Archiv der Kategorie: Beweiswürdigung

Leivtec XV3 nicht standardisiert, oder: Honig saugen

entnommen wikimedia.org
Original uploader was VisualBeo at de.wikipedia

Nach den Ergebnissen vom 56. VGT dann noch zwei OWi-Entscheidungen, die schon seit einigen Tagen in meinem Blogordner hängen. Zunächst der Hinweis auf das AG Jülich, Urt. v. 08.1.2017 – 12 OWi-806 Js 2072/16-122/16, das mir vom Kollegen Jumpertz aus Jülich, der diese Entscheidung „erstritten“ hat, übersandt worden ist.  Es geht um eine mobile Messung mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3. Das AG sagt: Nicht (mehr) standardisiert.

Ich will das umfangreiche Urteil hier jetzt nicht einstellen, sondern empfehel das Selbststudium. Nur kurz: Das AG begründet seine Auffassung damit, dass im Rahmen des Verfahrens zur Bauartzulassung die maßgeblichen Anforderungen (PTB-A 18.11) nicht beachtet worden seien, welche hinsichtlich elektromagnetischer Verträglichkeit von Messgeräten die Einhaltung der DIN EN 61000 voraussetzen. Es seien nämlich erforderliche EMV-Tests gar nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das AG hat den Betroffenen dann freigesprochen, da eine weitere Überprüfung der Messung nicht möglich war. Die Messdaten waren nämlich inzwischen gelöscht.

Nun, ob das mit dem Freispruch so richtig ist oder ob man nicht Rechtsprechung der OLG hätte anwenden müssen, wonach das Messergebnis in diesen Fällen anwendbar ist, aber ein größerer Sicherheitsabschlag gemacht werden müssen, lasse ich mal dahingestellt. Jedenfalls kann man aus der Entscheidung „Honig saugen“.

Bewaffnetes Handeltreiben, oder: Wenn man die Waffe erst suchen muss…..

entnommen wikimedia.org
Urheber Markscheider

So, und zum Tagesschluss dann noch der Hinweis auf den BGH, Beschl. v. 13.12.2017 – 5 StR 108/17. Thematik: Bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG)? Die Strafkammer hatte: Nein, gesagt, die StA meinte: Ja, und ist in die Revision gegangen. Der BGH sagt: Es bleibt beim Urteil des LG, denn: Bei dem Durcheinander in den Schilderungen der Polizeibeamten hat die Kammer zu Recht ein „Mitsichführen“ verneint:

„Die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG abgelehnt hat, begegnen auch angesichts des zur Beweiswürdigung eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, StraFo 2017, 378 Rn. 6 mwN) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Demgemäß muss der hiergegen gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft der Erfolg versagt blei-ben.

a) Ein Mitsichführen einer Schusswaffe ist gegeben, wenn der Täter diese in irgendeinem Stadium des Tathergangs bewusst gebrauchsbereit so in seiner Nähe hat, dass er sich ihrer jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, aaO Rn. 7; Beschluss vom 10. Feb-ruar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349, jeweils mwN). Das Merkmal ist dementsprechend gegeben, wenn sich die Waffe in Griffweite des Täters befin-det (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, aaO mwN).

b) Von diesem durch die Rechtsprechung ausgeformten rechtlichen Maßstab ist das Landgericht ausgegangen. Jedoch konnte es aufgrund widersprüchlicher und unklarer Angaben der die Durchsuchung durchführenden Polizeibeamten keine Feststellungen zum exakten Auffindeort der Schusswaffe treffen. So hatte ein Beamter ausgeführt, ein unmittelbarer Zugriff auf die Waffe sei nicht möglich gewesen, weil erst etliche Kartons hätten beiseitegelegt werden müssen, um an die Waffe zu kommen. Auch wenn man um den Aufbewahrungsort gewusst habe, sei sie seiner Einschätzung nach nicht „griffbereit“ gewesen. Später bekundete er, das Auffinden der Waffe nicht selbst beobachtet zu haben. Vielmehr sei sie ihm von einem Kollegen übergeben worden, der sie in einem Kartonstapel gefunden habe. Weitere Polizeibeamte konnten keine oder keine verlässlichen Angaben machen. Eine Videoaufzeichnung stellte nach den Bekundungen der polizeilichen Zeugen nicht die Auffindesituation dar. Vielmehr müsse es sich um eine von der Einsatzhundertschaft nachgestellte Szene handeln.

Unter diesen Vorzeichen ist die durch das Landgericht vorgenommene Wertung rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist die notwendige räumliche Nähe in der Regel vorhanden, wenn sich die Waffe in dem Raum befindet, in dem Handel getrieben wird (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 30a Rn. 139 mwN). Auch dann muss jedoch festgestellt werden, welche Maßnahmen und welcher Zeit-aufwand im Einzelnen erforderlich ist, damit der Täter auf die Waffe zugreifen kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2002 – 3 StR 404/01, StV 2002, 489 [Hochklappen eines Sofas]; Weber, aaO; siehe auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466). Diesbezügliche Feststellun-gen vermochte das Landgericht aber nicht zu treffen.

Eine Zugriffsnähe im vorbezeichneten Sinn verstand sich nach den auf der Grundlage der Zeugenaussagen im Urteil geschilderten Gegebenheiten (unter Umständen zeitaufwendiges Weglegen von Kartons) auch nicht von selbst. Deswegen durfte das Landgericht nach dem Zweifelssatz vom Nichtvorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Mitsichführens ausgehen. Darin liegt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts keine fehlerhafte Anwendung des Satzes „in dubio pro reo“ auf einen Rechtsbegriff. Eine Verfahrensrüge hat die Staatsanwaltschaft nicht erhoben.“

Rotlichtverstoß, oder: Der zufällig den Rotlichtverstoß beobachtende Polizeibeamte

© sablin – Fotolia.com

Die zweite OWi-Entscheidung betrifft einen Rotlichtverstoß, und zwar um einen qualifizierten, also länger als eine Sekunde Rotlichtzeit. Das AG hatte ihn festgestellt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Es hat sich dabei auf die Zeugenaussage eines Polizeibeamten gestützt, der den Verstoß zufällig beobachtet hatte. Dem OLG reicht im OLG Hamm, Beschl. v. 24.10.2017 – 4 RBs 404/17 – die Beweiswürdigung nicht, es verlangt eine kritische Würdigung der Aussage des Polizeibeamten:

„Schon die Voraussetzung für die Ahndung des Rotlichtverstoßes mit einem Fahrverbot wegen Missachtung einer schon länger als eine Sekunde andauernden Rotphase (BKatV Ziff. 132.3) ist nicht hinreichend in der Beweiswürdigung belegt.

Die Beweiswürdigung ist hier insoweit lückenhaft. Zwar trägt sie noch soweit, dass die Rotlichtphase für den Betroffenen jedenfalls mindestens seit dem Zeitpunkt andauerte, seit dem das Lichtzeichen für das Polizeifahrzeug Grünlicht zeigte. Soweit dann in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils ausgeführt wird, dass dieses erst „3-5 Sekunden“ später losgefahren (und in den Kreuzungsbereich eingefahren) bleibt schon unklar, wo sich das Fahrzeug des Betroffenen zu diesem Zeitpunkt befand. Insoweit ist grds. maßgeblich, wann eine etwa vorhandene Haltelinie – zu der sich das Urteil allerdings nicht verhält – überfahren wird (vgl. OLG Dresden ZfS 2017, 234; OLG Köln, Beschl. v. 08.02.2000 – Ss 51/00 B – juris). Insbesondere ist aber die Dauer der Rotlichtphase von „3-5 Sekunden“ nicht hinreichend belegt. Für die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes  genügt die bloße gefühlsmäßige Schätzung eines den Rotlichtverstoß zufällig beobachtenden (ggf. in der Verkehrsüberwachung erfahrenen) Polizeibeamten alleine nicht, um zuverlässig entscheiden zu können, ob nur ein einfacher oder ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorliegt (OLG Jena, Beschl. v. 10.12.1998- 1 Ss 219/98 –juris; OLG Düsseldorf, NZV 1995, 197 LS). Soll durch Zeugenbeweis – ohne technische Hilfsmittel – ein qualifizierter Rotlichtverstoß bewiesen werden, so ist eine kritische Würdigung des Beweiswertes der Aussagen geboten (OLG Köln, Beschl. v. 20.03.2012 – III-1 RBs 65/12 –juris). Die Anforderungen können hier nicht niedriger sein, als bei einer gezielten Kreuzungsüberwachung im Hinblick auf Rotlichtverstöße (vgl. zu den Anforderungen dort: OLG Hamm NZV 2010, 44). Hier hätte kritisch gewürdigt werden müssen, wie die Zeugen zu ihrer Schätzung kommen. Angegeben wird zwar, dass sie es „nicht eilig“ gehabt hätten. Andererseits ist kaum anzunehmen, dass sie vor der späteren Schrecksituation überhaupt ein Augenmerk darauf gelegt haben, wie lange es vom Beginn der Grünphase bis zum Anfahren des Polizeifahrzeugs dauerte, denn dies hatte für sie – jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen zu diesem Zeitpunkt keinerlei Relevanz.

Auch fehlt es an einer hinreichenden Angabe, wie weit der Betroffene mit seinem Fahrzeug noch von der Ampel entfernt war, als diese von Gelb- auf Rotlicht umschaltete (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 02.11.2010 – III-4 RBs 374/10 – juris). Das Amtsgericht teilt hierzu wiederum die – an sich von ihm selbst zutreffenden – Wertung eines Zeugen mit, dass der Betroffene habe „problemlos“ anhalten können, da er „mit normaler Geschwindigkeit von geschätzt 50 km/h gefahren sei“. Auch hier stellt sich die Frage, inwieweit die Zeugen hierauf ihr Augenmerk vor der eigentlichen etwaigen Gefahrensituation gerichtet hatten, um dies beurteilen zu können.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich womöglich die Dauer der Rotlichtphase bei Überfahren der Haltelinie am sichersten durch entsprechende Berechnung der Fahrzeiten und Wegstrecken der beteiligten Fahrzeuge bis zur etwaigen Gefahrenstelle – ggf. nach sachverständiger Beratung – feststellen lässt.“

Sexueller Missbrauch, oder: Weiterer Sachverständiger zur Beurteilung der Aussage der Opferzeugin?

© Dan Race Fotolia .com

Über das BGH, Urt. v. 12.07.2017 – 1 StR 408/16 – ergangen in einem Missbrauchsverfahren habe ich in anderem Zusammenhang schon mal berichtete (vgl. Sexueller Missbrauch, oder: Abweichen vom Sachverständigengutachten).  Heute greife ich das Urteil noch einmal auf, und zwar wegen der adrin vom BGh behandelten Beweisantragsproblematik.

In dem Verfahren hatte die Nebenklägerin hatte beantragt, Frau Diplom-Psychologin B. (hilfsweise einen vom Gericht zu bestimmenden Sachverständigen) als Sach-verständige zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass das Gutachten der Sachverständigen M. mit den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht in Einklang steht, so dass Zweifel an der Sachkunde der Sachverständigen M. bestehen, und ein weiteres Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die Angaben der Nebenklägerin insge-samt und zu den Tatvorwürfen gegen den Angeklagten erlebnisbegründet sind. Zur Begründung des Antrags bezog sich die Nebenklägerin insbesondere auf das mit dem Beweisantrag vorgelegte Gutachten der Diplom-Psychologin B. , die das Gutachten der Sachverständigen M. analysiert hatte und zu dem Ergebnis gekommen war, dass es den wissenschaftlichen Anforderungen an aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ge-nügte.

Die Strafkammer hat nach Anhörung der Sachverständigen M. in der Hauptverhandlung den Antrag auf Einholung eines weiteren Sach-verständigengutachtens zur Frage des Erlebnisbezugs nach § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO durch Beschluss zurückgewiesen, weil durch das Gutachten der Sachverständigen M. das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen und weder die Sachkunde der Sachverständigen zweifelhaft sei noch deren Gutachten Widersprüche enthalte. Aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen M. sei für die Kammer bereits erwiesen, dass weder von Glaubhaftigkeit noch von fehlender Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin S. ausgegangen werden könne. Letztlich bleibe diese Frage durch das Gutachten der Sachverständigen M. unbeantwortet.“

Die Nebenklägerin rügt eine Verletzung des § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO. Der BGH bejaht zwar einen Rechtsfehler:

a) Der von der Nebenklägerin gestellte Antrag ist ein Beweisantrag.

Ob der Antragsteller eine Beweisbehauptung in der gebotenen Konkretisierung aufstellt, ist ggf. durch Auslegung des Antrags nach dessen Sinn und Zweck zu ermitteln (st. Rspr.; z.B. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 – 5 StR 279/93, BGHSt 39, 251, 253 f.). Bei dieser Auslegung hat das Gericht die Beweisbe-hauptung unter Würdigung aller in der Hauptverhandlung zutage getretenen Umstände, des sonstigen Vorbringens des Antragstellers sowie ggf. des Akteninhalts zu beurteilen (BGH, NStZ (Pf/M) 1983, 208, 210; vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 117 mwN; SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 244 Rn. 59). Dabei dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. LR/Becker aaO, § 244 Rn. 96 mwN).

Aus der Antragsbegründung ergibt sich deutlich, was die Nebenklägerin durch das Sachverständigengutachten belegen will. Sie will beweisen, dass bei Anwendung aussagepsychologischer Methodik auf ihre Aussage die dem An-geklagten im Anklagesatz vorgeworfenen Sexualstraftaten auf ihrem tatsächlichen Erleben beruhen, sie also Opfer der dem Angeklagten zur Last gelegten Taten geworden sei und ihre Angaben der Wahrheit entsprechen.

b) Die Ablehnung dieses Beweisantrags durch das Landgericht ist durch § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht gedeckt.

Es fehlt an der für eine Ablehnung nach § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO vorrangig erforderlichen Überzeugung des Gerichts, das Gegenteil der behaupteten Tatsache sei durch das frühere Gutachten bereits erwiesen (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 3. November 2009 – 3 StR 355/09, NStZ-RR 2010, 51). Unter Beweis gestellt war, dass die Angaben der Nebenklägerin insgesamt und insbesondere zu den Tatvorwürfen gegen den Angeklagten erlebnisbegründet sind, sich also das im Anklagesatz geschilderte Geschehen tatsächlich ereignet hat. Das Gegenteil aber – dass die Tatvorwürfe gegen den Angeklagten nicht auf eigenem Erleben beruhen – hat das Landgericht in dem Beschluss nicht dargelegt.“

Aber: Auf der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags beruht das Urteil jedoch nicht. Denn der BGH schließt aus, dass das LG nach Einholung des weiteren Sachverständigengutachtens zu einer anderen Beurteilung der Angaben der Nebenklägerin gekommen wäre und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage und ihre Glaubwürdigkeit für gegeben erachtet. Na ja, warum muss man dann so viel schreiben vorher?

Verurteilung wegen Drogenhandels, oder: Gewogen und erheblich zu leicht befunden

© Alex White – Fotolia.com

Und vom hohen Norden dann in den Süden zum OLG Karlsruhe und dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.08.2017 – 3 RV 5 Ss 519/17. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtM. Vorgeworfen wird dem Angeklagten unerlaubter Handel. Beim Einstellen des Beschlusses habe ich länger nach einer Überschrift gesucht. Das war nicht ganz einfach, da dem OLG im Grunde genommen gar nichts an dem AG-Urteil gepasst hat:

1. Den äußerst knappen, schon in Bezug auf die Tatzeiten und Tatörtlichkeiten kaum aussagekräftigen Feststellungen zur Sache lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang heraus und angesichts der Mengen der Betäubungsmittel, mit denen der Angeklagte Umgang gehabt haben soll, zwar noch ausreichend entnehmen, dass der Erwerb der Drogen (Taten Ziffern 1. bis 13.) zum Weiterverkauf bestimmt und wie letztlich auch der Verkauf (Taten Ziffern 14. bis 15.) darauf gerichtet war, ebenfalls nicht näher konkretisierten, Gewinn zu erzielen. Dies führt zur Annahme eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Im Hinblick auf die Tat Ziffer 1. mangelt es aber an ausreichenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Ecstasy-Tabletten. Sollte sich der am Ende des Gesamtsachverhaltes erwähnte Gehalt von 5 % ohnehin nicht nur auf die Taten Ziffern 2. bis 15. bezogen haben, die Marihuana zum Gegenstand hatten, sondern auch auf die Tat Ziff. 1, lässt sich den Feststellungen gleichwohl mangels Gewichtsangaben keine konkrete Wirkstoffmenge entnehmen, zumindest keine solche, aus der sich das ErreiChen der nicht geringen Menge i.S.d. dem Schuldspruch für die Tat Ziff. 1 zugrunde liegenden § 29 a Abs. I Nr. 2 BtMG ergibt. Insbesondere können insoweit allein aus der Zahl der Tabletten keine tragfähigen Schlussfolgerungen gezogen werden (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., Rdnr. 114 zu S 29 a BtMG).

2. Auch die Beweiswürdigung weist durchgreifende Fehler auf.

Wie die Revision zutreffend geltend macht, ermöglichen die Ausführungen des Amtsgerichts zu seiner Überzeugungsbildung keine revisionsrechtliche Überprüfung, ob es auf tragfähiger Grundlage das materielle Recht richtig angewendet hat.

Schon angesichts der Anzahl der festgestellten Taten und des schon mehrere Jahre zurückliegenden Tatzeitraums versteht sich nicht von selbst, dass das Geständnis des Angeklagten, auf welches das Gericht gänzlich ohne Wertung hinweist, den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der getroffenen Feststellungen zur Sache erfüllt, stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (vgl. BGH, B. v. 13.9.2016 – 5 StR 338/16). Letzteres gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Wirkstoffgehalt, da es vorliegend lebensfern anmutet, dass der Angeklagte die genaue Prozentangabe zuverlässig angegeben bzw. bestätigt haben sollte.

Schon aufgrund der vorgenannten Gesichtspunkte ist das Urteil des Amtsgerichts samt den getroffenen Feststellungen aufzuheben und, da kein Fall vorliegt, in dem der Senat in der Sache selbst entscheiden könnte (§ 354 Abs. 1 StPO), die Sache an eine andere schöffengerichtliche Abteilung des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen zurückzuverweisen (§§ 353 Abs. I, 354 Abs. 2 StPO).

3. Im Hinblick auf die neu zu treffenden Feststellungen weist der Senat darauf hin, dass der Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel gegebenfalls auch mittels Schätzung ermittelt werden kann.

Zur Strafzumessung ist anzumerken, dass vorliegend der im aufgehobenen Urteil herangezogenen strafschärfende Umstand, der Angeklagte habe mit „erheblicher krimineller Energie unerlaubt mit Drogen Handel getrieben“ in dieser Pauschalität ohne Konkretisierung, woraus sich diese Wertung ergibt, schon vor dem Hintergrund, dass – ebenfalls ohne Begründung – minder schwere Fälle i. S.d § 29 a Abs. 2 BtMG zu Grunde gelegt worden sind, nicht trägt.

Letztlich bedarf es auch bei der Gesamtstrafenbildung eines eigenständigen gesamtstrafenspezifischen Zumessungsaktes, bei der die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl, Rdnr. 6 zu § 54). Auch dies lässt das aufgehobene Urteil vermissen.“

Also: Gewogen und erheblich zu leicht befunden….