StPO II: BGH-Beweiswürdigung in EncroChat-Fällen, oder: BGH-Beweiswürdigung mit DNA-Gutachten

Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Und dann im zweiten Posting zwei Entscheidungen zur Beweiswürdigung.

Zunächst das BGH, Urt. v. 18.11.2024 – 5 StR 348/24. Der BGH ist bei einem Freispruch mit der Beweiswürdigung des Strafkammer betreffend Erkenntnisse aus einer EncroChat-Überwachung nicht einverstanden. Er hat daher aufgehoben und zurückverwiesen. Er beanstandet in der Entscheidung, dass „das Landgericht …. sich jedes Indiz lediglich einzeln vor Augen geführt und durch eine isolierte Abhandlung vorschnell entwertet (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2022 – 5 StR 309/22 Rn. 15 mwN) [hat]. Bedeutung erlangen Indizien aber gerade durch die Zusammenschau mit anderen Indizien und nicht nur bei gesonderter Betrachtung (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 2024 – 5 StR 419/23 Rn. 19; vom 5. November 2014 – 1 StR 327/14 , NStZ-RR 2015, 83).

In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 05.06.2024 – 2 StR 397/23 – geht es noch einmal um ein DNA-Gutachten im Rahmen der Beweiswürdigung:

„a) Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten insbesondere auf die „ohne Zweifel“ dem Angeklagten „zuzurechnen(de)“ DNA-Spur gestützt, die vom rechten Schultergurt des vom Täter im Fall II. 3. der Urteilsgründe zurückgelassenen Rucksacks gesichert werden konnte. „Darüber hinaus wurde keine weitere DNA gefunden und eine andere Erklärung als die, dass der Angeklagte, der keine Handschuhe trug […], den Rucksack an dem rechten Riemen angefasst und angezogen bzw. ausgezogen hat, ist nicht ersichtlich“.

b) Die Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten entspricht nicht den Anforderungen, die der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daran stellt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187, 188 ff. mwN).

Den Urteilsgründen lässt sich schon nicht entnehmen, ob es sich bei der am rechten Schultergurt des Rucksacks gefundenen Spur um eine Einzel- oder eine Mischspur handelt. Der Umstand, dass an beiden Schultergurten auch DNA des Mitangeklagten K. gefunden wurde, deutet vielmehr darauf hin, dass es sich um eine Mischspur handelt.

Während bei Einzelspuren jedenfalls das Gutachtenergebnis in Form einer numerischen biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage mitgeteilt werden muss, woran es hier fehlt, ist bei Mischspuren grundsätzlich darzulegen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 2018 ? 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187, 188 f., und vom 13. Februar 2024 – 4 StR 353/23, Rn. 5, jeweils mwN). Daran fehlt es ebenfalls. Die bloße Feststellung, dass die Spur „ohne Zweifel“ dem Angeklagten zuzurechnen ist, genügt in keinem Fall.

3. Der Senat kann angesichts der begrenzten Aussagekraft der übrigen Beweisanzeichen nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht, zumal der Angeklagte in seiner in den Urteilsgründen wiedergegebenen polizeilichen Vernehmung auf Vorhalt der DNA-Analyse lediglich allgemein einen Aufenthalt beim Mitangeklagten K. als denkbare Erklärung einer (sekun-dären) Spurenverursachung eingeräumt hat, womit sich die Strafkammer im Sinne eines Alternativszenarios allerdings erkennbar nicht befasst.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert