Archiv für den Monat: Mai 2024

KCanG I: 6. Ss zur „neuen“ „nicht geringen Menge, oder: Auch du mein Sohn Brutus..

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Ich starte in die neue Woche mit Entscheidungen zum KCanG, leider nicht unbedingt Erfreuliches. Ich stelle hier zunächst den BGH, Beschl. v. 29.04.2024 – 6 StR 132/24 – vor. Der äußert sich noch einmal zur „neuen“ nicht geringen Menge.

„aa) Nach den Feststellungen verwahrte und verpackte der Angeklagte zum gewinnbringenden Verkauf 43,55 Gramm Haschisch mit einer Wirkstoffmenge von 11,8 Gramm THC in seinem Zimmer, in dem sich griffbereit an der Rückseite des Kühlschranks eine geladene und funktionstüchtige Schreckschusspistole befand, bei der der Explosionsdruck nach vorn austritt. Die Strafkammer hat dieses Verhalten – im Urteilszeitpunkt zutreffend – als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gewertet.

bb) Seit dem 1. April 2024 werden Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis nicht mehr vom Betäubungsmittelgesetz, sondern dem Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) erfasst. Dies ist hier das nach § 2 Abs. 3 StGB mildere Gesetz. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Strafkammer einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen hat. Der Senat kann ausschließen, dass der Sonderstrafrahmen für minder schwere Fälle nach § 34 Abs. 4 KCanG nicht zur Anwendung gelangt, obgleich dem Umstand, dass es sich bei Cannabis um eine „Droge mit geringem Gefährdungspotential“ handelt, unter dem KCanG keine strafmildernde Bedeutung (vgl. zum BtMG BGH, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 3 StR 295/22, Rn. 30 mwN) beizumessen ist. Denn die Strafkammer hat die Anwendung des Sonderstrafrahmens des § 30a Abs. 3 BtMG nicht maßgeblich auf diesen Umstand gestützt, sondern mit zahlreichen weiteren Umständen begründet.

cc) Das vom Landgericht festgestellte Geschehen erfüllt den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG.

Bei Haschisch handelt es sich um ein Produkt der Cannabispflanze, das nach den Begriffsbestimmungen des KCanG als „Cannabis“ erfasst wird (§ 1 Nr. 5 KCanG). Die Tathandlungen nach § 34 Abs. 1 KCanG hat der Gesetzgeber an die Begrifflichkeiten des BtMG angelehnt und hinsichtlich des Handeltreibens zudem auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 94). Der Verbrechenstatbestand des § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG ist § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nachgebildet (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 132). Soweit § 34 Abs. 4 KCanG das Handeltreiben mit einer nicht geringen Menge Cannabis verlangt, beträgt der Grenzwert der nicht geringen Menge des maßgeblichen Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (§ 1 Nr. 2 KCanG) 7,5 Gramm und ist hier überschritten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2024 – 1 StR 106/24).“

Bitte nicht wundern und/bzw. nein, ich habe nichts vergessen. Das war es, was der 6. Strafsenat zur Frage der „neuen“ „nicht geringen Menge“. Praktisch nichts. Während der 1. und der 5. Strafsenat ja nun wenigstens ihre (falsche) Auffassung begründet haben, hält der 6. Strafsenat das nicht einmal mehr für nötig. Es wird auf den 1. Strafsenat verwiesen und das war es. Im Examen hätte ein Zitat nicht gereicht. Man ist schon erstaunt. Zudem hätte man ja schon gern gewusst, was der 6. Strafsenat an der Auffassung des 1. und des 5 Strafsenat so überzeugend findet.

Und: Das Gemunkel über die Absicht des 6. Strafsenats, dem Großen Senat vorzulegen, ist/war damit also eine Fehlmeldung. Man kann das Fazit ziehen, das neulich ein Kollege gezogen hat: „Der BGH negiert den Gesetzgeber so konsequent wie mich meine Frau, wenn sie richtig sauer auf mich ist. “

Sonntagswitz, heute von Borkum mal wieder zu den Ostfriesen

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Heute bin ich auf Borkum, mal eben nach dem Rechten schauen. Und an den Sonntagen gibt es dann ja traditionsgemäß Ostfriesenwitze, so also dann auch heute. Hier sind dann – wahrscheinlich nicht alle neu:

Warum streuen Ostfriesen Pfeffer auf den Fernseher?

Damit das Bild schärfer wird!


Warum haben Ostfriesen leere Bierflaschen im Kühlschrank?

Es gibt auch welche, die kein Bier trinken!


Warum nehmen ostfriesische Polizisten eine Schere auf die Verbrecherjagd mit?

Damit sie den Gangstern den Weg abschneiden können!


Warum ist Ostriesland so flach?

Damit die Ostfriesen bereits am Mittwoch sehen können, wer Sonntag zu Besuch kommt.


 

Wochenspiegel für die 21.KW, das war beA, TicToc, Youtube, rote Hosen, AfD und KCanG und Drogenfahrt

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Und hier dann der Wochenspiegel für die 21. KW. mit den Hinweisen auf folgende Beiträge:

  1. Sind Ihre Sicherheitstoken für beA aktuell? – schon etwas älter

  2. BGH: Umstellung von großem Schadensersatz auf Differenzschaden unter Aufgabe des Zug-um-Zug-Vorbehalts im Berufungsverfahren setzt keine Anschlussberufung voraus
  3. LG Köln bleibt bei seiner Rechtsprechung – Kauf von Fototapete umfasst keine Lizenz für Nutzung im Internet z.B. auf Fotos von Räumlichkeiten
  4. Kündigung von Azubi nach YouTube-Video „Wie entsteht eine Lüge“

  5. Arbeitgeber dürfen das Tragen roter Hosen verlangen
  6. Viele Unternehmen von Angriffen auf Office 365 betroffen

  7. AfD-Politiker Ulbrich und Maier verlieren Klagen

  8. TikToker im Livestream genannt – Wann ist eine Person identifizierbar?
  9. und aus meinem Blog: KCanG I: „Alter“ THC-Nachweisgrenzwert gilt fort, oder: Aber: 3,5 ng/ml Grenzwert bei Drogenfahrt kommt

Corona: Wer hat denn nun mit Corona angesteckt?, oder: Arbeitsunfall?

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Und dann die „Corona-Entscheidung“. Es handelt sich um das LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 29.04. 2024 -L 1 U 2085/23.

Gestritten wird über die Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall. Der Kläher hatte sich im März 2021 mit Corona infiziert hatte. An einem Montag hatte er ein positives PCR-Testergebnis erhalten, nachdem er nach eigenen Angaben bereits zwei Tage zuvor schon einen positiven Schnelltest durchgeführt hatte. Der Kläger leidet bis heute an den Folgen seiner Infektion. Seine Krankenkasse übernimmt deshalb Heilbehandlungen und zahlt Krankengeld gewährte. Die Infektion wurde aber nicht als Arbeitsunfall anerkannt.

Die Arbeitgeberin des Klägers hat auf Anfrage der gesetzlichen Unfallversicherung mitgeteilt, welche Infektionen es in dem entsprechenden Zeitraum bei der Betriebsstätte des Klägers gegeben hatte. Insoweit ergab sich die Vermutung, dass ein bestimmter Kollege als „Indexperson“ in Betracht kam, bei dem sich der klagende Mann angesteckt haben könnte. Mit dem Argument, dass die Infektion während der versicherten Arbeit des Mannes trotzdem nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne, hat die zuständige Berufsgenossenschaft die Anerkennung der Infektion als Arbeitsunfall abgelehnt.

Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht abgewiesen. Die Berufung an das LSG hatte keinen Erfolg.

Ich beschränke mich hier auf die Leitsätze des LSG und verweise im Übrigen auf den verlinkten Volltext:

1. Die Eingangsvoraussetzung für die Anerkennung einer Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 als Arbeitsunfall ist ein Kontakt mit einer Indexperson während einer versicherten, ggfs. betrieblichen Verrichtung.

2. Eine Indexperson ist eine Person, die nachweislich bereits vor dem Versicherten mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert war.

3. Eine solche vorhergehende Infektion kann in der Regel nur durch einen positiven PCR-Test, unter Umständen auch nur durch einen Schnelltest, nachgewiesen werden. Dass die vermeintliche Indexperson vor dem Kontakt unspezifische Symptome gezeigt hatte, reicht nicht aus.

4. Erst wenn ein solcher Kontakt mit einer Indexperson im Vollbeweis gesichert ist, muss auf zweiter Ebene ein Wahrscheinlichkeitszusammenhang zwischen diesem Kontakt und der späteren Infektion des Versicherten bestehen. Hier sind als Indizien unter Umständen die räumliche Nähe und die Dauer des Kontakts oder das Tragen von Schutzmitteln (FFP- oder medizinische Masken) relevant.

Die Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung, oder: Grundlage in der Vereinssatzung?

Vereinsrecht- 11. Aufl.Es ist „Saturdaytime“ und damit „Kessel-Buntes-Tag. In dem köchelt heute etwas zum Vereinsrecht und dann noch etwas zu Corona.

Den Opener mache ich mit dem Vereinsrecht, und zwar mit dem Hinweis auf den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2024 – 19 W 21/24 (Wx) – zur Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung eines Vereins.

Und da die Problematik bereits entschieden ist und das OLg dem folgt, reicht der Leitsatz- Und zwar:

Eine Eventualeinberufung zur Mitgliederversammlung für den Fall fehlender Beschlussfähigkeit ist nur bei entsprechender Satzungsgrundlage zulässig (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 18. September 2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 12; LG Bremen, Beschluss vom 14. Oktober 1998 – 2 T 736/98).

Die Fragen sind übrigens auch behandelt bei <<Werbemodus an>> Burhoff, Vereinsrecht, 11. Aufl, 2022, das man hier bestellen kann <<Werbemodus aus>>.