Und als dritte Entscheidung dann noch eine amtsgerichtliche Entscheidung, nämlich das (rechtskräftige) AG München, Urt. v. 24.10.2024 – 814 Cs 274 Js 177094/23 – zum Filmen von Polizeibeamten bei einem Einsatz.
Nach den Feststellungen des AG befand sich die Angeklagte am Hauptbahnhof München . Dort wurden sie auf die „geschädigten“ Polizeibeamten PK pp. und POM pp. aufmerksam, die gerade die Zeugen pp und pp. kontrollierten. Grund der Kontrolle war die Mitteilung von zwei unbeteiligten Personen, dass die beiden Zeugen gerade versuchten, eine augenscheinlich stark betrunkene Frau, namentlich die Zeugin pp., gegen ihren Willen aus dem Bahnhof zu verbringen.
Die Angeklagte näherte sich den Beamten, richtete ihr Smartphone auf sie und begann zu filmen, sodass das Kontrollgespräch zwischen den Geschädigten und den Zeugen videografisch mit Tonspur aufgenommen wurde. Die somit aufgenommenen Worte der Geschädigten waren allein an die Zeugen gerichtet und ein Einverständnis hinsichtlich der Aufnahme lag nicht vor, was die Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm.
Strafantrag wegen Verstoßes gegen § 201 StGB wurde form- und fristgerecht gestellt. Das AG hat dann frei gesprochen:
„Aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung war die Angeklagte aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
Zwar sind auch dienstliche Äußerungen von Beamten von dem Schutzzweck des § 201 StGB er-fasst (vgl. LG Kassel Beschl. v. 23.9.2019 – 2 Qs 111/19, BeckRS 2019, 38252), jedoch bestand vorliegend eine sog. faktische Öffentlichkeit, sodass die Aufnahme straffrei war.
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2022) ist als nichtöffentlich gesprochenes Wort im Sinne von § 201 StGB jede nicht an die Allgemeinheit gerichtete Äußerung zu verstehen, die nicht über einen durch persönliche oder sachliche Bezie-hungen abgegrenzten Personenkreis hinaus ohne Weiteres wahrnehmbar ist.
Entscheidend sind die Abgeschlossenheit des Zuhörerkreises und die Kontrollmöglichkeit über die Reichweite der Äußerung. Für die Frage der Nichtöffentlichkeit ist daher vor allem – aber nicht allein – der Wille des Sprechers von Bedeutung. Daneben kommt es auch auf Zweck und Eigenart der Unterredung an. Vom Sprecher unbemerkte Zuhörer können zu einer sogenannten faktischen Öffentlichkeit führen, wenn die Äußerung unter Umständen erfolgt, nach denen mit einer Kenntnisnahme durch Dritte gerechnet werden muss. So liegt der Fall hier.
Sowohl nach der Einlassung der Angeklagten als auch nach den Angaben des Zeugen pp. war die Kontrollörtlichkeit durchaus frequentiert. Aus den in Augenschein genommenen Videosequenzen ergibt sich auch, dass Passanten immer wieder stehengeblieben sind, und die Situation beobachtet haben. Auch haben sowohl die Angeklagte als auch der Zeuge bestätigt, dass teilweise lauter gesprochen wurde, sodass vorliegend mit einer Kenntnisnahme durch Dritte gerechnet werden musste. Dies war für die Beamten auch erkennbar.
Es lag somit eine faktische Öffentlichkeit vor.“
Das Amtsgericht München zeigt hier für Bayerische Verhältnisse einen echten Fortschritt. Während in anderen Bundesländern polizeiliches Handeln grundsätzlich nicht unter den Schutzbereich des § 201 StGB subsumiert wird, wird hier immerhin am Münchner Hauptbahnhof eine faktische Öffentlichkeit bejaht. Immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.