Archiv der Kategorie: Untersuchungshaft

Keine Akteneinsicht – kein Haftbefehl, oder: Nehmen wir die Rechtsprechung des BVerfG ernst.

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Da habe ich mal wieder von einem Kollegen einen amtsgerichtlichen Beschluss zur Aufhebung des Haftbefehls, wenn dem Verteidiger keine Akteneinsicht gewährt worden ist, übersandt bekommen. Es war das AG Magdeburg, das im AG Magdeburg, Beschl. v. 02.02.2016 – 5 Gs 254 Js 39963/15 (3398/15) – ernst mit der Rechtsprechung des BVerfG gemacht hat. Und das, obwohl offenbar der Staatsanwaltschaft noch nicht mal ein (großer) Vorwurf gemacht werden konnte, dass dem Verteidiger Akteneinsicht nicht gewährt war, jedenfalls geht davon das AG Magdeburg aus:

„Akteneinsicht ist bis heute nicht gewährt worden. Der Haftbefehl war daher aufzuheben.

Der Grundsatz eines fairen rechtstaatlichen Verfahrens und der Anspruch. des Beschuldigten auf rechtliches Gehörs gebietet es, dem Verteidiger eines inhaftierten Beschuldigten Einsicht zumindest in die Aktenbestandteile zu geben, auf welche der Haftbefehl gestützt ist. Zur Gewährung von Akteneinsicht ist im vorbereitenden Verfahren gemäß § 147 Abs. 5 StPO die Staatsanwaltschaft befugt.

Aufgrund des oben genannten Grundsatzes kann der Haftbefehl gegen einen Beschuldigten und die einen Haftbefehl aufrechterhaltenden Entscheidungen des Gerichts im Haftprüfungsverfahren nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die dem Beschuldigten bzw. dessen Verteidiger vorher bekannt waren, so dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf eine gerichtliche Haftentscheidung effektiv einwirken zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.07.1994, NStZ 1994 S. 551 ff.; OLG Köln, NStZ 2002, S. 659).

Allein deshalb weil nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft die Akten erst am pppp. von dem ppp. zur Staatsanwaltschaft zurückgelangt sind, kann dem Verteidiger die Akteneinsicht nicht versagt werden. Es wäre vielmehr erforderlich gewesen, auf eine frühere Aktenrücksendung. hinzuwirken bzw. Doppelakten zu führen, welche dem Verteidiger zur Verfügung gestellt werden können. Dies ist nicht erfolgt.“

Zur Nachahmung empfohlen.

„..die lichtvollen Ausführungen … hat die Kammer dankbar ….. zur Kenntnis genommen“, oder: Muss das sein?

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Bei manchen Entscheidungen frage ich mich: Was soll das eigentlich bzw. musste das sein? Da geht es dann aber häufig nicht um die entschiedene Rechtsfrage, also den rechtlichen Inhalt der Entscheidung, sondern meist um Formulierungen in der Entscheidung. So war es beim OLG Rostock, Beschl. v. 17.11.2015 – 21 Ss OWi 158/15 betreffend die Zulässigkeit der Auswertung einer Geschwindigkeitsmessung durch einen privaten Dienstleister (vgl. dazu Ring frei III: OLG Rostock zur Auswertung von Messungen durch Private, oder: Alles in allem – unschön). Da hatte mich der in meinen Augen schon harsche Rüffel des Amtsrichters durch den Einzelrichter des OLG erstaunt/geärgert.

Und so ist es auch mit einem Beschluss der LG Augsburg, der mir in den vergangenen Tagen „zugespielt“ worden ist. Ergangen ist der Beschluss in einem Haftprüfungsverfahren. Das AG Augsburg hat gegen den Beschuldigten Haftbefehl erlassen – der Vorwurf und die Haftgründe tun hier jetzt nichts zur Sache. Gegen diesen Beschluss legt der Verteidiger beim Amtsgericht Haftbeschwerde ein. Und da er damit beim AG Augsburg schon mal leidvolle Erfahrung gemacht hat – das Haftgericht hatte früher, alledings ein anderer als der jetzt zuständige Ermittlungsrichter, mal eine Haftbeschwerde 11 Tage liegen lassen, bevor die dem Beschwerdegericht vorgelegt wurde -, hat er in seiner Haftbeschwerde unter „6“. wie folgt formuliert/ausgeführt:

„Nach allem ist der Haftbefehl aufzuheben.

Hilfsweise ist er gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich das Gericht ausdrücklich darauf hinweisen muss, dass über die Beschwerde binnen drei Tagen entschieden werden muss oder unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen ist.

Ich verweise auf § 306 Abs. 2 HS. 2 StPO. Die inzwischen als Mindermeinung anzusehende Ansicht, dass es sich hier um eine reine Sollvorschrift handele, die lediglich „nach Möglichkeit anzuhalten sei“ verkennt, dass die Vorschrift unmittelbarer Ausfluss des zu beachtenden Beschleunigungsgebotes in Haftsachen ist (so ausdrücklich OLG Naumburg NStZ-RR 2011, 123 f. = StraFo 2010, 464 f. = StRR 2011, 34 = StV 2011, 39; ebenso bereits früher OLG Hamm StV 2006, 91; OLG Hamm StV 2002, 492; OLG Hamm StV 2000, 153). Eine Verzögerung kann und darf deshalb nicht hingenommen werden. Die Frist darf nicht nur zur Formalie mutieren. Konsequenz eines Verstoßes muss deshalb die Aufhebung des Haftbefehls sein. Ich verweise zum ganzen auf Herrmann in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Auflage 2016, § 117 Rn. 46.

Die Staatsanwaltschaft wurde unmittelbar informiert. Ich habe ihr eine Kopie der Haftbeschwerde per Telefax zugeleitet und um Vorlage der Akten an das Haftgericht gebeten.

Ich darf das Gericht dennoch bitten, die Frist zur Entscheidung über die Haftbeschwerde vorzumerken.

Sollte die Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig die Akte vorlegen, dann müsste ohne Akten entschieden werden.

Sollte die Staatsanwaltschaft eine Stellungnahme zur Sache abgeben, dann bitte ich, mir diese bekannt zu machen. Ich beanspruche für meinen Mandanten insofern rechtliches Gehör. Um die Sache nicht zu verzögern bitte ich um Übersendung per Telefax.“

Und er bekommt eine Haft(fortdauer)entscheidung des LG Augsburg, in der seine Beschwerde zurückgewiesen wird; auch die dafür angeführten Gründe tun hier nichts zur Sache. In der Entscheidung heißt es dann am Schluss:

„Die lichtvollen Ausführungen am Ende der Beschwerdeschrift (unter Punkt 6) hat die Kammer dankbar und voller Interesse zur Kenntnis genommen.“

Ja, das steht da wirklich so. Da frage ich mich nun wirklich, was soll das? Hat eine Strafkammer es nötig, so auf in der Darstellung neutrale und m.E. in keiner Weise zu beanstandenden Vortrag eines Verteidigers zu reagieren? Es ist ja schön und zu begrüßen, wenn die  Kammer den hinter diesen Ausführungen des Verteidigers stehenden Streit in Rechtsprechung und Literatur kennt. Dann nehme ich diesen Vortrag zur Kenntnis, kommentiere ihn aber nicht, jedenfalls nicht so. Kannte die Kammer den Streit nicht, dann sollte sie wirklich „dankbar“ sein über die „lichtvollen Ausführungen“. Jedenfalls liegen für mich die Ausführungen neben der Sache. Sind sie arrogant und/oder überheblich, sind sie nur – aus welchem Grund – spöttisch, oder auch zynisch? Das mag jeder für sich entscheiden. Jedenfalls zeigen sie mir ein doch – gelinde ausgedrückt – recht eigenartiges richterliches Selbstverständnis. Also: Muss das sein? Und: Man mag sich auch mal Gedanken darum machen, welchen Eindruck solche Formulierungen bei dem Beschuldigten hinterlassen…..

Laptop in der U-Haft – die JVA muss ihn ggf. „sicher“ machen.

© Joachim B. Albers - Fotolia.com

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Zum Laptop lege ich dann mal nach. Nach dem OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.10.2015 – 1 Ws 418/15 zur Frage der Zulässigkeit des Besitzes eines Laptops in der Sicherungsverwahrung zurück an den Beginn des Verfahrens, nämlich in das Ermittlungsverfahren und/oder die U-Haft. Auch in dem Verfahrensstaium wird zunehmend um die Zulässigkeit des Besitzes und Gebrauchs eines Laptops gestritten. Dabie geht es meist um die Vorbereitung des Angeklagten auf die Hauptverhandlung. So auch in dem dem OLG Rostock, Beschl. v. 22.10.2015 – 20 Ws 276/15 – zugrunde liegenden Verfahren wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung. Die STA wirft dem  Angeklagten im Wesentlichen vor, anlässlich der Fußballspiele des FC Hansa Rostock gegen Dynamo Dresden am 29.11.2014 und gegen RB Leipzig am 26.04.2014 mehrfach Pflastersteine auf Polizeibeamte geworfen bzw. dies versucht zu haben oder Reizgas gegen diese versprüht zu haben. Diese Vorwürfe stützt sie vornehmlich auf Videomaterial, das anlässlich der Fußballspiele durch polizeiliche Einsatzkräfte bzw. Stadionkameras aufgenommen wurde, und das den Angeklagten jeweils als Täter abbilden soll. Das sich bei den Akten befindliche Videomaterial umfasst eine Datenmenge von ca. 74 GB. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hatte an mehreren Hauptverhandlungstagen weiteres Videomaterial nachträglich zur Akte gereicht. Die Kammer hat zudem Videomaterial in einem Umfang von 60 GB hinzugezogen, das dem Sachverständigen B. von den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt worden war, sich jedoch noch nicht bei den Akten befand.

Die Verteidigung hatte insbesondere zum Zwecke der Sichtung des Videomaterials bereits vor Beginn der Hauptverhandlung beantragt, dem Angeklagten die Einbringung eines Laptops zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu genehmigen, was mit Anordnung des Vorsitzenden vom 21.04.2015 mit der Maßgabe bewilligt worden war, dass der Laptop zuvor durch die Anstalt einer Kontrolle zu unterziehen ist, wobei die Zugänge, über die Daten eingespielt werden können, bis auf die für die Akteneinsicht nötigen zu versiegeln und die Versiegelungen regelmäßig zu kontrollieren seien. Nun hat der  Wahlverteidiger gemäß § 119a StPO eine gerichtliche Entscheidung beantragt, dass dem Angeklagten gestattet werde, den von ihm mit Genehmigung des Gerichts genutzten Laptop auch auf seinem Haftraum ohne zeitliche Beschränkung zu nutzen.

Die JVA hat Sicherheitsbedenken. Die Strafkammer hat aber dennoch genehmigt. Dagegen wendet sich nun die JVA. Das OLG gibt aber der Kammer Recht, und zwar u.a. mit folgender Begründung:

„Soweit die Anstalt auf eine Gefährdung der Sicherheit durch die Verwendung von Zusatzgeräten, wie externen Speichern oder Netzwerkverbindungsapplikationen abhebt, ist den Vorgängen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte derartige Geräte besitzen darf. Sofern die Beschwerdeführerin darauf abstellt, dass sie das unberechtigte Einbringen dieser Gegenstände in die Haftanstalt nicht verhindern könne, ist nicht erkennbar, wodurch sich die Gefahr der unberechtigten Nutzung gegenüber dem bisherigen Zustand erhöhen sollte. Auch bisher konnte der Angeklagte den Laptop offensichtlich weitgehend unbeobachtet im Besuchsbereich der Haftanstalt nutzen und hätte auch dort die als gefährlich betrachteten Gerätschaften verwenden können. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Angeklagte bei der Nutzung des Laptops im Besuchsbereich ununterbrochen beobachtet worden wäre, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung kleiner Zusatzgeräte. Vielmehr ist nach dem Aktenstand davon auszugehen, dass sich der Angeklagte weitgehend unbeobachtet der Nutzung seines Laptops widmen konnte. Im Übrigen ist es Aufgabe der Haftanstalt, mit den ihr zur Verfügung stehenden Überwachungsmöglichkeiten den Missbrauch des Laptops zu unterbinden. Konkrete Hinweise auf einen solchen Missbrauch, die bereits jetzt eine Nutzungseinschränkung nach sich ziehen könnten, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein die abstrakte Möglichkeit des Missbrauchs im Haftraum reicht zur Annahme einer Gefährdungslage jedenfalls dann nicht aus, wenn dieser Möglichkeit durch entsprechende Maßnahmen seitens der Anstalt begegnet werden kann.

Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, die Netzwerksverbindungsmöglichkeiten des Laptops ließen sich nicht ausreichend kontrollieren, ist nicht erkennbar, wodurch sich die daraus ergebende Gefahr bei einer Nutzung im Haftraum statt – wie bisher – im Besuchsbereich erhöhen könnte. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der technischen Unmöglichkeit einer wirksamen Abschaltung der eingebauten Netzwerkverbindungsmöglichkeiten und einer Versiegelung der externen Zugänge sind im Übrigen nicht zutreffend. Soweit die Beschwerdeführerin nicht über eigenes Personal verfügt, welches die erforderliche technische Umrüstung des Laptops vornehmen könnte, ist sie gehalten, sich insoweit externer Hilfe zu bedienen. Eine wirksame technische Begrenzung der Zugangsmöglichkeiten des Rechners kann und muss im Bedarfsfall durch Sachverständige – z. B. durch im Wege der Amtshilfe heranziehbare IT-Bedienstete der Justiz des Landes, des Landeskriminalamtes oder auch durch Private – erfolgen (vgl. dazu LG Frankfurt, Beschl. v. 23.10.2014 – 5/28 Qs 49/147310 Js 230995/12 – Juris, Rn. 16, 19). Sofern andere Möglichkeiten nicht bestehen oder unverhältnismäßig wären, etwa weil sie zu irreparablen Schäden am Laptop des Angeklagten führen würden, ist ihm auf Justizkosten ein entsprechend abgesichertes Gerät leihweise zur Verfügung zu stellen.“

Werden die JVA nicht gerne lesen.

Hallo, ich bin in U-Haft – kann nicht zur Arbeit kommen

HaftHeute mal was aus dem arbeitsrechtlichen Bereich – nein, ich erweitere das Blog nicht auch noch auf Entscheidungen aus dem Themenbereich. Aber das BAG, Urt. v. 26.03.2015 – 2 AZR 517/14 -, auf das ich durch die Berichterstattung in anderen Blogs gestoßen (worden) bin, hat einen straf(verfahrensrechtlichen) Bezug. Es geht nämlich um die Kündigung eines Arbeitsnehmers, der seinen Arbeitgeber nicht bzw. nicht rechtzeitig darüber informiert hatte – dass er sich in U-Haft befindet und des deshlab – nach einem Urlaub – nicht wieder zur Arbeit kommen kann. „Hallo, ich bin in U-Haft – kann nicht zur Arbeit kommen…“

Im Verfahren ging es um die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen. Zwischen dem Kläger, dem Arbeitnehmer, und der beklagten, seinem Arbeitgeber, einem IT-Unternehmen, bestand eh schon Streit. Der Kläger wurde versetzt, war dann wegen Krankheit arbeitsunfähig und hatte im Anschluss daran bis Mitte Mai 2011 Erholungsurlaub. Am 26. 04.  2011 bat er seinen Vorgesetzten, ihn bis Anfang August 2011 von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen. Zur Begründung verwies er auf eine von ihm gegen die Versetzung erhobene Klage. Der Vorgesetzte lehnte eine Freistellung ab und erklärte, er erwarte den Kläger am 16. 05. 2011 an seinem Arbeitsplatz. Gegen den Kläger wurde ein Strafverfahren geführt. Am 28. 04. 2011 wurde er während der Verhandlung im Gerichtssaal verhaftet. Dabei war eine Rechtsanwältin zugegen, die das Verfahren für die Beklagte beobachtete. Grundlage der Verhaftung war ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Erstellung falscher Lohnsteuerbescheinigungen und der unrechtmäßigen Vereinnahmung von Lohnsteuererstattungen. Der Kläger wurde in U-Haft genommen und in die (JVA gebracht. Kontakt zur Beklagten nahm er nicht auf. Er informierte sie weder über den Grund seiner Verhaftung, noch über den Ort seiner Unterbringung. Er blieb bis zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung am 08.11.2011 inhaftiert.

Die Beklagate hat dann später frsitlos gekündigt und die Kündigung u.a. damit begründet, dass der Kläger seine Pflicht verletzt habe, ihr nach dem Ende seines Urlaubs den Grund seiner fortwährenden Abwesenheit mitzuteilen. Von der U-Haft hatte sie erst in einem Anhörungstermin vor dem Integrationsamt am 09.06.2011 Kenntnis erlangt.

Das BAG sagt zur Mitteilungspflicht des Klägers:

„b) Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht darin, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese Pflicht dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (BAG 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 19 mwN). Aus ihr leitet sich die allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers ab, den Arbeitgeber im Rahmen des Zumutbaren unaufgefordert und rechtzeitig über Umstände zu informieren, die einer Erfüllung der Arbeitspflicht entgegenstehen (ErfK/Preis 15. Aufl. § 611 Rn. 736; allgemein zum Recht der Schuldverhältnisse Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 241 Rn. 7, § 280 Rn. 30). Wird der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft genommen, ist er deshalb gehalten, dem Arbeitgeber diesen Umstand unverzüglich anzuzeigen und ihn – im Rahmen des Möglichen – über die voraussichtliche Haftdauer in Kenntnis zu setzen. Aus dem berechtigten Planungsinteresse des Arbeitgebers kann sich zudem die Pflicht des Arbeitnehmers ergeben, über anstehende Haftprüfungstermine Auskunft zu geben…“

Aber: Wenn ich das Urteil richtig verstehe :-): Die nicht erfolgte Information des Klägers an seinen Arbeitgeber über die U-Haft stellt zwar die Verletzung einer Mitteilungspflicht dar, rechtfertigt aber nicht automatisch eine fristlose Kündigung. Wenn es so nicht stimmt: Die Arbeitsrechtler mögen es mir nachsehen….

In die Kirche gehen darf man auch im „(Maßregel)Vollzug….

© ogressie Fotolia.cm

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Schon etwas älter ist der KG, Beschl. v. 18.12.2014 – 2 Ws 376/14 Vollz – der sich mit den Rechten eines im Maßregelvollzug Untergebrachten befasst, nämlich mit der Teilnahme am gemeinsamen Hofgang,  der Einschränkung des Schriftverkehrs sowie der Teilnahme an Gottesdiensten im Krankenhaus. Ich will hier heute nur die mit dem Gottesdienstbesuch zusammenhängenden Ausfürhungen vorstellen.  Der Untergebrachte hatte vom Krankenhaus des Maßregelvollzuges die Ermöglichung seiner Teilnahme an den einmal wöchentlich in der (fußläufig erreichbaren) Kirche auf dem Klinikgelände stattfindenden evangelischen Gottesdiensten begehrt. Das war mit der Begründung abgelehnt worden, dass der Antragsteller die dafür notwendige Lockerungsstufe nicht habe. Dieser habe jedoch die Möglichkeit von Gesprächen mit dem katholischen Seelsorger, der die Station des Untergebrachten regelmäßig besuchen würde. Der evangelische Seelsorger sei zudem schriftlich zu erreichen.

Na, schon da habe ich so meine Schwierigkeiten. Einen „Evangelen“ an die „Katholiken“ verweisen? Geht m.E. gar nicht. Und auch das KG hatte mit der Versagung der Teilnahme am Gottesdienst Probleme:

„c) Soweit der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihm die Teilnahme an evangelischen Gottesdiensten in der auf dem Klinikgelände befindlichen Kirche zu ermöglichen, gilt Folgendes:

Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben; sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten (vgl. BVerfGE 108, 282, 297). Zur grundrechtlich geschützten Religionsausübung gehören insbesondere kultische Handlungen und Ausübung sowie Beachtung religiöser Gebräuche wie Gottesdienst, Sammlung kirchlicher Kollekten, Gebete, Empfang der Sakramente oder Prozession u.a. (vgl. BVerfGE 24, 236, 246).

Auch im Rahmen der Unterbringung im Krankenhaus des Maßregelvollzuges ist das Recht auf ungestörte Religionsausübung zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke verleiht § 32 BerlPsychKG dem Untergebrachten das Recht, innerhalb der Einrichtung am Gottesdienst und an den Veranstaltungen von Religions- und Glaubensgemeinschaften teilzunehmen. Ein Ausschluss eines Untergebrachten von der Teilnahme sieht das BerlPsychKG nicht vor. Insofern unterscheidet sich § 32 BerlPsychKG von den für die Strafgefangenen maßgeblichen Regelungen des § 54 StVollzG.

Zwar ist das Recht der Untergebrachten auf Teilnahme beispielsweise an Gottesdiensten nicht dadurch sicherzustellen, dass die Einrichtung selbst Initiativen ergreifen muss. Diese hat jedoch die Teilnahme dadurch zu fördern, dass sie Initiativen der berufenen Personen oder Stellen nicht nur duldet, sondern unterstützt (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 9/1226, Seite 16).

Damit hat der Beschwerdeführersteller ein Recht, an den in der Einrichtung stattfindenden Gottesdiensten – zumindest seines Glaubensbekenntnisses – teilzunehmen. Hierzu zählen nicht nur jene Gottesdienste, die auf der dem Untergebrachten zugewiesenen Station oder innerhalb des die Station beherbergenden Hauses stattfinden. Das Teilnahmerecht der Untergebrachten erstreckt sich vielmehr auf alle auf dem Klinikgelände abgehaltene Gottesdienste. Denn bereits angesichts der Bedeutung des grundrechtlich garantierten Rechts auf ungestörte Religionsausübung ist der in § 32 BerlPsychKG verwendete Begriff der „Einrichtung“ weit auszulegen. Im Übrigen ist der Begriff der „Einrichtungen“ in § 10 Abs. 1 Satz 1 BerlPsychKG legal definiert als „psychiatrische Krankenhäuser, psychiatrische Abteilungen in einem Krankenhaus, für psychisch Kranke geeignete Heime oder Teile von solchen Heimen“. Als psychiatrisches Krankenhaus ist das Krankenhaus des Maßregelvollzugs daher – zumindest hinsichtlich seiner standortbezogenen Anlagen – in seiner Gesamtheit als eine Einrichtung im Sinne des BerlPsychKG anzusehen.

Das Recht auf Teilnahme an innerhalb des Krankenhauses des Maßregelvollzugs angebotenen Gottesdiensten besteht unabhängig von der jeweiligen Lockerungsstufe der Untergebrachten. Eine ungestörte Religionsausübung muss auch einem Untergebrachten ermöglicht werden, dem Ausgänge auf dem Klinikgelände nicht gewährt werden können. Um etwaigen Fluchtgefahren zu begegnen, sind seitens des Krankenhauses geeignete Maßnahmen zu ergreifen, etwa in Form einer Begleitung des Untergebrachten.“

Na bitte, geht doch 🙂 .