Welche Gebühr für „Einziehung“ der Fahrerlaubnis, oder: Ist das denn so schwer?

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Zum Wochenschluss dann heute – wie immer am Freitag – zwei RVG-Entscheidungen. Es handelt sich um zwei AG-Entscheidungen; eine für Töpfchen, eine fürs Kröpfchen 🙂

Zunächst dann hier die fürs Kröpfchen. Das ist der AG Frankfurt am Main, Beschl. v. 03.03.2023 – 993 Cs 443 Js 2095/20 (41/23) – zum (verneinten) Anfall der Nr. 4142 VV RVG in Zusammenhang mit der Einziehung der Fahrerlaubnis:

„Der Verteidiger hat mit Rechnung vom 18.05.2021 eine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG in Höhe von 303,- € geltend gemacht. Dem Angeklagten ist mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2020 die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden. Der Verteidiger macht nunmehr für diese Maßnahme, die auch mit der vorherigen Beschlagnahme des Führerscheinformulars verbunden war, eine Gebühr nach 4142 VV RVG geltend. Die Bezirksrevisorin des Amtsgerichts Frankfurt am Main hat gerichtliche Festsetzung der Gebühr auf 0,00 € beantragt. Sie verweist diesbezüglich auf das Urteil des OLG Koblenz vom 13.02.2006, Az. 2 Ws 98/06.

Der Antrag ist gemäß §§ 33, 45 RVG zulässig.

Der Antrag ist auch begründet. Die anwaltliche Vertretung eines Beschuldigten in einem Strafverfahren, in dessen Lauf die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wird, löst keinen Gebührenanspruch nach 4142 VV-RVG aus. Einer solcher Auslegung steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sowie die Vorbemerkung zu Nr. 4142 VV-RVG entgegen. Die Tätigkeit des Verteidigers muss sich auf die Einziehung oder verwandte Maßnahmen und die in VV 4142 Anm. 1 RVG aufgeführten weitern Fälle beziehen. Hinsichtlich der verwandten Maßnahmen wird auf den § 439 StPO verwiesen. Gemäß § 439 StPO stehen die Vernichtung, Unbrauchbarmachung und Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes im Sinne der §§ 421 bis 436 der Einziehung gleich. Darin ist ausdrücklich keine Einziehung nach § 69 StGB genannt., Es ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um eine ungewollte Gesetzeslücke handelt.

Nach § 88 S. 3 BRAO konnte der Rechtsanwalt den Betragsrahmen um bis zu 25 % übersteigen, wenn er eine Tätigkeit ausübte, die sich auf ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis erstreckte und der Betragsrahmen der Gebühr nicht ausreichte, die Tätigkeiten des Rechtsanwalts angemessen zu vergüten. Diese Vorschrift wurde bewusst nicht in das RVG übernommen wie sich aus der Vorbemerkung zu Nr. 4142 VV RVG ergibt, die wörtlich erklärt, dass Nr. 4142 VV RVG nur teilweise dem § 88 BRAO entspricht. Der Gesetzgeber hat sich damit bewusst dafür entschieden, die Regelung des § 88 S. 3 BRAO nicht zu übernehmen, sondern es bei einer Bezugnahme auf § 439 StPO zu belassen (OLG Koblenz, Beschluss v. 13.02.2006, 2 Ws 98/06).

Für die Tätigkeiten im Rahmen der Entziehung der Fahrerlaubnis steht dem Verteidiger keine Gebühr nach VV 4142 RVG zu. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist keine Einziehung iSv VV 4142 RVG. Die Vorschrift kann wie oben dargelegt auch nicht entsprechend angewendet werden.

Die Beschlagnahme des Führerscheinformulars ist nicht anders zu bewerten. Auf bei dieser Maßnahme handelt es sich nicht um eine Einziehung von Vermögenswerten und gleichwertiges im Sinne der Nr. 4142 VV RVG. Auch für die Beschlagnahme des Führerscheinformulars fällt mangels gesetzlichen Gebührentatbestands keine Gebühr an. Nr. 4142 VV-RVG ist hier genauso wenig einschlägig wie beim Entzug der Fahrerlaubnis. Die Einziehung des Führerscheinformulars ist lediglich zwingende Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis.“

M.E. so nicht richtig, zumindest nicht, wenn die Fahrerlaubnis eingezogen worden ist, was sich hier aus dem Beschluss nicht eindeutig ergibt. Nur so viel: Es muss zwischen der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Einziehung des Führerscheinformulars unterschieden werden. Dass das Erstere nicht zur Nr. 4142 VV RVG führt ist, ist unbestritten. Das zweite hingegen wohl, wie ja auch inzwischen einige Gerichte entschieden haben. M.E. kann das nicht so schwer sein.

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