Archiv für den Monat: Juli 2023

Verbot des Fahrens mit dem Fahrrad nach der FeV?, oder: Gibt es eine Ermächtigungsgrundlage?

entnommen openclipart.org

Die Fahrerlaubnisbehörden können das Führen von Fahrzeugen nach der FeV verbieten, wenn sich jemand – insbesondere durch Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss – als hierzu ungeeignet erweist. Umstritten ist dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt werden kann. Der BayVGH hat dies im BayVGH, Urt. v. 17.04.2023 – 11 BV 22.1234 – jetzt dahingehend entschieden, dass das geltende Recht keine Grundlage für ein solches Verbot bietet.

Der als Grundlage für die Untersagung von der Fahrerlaubnisbehörde herangezogene § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV ist nach Auffassung des BayVGH zu unbestimmt. Die Regelung lässt weder für sich allein noch im Zusammenhang mit anderen Vorschriften erkennen, wann eine Person zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ungeeignet sei und wie man dies feststellen müsse. Anders als für das Führen von fahrerlaubnispflichtigen (Kraft-)Fahrzeugen gebe es hierfür auch keine ausreichenden Hinweise aus dem Gesetzgebungsverfahren oder andere konkretisierende Regelwerke. Eine Übertragung der Maßstäbe für das Führen von Kraftfahrzeugen auf das Führen von Fahrrädern oder E-Scootern sei wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotentials nicht möglich. Das Fehlen rechtlicher Maßstäbe könne zu unverhältnismäßigen Verboten führen

Der VGH hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob § 3 FeV eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage darstellt, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe. Wir werden dazu also im Zweifel etwas vom BVerwG hören. Daher verweise ich auch nur auf den verlinkten Volltext.

Ich habe da mal eine Frage: Gilt die Rückwirkung der Beiordnung auch beim Nebenkläger?

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So, und dann noch die RVG-Frage. Mal wieder aus einer FB-Gruppe, in der ich Mitglied bin. Gefragt wurde:

„Gebührenfrage: Ich habe den Geschädigten im Ermittlungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren vertreten. Am ersten Verhandlungstag im Verfahren vor dem Schöffengericht wurde meinem Mandanten Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Anwalts nach § 397a Abs. 2 StPO bewilligt.

Aus naheligenden Gründen beschäftigt mich jetzt die Frage, ob die Rückwirkung der im erstinstanzlichen Verfahren erfolgten Beiordnung für das Ermittlungsverfahren (§ 48 Abs. 6 S. 1 RVG) auch für eine Beiordnung nach § 397a Abs. 2 StPO gilt.

Aufgrund eigenen Suchens finde ich nur

* positiv: OLG Koblenz vom 14.06.07, 2 Ws 300/07 und

* negativ: OLG Celle vom 13.11.2018, 2 Ws 426/18.

Kennt jemand weitere Entscheidungen?“

Nochmals außergerichtliche RA-Kosten nach Unfall, oder: Großkundenrabatte und Verkehrsunfallschäden

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Die zweite Entscheidung, das OLG Braunschweig, Urt. v. 28.04.2023 – 1 U 16/22 – äußert sich auch noch einmal zur Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und zut Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei der Abrechnung von Verkehrsunfallschäden.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zwecks Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für noch 18 Verkehrsunfälle. Der Hergang der Verkehrsunfälle und die daraus folgende Alleinhaftung der ersicherungsnehmer der Beklagten ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Beklagte wendet sich aber gegen die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Es sei nicht erforderlich gewesen, vorgerichtlich einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Klägerin sei regelmäßig und häufig mit Schadensfällen und deren Abwicklung befasst. Es könne ihr zugemutet werden, ein Sachverständigengutachten einzuholen und die Kosten gegenüber dem regulierungspflichtigen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer zu beziffern.

Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung der Klageforderungen mit Rückzahlungsansprüchen wegen – nach ihrer Rechtsauffassung– überzahlter Reparaturkosten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstoße die Geschädigte gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht, wenn sie Rabatte, wie zum Beispiel einen bestehenden Großkundenrabatt, bei der Schadensabrechnung nicht reparaturkostenreduzierend berücksichtige. Es sei hier davon auszugehen, dass die Klägerin, insbesondere im Hinblick auf ihre Ausrichtung und Unternehmensgröße, im Bereich der Fahrzeugreparatur einen auf Vereinbarungen mit dem regionalen Markt basierenden Großkundenrabatt von üblicherweise 20 % für sich in Anspruch nehme. Die klägerseits begehrten Reparaturkosten bzw. die tatsächlich erforderlichen Reparaturkosten würden sich daher um 20 % reduzieren. Diese Rabattmöglichkeit nutze die Klägerin nicht und verstoße damit gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.

Ich stelle hier dann nur die Leitsätze ein und verweise im Übrigen auf den Volltext:

  1. Die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, stellt jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall dar.

  2. Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung sind dem Geschädigten eingeräumte Großkundenrabatte von markengebundenen Fachwerkstätten zu berücksichtigen, wenn er diese ohne Weiteres auch für die Reparatur eines Unfallfahrzeugs in Anspruch nehmen kann.

War die Abwicklung des Unfalls ein einfacher Fall?, oder: Durfte der Rechtsanwalt sich selbst vertreten?

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Heute im RVG-Teil dann zwei Erstattungsentscheidungen.

Zunächst hier das AG Berlin-Mitte, Urt. v. 15.03.2023 – 28 C 278/22. Es geht um die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls und dabei um die Frage: Durfte eine Rechtsanwalt beauftragt werden. Das AG Berlin-Mitte hat die Frage bejaht und deshalb der Klage des Rechtsanwalts, dessen Pkw bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden war, auf Erstattung der Kosten für die eigene Beauftragung statt gegeben:

„In der Sache hat der Kläger jedoch einen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.

Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (NJW 2017, 3588; NJW 2006, 1065; NJW 2005, 1112; BGHZ 127, 348) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Auch dabei ist gemäß dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten zu nehmen (vgl. NJW 2017, 3527; NJW 2012, 2194; NJW-RR 2007, 856, jew. mwN). An die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Ist die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar, dass aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger (oder dessen Haftpflichtversicherer) ohne Weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so wird es grundsätzlich nicht erforderlich sein, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger oder dessen Versicherer einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (vgl. NJW-RR 2007, 856; NJW 2005, 1112; BGHZ 127, 348). In derart einfach gelagerten Fällen kann der Geschädigte grundsätzlich den Schaden selbst geltend machen, so dass sich die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen kann, etwa wenn der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden.

Das Gericht teilt aber die Ansicht des BGH, dass die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall darstellt (BGH NJW 2020, 144 Rn. 24 mwN). Dabei wird zu Recht darauf abgestellt, dass bei einem Fahrzeugschaden die rechtliche Beurteilung nahezu jeder Schadensposition in Rechtsprechung und Lehre seit Jahren intensiv und kontrovers diskutiert wird, die umfangreiche, vielschichtige und teilweise uneinheitliche Rechtsprechung hierzu nach wie vor fortentwickelt wird und dementsprechend zwischen den Geschädigten und den in der Regel hoch spezialisierten Rechtsabteilungen der Haftpflichtversicherer nicht selten um einzelne Beträge bis in die letzte Gerichtsinstanz gestritten wird. Bei Unklarheiten im Hinblick jedenfalls auf die Höhe der Ersatzpflicht, wie sie typischerweise bei Fahrzeugschäden nach einem Verkehrsunfall bestehen, darf aber auch und gerade der mit der Schadensabwicklung von Verkehrsunfällen vertraute Geschädigte vernünftige Zweifel daran haben, dass der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer ohne Weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen wird. Dass der erfahrene Geschädigte durchaus in der Lage sein wird, den Unfallhergang zu schildern und — gegebenenfalls unter Beifügung eines Sachverständigengutachtens — die aus seiner Sicht zu ersetzenden Schadenspositionen zu beziffern, macht den Fall selbst bei Eindeutigkeit des Haftungsgrundes nicht zu einem einfach gelagerten und schließt deshalb die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht aus. So liegt der Fall hier. Beim Unfall am 15. November 2019 beschädigte das bei der Beklagten versicherte Kfz das Fahrzeug des Klägers.

Dasselbe gilt vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Kosten seiner eigenen Beauftragung als Rechtsanwalt geltend macht. § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist zwar auf den vorliegenden Fall – jedenfalls unmittelbar – nicht anwendbar. Er regelt einen speziellen Fall der Selbstvertretung des Anwalts, nämlich im Rechtsstreit nach der ZPO, während vorliegend die Geltendmachung von Ersatzansprüchen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens in Frage steht. Allerdings ist § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens und könnte damit einer analogen Anwendung fähig sein (so z.B. AG Nürnberg, AnwBI. 71, 59 f.). Auf die Entscheidung dieser Frage kommt es jedoch nicht an, weil sich die Ersatzpflicht bereits aus den allgemeinen Grundsätzen der Schadensersatzpflicht nach §§ 249 ff. BGB ergibt. Es gibt keinen rechtlichen Gesichtspunkt, der es vertretbar erscheinen ließe, dass der Geschädigte, der selbst Anwalt ist und seinen Schadensfall selbst bearbeitet, den Einsatz seiner beruflichen Arbeitskraft und Kenntnisse zugunsten des Schädigers umsonst leisten müsste. Unzweifelhaft könnte er, mit der sicheren Folge der Ersatzpflicht, einen anderen Anwalt mit der Bearbeitung seines Schadensfalles betrauen. Es ist ein gesicherter Grundsatz des Schadensersatzrechtes, dass die besonderen persönlichen Verhältnisse, weder des zum Ersatz Verpflichteten, noch des Geschädigten einen Anspruch auf Ermäßigung des Schadens begründen. So kann der Geschädigte, der selbst in der Lage ist, sein unfallgeschädigtes Kraftfahrzeug selbst zu reparieren, oder der Arzt, der seine Unfallverletzung selbst versieht, gleichwohl Ersatz der Kosten verlangen, die erforderlich wären, um die Leistung durch einen Dritten erbringen zu lassen.

Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht. Abzustellen ist dabei auf die letztlich unstreitige Schadenshöhe von 2.583,68 E. Der vom Kläger geltend gemachte Betrag ergibt sich aus einer 1,3-Geschäftsgebühr in Höhe von 261,30 € sowie der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 E, wobei aufgrund des Zeitpunktes der Beauftragung in eigener Sache der Rechtsstand bis 2020 zugrunde zu legen war.“

Strafzumessung III: Falsche Einkommensschätzung, oder: Zulässigkeit von Finanzermittlungen

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Und dann zum Schluss des Tages noch einmal der OLG Celle, Beschl. v. 31.03.2023 – 3 Ss 3/23. „Noch einmal“, weil ich über den hier schon einmal berichtet habe (vgl. hier: StPO II: Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses, oder: Name des Angeklagten und Aktenzeichen fehlen).

Ich komme jetzt auf den Beschluss noch einmal wegen der Ausführungen des OLG zur Tagessatzhöe zurück:

„2. Die Festsetzung der Höhe der Tagessätze auf 200 EUR hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung indes nicht stand.

Gemäß § 40 Abs. 2 StGB bestimmt das Gericht die Höhe eines Tagessatzes unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, wobei in der Regel von dem Nettoeinkommen auszugehen ist, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Wenn der Angeklagte – der zu Auskünften nicht verpflichtet ist – keine, unzureichende oder gar unzutreffende Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen macht, sind diese grundsätzlich durch Finanzermittlungen aufzuklären (vgl. Nr. 14 RiStBV). Eine Schätzung des Einkommens ist immer dann angezeigt, wenn eine Ausschöpfung der Beweismittel das Verfahren unangemessen verzögern würde oder der Ermittlungsaufwand zu der zu erwartenden Geldstrafe in einem unangemessenen Verhältnis stünde (BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 45. Ed. 1.2.2020, StGB § 40 Rn. 18). Eine volle Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Beweismittel ist dabei nicht geboten. Jedoch darf nicht „ins Blaue hinein“ geschätzt werden; vielmehr setzt eine Schätzung die konkrete Feststellung der Schätzungsgrundlagen voraus; bloße Mutmaßungen genügen nicht. Die Grundlagen, auf welche sich die Schätzung stützt, müssen festgestellt und erwiesen sein sowie im Urteil überprüfbar mitgeteilt werden (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1. Juni 2015 – 2 BvR 67/15 –, juris).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht.

Das Landgericht hat das Einkommen des Angeklagten auf 6.000 € netto nach Abzug seiner Unterhaltsverpflichtungen geschätzt, wobei es berücksichtigt hat, dass der Angeklagte nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Gesellschafter eines „größeren“ Handwerksbetriebes mit einer „gewissen“ Anzahl von Angestellten sei. Zudem sei der Betrieb des Angeklagten auch Ausbildungsbetrieb und die Betriebsräumlichkeiten seien großzügig und gut ausgestattet.

Die getroffenen Feststellungen zu dem von dem Angeklagten betriebenen Handwerksbetrieb tragen nicht die Schlussfolgerung, dass der Angeklagte in dem relevanten Betrachtungszeitraum ein monatliches Nettoeinkommen von 6.000 Euro netto nach Abzug seiner Unterhaltsverpflichtungen erzielt hat.

Insoweit bleibt bereits im Ausgangspunkt die vom Landgericht in Ansatz gebrachte Höhe der abgezogenen Unterhaltsverpflichtungen unklar, denn das angefochtene Urteil erschöpft sich in der Mitteilung, ein Sohn des Angeklagten sei noch in der Ausbildung und werde von dem Angeklagten unterhalten. Das Urteil lässt jedoch Informationen dazu vermissen, ob die Ehefrau des Angeklagten ein eigenes Einkommen erzielt oder ob auch Unterhaltszahlungen des Angeklagten an seine Ehefrau in Abzug zu bringen waren.

Im Übrigen stellen sich die dargestellten Erwägungen des Landgerichts zur Höhe des Einkommens als bloße Mutmaßungen dar, denn das Urteil lässt konkrete Feststellungen zur Größe des Betriebes, zur Anzahl der Angestellten und Auszubildenden vermissen.

3. Da die Festsetzung der Tagessatzhöhe in aller Regel losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig überprüft werden kann (vgl. BGHSt 27, 70, 72; 34, 90, 92) und hier keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung bestehen, führt der festgestellte Mangel lediglich zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang und zu einer entsprechenden Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur erneuten Festsetzung der Tagessatzhöhe.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Zur Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Angeklagten, der hierzu keine Angaben macht, können in zwei Schritten Finanzermittlungen durchgeführt werden. Zunächst kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um Auskunft über die Kontostammdaten des Angeklagten ersucht werden (§ 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG). Ein solches Auskunftsersuchen ist nicht an eine bestimmte Schwere der zu verfolgenden Straftat gebunden und auch in Fällen nur leichter Kriminalität zulässig (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.2.2015 ? 4 Ws 19/15, NStZ 2016, 48). Nach Erhalt der Auskunft zu den Kontostammdaten können die betreffenden Kreditinstitute um Auskunft zu den dort geführten Konten des Angeklagten ersucht werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2021 – III-2 RVs 11/21 –, juris). Alternativ kommt hinsichtlich der aufzuklärenden Einkommensverhältnisse auch die Anordnung einer Durchsuchung in Betracht, wobei allerdings die Möglichkeit der Finanzermittlungen sowie die Schätzungsbefugnis gem. § 40 Abs. 3 StGB in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen sind (BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 45. Ed. 1.2.2020, StGB § 40 Rn. 16).“