Und zum Tagesschluss dann noch eine Entscheidung zur Geldstrafe, und zwar zur Bemessung des Tagessatzes bei einkommensschwachen Personen.
Der Angeklagte ist vom AG zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das KG hat das Urteil mit dem KG, Beschl. v. 16.02.2025 – 2 ORs 38/24 -121 SRs 147/24 – im Rechtsfolgenausspruch, hinsichtlich der Tagessatzhöhe mit den zugehörigen Feststellungen und soweit keine Entscheidung über Zahlungserleichterungen getroffen worden ist, aufgehoben:
„Ergänzend merkt der Senat an:
Im Hinblick darauf, dass bereits der Einspruch gegen. den Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 8. Januar 2024 am 2: April 2024 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden war, ist Gegenstand des Verfahrens nur noch eben dieser. Mit seiner gemäß § 335 StPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen (Sprung-) Revision, die er auf die Tagessatzhöhe und die Entscheidung über Zahlungserleichterungen beschränkt hat, erhebt der Angeklagte die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und erstrebt die Herabsetzung der Geldstrafe sowie die Gewährung einer Ratenzahlung.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat hierzu in ihrer Zuschrift vom 29. November 2024 u.a. wie folgt Stellung genommen:
„Die angefochtene Entscheidung wird in Bezug auf den Strafausspruch hinsichtlich der Tagessatzhöhe nicht den Anforderungen gerecht, die – selbst eingedenk des insoweit eingeschränkten Prüfungsmaßstabs des Revisionsgerichts – an die Begründung eines tatrichterlichen Urteils zu stellen sind.
a) Das Revisionsgericht hat bei der Überprüfung der Höhe des Tagessatzes lediglich zu prüfen, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten ausreichend festgestellt und in rechtsfehlerfreier Weise berücksichtigt wurden und dabei die Wertungen des erkennenden Gerichts bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen (KG, Beschlüsse vom 26. Juni 2024 – 1 ORs 12/24 -; und vom 14. Dezember 2022 -[3J 161 Ss 177/22157/221 -), Denn die Festlegung der Höhe des Tagessatzes erschöpft sich nicht in einem mechanischem Rechenakt, sondern es handelt sich um einen Akt wertender richterlicher Strafzumessung, der dem Tatrichter Ermessensspielräume hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Faktoren belässt und in § 40 Abs. 2 StGB nur allgemeine Anhaltspunkte für die Bemessung der Tagessatzhöhe enthält (vgl. BGH,• StraFo 2017, 338; MüKo-StGB/Radtke, 4. Auflage 2020, § 40 Rdnr. 51).
b) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt sich unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters (§ 40 Abs. 2 Satz 1 StGB). Bemessungsgrundlage der Tagessatzhöhe ist in der Regel das Nettoeinkommen, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte (§ 40 Abs. 2 Satz 2 StGB). Dieses Nettoeinkommen ergibt sich aus dem Saldo der anzurechnenden Einkünfte und abziehbaren Belastungen und zwar zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Fischer, StGB, 71. Auflage, § 40 Rdnr. 6a).
c) Das Amtsgericht hat hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich festgestellt, dass der ledige und kinderlose Angeklagte derzeit arbeitslos sei und 877,- Euro Arbeitslosengeld bekomme (UA S. 2). Im Rahmen der Strafzumessung führt das Amtsgericht ferner aus, dass der Angeklagte zur Wiedergutmachung des entstandenen Schadens von 1.225,19 Euro am 5. September 2023 eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen habe (UA S. 3). Sodann hat das Amtsgericht die Tagesatzhöhe – für deren Berechnung es offenkundig allein die Leistungen des Jobcenters nach dem SGB Il in Höhe von- 877,15 Euro zugrunde gelegt und dieses durch 30 geteilt hat – festgesetzt.
d) Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen sind derart lückenhaft, dass sie eine Überprüfung, ob die Tagessatzhöhe ermessensfehlerfrei bestimmt worden ist, nicht zulassen.
(1) Denn ist erkennbar, dass das Amtsgericht allein die Leistungen des Jobcenters nach dem SGB 11 als Grundlage für die Bemessung des Tagessatzes berücksichtigt hat Eine Differenzierung, in welcher Höhe es sich bei den Leistungen um den Regelbedarf oder Kosten der Unterkunft handelt, findet dabei bereits nicht statt. Es fehlt des Weiteren an jeglicher Auseinandersetzung mit der Feststellung, dass der Angeklagte zur Schadengwiedergutmachung eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen hat Neben dem Umstand, dass sich, das Urteil weder zur Höhe und dem Zeitpunkt der Zahlung der vereinbarten Raten verhält noch Feststellungen dazu trifft, ob die Raten tatsächlich auch gezahlt werden, sind den Urteilsgründen keinerlei Erwägungen zu entnehmen, inwieweit dies Auswirkungen auf das Nettoeinkommen des Angeklagten hat.
(2) Das Amtsgericht hat es – wie die Revision zutreffend ausführt – bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe überdies unterlassen in den Blick zu nehmen, dass insbesondere bei Personen, die ein kleines Einkommen beziehen und dessen Abschöpfung durch die Geldstrafe nicht durch den Einsatz von Vermögen zu kompensieren ist, die Gefahr einer erheblichen entsozialisierenden Wirkung der Geldstrafe besteht, weil wegen deren Höhe nicht berücksichtigungsfähige laufende Belastungen nicht mehr bedient werden können (vgl. KG, Beschluss vom 11. März 2024 – 4 ORs 10/24 -; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 6. November 2023 – 204 StRR 470/23 -, juris Rdnr. 1.1; MüKo-StGB/Radtke – aaO – Rdnr. 38). Bei besonders einkommensschwachen Personen ist daher in besonderer Weise zu prüfen und sicherzustellen, dass die sich aus der rechnerischen Bestimmung ergebende absolute Belastung nicht unverhältnismäßig ist (Fischer- aaO – § 40 Rdnr. 24). Daher kann es geboten sein, zusätzlich zur Bewilligung der nach § 42 Satz 1 StGB möglichen und von Amts wegen zu prüfenden (vgl. Fischer- aaO – § 42. Rdnr. 2) Zahlungserleichterungen auch die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels des monatlichen Nettoeinkommens abzusenken (Bayerisches Landesgericht- aaO – Rdnr. 13; KG, Beschluss vom 2. November 2012 – [4] 121 Ss 146/12 [265/12] -). Diese Prüfung hat sich bei dem nur Sozialleistungen beziehenden Angeklagten aufgrund der daraus resultierenden übermäßigen Belastung durch die Geldstrafe aufgedrängt.
(3) Ferner hat es das Tatgericht – wie die Revision zu Recht ausführt – versäumt, über die Gewährung von-Zahlungserleichterungen (§ 42 Satz 1 StGB) für den Angeklagten zu befinden, wobei einem zu Geldstrafe verurteilten Angeklagten auch bei Bewilligung von Ratenzahlungen das zum Lebensbedarf Unerlässliche erhalten bleiben muss (vgl. KG, Beschlüsse vom 25. Juli 2018. – [1] 161 Ss 109/18 [23/18] – und vom 23. Mai 2016 – [4] 121 Ss 35/16 [80/16] -). Da die Entscheidung nach § 42 StGB zwingend vorgeschrieben ist, muss sich das Urteil damit befassen, wenn die Anwendung der Vorschrift nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eines Angeklagten naheliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 – 2 StR 348/17 -, juris). Dies ist vorliegend der Fall, weil es sich aufdrängt, dass der Angeklagte den Betrag der Geldstrafe nicht sofort aus dem laufenden Einkommen, Rücklagen oder Vermögen begleichen kann. Sonstige Gründe, die einer Gewährung von Zahlungserleichterungen entgegenstehen könnten, sind nicht erkennbar, so dass diese grundsätzlich zwingend ist (vgl. MüKo-StGB/Radtke – aaO – § 42 Rdnr. 16). Dass auch die Vollstreckungsbehörde nach Rechtskraft noch Zahlungserleichterungen bewilligen kann (§ 459a StPO), ändert daran wegen des zwingenden Charakters des § 42 StGB nichts (vgl. KG, Beschluss vom 3. Januar 2022 – [5] 161 Ss 160/21 [52/21] -).
(4) Lediglich ergänzend ist zu bemerken, dass das Tatgericht – wie die Revision zutreffend ausführt – auch die gemäß § 42 Satz 3 StGB bestehende fakultative Anordnung von Zahlungserleichterungen offensichtlich nicht in den Blick genommen hat Aufgrund des im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten berücksichtigten Abschlusses einer Ratenzahlungsvereinbarung zur Schadenswiedergutmachung hat sich die Erörterung der genau für vorliegende Sachverhalte geltenden Regelung des § 42 Satz 3 StGB geradezu aufgedrängt.“
Diese Ausführungen treffen zu. Der Senat kann die fehlenden Feststellungen nicht selbst treffen und verweist die Sache deshalb gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurück.“