ZPO handelt. Zwar besteht für einen Antrag auf Kostenfestsetzung kein zwingendes Schriftformerfordernis; vielmehr kann er nach allgemeiner Meinung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts erklärt werden (MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, ZPO § 103 Rn. 38). Dies ändert aber nichts daran, dass ein „schriftlich einzureichender Antrag“ vorliegt.

aa) Bei der Auslegung und Ermittlung des § 130d ZPO tragenden gesetzgeberischen Willens ist die Entwicklung des § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG, der sich mit § 130d ZPO deckt, aufschlussreich.

Die durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 eingeführte Vorschrift des § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG sah eine Nutzungspflicht für „Anträge und Erklärungen durch einen Rechtsanwalt“ vor. Noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2022 wurde die Pflicht zur elektronischen Übermittlung durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften vom 5. Oktober 2021 auf „schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen“ beschränkt. In der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 19/28399 S. 39 f.) ist zu dieser Beschränkung ausgeführt, dass es sich um eine klarstellende Änderung handele, die erfolge, weil das FamFG im Unterschied zur Zivilprozessordnung kein allgemeines Schriftformerfordernis für Anträge und Erklärungen enthalte. Um den Besonderheiten des FamFG Rechnung zu tragen und Rechtssicherheit zu gewährleisten, werde entsprechend § 130d ZPO die Pflicht zur elektronischen Übermittlung ausdrücklich auf schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen beschränkt. Dabei ist in der Gesetzesbegründung § 64 Abs. 2 FamFG als Beispiel für eine Vorschrift genannt, die ein ausdrückliches Schriftformerfordernis vorsehe. Nach dieser Vorschrift wird eine Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt.

Daraus lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung „schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen“ eine Abgrenzung zu – im FamFG möglichen – mündlichen Anträgen und Erklärungen vornehmen und sowohl schriftlich als auch zur Niederschrift abgegebene Erklärungen erfassen wollte. Dafür spricht auch, dass die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 130d ZPO überhaupt nicht auf eine bestimmte Form abstellt, sondern lediglich ausführt „Um den elektronischen Rechtsverkehr zu etablieren, sieht Satz 1 eine Pflicht für alle Rechtsanwälte und Behörden vor, Schriftsätze, Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form zu übermitteln.“ (BT-Drs. 17/12634, S. 27). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 130d S. 1 ZPO umfassend für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO gelten (BGH, Beschluss vom 24. November 2022 – IX ZB 11/22, Rn. 8, juris).

bb) Auch der Umstand, dass es sich bei dem Kostenfestsetzungsantrag nicht um ein Rechtsmittel, sondern um einen das Kostenfestsetzungsverfahren einleitenden Antrag handelt, führt nach Auffassung des Senats nicht dazu, die Anwendbarkeit des § 130d S. 1 ZPO zu verneinen.

Der Bundesgerichtshof hat sich bislang in mehreren Entscheidungen dazu geäußert, dass zumindest Rechtsmittel/Beschwerden dem Anwendungsbereich des § 130d S. 1 ZPO, § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG unterfallen (BGH, Beschluss vom 24. November 2022 – IX ZB 11/22 [Rechtsmittel des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren]; Beschluss vom 7. Dezember 2022 – VII ZB 200/22 [Einreichung einer Beschwerde nach § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG durch Rechtsanwalt]; Beschluss vom 31. Januar 2023 – VIII ZB 90/22 [Einreichung einer Beschwerde nach § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG durch anwaltlichen Verfahrenspfleger]; BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023 – XII ZB 428/22 [Einreichung einer Beschwerde nach § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG durch einen Berufsbetreuer]). Allerdings hat der Bundesgerichtshof in der zuletzt zitierten Entscheidung colorandi causa ausgeführt, der Vergütungsantrag des anwaltlichen Betreuers müsse nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden. Dazu heißt es (Rn. 18, juris):

„Der Vergütungsantrag des Betreuers nach § 292 Abs. 1 FamFG unterliegt, auch wenn mit ihm das Vergütungsfestsetzungsverfahren eingeleitet wird, vorbehaltlich (bislang nicht bestehender) abweichender landesrechtlichen Bestimmungen über die Verpflichtung zur Benutzung von Vordrucken (§ 292 Abs. 6 FamFG) keinem zwingenden Schriftformerfordernis. Nach § 25 Abs. 1 FamFG können Anträge und Erklärungen gegenüber dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben werden, soweit eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht notwendig ist. Werden verfahrenseinleitende Anträge nicht zur Niederschrift der Geschäftsstelle, sondern schriftlich abgegeben, hängt deren Wirksamkeit – anders als nach § 64 Abs. 2 Satz 3 und 4 FamFG bei bestimmenden Schriftsätzen im Beschwerdeverfahren – nicht von der Beachtung zwingender Formvorschriften ab (vgl. § 23 FamFG), zu denen § 14 b Abs. 1 FamFG für Rechtsanwälte hinzutreten könnte. Auch die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass für den Großteil von Anträgen und Erklärungen in Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kein Schriftformerfordernis besteht und diese deshalb dem § 14 b Abs. 2 FamFG unterfallen (BT-Drucks. 19/28399 S. 40). Der Betreuer darf seinen Vergütungsantrag deshalb auch dann in gewöhnlicher Schriftform stellen, wenn er als Rechtsanwalt zugelassen ist. Er ist in diesem Fall allerdings verpflichtet, auf Anforderung des Gerichts ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 14 b Abs. 2 Satz 2 FamFG).“

Aus dieser Entscheidung könnte zu folgern sein, dass es für die sachliche Anwendbarkeit des § 130d ZPO darauf ankommt, ob es für den Antrag bzw. die Erklärung bestimmte – über die Schriftlichkeit als solche hinausgehende – Formerfordernisse (wie z.B. bei einer Beschwerde, vgl. § 569 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 64 Abs. 2 S. 3 und 4 FamFG) gibt, und § 130d S. 1 ZPO nicht zur Anwendung kommt, wenn ein Antrag ohne jegliche Formerfordernisse auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann. Dagegen spricht nach Auffassung des Senats jedoch die oben angeführte Gesetzesbegründung zu § 130d ZPO, die ein weites Verständnis hinsichtlich der der Vorschrift unterfallenden Anträge und Erklärungen aufzeigt. Hinzu kommt ein Unterschied zwischen § 130d ZPO und § 14b FamFG. Da das FamFG im Gegensatz zur ZPO kein allgemeines Schriftformerfordernis vorsieht, besteht nach § 14b Abs. 2 FamFG für nicht schriftlich einzureichende Anträge die Möglichkeit der Einreichung eines Antrags in gewöhnlicher Form. Zugleich sieht § 14b Abs. 2 S. 2 FamFG die Verpflichtung vor, auf Anforderung des Gerichts ein elektronisches Dokument nachzureichen. Eine § 14b Abs. 2 FamFG entsprechende Vorschrift enthält die ZPO nicht, was deutlich macht, dass dort grundsätzlich alle (stets) schriftlich einzureichenden Erklärungen und Anträge der Vorschrift des § 130d ZPO unterfallen.

Zudem ist vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Kostenfestsetzungsverfahren um einen Teil des Rechtsstreits handelt (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 – V ZB 237/10, Rn. 7, juris), was ebenso dafür spricht, den Kostenfestsetzungsantrag wie sonstige Anträge und Erklärungen zu behandeln und § 130d S. 1 ZPO unterfallen zu lassen.

Danach ist der sachliche Anwendungsbereich des § 130d S. 1 ZPO für einen durch einen Rechtsanwalt eingereichten Kostenfestsetzungsantrag eröffnet.

2. Auch der persönliche Anwendungsbereich des § 130d S. 1 ZPO ist eröffnet.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist mittlerweile geklärt, dass für Rechtsanwälte die Pflicht zur elektronischen Übermittlung nach § 130d S. 1 ZPO und § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG nicht nur dann besteht, wenn sie einen Beteiligten vertreten, sondern auch dann, wenn sie – z.B. als Verfahrenspfleger (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2023, aaO.), Insolvenzverwalter (BGH, Beschluss vom 24. November 2022, aaO.) oder anwaltlicher Berufsbetreuer (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023, aaO.) – berufsmäßig im eigenen Namen auftreten. Der Bundesgerichtshof begründet die generelle Nutzungspflicht für Rechtsanwälte unabhängig von ihrer Rolle im Verfahren mit der auf eine „Nutzungspflicht für Rechtsanwälte“ abstellenden amtlichen Überschrift der Vorschriften, ihrem weit gefassten Wortlaut, der Gesetzesbegründung und dem Zweck der Normen, der für ein statusbezogenes Verständnis der Nutzungspflicht spreche (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023, aaO., Rn. 11 ff.).

Nach dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, war dem Antrag des Klägers vom 20. Juni 2023 entgegen der Auffassung des Landgerichts mangels Übermittlung als elektronisches Dokument und wegen Verstoßes gegen § 130d S. 1 ZPO nicht zu entsprechen. Dabei kann dahinstehen – was der Bundesgerichtshof offen gelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023, aaO., Rn. 16, juris) -, ob § 130d S. 1 ZPO auch dann zur Anwendung kommt, wenn ein Rechtsanwalt bewusst als Privatperson in eigener Sache auftritt, wofür sprechen könnte, dass ein Rechtsanwalt ohnehin über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach verfügen muss und jenseits eines Auftretens in eigener Sache als Privatperson einem Zwang zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten unterliegt (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023, aaO., Rn. 14). Vorliegend hat der Kläger nämlich keine deutliche Trennung von seiner Stellung und seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt vorgenommen. Zwar hat er bei seinem Antrag unter seiner Unterschrift lediglich seinen Namen wiedergegeben und dabei den zunächst vorhandenen Zusatz „Rechtsanwalt“ weggelassen. Er ist aber in der Gesamtschau weiterhin als Rechtsanwalt im eigenen Namen aufgetreten. Denn er hat weiterhin sein Anwaltsbriefpapier verwendet, das im Briefkopf die Bezeichnung „Anwaltskanzlei Vorname1 Nachname1“ enthält und ihn als „Rechtsanwalt Nachname1“ bzw. „Rechtsanwalt und Notar a.D.“ bezeichnet. Zudem macht er neben den Kosten der 1. Instanz entsprechend einer vorgelegten Kostennote seines damaligen Prozessbevollmächtigten bezüglich der Kosten der 2. Instanz eigene Anwaltsgebühren in Form einer Verfahrens- und Terminsgebühr nebst einer Pauschale für Post und Telekommunikation geltend. Damit betrifft sein Antrag gerade seine eigene Stellung und sein Kosteninteresse als Rechtsanwalt. Vor diesem Hintergrund war er gehalten, als Rechtsanwalt die Form des § 130d S. 1 ZPO einzuhalten. Da dies nicht geschehen ist, war der Kostenfestsetzungsantrag unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses als unzulässig abzuweisen.“

Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH – leider – nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung habe noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordere (§ 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO). Abweichende obergerichtliche Entscheidungen seien nicht ersichtlich und der sachliche und persönliche Anwendungsbereich des § 130d ZPO sei hinreichend geklärt. Nun ja: Nachdem der BGH im Beschl. v. 31.01.2023 (VIII ZB 90/22) auch, wenn auch „colorandi causa“. etwas zum Kostenfestsetzungsantrag gesagt hat, hätte man dann vielleicht doch gern etwas „Tragendes“ vom BGH gehört.

Rechtsprechung zum Verkehrszivilrecht vom BGH, oder: Gebrauch des Kfz, Werkstattrisiko, Betriebsgefahr

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Und heute im „Kessel Buntes“ dann Verkehrszivilrecht. Und da hat sich in der letzten Zeit einiges angesammelt. Ich mache daher zwei (kleine) Rechtsprechungsübersichten, einmal BGH und einmal andere Gerichte. Es gibt aber jeweils nur die Leitsätze.

Ich beginne hier mit dem BGH, und zwar:

Der Entladevorgang gehört zum „Gebrauch“ des Fahrzeugs im Sinne des § 1 PflVG, solange das Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen daran beteiligt sind. Der Schaden, der beim Hantieren mit Ladegut eintritt, ist dann „durch den Gebrauch“ des Kraftfahrzeugs entstanden, wenn es für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt worden ist. Das Entladen eines Tanklastzugs mittels einer auf ihm befindlichen Pumpe ist danach dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs zuzuordnen, solange der Druck der Pumpe noch auf das abzufüllende Öl einwirkt und die Flüssigkeit durch den Schlauch heraustreibt.

Die Gefahr, die von einer gerade entleerten Mülltonne auf der Straße für andere Verkehrsteilnehmer ausgeht, ist dem Betrieb des Müllabfuhrfahrzeugs zuzurechnen. Lässt sich beim Vorbeifahren an einem Müllabfuhrfahrzeug ein ausreichender Seitenabstand, durch den die Gefährdung eines plötzlich vor oder hinter dem Müllabfuhrfahrzeug hervortretenden Müllwerkers vermieden werden kann, nicht einhalten, so ist die Geschwindigkeit gemäß § 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO so weit zu drosseln, dass der Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug notfalls sofort zum Stehen bringen kann.

Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt. Tritt der Geschädigte bei unbezahlter Werkstattrechnung seine Forderung gegen den Schädiger ab, trägt der Zessionar das Werkstattrisiko.

Und dann gibt/gab es noch einiges zum Dieselskandal – das sind immer die Entscheidungen mit den „VIa-er-Aktenzeichen“. Dazu muss ich allerdings einräumen, dass ich bei den Fragen inzwischen den Überblick verloren haben. Ich stelle daher dazu nicht mehr vor.