„.. zitierten Entscheidungen .. nicht mehr anwendbar“, oder: „Was rauchen die bei der RSV“?

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Und bevor es nachher noch die neue Gebührenfrage gibt, hier ein „Nachbericht“, und zwar:

Ich hatte vor ein paar Wochen gefragt. Ich habe da mal eine Frage: Sind auch Gebühren im Bußgeldverfahren entstanden? Da ging es um die Problematik, ob dem Verteidiger nach Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft und Abgabe an die Verwaltungsbehörde wegen einer möglichen OWi-Angelegenheit für den Verteidiger nach Einstellung des OWi-Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG für den Verteidiger auch (noch) die Nrn. 5103, 5115 VV RVG entstanden sind. Die RSV – ich hatte offen gelassen, welche – hatte das abgelehnt.

Ich hatte dem Kollegen die Frage beantwortet und hatte sie unter Hinweis auf u.a. Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 5115 VV RVG Rn. 10 bejaht (vgl. hier: Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Sind auch Gebühren im Bußgeldverfahren entstanden?). Im Kommentar ist einiges an Rechtsprechung zitiert, wer will, kann das nachlesen.

Nun informiert mich der Kollege über den weiteren „Verfahrensgang“:

„Hallo Herr Kollege Burhoff,

heute bekam ich weitere Nachricht von der pp.. Diese zahlt die VG nach Nr. 5103 VV RVG, nicht aber die Gebühr Nr. 5115 VV RVG und erläutert dies wie folgt:

“Seit der Gesetzesänderung mit Wirkung zum 01.08.2013 handelt es sich nach § 17 Nr. 10 b) RVG bei dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und dem sich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens anschließenden Bußgeldverfahren um verschiedene Angelegenheiten. Damit die Zusatzgebühr gem. Nr. 5115 VV verdient werden kann, ist somit eine gesonderte Mitwirkungshandlung i.S.d. Nr. 5115 VV erforderlich. Die von Burhoff zitierten Entscheidungen sind vorliegend nicht mehr anwendbar. Dies gilt auch für die Entscheidung des BGH vom 18.09.2008. Durch eine Mitwirkungshandlung im Strafverfahren können daher nicht zwei Zusatzgebühren verdient werden. Es muss eine im Bußgeldverfahren gesonderte Mitwirkungshandlung erbracht werden, die jedoch nicht erfolgt ist.”

Soll man dem noch außergerichtlich etwas Neues entgegensetzen? Nachweise für die Auffassung der pp. werden nicht genannt.“

Nachdem ich mich dann etwas beruhigt hatte, über so viel Blödsinn, habe ich dem Kollegen geantwortet:

„Moin,

Blödsinn.

Natürlich ist die Rechtsprechung noch anwendbar und es wird auch so verfahren. Vgl. nur: AG Dresden, Beschl. v. 09.03.2022 – 217 OWi 635 Js 16243/21 = AGS 2022, 262. Ich gehe davon aus, dass man bei der pp. die AGS kennt. Ob man sie liest, weiß ich nicht. Ich glaube, eher nicht

Ehrlich: Mir sind die Argumente der pp. zu dumm, um darauf zu antworten. Ich würde an sich gern einen Blogbeitrag daraus machen, lasse es aber oder ggf. ohne Nennung der RSV. Ich habe kein Bock auf möglichen Schriftwechsel.

Bloggen könnte ich aber dazu?“

Der Kollege hat das Bloggen „gestattet“, was ich dann hiermit tue. Ich frage mich: Was rauchen die bei der RSV?  Warum soll die Rechtsprechung nicht mehr anwendbar sein? Auf die Idee ist bisher – bis auf die RSV – offenbar noch niemand gekommen, das AG Leipzig wendet sie ja auch grundsätzlich an, auch wenn es zum falschen Ergebnis kommt. Aber die RSV betreibt dann Rechtsschöpfung, wobei mir nicht so ganz klar ist, warum man die Nr. 5103 VV RVG bejaht, die Nr. 5115 VV RVG hingegen nicht.

Die von Burhoff zitierten Entscheidungen sind vorliegend nicht mehr anwendbar.“ ist natürlich ein unheimlich starkes Argument, oder? Nein, es ist nichts anderes als eine Behauptung, die durch nichts untermauert wird. Sicherlich nicht durch: „Dies gilt auch für die Entscheidung des BGH vom 18.09.2008. Durch eine Mitwirkungshandlung im Strafverfahren können daher nicht zwei Zusatzgebühren verdient werden. Es muss eine im Bußgeldverfahren gesonderte Mitwirkungshandlung erbracht werden, die jedoch nicht erfolgt ist.“ Warum sollte durch die Einführung des § 17 Nr. 10b RVG die Rechtsprechung des BGH zur „Fortwirkung“ hinfällig geworden sein? Es wäre schön, wenn man dazu mal etwas gehört/gelesen hätte. So hat man den Eindruck, dass der Sachbearbeiter, nachdem er aus seinem Ablehnungsrausch erwacht ist, nach dem Motto verfahren ist: Es kann nicht sein, was nicht sein soll bzw., was wir nicht wollen.

Mich macht ein solches Verhalten ärgerlich, und zwar ziemlich, wie man wahrscheinlich merkt. „RSV“ = Rechtsschutzversicherung? Dass ich nicht lache.

Ich bin übrigens im Nachgang zu den beiden o.a. Postings gefragt worden, warum ich die RSV nicht nenne. Nein, ich tue es nicht, und zwar auch jetzt nicht nach der vom Kollegen mitgeteilten dummen Erwiderung. Ich habe keinen Bock und keine Zeit für lange Diskussionen mit irgendwelchen Vertretern der Versicherung, die ob der Prangewirkung pp. Widerruf verlangen oder mehr. Brauche ich nicht.

Und abschließend einen Rat an (die) RSV: Einfach mal überlegen, bevor man berechtigte Ansprüche der Kunden – um die geht es – ablehnt und nicht einfach nach abenteuerlichen – falschen – Begründungen suchen, mit denen man sich und anderen das Leben schwer macht.

2 Gedanken zu „„.. zitierten Entscheidungen .. nicht mehr anwendbar“, oder: „Was rauchen die bei der RSV“?

  1. Christoph Schepers

    Wir denken juristisch.
    Versicherungen denken wirtschaftlich.
    Ich habe vor ein paar Jahren aufgehört, Argumentationen der Versicherungen ernst zu nehmen. Die führen nur irgendwelche Argumente auf, damit die Kürzung nicht ganz nackt da steht.
    Die Versicherungen machen das, weil es sich rechnet.
    Will man das verhindern, muss man dafür sorgen, dass es sich nicht mehr rechnet.

  2. Detlef Burhoff Beitragsautor

    Ich weiß nicht, ob sich das wirtschaftlich wirklich rechnet. Jedenfalls dann nicht, wenn geklat wird. Aber leider denken AG und LG an der Stelle ja auch nicht immer juristisch, sondern häufig nur an den Porsche und die Finca des Anwalts.

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