Das LG hatte den Angeklagten wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Die Verhängung der Höchststrafe hat der BGG beanstandet:
„2. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht innerhalb des Strafrahmens des § 30a Abs. 1 BtMG mildernd das Geständnis des Angeklagten nebst „Aufklärungsbemühungen“, die Sicherstellung der Betäubungsmittel und die zeitweilige Beobachtung von Bandenmitgliedern durch die Ermittlungsbehörden gewertet. Zudem sei die Haftempfindlichkeit des Angeklagten aufgrund nur beschränkter Deutschkenntnisse und infolge einer Rheumaerkrankung leicht erhöht. Schärfend hat die Strafkammer demgegenüber die besonders große Menge der gehandelten harten Droge Heroin, das Gewicht der Tatbeiträge des Angeklagten, seine Stellung in der Bandenhierarchie, die professionelle, gefahrerhöhende Vorgehensweise der Gruppe sowie das Nachtatverhalten in Form der Bedrohung des deutschen Tatgehilfen berücksichtigt.
Trotz der Strafmilderungsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mit der Höchststrafe belegt. Es hat dies, die Strafzumessungserwägungen abschließend, darauf zurückgeführt, dass den Strafschärfungsgründen, insbesondere der Überschreitung des „Heroin-Grenzwertes“ um „mehr als das 30.000-fache“ und den vom Angeklagten erbrachten wesentlichen Tatbeiträgen, ein besonders großes Übergewicht zukomme und sich die weitaus weniger gewichtigen mildernden Gesichtspunkte somit nicht auswirkten.
II.
Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen; im Übrigen bleibt ihr der Erfolg versagt.
1. Die Strafzumessung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ohne eingehendere Begründung erschließt sich nicht, weshalb die Strafkammer den Fall als derart außergewöhnlich eingestuft hat, dass sie ihn mit der höchsten Strafe geahndet hat, die für den Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgesehen ist.
a) Strafen, die sich der oberen Strafrahmengrenze nähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 20. September 2010 – 4 StR 278/10, NStZ-RR 2011, 5; vom 11. November 2014 – 3 StR 455/14, juris Rn. 5; Urteil vom 20. Oktober 2021 – 1 StR 136/21, juris Rn. 8; ferner Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1445, alle mwN). Maßstab sind das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut und der Grad seiner schuldhaften Beeinträchtigung (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 – 1 StR 136/21, juris Rn. 12). Das Vorliegen einzelner Milderungsgründe schließt die Verhängung der Höchststrafe dabei keineswegs aus; diese bedarf aber – auch und gerade dann – sorgfältiger Begründung unter Berücksichtigung aller Umstände (BGH, Urteil vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, juris Rn. 23; s. auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 1982 – 2 StR 619/82, NStZ 1983, 268, 269; Beschlüsse vom 30. August 1983 – 5 StR 587/83, StV 1984, 152; vom 17. Juli 2007 – 5 StR 172/07, juris Rn. 8).
b) Eine solche Begründung, die diesen besonderen Sorgfaltsanforderungen genügt und damit das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe rechtfertigt, lassen die Urteilsgründe vermissen.
Das Landgericht hat zunächst für sich genommen rechtsfehlerfrei strafschärfend gewertet, dass sich das urteilsgegenständliche Umsatzgeschäft auf eine besonders große Menge einer harten Droge bezog und der maßgebliche Grenzwert in einem äußerst hohen Maß überschritten ist. Bei Betäubungsmitteldelikten prägen Art und Menge des Rauschgifts den Unrechtsgehalt der Tat; sie sind deshalb nicht nur „bestimmende Umstände“ (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), sondern regelmäßig vorrangig in die Abwägung einzustellen. Diese Gesichtspunkte sind allerdings nicht allein entscheidend und isoliert zu betrachten. Die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nach den §§ 46 ff. StGB verlieren im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität nicht ihre Bedeutung. Danach ist auch bei Rauschgiftgeschäften die Strafe nach dem Maß der individuellen Schuld zuzumessen. Eine reine „Mengenrechtsprechung“ wäre mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteile vom 14. November 2019 – 3 StR 242/19, juris Rn. 6; vom 20. Oktober 2021 – 1 StR 136/21, juris Rn. 7, jeweils mwN).
Hier lassen die Darlegungen der Strafkammer besorgen, dass sich das Landgericht bei der Festsetzung der Freiheitsstrafe auf die Obergrenze des Strafrahmens nahezu ausschließlich von dem äußerst hohen Maß der Grenzwertüberschreitung („mehr als 30.000-fache“) hat leiten lassen (zu dessen Gewichtung im Verhältnis zur Gefährlichkeit des Rauschgifts vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2019 – 1 StR 181/19, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 45 Rn. 7 ff.). Dies ergibt sich aus Folgendem:
aa) Als Rechtfertigung für die Verhängung des Höchstmaßes der zeitigen Freiheitsstrafe explizit genannt hat das Landgericht neben dem Faktor der Grenzwertüberschreitung allein das Gewicht der vom Angeklagten erbrachten Tatbeiträge. Eine solche maßgebende hohe Bedeutung dieser Tatanteile im Rahmen des abgeurteilten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird in den Urteilsgründen indes nicht nachvollziehbar dargetan (zum Bezugspunkt der Banden- als [typischerweise] organisierter Kriminalität vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2021 – 6 StR 329/21, juris Rn. 6). Innerhalb des verfahrensgegenständlichen Handelsgeschehens, das von Drogenankauf, -transport, -verkauf und Geldtransfer geprägt war, trug der Angeklagte zwar im Grundsatz die Verantwortung für die beiden erstgenannten Bereiche. Es war gleichwohl der niederländische Mittäter, der den Kontakt zu den drei deutschen Gehilfen herstellte und die Baufahrzeuge sowie die Gerätschaften für deren Umbau in die Halle nach G. verbrachte. Ebenso wenig lässt die Stellung des Angeklagten in der Bandenhierarchie – er befand sich auf einer Stufe mit diesem einzigen Mittäter über derjenigen der Gehilfen – den Fall ohne Weiteres als überaus gravierend erscheinen; seine Gewinnbeteiligung betrug nur ein Viertel.
bb) Der verbleibende der beiden entscheidenden unrechts- und schulderhöhenden Gesichtspunkte, das durch die festgestellte Wirkstoffmenge bedingte Maß der Grenzwertüberschreitung, kann nicht unabhängig von der Sicherstellung des von dem Umsatzgeschäft erfassten Heroins gewertet werden.
Die vollständige Sicherstellung der tatbetroffenen Betäubungsmittel ist – ebenso wie das Geständnis (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 502/13, wistra 2014, 180 Rn. 3; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 679 ff.) – ein „bestimmender“ Milderungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 8. Februar 2017 – 3 StR 483/16, StraFo 2017, 117). Denn das Betäubungsmittelgesetz bezweckt den Schutz der Volksgesundheit; die Gesundheitsgefahr realisiert sich aber nicht, falls die Betäubungsmittel nicht in den Verkehr gelangen. Der Erfolgsunwert und damit das Gewicht der Strafschärfungsgründe der besonders großen Menge und der besonders gefährlichen Droge werden dadurch regelmäßig relativiert.
Aus dem Urteil geht nicht hervor, dass sich die Strafkammer bei der Bestimmung des Höchstmaßes der zeitigen Freiheitsstrafe dieses Zusammenhangs bewusst war. Unter den gegebenen Umständen wäre dies im Rahmen der gebotenen sorgfältigen Begründung der verhängten Höchststrafe auch mit Blick auf die weiteren Milderungsgründe erforderlich gewesen.
cc) Nach allem begegnet die Wertung, dass ein „besonders großes Übergewicht der Strafschärfungsgründe“ vorliegt, das zur Bedeutungslosigkeit aller Milderungsgründe für das Ergebnis der Strafzumessung führt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.“