OWi I: Rüge des lückenhaften Messprotokolls, oder: OLG Frankfurt vergreift sich mal wieder im Ton

Bild von Christian Dorn auf Pixabay

Und dann heute ein wenig OWi.

Ich beginne mit dem OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.05.2025 – 2 Orbs 69/25-, was ja leider – jedenfalls für mich – bei Entscheidungen von dem OLG häufiger der Fall ist.

Gegenstand des Verfahrens wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung war mal wieder der Kampf ums Messprotokoll. Der Betroffene ist wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 1.000,00 EUR und einem Fahrverbot von zwei Monaten verurteilt worden. Der hatte dagegen die Rechtsbeschwerde erhoben und ein lückenhaftes Messprotokoll gerügt.

Beim OLG ohne Erfolg. Zu der Rüge führt das OLG aus:

„Die Prüfung der Falldatei als Kernbeweismittel jeder technischen Verkehrsmessung ist Grundanforderung der Ordnungsbehörden, bevor sie einem Betroffenen einen Verkehrsverstoß vorwerfen dürfen. Im Gegenzug ist es ebenfalls Grundanforderung einer Verteidigung, aus der Falldatei heraus dem Gericht vor der Hauptverhandlung konkrete Auffälligkeiten aufzuzeigen. Das Gericht ist dann verpflichtet, diesen konkret dargelegten Auffälligkeiten nachzugehen. Die anschließende gerichtliche Bewertung ist ureigenste Aufgabe des Tatgerichts und in der Rechtsbeschwerde i.d.R. nur mit einer zulässigen Verfahrensrüge angreifbar.

Diesen einfachen Darlegungsvoraussetzungen genügt das Rechtsbeschwerdevorbringen vorliegend nicht. Die Einwendungen erschöpfen sich in der Behauptung eines lückenhaften Messprotokolls, ohne dass der Senat in die Lage versetzt wird, dies zu prüfen, und in abstrakten Rechtsfloskeln, ohne dass ein konkreter Bezug zum Fall dargelegt wird. Eine Darlegung von Auffälligkeiten und/oder Besonderheiten in der Falldatei, die in einem Kontext zum Messprotokoll gesehen werden kann, wird nicht vorgenommen. Das Tatgericht war daher auch nicht zu weiteren Ausführungen gehalten. Das nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in Bezug genommene Fallbild weist im Übrigen auch keinerlei Auffälligkeiten auf. Es zeigt lediglich einen einsamen Fahrer, der mit entspanntem Gesicht und gemessenen 90 km/h kurz nach Mitternacht durch die Innenstadt von Kassel rast.“.

Damit hätte es an sich gut sein können. Aber nein, das OLG betreibt Richterfortbildung und nimmt seine Entscheidung zum Anlass, ellenlang den grundsätzlichen Umgang mit „lückenhaften“ Messprotokollen zu erläutern. Was hat das in der Entscheidung zu suchen. Das „riecht“ so ein bisschen nach: „Herr Lehrer ist weiß was.“ In meinen Augen überflüssig.

Aber deshalb ist die Entscheidung für mich nicht der Aufreger, sondern es ist u.a. die Passage:

Das nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in Bezug genommene Fallbild weist im Übrigen auch keinerlei Auffälligkeiten auf. Es zeigt lediglich einen einsamen Fahrer, der mit entspanntem Gesicht und gemessenen 90 km/h kurz nach Mitternacht durch die Innenstadt von Kassel rast.„.

Das fragt man sich dann doch, was das soll. Die Passage ist völlig unangemessen und man fragt sich, warum das OLG sich so im Ton vergreift und so unangemessen formuliert. Aber: Das passt zum OLG Frankfurt am Main. Ich erinnere an den OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.06.2017 – 2 Ss-OWi 542/17 – mit der für eine OLG bemerkenswerten Aussage, dass es bei der Zulassung des Messgerätes „PoliScanSpeed“ um ein „Scheinproblem“ handle oder an die Kritik an Anträgen auf Entbindung nach § 73 Abs. 2 OWiG am Tag der Hauptverhandlung als „erkennbar nur der Gebührenvermehrung dienende Methode“ im OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 11.06.2021 – 2 Ss-OWi 440/21.  Ich weiß nicht, welches Problem das OLG mit Verteidigern zbd/oder Betroffenen hat, wenn die ihre Rechte geltend machen. Wem das zu lästig ist, der wäre dann vielleicht in einem Zivilsenat oder sonst wo besser aufgehoben.

Zum dem Ganzen passt dann übrigens das „Theater“ um den Erhalt der Entscheidung. Aufmerksam geworden war ich auf die durch die PM des OLG vom 05.06.2025 , in der es hieß: „Die Entscheidung ist in Kürze unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.“ Ich habe dann gewartet und dort immer wieder geschaut, ob die Entscheidung inzwischen eingestellt war. Nachdem das nach mehr als drei Wochen immer noch nicht der Fall war, habe ich mich an die Presseabteilung des OLG gewandt, aber von dort keine Antwort bekommen. Ich habe nach ein paar Tagen erinnert, wieder keine Antwort. Dann war ich es leid und ich bin den Weg über die Präsidialabteilung des OLG gegangen mit der Androhung einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Die hätte nichts gebracht, aber: Oh Wunder, diese Anfrage hatte Erfolg. Man hat mir kurzfristige Einstellung der Entscheidung angekündigt und hat es dann tatsächlich geschafft, die Entscheidung einigermaßen zügig zu veröffentlichen. Auch hier frage ich mich: Welche Problem hat man eigentlich, wenn ein Rechtsanwalt um die Übersendung einer Entscheidung bittet? Kann man darauf nicht zumindest kurz antworten und die „Hinderungsgründe“ mitteilen? Muss man ein solche Hin und Her auslösen, was an allen beteiligten Stellen unnötigen Zeitaufwand kostet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert