OWi I: Bescheidung des Beweisantrages erst im Urteil, oder: Auf jeden Fall fehlerhaft….

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Die Überschrift zeigt es an: Heute gibt es hier OWi-Entscheidungen. Alle drei kommen aus dem verkehrsrechtlichen Bereich.

Zum „Warm-Werden“ hier zunächst der KG, Beschl. v. 29.01.2024 – 3 ORbs 14/24- 122 Ss 5/24, der gerade gestern frisch rein gekommen ist. Es geht um eine verfahrensrechtliche Problematik, nämlich um einen in der Hauptverhandlung nicht beschiedenen Beweisantrag des Betroffenen. Der Verteidiger des Betroffenen hatte in der Hauptverhandlung einen unbedingten Beweisantrag auf Vernehmung eines Messbeamten zum Beweis der Tatsache gestellt hat, dass die Messung – dem Betroffenen wurde eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen – nicht entsprechend den Vorgaben des Herstellers und des Zulassungsgebers durchgeführt wurde. Das Gericht hat den Beweisantrag nicht in der Hauptverhandlung, sondern erst in den Urteilsgründen beschieden. Warum teilt der KG-Beschluss allerdings nicht mit.

Der „Mangel“ wird mit der Verfahrensrüge geltend gemacht. Und die Rechtsbeschwerde hatte Erfolg:

„Ausweislich des Protokolls hat der Verteidiger einen unbedingten Beweisantrag auf Vernehmung des Messbeamten zum Beweis der o.g. Tatsache In der Hauptverhandlung gestellt, den das Gericht nicht in der Hauptverhandlung beschieden hat. Dass das Gericht diesen Antrag in den Urteilsgründen (UA. S. 4) bescheidet, ändert an dem Verfahrensfehler, auf dem das Urteil beruht, nichts. Denn ein Urteil beruht schon dann auf einem Rechtsfehler, wenn es als möglich erscheint oder wenn nicht auszuschließen ist, dass es ohne den Rechtsfehler anders ausgefallen wäre (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 211). Ist ein Beweisantrag nicht beschieden oder rechtsfehlerhaft abgelehnt worden, können in der Regel weder das Tatgericht in den Urteilsgründen noch das Revisionsgericht die rechtsfehlerfreie Begründung nachliefern (vgl. Krehl in Karlsruher Kommentar StPO 9. Aufl.; § 244 Rn. 233).  Das Revisionsgericht kann das Beruhen in einem solchen Fall daher regelmäßig nicht schon mit der Erwägung verneinen, der Antrag hätte mit rechtsfehlerfreier Begründung abgelehnt werden dürfen (vgl. BGH NStZ 1997, 286; Krehl a.a.O.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn ausnahmsweise ausgeschlossen ist, dass die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten hierdurch berührt worden sind (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 211). Insoweit ist zu beachten, dass die Bescheidung eines Beweisantrags den Antragsteller vom Standpunkt des Gerichts zu der Beweisbehauptung unterrichten und ihm Gelegenheit geben soll, sich auf die dadurch entstandene Prozesslage einzustellen (vgl. BGH NStZ 1997, 286). Nur wenn die erforderliche Bewertung aller im Einzelfall in Betracht kommenden Umstände (dazu vgl. BGH StV 1997, 170), wie sie sich in Urteil und Revisionsvorbringen darstellen, zu dem Ergebnis führt, dass der Angeklagte in Auseinandersetzung mit der rechtsfehlerfreien Begründung keine für die Beweiserhebung erheblichen Argumente hätte vortragen und keine. anderen sachdienlichen Anträge mehr hätten stellen können, ist ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler ausgeschlossen (vgl. BGH NStZ 1997, 286; NStZ-RR 2010, 211; KG, Urteil vom 1. Februar 2018 – (5) 121 71/17 (49/17) -; HansOLG Hamburg StV 2016, 4303; Krehl a.a.O., Rn. 234).

Für eine solche Verfahrenssituation fehlt jeglicher Anhaltspunkt.“

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