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Besprechungsgebühr im Zivilverfahren entstanden?, oder: Was ist eine Besprechung/ein Gespräch?

Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Und heute am Gebührenfreitag zwei OLG-Entscheidungen.

Die erste, der OLG Bamberg, Beschl. v. 18.01.2024 – 2 WF 177/23.  – behandelt eine Problematik aus einem familienrechtlichen Verfahren, gilt also für die Terminsgebühren nach Teil 3 VV RVG, also mal nicht Straf- oder Bußgeldsachen.

In dem Beschluss geht es um die Frage, welche Anforderungen an Gespräche erfüllt sein müssen, wenn dafür eine Terminsgebühr entstehen soll. Es geht um ein Gespräch zwischen Telefongespräch zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller und dem zuständigen Richter beim AG.

Das OLG sieht solche einseitigen Gespräche nur einer Partei mit dem Gericht nicht als Besprechung im Sinne von Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV RVG an. Erforderlich sei vielmehr stets die Beteiligung von zumindest zwei am Verfahren Beteiligten mit dem Ziel, im Rahmen der Besprechung eine Erledigung des Verfahrens herbeizuführen. Ein Telefongespräch zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten einer Partei und dem zuständigen Richter könne daher mangels Einbeziehung der Gegenseite keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG auslösen.

Zur Begründung, auf die ich im verlinkten Volltext verweise, bezieht sich das OLG auf die Gesetzesmaterialien zur Einführung des RVG (vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/1971, S. 209), denen zum 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22.12.2006 (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/3038, S. 56) und auch denen zur Neufassung von Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013 (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 274). Nach dem gesetzgeberischen Willen erfasse der Begriff der Besprechung danach den mündlichen und auch telefonisch möglichen Austausch von Erklärungen mit der Gegenseite, wobei die Bereitschaft der Gegenseite bestehen müsse, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten.

Das OLG hat sich damit der wohl überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur angeschlossen (Nachweise im Beschluss). Das letzte Wort ist damit aber im Zweifel noch nicht gesprochen. Das OLG hat nämlich die Rechtsbeschwerde zugelassen, so dass sich ggf. der BGH demnächst zu der Streitfrage äußern wird.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Diese angeblich von Lenin stammende Redewendung wird i.d.R. im (zivilrechtlichen) Wiedereinsetzungsrecht zutreffen. Da hat die Frage des anwaltlichen Verschuldens an einer Fristversäumung allerdings mehr Bedeutung als im Straf- und Bußgeldrecht, wo dem Angeklagten/Betroffenen ja ein Verschulden seines Verteidigers nicht zugerechnet wird. Etwas Entspannung bringt jedoch der BGH, Beschl. v. 13.10.2011 – VII ZB 18/10. Danach darf der Rechtsanwalt auf rechtzeitige Vorlage von Akten vor Fristablauf vertrauen. Werden einemRechtsanwalt die Akten im sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt und gibt er zur Vorbereitung des von ihm zu fertigenden fristwahrenden Schriftsatzes noch Anweisungen an sein Personal, die es erfordern, dass die Akte noch einmal in den Kanzleibetrieb geht, kann er sich in aller Regel darauf verlassen, dass ihm die Akten rechtzeitig vor Ablauf der im Bürokalender eingetragenen Frist wieder vorgelegt werden. Besonderer Anweisungen, um die erneute Aktenvorlage sicherzustellen, bedarf es im Allgemeinen nicht. So der BGH in seiner o.a. Leitsatzentscheidung.