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Strafrechts meets Berufsrecht, oder: Fahrerflucht des Rechtsanwalts führt zu berufsrechtlicher Ahndung

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Bei Beck-Online bin ich auf das AnwG Köln, Urt. v. 20.03.2017 – 1 AnwG 40/16 – gestoßen. Er geht um die (zusätzliche) berufsrechtliche Ahndung einer Fahrerflucht durch einen Rechtsanwalt. Das AnwG hat festgestellt, dass sich der angeklagte Kollege nach dem Beschädigen eines anderen Pkw beim Einparken in einem Parkhaus unerlaubt vom Unfallort entfernt hat (§ 142 StGB). Das AG hatte den Rechtsanwalt bereits zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 € und einem zweimonatigen Fahrverbot verurteilt, das AnwG Köln hat gegen den Rechtsanwalt dann noch eine zusätzliche Geldbuße von 400 € verhängt, weil es die Sanktion durch das AG im Hinblick auf die berufliche Stellung des Rechtsanwalts nicht für ausreichend hielt:

„Einer Ahndung des Verhaltens von Herrn Rechtsanwalt D. steht auch § 115b S. 1 BRAO nicht entgegen. Nach § 115b S. 1 BRAO ist dann, wenn durch ein Gericht oder eine Behörde eine Strafe, eine Disziplinarmaßnahme, eine berufsgerichtliche Maßnahme oder eine Ordnungsmaßnahme verhängt worden ist, von einer anwaltsgerichtlichen Ahndung wegen desselben Verhaltens abzusehen, wenn nicht eine anwaltsgerichtliche Maßnahme zusätzlich erforderlich ist, um den Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen der Rechtsanwaltschaft zu wahren. Eine zusätzliche anwaltsgerichtliche Ahndung kommt dabei nur in Betracht, wenn beide Voraussetzungen nebeneinander vorliegen (Feuerich/Weyland, § 115b BRAO, Rn. 30).

Unter Gesamtwürdigung aller Umstände waren die anwaltsgerichtlichen Maßnahmen des Verweises und einer Geldbuße in Höhe von 400,00 EUR gemäß §§ 113 Abs. 2, 114 BRAO zu verhängen.

Die Verhängung der Maßnahmen des Verweises und der Geldbuße in Höhe von 400,00 EUR berücksichtigt den Umstand, dass Herrn Rechtsanwalt D. ein erhebliches Fehlverhalten zur Last fällt. Sein Verhalten bei der Unfallflucht selbst in Gestalt des versteckten Abparkens des Fahrzeuges zwei Etagen höher wie auch sein Tatnachverhalten, bei dem er die Unfallgeschädigte ignorierte und bei der eiligen Ausfahrt noch seinen rechten Außenspiegel beschädigte, und sein zu einer Verzögerung der Unfallregulierung folgendes Verhalten begründen eine besondere Schwere der Pflichtverletzung.

Zugunsten von Herrn Rechtsanwalt D. war zu berücksichtigen, dass bereits eine Ahndung durch Strafbefehl des AG Köln pp. in Gestalt der Verhängung von 30 Tagessätzen zu je 50,00 EUR sowie eines Fahrverbotes von zwei Monaten erfolgte und eine sicherlich empfindliche Ahndung darstellt.

Die Maßnahmen des Verweises und der Geldbuße in Höhe von 400,00 EUR waren dabei notwendig aber auch ausreichend, um den Pflichtverstoß zu ahnden und Herrn Rechtsanwalt D. zur Einhaltung der anwaltlichen Berufspflichten anzuhalten.“

So ganz kann ich mich mit dem Urteil nicht anfreunden. Denn nach § 113 Abs. 2 BRAO ist ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten eines Rechtsanwalts dann eine anwaltsgerichtlich zu ahndende Pflichtverletzung, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtsuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Eine Antwort darauf, warum das hier der Fall war, bleibt die Entscheidung des AnwG Köln m.E. schuldig. Es hat sich um eine ganz „normale“ Unfallflucht gehandelt. Und dass das Verhalten des Rechtsanwalts zu einer über das normale Maß hinaus gehenden Verzögerung der Unfallregulierung geführt hätte, kann man dem Urteil m.E. auch nicht entnehmen. Aber: Dre Kollege hat es hingenommen.

Wenn der Mandant nicht so will wie der Rechtsanwalt, oder: BGH löst das Dilemma für die Vergütung

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In der Reihe der gebührenrechtlichen Entscheidungen heute zunächst eine zivilrechtliche Entscheidung mit gebührenrechtlichem Einschlag. Die hätte man auch im „RVG-Rätsel“ bringen können, aber wenn der der BGH die Frage schon entschieden hat, dann ist es doch zu einfach 🙂 .

Es geht um die Frage: Verliert der Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch, wenn er die Durchführung eines aussichtlosen Rechtsmittels ablehnt? Oder: Was ist mit dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts, wenn der Mandant nach einer Beratung auf der Durchführung des Verfahrens beharrt und der Rechtsanwalt deshalb das Mandat kündigt? Verliert der Rechtsanwalt dadurch seinen Vergütungsanspruch? Die Antwort gibt das BGH, Urt. v. 16.02.2017 – IX ZR 165/16, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Die Klägerin war Mandantin bei den Beklagten. Diese sind beim BGH zugelassene Rechtsanwälte. Die Klägerin hatte diese mit der Einlegung und Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil, durch das eine von der Klägerin erhobene Schadensersatzklage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen worden war, beauftragt. Die Beklagten haben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsschutzversicherung der Klägerin zahlte gemäß der Kostenrechnung der Beklagten den Betrag von 1.868,30 EUR an die Beklagten. Diese erstatteten sodann ein 36 Seiten umfassendes Gutachten. Danach haben sie der Klägerin die Rücknahme des Rechtsmittels empfohlen; das Gutachten war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben würde. Da die Klägerin mit der Rücknahme des Rechtsmittels nicht einverstanden war, legten die Beklagten das Mandat nieder. Ein anderer beim BGH zugelassener Rechtsanwalt hat dann für die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde begründet. Der BGH hat die Beschwerde der Klägerin kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Klägerin nimmt nun aufgrund abgetretenen Rechts ihrer Rechtsschutzversicherung die Beklagten u.a. auf Erstattung des an sie gezahlten Honorars von 1.868,30 EUR in Anspruch.

AG und LG haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der BGH hat das LG-Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Der Leitsatz zu der BGH-Entscheidung:

Kündigt der Revisionsanwalt nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde das Mandat, weil er dem Rechtsmittel aufgrund einer inhaltlich zutreffenden Begutachtung keine Erfolgsaussichten beimisst und darum die von dem Mandanten gewünschte Begründung und Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde ablehnt, verliert er seinen Vergütungsanspruch gegen den Mandanten nicht.

Und aus der Entscheidung:

„(1) Gewinnt der Prozessbevollmächtigte nach gründlicher Prüfung die der Sach- und Rechtslage entsprechende Überzeugung der Aussichtslosigkeit eines Rechtsmittels, bringt ihn das Beharren des Mandanten auf Durchführung des Verfahrens in einen unauflöslichen Konflikt, weil die Befolgung der Weisung mit seiner Stellung als Organ der Rechtspflege (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 BRAO) unvereinbar ist. Der Anwalt ist nicht gehalten, einer Weisung des Mandanten zu folgen, die seinem wohl durchdachten Rat widerspricht und mit wirtschaftlichen Nachteilen für die vertretene Partei verbunden ist. Um die verfehlte Weisung des Mandanten, einen aussichtslosen Rechtsstreit fortzusetzen, zu erfüllen, müsste der Rechtsanwalt eine Klage oder ein Rechtsmittel mit Erwägungen begründen, die verfahrensrechtlich unerheblich sind oder materiell-rechtlich erkennbar nicht durchgreifen. Dies wäre weder mit seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege vereinbar noch ihm mit Rücksicht auf sein Ansehen zumutbar. Schließlich ist das unvernünftige Hinwegsetzen über den begründeten Vorschlag des Anwalts geeignet, die Vertrauensgrundlage des Mandatsverhältnisses nachhaltig zu erschüttern (BGH, Urteil vom 26. September 2013 – IX ZR 51/13, WM 2014, 89 Rn. 13; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1994, 1084, 1085; vgl. Staudinger/Preis, BGB, 2016, § 628 Rn. 26; Rinkler in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 1 Rn. 113; Erman/Belling, BGB, 14. Aufl., § 628 Rn. 12; Pabst, MDR 1978, 449, 451; a. A. MünchKomm-BGB/Henssler, 7. Aufl., § 628 Rn. 26).“

Der BGH hat allerdings nicht die Klage sofort abgewiesen, sondern hat an das OLG zurückverwiesen. Dort muss jetzt die entscheidungserhebliche Frage geprüft werden, ob der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin entgegen der Einschätzung der Beklagten – was die Klägerin behauptet hat – Erfolgsaussicht beizumessen waren. Insoweit muss – so der BGH – die für ihren Bereicherungsanspruch darlegungs- -und beweispflichtige Klägerin, unter Hinweis auf tatsächlich durchgreifende Zulassungsgründe durch eine substantiierte Darlegung Mängel der Rechtsansicht der Beklagten aufzeigen. Das dürfte ihr m.E. jedoch schwer fallen, nachdem der BGH die Nichtzulassungebeschwerde der neu beauftragten Kollegen ja zurückgewiesen hat.

„Langsamer Richter“, oder: Im Schneckentempo zur Entscheidung über das Entscheidungstempo

Schon etwas länger hängt in meinem Blogordner der BGH, Beschl. v. 28.03.2017 – RiZ(R) 1/15 -, auf den mich (auch) ein aufmerksamer Blogleser hingewiesen hat. Ergangen ist er – so heißt es in dem BGH-Beschluss – „in dem Prüfungsverfahren wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht“. Das liest sich ziemlich nüchtern. Aber aufmerksame Leser wissen, was sich hinter dieser „unprosaischen“ Kurzbezeichnung versteckt. Es ist das dienstrechtliche Verfahren des Richters am OLG Karlsruhe „K.“, dem die damalige dortige Präsidentin des OLG „vorgehalten“ hatte, er arbeite zu langsam. Dagegen hatte der Richter geklagt und hat – wenn ich es richtig sehe – bisher im Wesentlichen in allen Instanzen verloren. Zuletzt hatte der Dienstgerichtshof  des Landes Baden-Württemberg beim OLG Stuttgart im OLG Stuttgart, Urt. v. 17.04.2015 – DGH 1/13, DGH 2/13,  DGH 3/13 – die Ermahnungsmaßnahme der Präsididentin bestätigt und ausgeführt, dass damit nicht gegen die richterliche Unabhängigkeit verstoßen worden ist.

Das Verfahren ist jetzt in der Revision beim BGH, aber da geht es nicht so recht voran. Man streitet – so will ich es mal ausdrücken – um Verfahrensfragen bzw. um die richtige Besetzung des Senats. Dazu hat es bereits einen Beschluss gegeben, nämlich den BGH, Beschl. v. 02.12.2015 – RiZ(R) 1/15 (vgl. dazu Wenn der VorsRiBGH und der Präsident des OLG mit Kind und Kegel zusammen verreist sind: Besorgnis der Befangenheit).

Nun gibt es eben noch den BGH, Beschl. v. 28.03.2017, der sich auch/noch einmal zu Ablehnungsfragen verhält, und zwar zu folgendem Vorbringen – ich zitiere:

... In der Revisionsbegründung sowie in einem weiteren Schriftsatz hat er die Richter des Senats um eine dienstliche Erklärung zu folgenden Fragen gebeten:

„Welche Wahrnehmung haben die erkennenden Richter zu Zeit pro Fall und zu Erledigungszahlen einerseits und zu unterschiedlicher Rechtsanwendung andererseits, insbesondere für die richterliche Tätigkeit am Oberlandesgericht? Gibt es in der Wahrnehmung der Richter einen logi-schen Zusammenhang zwischen einer Forderung nach höheren Zahlen einerseits und einer anderen Rechtsanwendung andererseits?

Wie ist das Selbstverständnis der Richter des Senats im Hinblick auf Erledigungszahlen in ihrer eigenen richterlichen Tätigkeit am Bundesgerichtshof? Welche Rolle spielen „Erledigungszahlen“´ und „Rückstände“ für die eigene richterliche Tätigkeit?“

Mit Pressemitteilung vom 14. Juli 2016 hat der Bundesgerichtshof auf den in dieser Sache und in den beiden Parallelverfahren anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2016 unter anderem mit folgendem Text hingewiesen:

„Der Antragsteller […] wendet sich u.a. gegen einen Bescheid der (da-maligen) Präsidentin […], der einen Vorhalt und eine Ermahnung gemäß § 26 Abs. 2 DRiG im Zusammenhang mit seinem Erledigungspensum zum Gegenstand hat.

Das Dienstgericht […] hat die Anträge des Antragstellers im Wesentli-chen zurückgewiesen. Die Berufungen […] hatten keinen Erfolg.“

Mit Schriftsatz vom 26. September 2016 hat der Antragsteller die zur Entscheidung berufenen fünf namentlich bezeichneten Mitglieder des Dienstgerichts des Bundes wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zum einen sei in der Pressemitteilung der Streitgegenstand des Verfahrens im Kern verkannt bzw. verfälscht, und zwar mit parteilicher Tendenz zu seinen Lasten. Es sei davon auszugehen, dass die abgelehnten Richter an der Erstellung der Pressemitteilung mitgewirkt hätten. Zudem habe der Senat auf seine Bitte, die Pressemitteilung zu korrigieren, nicht reagiert. Zum anderen hätten sich die Richter trotz wiederholter Bitte nicht dienstlich zu ihrem Vorverständnis erklärt.

Zu diesen Ablehnungsgesuchen sind dienstliche Stellungnahmen der abgelehnten Richter sowie der Pressesprecherin und der (damaligen) stellvertretenden Pressesprecherin des Bundesgerichtshofs eingeholt und dem Antragsteller übersandt worden. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2017 hat er geltend gemacht, aus den dienstlichen Stellungnahmen ergäben sich neue Ablehnungsgründe. Es fehle an zusammenhängenden Stellungnahmen zu den äußeren und inneren Tatsachen. Dass die abgelehnten Richter am Zustandekommen der Pressemitteilung laut den dienstlichen Stellungnahmen nicht mitgewirkt hätten, sei nicht nachvollziehbar und auszuschließen. Außerdem sei keine Erklärung erfolgt, warum die abgelehnten Richter nicht auf eine Berichtigung der Pressemitteilung hingewirkt hätten.“

Der BGH hat dann im BGH, Beschl. v. 28.03.2017 das Ablehungsgesuch zurückgewiesen, und zwar wie folgt:

  • An der Pressemitteilung vom 14.07.2016 haben die Richter nicht mitgewirkt, „so dass ihnen deren Inhalt nicht zuzurechnen ist„.
  • Unbeschadet dessen gibt der Text der Pressemitteilung aus der maß-geblichen Sicht einer objektiv und vernünftig urteilenden Partei (vgl. BGH Beschluss vom 18. Dezember 2014 IX ZB 65/13 FamRZ 2015, 746 Rn. 11) keinen Anlass, eine Befangenheit zu besorgen. Anders als der Antragsteller meint, informiert die Terminankündigung knapp, aber zutreffend und nicht tendenziös über den Verfahrensgegenstand. Dass das Verfahren auf Betreiben des Antragstellers erfolgt, wird ebenso deutlich wie der Umstand, dass der Antragstel-ler in erster Instanz einen Teilerfolg erzielt hat. Im Zusammenspiel mit dem vollständig zitierten Wortlaut des § 26 DRiG kann auch kein Zweifel verbleiben, dass es sich um ein Prüfungsverfahren nach § 26 Abs. 3 DRiG handelt, in dem auf Antrag des Richters geprüft wird, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt. Mit dem Bescheid, der den Vorhalt und die Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG beinhaltet, und dem Zusatz „u.a.“ wird benannt, wogegen sich der Antragsteller zur Wehr setzt, und mit dem „Erledigungspensum“ der Punkt angesprochen, den die Dienstvorgesetzte als Grund für die Maßnahme der Dienstaufsicht bezeichnet hatte. Auch mit Blick auf die Ausführungen des Antragstellers ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Pressemit-teilung Misstrauen gegen die Unparteilichkeit begründen kann.“
  • Nachdem ein objektiver Bedarf für eine Korrektur der Pressemitteilung mithin nicht bestand, kann sich ein Grund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO auch nicht daraus ergeben, dass eine solche Korrektur nicht, insbesondere nicht auf Betreiben der abgelehnten Richter, vorgenommen worden ist.“
  • Ebenfalls ohne Erfolg wird gerügt, dass die vom Antragsteller „erbetene Mitteilung zu den die Wahrnehmung und das Selbstverständnis der Richter betreffenden Fragen unterblieben ist. Denn die abgelehnten Richter sind zu einer dahingehenden Auskunft rechtlich nicht gehalten. Eine Anzeigepflicht be-steht nach § 48 ZPO nur für solche Umstände, die einen Ausschluss kraft Ge-setzes gemäß § 41 ZPO oder eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO rechtfertigen könnten, was bei den vom Antragsteller erfragten Punkten nicht der Fall ist. Das Vorgehen des Antragstellers zielt vielmehr darauf ab, zu ermitteln, ob die mit dem Fall betrauten Richter seinem rechtlichen Standpunkt oder dem der Gegenseite zuneigen. Hierfür fehlt es jedoch an einer Rechtsgrundlage.“
  • Die Ablehnungsgesuche sind auch insoweit unbegründet, als der Antragsteller „sie darauf stützt, die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter genügten nicht den Anforderungen des § 44 ZPO….. Nachdem die abgelehnten Richter nicht an der Erstellung der Pressemitteilung mitgewirkt hatten, waren keine darüber hinausgehenden Ausführungen hierzu veranlasst. Ebenso wenig bedurfte es einer Darlegung, weshalb die Senatsmitglieder nicht auf eine ohnedies sachlich nicht gebotene Berichtigung der ohne ihr Zutun erstellten Pressemitteilung hingewirkt haben. Auch soweit die Befangen-heitsgesuche den Vorwurf enthielten, es fehle an der erbetenen Mitteilung, sind die dienstlichen Stellungnahmen ausreichend.“

So, das war es dann jetzt. Ich bin dann nur gespannt, ob und wann es denn weitergeht. Gelesen habe ich von einem neuen Termin noch nichts. Insgesamt kann man m.E. nur sagen, wenn man sich den bisherigen Gesamtverfahrensablauf ansieht: Im Schneckentempo zur Entscheidung zum Entscheidungstempo 🙂 . Entscheiden wird die Sache im Übrigen aber wahrscheinlich eh nicht der BGH, sondern im Zweifel das BVerfG.

Parteiverrat?, oder: Wenn der Rechtsanwalt gegen die ausdrückliche Weisung des Mandanten handelt

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In der vergangenen Woche ist beim LG Münster ein Strafkammerverfahren zu Ende gegangen, in dem der betroffene Rechtsanwalt wegen Parteiverrats (§ § 356 StGB) angeklagt war. Der Kollege ist vom LG wegen (schweren) Parteiverrats nach § 356 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Gegen das Urteil ist Revision eingelegt.

Lassen wir jetzt mal die berufsrechtlichen Folgen dieser Verurteilung außen vor – Anwaltszulassung, Notarzulassung, Honorarprofessur, Bundesverdienstkreuz „wackeln“. Interessant ist m.E. vor allem auch die Frage, die der BGH beantworten muss, nämlich: Handelt es sich um Parteiverrat, wenn der Rechtsanwalt gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Mandanten handelt? Das war hier nämlich wohl der Fall:

Ausgangspunkt ist ein Verfahren, das 2012 beim BVerwG anhängig war (vgl. auch hier). Der Kollege hat mehrere Kläger aus Oldenburg vertreten, darunter auch die Stadt, eine Wohnungsbaugesellschaft, eine Stiftung und Privatleute. Beklagte war die Deutsche Bahn, die die Bahnstrecke zum Tiefwasserhafen „Jade Weser Port“ im nahen Wilhelmshaven ausbauen will – streckenweise wohl mitten durch das Oldenburger Stadtgebiet. In dem Verfahren vor dem BVerwG hat die DB einen Vergleich angeboten, der Lärmschutzmaßnahmen für die betroffenen Wohngebiete in Oldenburg vorsah. Der Kollege hat seinen Mandanten geraten, das Angebot anzunehmen. Einige der Kläger, u.a. die Stadt Oldenburg, willigten ein. Nicht die privaten Kläger, die die ausdrückliche Weisung erteilt hatten, keinen Vergleich abzuschließen. Und darum ging es dann im Strafverfahren.

Das LG ist wegen des Vergleichsschlusses von Parteiverrat ausgegangen. Dazu aus der „WN„: Der münsterische Anwalt zeigt sich weiterhin überzeugt, dass er mit dem angestrebten Vergleich das Beste für alle seinen Mandanten habe erreichen können. Der Richter sieht das anders. „Es ist nun mal der Mandant, der die Prozessziele festlegt.“

Ich bin gespannt, was der BGH macht. Ganz „unstreitig“ war die (Rechts)Frage nicht. Die Staatsanwaltschaft und die GStA hatten nämlich die Tatbestandsmäßigkeit verneint. Das OLG Hamm hatte dann im Klageerzwingungsverfahren mit OLG Hamm, Beschl. v. 09.10.2014 – 4 Ws 227/14 – die Erhebung der Anklage angeordnet.

Niederlegung des Mandats vom Rechtsanwalt angedroht: Geht dadurch der Vergütungsanspruch verloren?

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Der Rechtsanwalt behält grundsätzlich auch nach der Kündigung des Anwaltsvertrages durch den Mandanten seinen Vergütungsanspruch. Und das gilt auch dann, wenn der Anwalt vorher selbst aus nachvollziehbaren Gründen die Niederlegung des Mandats angedroht hat. Das iat das Fazit aus dem OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.12.2016 – 2 U 85/16 – und dem OLG Oldenburg, Beschl. v. 09.02.2017 – 2 U 85/16. Entschieden worden ist vom OLG über die Rückzahlungsklage eines ehemaligen Mandaten. Der nahm die beklagten Rechtsanwälte auf Rückzahlung von 6.000 € gezahltem Anwaltshonorar in Anspruch. Der Kläger hatte trotz des bestehenden Mandatsverhältnisses in einer Scheidungssache einen weiteren Rechtsanwalt beauftragt. Dieser hatte dann sofort mit dem zuständigen Richter telefoniert, ohne seine Kollegen darüber zu informieren. Die beklagten Anwälte hatten daraufhin erklärt, das Mandat niederlegen zu wollen, wenn der zusätzliche Anwalt weiter mit dabei sein solle. Der Kläger erklärte kurze Zeit später, er nehme das Angebot der Mandatsniederlegung an und klagte dann auf Rückzahlung des bereits gezahlten Anwaltshonorars. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das OLG Oldenburg hat die Berufung des Klägers zurück gewiesen.

Das OLG geht von dem Grundsatz aus, wonach nach einer gem. § 627 BGB für beide Vertragspartner jederzeit möglichen Kündigung des Anwaltsvertrags der Rechtsanwalt grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch (§ 628 Abs. 1 S. 1 BGB) behält.

Und das OLG sieht keinen Grund, davon abzuweichen. Ein vertragswidriges Verhalten der beklagten Rechtsanwälte liege nicht vor. Auch die zweite Alternative des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, nach der eine Beschränkung des Vergütungsanspruches der Rechtsanwälte in Betracht kommen könnte, hat das OLG verneint. Die beklagten Rechtsanwälte hätten den Kläger nicht durch ein vertragswidriges Verhalten zur Kündigung veranlasst. Ein vertragswidriges Verhalten im Sinne dieser Vorschrift setze ein schuldhaftes Verhalten i.S.d. §§ 276, 278 BGB voraus (BGH NJW 1995, 1954; NJW 2011, 1674). Dafür reiche aber nicht jeder geringfügige Vertragsverstoß des Dienstverpflichteten aus (BGH, a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast für ein vertragswidriges Verhalten obliegt dem Mandanten als Auftraggeber, da er sich gegenüber der grundsätzlichen Vergütungspflicht des § 628 Abs. 1 S. 1 BGB auf eine Ausnahme beruft (BGH, a.a.O.). Die Beklagten haben nach Auffassung des OLG nicht vertragswidrig verhalten, indem sie eine weitere Zusammenarbeit mit dem neuen Rechtsanwalt ablehnten. Es sei nicht ersichtlich, dass eine Einbeziehung des Rechtsanwalts von Anfang an ausdrücklich Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrags war.

Von Bedeutung ist in dem vom OLG entschiedenen Zusammenhang, dass teilweise bereits die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts als vertragswidriges Verhalten des Auftraggebers angesehen wird, da hierdurch Zweifel an der Tauglichkeit des ursprünglich beauftragten Rechtsanwalts zum Ausdruck kommen können, was dann den ursprünglich beauftragten Rechtsanwalt zur Abmahnung und Kündigung berechtigt. Im Übrigen hat das OLG auch in Inaussichtstellen einer Mandatsniederlegung kein vertragswidriges Verhalten der Beklagten gesehen. Von einem vertragswidrigen Verhalten durch Androhung einer Mandatsniederlegung könne nur dann ausgegangen werden, wenn diese grundlos erfolgte (BGH NJW 2020, 2774; NJW 2010, 1364; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.11.2006 – 24 U 190/05). Die beklagten Rechtsanwälte hatten aber ein berechtigtes Interesse daran gehabt, nicht weiter mit dem neuen Rechtsanwalt zusammen zu arbeiten.