Archiv für den Monat: August 2022

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Sind die Kürzungen der RSV berechtigt?

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Am Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Sind die Kürzungen der RSV berechtigt?

Der ein oder andere hat sich bestimmt Gedanken gemacht. Hier meine Lösung/Antwort:

„……

Zu Ihrer Frage: M.E. kann man trefflich darum streiten, ob alle drei von Ihnen angeführten Umstände überdurchschnittlich waren. Für die Bedeutung für die Mandantin kann man es ggf. bejahen. Die  beiden anderen Umstände – Schwierigkeit und Umfang – waren es aber wohl noch nicht. Von daher ist der Ansatz von 25 % über der Mittelgebühr schon recht „mutig“.

Im Übrigen berechnen Sie die Erhöhung der Mittelgebühr mit 33 EUR +319 EUR x 0,75 = 264 EUR falsch. Das ist doch nicht die erhöhte Mittelgebühr, sondern: 33 EUR x 319 EUR = 352 EUR : 2 = 176 EUR + davon 25 % = 44 EUR = 220 EUR. Können Sie alles in unserem RVG-Kommentar nachlesen. 🙂 „

Und hier geht es dann zu der „Fundstelle/dem Nachweis <<Werbemodus an>>, unserem Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, den man hier bestellen kann, inzwischen übrigens auch als Mängelexemplar. <<Werbemodus aus>>.

BVerfG II: Fingerabdruck und Polizeifotos beim Sprayer, oder: erkennungsdienstliche Maßnahmen zulässig?

entnommen obenclipart.org

Bei der zweiten BVerfG-Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den BVerfG, Beschl. v. 29.07.2022 – 2 BvR 54/22. Die dort vom BVerfG beschiedene Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Anordnung mehrerer erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO.

Ich nehme den Sach verhalt (wieder) aus der PM des BVerfG:

„….  Anfang Juni 2021 brachte ein zunächst unbekannter Täter an einem Gasverteilergebäude zwei großflächige, mit silberner Sprühfarbe ausgeführte Übermalungen der dort bereits in weißer und schwarzer Farbe angebrachten Schriftzüge „Toni F. Du Jude“ und „Antifa Boxen“ an. Der Täter wurde dabei von einem Zeugen angesprochen, gefilmt und fotografiert. Dieser Zeuge gab bei seiner späteren Vernehmung an, er sei in der Lage, die Person wiederzuerkennen. Die Eigentümerin des betroffenen Gebäudes stellte Strafantrag. Ausgehend von einem anonymen Hinweis erkannten zwei Polizeibeamte den Beschwerdeführer auf den vom Zeugen gefertigten Lichtbildern wieder. Gegen den Beschwerdeführer wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung eingeleitet.

Anfang Juli 2021 ordnete die Polizei an, den Beschwerdeführer gemäß § 81b Alt. 1 und 2 der Strafprozessordnung (StPO) erkennungsdienstlich zu behandeln und hierzu ein Fünfseitenbild, ein Ganzkörperbild, eine Personenbeschreibung, ein Spezialbild sowie einen Zehnfinger- und Handflächenabdruck anzufertigen. Zur Begründung führte die Anordnung unter anderem unter Bezugnahme auf § 81b Alt. 1 StPO aus, eine erkennungsdienstliche Behandlung sei notwendig, weil die „aufgeführten Maßnahmen“ zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich seien. Der Beschwerdeführer sei von einem Zeugen gesehen, gefilmt und auf diesen Bildern von mehreren Polizeibeamten erkannt worden. Um den Beschwerdeführer der Tat beweiskräftig vor Gericht zu überführen, müsse dem Zeugen eine Wahllichtbildvorlage vorgelegt werden. Dies diene dazu, den Beschwerdeführer zu identifizieren oder ihn vom Tatvorwurf zu entlasten. Die Wiedererkennung durch Polizeibeamte allein sei bei fehlendem Geständnis, Inanspruchnahme des ihm zustehenden Aussageverweigerungsrechts oder dem Abstreiten der Tat vor Gericht als Beweis nicht geeignet, zumal das Bildmaterial von schlechter Qualität sei.

Soweit sich die Anordnung auf § 81b Alt. 1 StPO stützt, stellte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht einen Antrag auf gerichtliche Feststellung, dass diese aufzuheben sei. Das Amtsgericht bestätigte die Anordnung mit Beschluss vom 12. Oktober 2021. Zur Begründung nahm es auf die Gründe der Anordnung Bezug. Die Anordnung sei – auch ihrem Umfang nach – für die Aufklärung der Straftat erforderlich.

Gegen den Beschluss legte die Verteidigerin des Beschwerdeführers im Oktober 2021 Beschwerde zum Landgericht ein und führte in der Begründung aus, dass ihr Mandant nicht bestreite, die Person zu sein, mit der der Zeuge gesprochen habe. Weiterhin räume der Mandant ein, die Person auf den von dem Zeugen gefertigten Aufnahmen zu sein. Einer Anfertigung von Lichtbildern bedürfe es aus diesem Grund nicht. Eine Anfertigung von Finger- sowie Handflächenabdrücken sei dagegen nicht zulässig, da es kein Vergleichsmaterial gebe.

Nachdem das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, verwarf das Landgericht diese mit angegriffenem Beschluss vom 6. Dezember 2021 als unbegründet und nahm zur Begründung vollinhaltlich Bezug auf die polizeiliche Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung, der nichts hinzuzufügen sei.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG durch die landgerichtliche Entscheidung.“

Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Auch hier verweise ich wegen der Einzelheiten der Begründung auf den verlinkten Volltext. Hier nur:

„2. Der Beschluss des Landgerichts ist mit diesen Maßstäben nicht in Einklang zu bringen. Soweit er die Anfertigung eines Zehnfinger- und Handflächenabdrucks betrifft, war die Anfertigung dieser Abdrücke für die Strafverfolgung bereits nicht geeignet (a). Hinsichtlich der Anfertigung eines Fünfseiten- und Ganzkörperbildes hat das Landgericht die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts des Beschwerdeführers auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG mangels Auseinandersetzung mit deren konkreter Notwendigkeit ebenfalls grundlegend verkannt (b).

a) Das Landgericht geht zwar unter Bezugnahme auf die Gründe der polizeilichen Anordnung noch nachvollziehbar davon aus, dass der Beschwerdeführer Beschuldigter in einem Strafverfahren war und gegen ihn ein konkreter Anfangsverdacht nach § 152 2 StPO wegen des Vorwurfs der Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 2 StGB bestand. Die Abnahme eines Zehnfinger- und Handflächenabdrucks war zur Erreichung des Zwecks der Maßnahme – der Täterfeststellung und damit der Durchführung des Strafverfahrens – jedoch bereits nicht geeignet. Die Identifizierung des Täters konnte nicht über die Abnahme eines Zehnfinger- und Handflächenabdrucks erfolgen, weil Finger- oder Handflächenabdrücke ausweislich der Ermittlungsakte am Tatort nicht sichergestellt wurden. Ausführungen zur konkreten Notwendigkeit dieser erkennungsdienstlichen Maßnahmen sind weder dem landgerichtlichen Beschluss noch der in Bezug genommenen Begründung der polizeilichen Verfügung zu entnehmen. Die polizeiliche Verfügung, auf welche das Landgericht in seiner Begründung verweist, verhält sich allein zur konkreten Notwendigkeit der Bildaufnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO. Eine Begründung der Notwendigkeit der Abnahme von Zehnfinger- und Handflächenabdrücken weist sie lediglich für die erkennungsdienstliche Anordnung nach § 81b Alt. 2 StPO aus, die dem Zweck der Erforschung und Aufklärung zukünftiger Straftaten dienen sollte. Auf diese Begründung der Maßnahme gemäß § 81b Alt. 2 StPO kann für die Rechtmäßigkeit der Anordnung nach § 81b Alt. 1 StPO jedoch kein Bezug genommen werden. Denn die vom Gesetzgeber vorgegebenen präzisen Verwendungszwecke würden konterkariert, wollte man eine nach § 81b Alt. 2 StPO rechtmäßige Datenerhebung zur Kompensation für eine defizitär begründete Anordnung gemäß § 81b Alt. 1 StPO heranziehen.

b) Die konkrete Notwendigkeit der Anordnung der Anfertigung eines Fünfseiten- und Ganzkörperbildes hat das Landgericht ebenfalls nicht verfassungsrechtlich tragfähig begründet. In der vollinhaltlichen Bezugnahme auf die polizeiliche Anordnung, der nach Ansicht des Landgerichts nichts hinzuzufügen war, ist eine umfassende Abwägung zwischen den Interessen einer wirksamen Strafverfolgung und dem Interesse des Beschwerdeführers im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der Maßnahme nicht erkennbar. Es fehlt bereits eine Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass der Zeuge der Sachbeschädigung angegeben hatte, in der Lage zu sein, den Täter wiederzuerkennen. Dies hätte auch im Rahmen einer Beweisaufnahme in der – zeitnah zu erwartenden – Hauptverhandlung erfolgen können. Ebenso wenig erörtert die polizeiliche Anordnung, dass es auch dem Tatrichter im Rahmen der Hauptverhandlung grundsätzlich möglich gewesen wäre, einen Abgleich zwischen den in der Akte befindlichen Lichtbildern sowie dem Erscheinungsbild des Beschwerdeführers vorzunehmen. Es ergibt sich auch nicht aus der Akte, dass die von dem Zeugen gefertigten Lichtbilder für einen solchen Abgleich ungeeignet gewesen wären. Vielmehr erkannten die Polizeibeamten den Beschwerdeführer spontan auf diesen Lichtbildern wieder.“

BVerfG I: Mehrfache Drogenscreenings im Strafvollzug, oder: (keine) Urinabgaben uter Aufsicht?

Bild von Ewa Urban auf Pixabay

Zum Wochenauftakt stelle ich heute zwei Entscheidungen des BVerfG vor.

Zunächst verweise ich auf den BVerfG, Beschl. v. 22.07.2022 – 2 BvR 1630/21 – zur (Un)Zulässigkeit von beaufsichtigten Drogenscreenings mittels Urinkontrollen in Justizvollzugsanstalt.

Aus der PM des BVerfG ergibt sich folgender Sachverhalt:

„Der Beschwerdeführer verbüßte eine mehrjährige Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt. Um Suchtmittelmissbrauch zu unterbinden, wurden von der Abteilungsleitung regelmäßig allgemeine Drogenscreenings mittels Urinkontrollen angeordnet und durch gleichgeschlechtliche Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdiensts durchgeführt. Um Manipulationen oder Täuschungshandlungen, wie die Verwendung von Fremdurin, möglichst auszuschließen, erfolgten die Urinabgaben unter Aufsicht. Auch beim Beschwerdeführer wurden in der Zeit vom 24. November bis zum 28. Dezember 2020 vier beaufsichtigte Urinkontrollen durchgeführt, bei denen der anwesende Justizvollzugsbedienstete während der Abgabe der Urinprobe jeweils einen freien Blick auf das entkleidete Genital des Beschwerdeführers hatte.

Anfang Januar 2021 beantragte der Beschwerdeführer eine gerichtliche Entscheidung. Er begehrte, dass zukünftig Feststellungen zum Suchtmittelkonsum durch eine Blutentnahme aus der Fingerbeere erfolgen sollten. Zudem beantragte er die Feststellung, dass die durchgeführten Urinabgaben unter Sichtkontrolle rechtswidrig gewesen seien. Die vier Urinproben innerhalb von gut vier Wochen hätten sein Schamgefühl erheblich verletzt und massiv in seine Intimsphäre eingegriffen…..“

Die Rechtsmittel hatten keinen Erfolg, die Verfassungsbeschwerde hatte dann aber Erfolg. Wegen der recht umfangreichen Begründung des BVerfG verweise ich auf den verlinkten Volltext.

Hier nur der/(mein) Leitsatz:

Eingriffe, die den Intimbereich und das Schamgefühl eines Inhaftierten berühren, lassen sich im Haftvollzug nicht immer vermeiden. Sie sind aber von besonderem Gewicht. Der Gefangene hat deshalb Anspruch auf besondere Rücksichtnahme.

 

Sonntagswitz, nach dem Urlaub zu Urlaub und Ferien

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Und – der Aufenthalt auf der Insel ist für dieses Mal beendet. Ich bin nach dem „Urlaub“ wieder zuhause. Daher heute hier Witze zu Urlaub und Zuhause:

„Ich sehe Sie fast jeden Nachmittag zu Hause. Haben Sie Urlaub?“

„Ich nicht, aber mein Chef!“


Familie Meier fährt in den Urlaub. Sie werden jeden Abend von Mücken geplagt.

Eines Abends sieht Herr Meier Glühwürmchen und denkt sich: „Mist jetzt kommen die Viecher schon mit Laternen.“


 

„Liebling, in diesem Jahr können wir unseren Urlaub doch auf den Bahamas machen!“

Er: „Tut mir leid Schatz. Wir müssen an unsere Schulden denken!“

Sie: „Aber das können wir doch auch auf den Bahamas!“


und auch immer wieder schön:

„Wie war denn dein Urlaub?“

„Hör bloß auf! Meine Frau wurde zur Schönheitskönigin gewählt. Du kannst dir ja vorstellen, was das für ein Kaff war.“

Wochenspiegel für die 33. KW., das war Corona, Online, GG, Altkanzler und einfache Signatur,

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So, wieder daheim. Und es gibt dann natürlich auch vom heimatlichen Herd einen Wochenspiegel – heute der für die 33. KW aus 2002. Und in dem weise ich hin auf:

  1. Wieder ein Corona-Urteil: BAG zu Erschwerniszuschlag für Tragen einer OP-Maske

  2. OVG Berlin-Brandenburg: Bundeskanzleramt für Presse-Auskunftsersuchen betreffend Gerhard Schröder nicht zuständig

  3. Drittland: Ist ein bloßes Zugriffsrisiko schon eine Übermittlung?

  4. Die richterliche Unabhängigkeit zwischen Verfassungswunsch, Rechtskultur und Verfassungswirklichkeit

  5. Online-Banking – eine sichere Sache?

  6. Bundesregierung beschließt Hinweisgeberschutzgesetz – Was ist neu?
  7. BGH: Für Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 ZPO gilt das außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot aus Art. 20 Abs. 3 GG,
  8. Gericht fördert die Smartphoneallergie der Polizei

  9. und aus meinem Blog: beA I: Einfache Signatur im elektronischen Dokument, oder: RA muss die einfache Signatur selbst prüfen
  10. und – gleichauf -: StPO I: Wenn man im Strafbefehl die Strafe vergisst, oder: Neuer Strafbefehl ist unzulässig