Archiv für den Monat: Mai 2021

Haft III: Zulässige Dauer der Organisationshaft, oder: Bloßes Warten auf einen Therapieplatz reicht nicht

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Und als dritte Entscheidung dann ein Beschluss aus dem Bereich der sog. Organisationshaft, und zwar der LG Mannheim, Beschl. v. 01.02.2021 – R 19 StVK 13/21 – mit folgendem Sachverhalt:

Am 5.10.2020 verurteilte das LG wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Freiheitsstrafe. Zudem ordnete es die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Das Urteil ist seit dem 13.10.2020 rechtskräftig.

Bereits am 07.10.2020 hatte die Vollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft beim Landgericht erbeten, die Rechtskraft des Urteils umgehend mitzuteilen. Eine entsprechende Mitteilung machte das LG dann am 15. und erneut am 20.10.2020. Am 21.10.2020 richtete die Staatsanwaltschaft eine Anfrage an die Koordinierungsstelle für Aufnahmen in eine Entziehungsanstalt in Baden-Württemberg, wann aufgenommen werden könne. Am gleichen Tag ließ die Staatsanwaltschaft über die Justizvollzugsanstalt bei pp. anfragen, ob er auch mit einer Unterbringung in einem anderen Bundesland einverstanden sei. Dieser ließ unter dem 23.10.2020 mitteilen, dass er auch mit einer Unterbringung in Schleswig-Holstein einverstanden sei.

Am 06. und am 16.11.2020 erinnerte die Staatsanwaltschaft beim Zentrum für Psychiatrie Calw an ihr Aufnahmeersuchen. Mit Schreiben vom 17.11.2020, bei der Staatsanwaltschaft eingegangen am 19.112020, erhielt die Staatsanwaltschaft die Information des ZfP Calw, dass      dort am 05.05.2021 aufgenommen werden könne. Gleiches teilte die Koordinierungsstelle mit Schreiben vom 23.11.2020 mit. Weiter bat sie die Staatsanwaltschaft um Mitteilung, falls gegen die Organisationshaft Rechtsmittel eingelegt werde und die Besorgnis bestehe, der Unterzubringende könnte auf freien Fuß kommen. In diesem Fall wolle man „nochmals prüfen [..,], ob die aktuelle Belegungssituation in einem der ZfP eine vorgezogene Aufnahmemöglichkeit zulässt.“ Schließlich wies die Koordinierungsstelle darauf hin, das „ab Frühjahr 2021 UI im ZfP Weinsberg 30 weitere Therapieplätze zur Verfügung stehen‘ werden. Man gehe daher davon aus, „dass sich der Aufnahmetermin deutlich nach vorne verschieben kann.“

Am 24.11.2020 richtete die Staatsanwaltschaft Mannheim eine (in der Vollstreckungsakte nicht dokumentierte) Anfrage an das Sozialministerium. Daran anschließend bat das Justizministerium das Sozialministeriums mit E-Mail vom 25.11.2020 „um zeitnahe Mitteilung eines akzeptablen Aufnahmetermins, um eine Freilassung wegen unverhältnismäßig langer Organisationshaft zu vermeiden.“ Noch am 25.112020 teilte das Sozialministerium mit, dass der schleswig-holsteinische Maßregelvollzug derzeit keine Patienten aus anderen Bundesländern aufnehme, der Verlegungswunsch aber vermerkt worden sei.

Mit Schreiben vom 12.01.2021 beantragte dann die Verteidigerin, pp. aus der Organisationshaft zu entlassen, hilfsweise gerichtliche Entscheidung darüber. Mit Verfügung vom 14,1.2021 hat die Staatsanwaltschaft die Entlassung abgelehnt und die Sache der Strafvollstreckungskammer zur Entscheidung vorgelegt.

Das LG hat den Verurteilten entlassen. Es meint (zusammengefasst):

Welche Dauer der sog. Organisationshaft vertretbar ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen, wobei die konkreten Bemühungen der Vollstreckungsbehörde um einen Platz im Maßregelvollzug zu berücksichtigen sind. Die Organisationshaft ist nicht zu rechtfertigen, wenn die Vollstreckungsbehörde die Umsetzung. des Urteils nach Rechtskraft nicht unverzüglich und beschleunigt einleitet. Sie ist auch nicht zu rechtfertigen, wenn die Umsetzung allein an fehlenden Ressourcen im Maßregelvollzug scheitert. Bloßes Warten auf einen mittel- oder langfristig freiwerdenden Therapieplatz kann die Organisationshaft nicht begründen.

Sondermeldung: Einsichtnahme in die gesamte Messreihe, oder: OLG Zweibrücken legt dem BGH vor

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Hier dann – zwischendurch – mal wieder eine Sondermeldung, und zwar zum OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.05.2021 – 1 OWi 2 SsRs 19/21 -, den mir der Kollege Keilhauer aus Kaiserslautern gerade geschickt hat.

Folgender Sachverhalt: Das AG hat die Betroffene wegen fahrlässigen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 35 km/h zu einer Geldbuße von 120 Euro verurteilt. Die Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit beruht auf einer Messung mit dem Gerät ES 3.0 der Firma ESO. Gegen dieses Urteil  hat der Verteidiger  Rechtsbeschwerde eingelegt,

Der Einzelrichter des Senats hat die Sache gem. § 80 Abs. 3 S. 1, Abs..1 OWiG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen. Der Senat beabsichtigt, die durch den Einzelrichter zugelassene Rechtsbeschwerde als unbegründet umfänglich zu verwerfen. Er sieht sich hieran jedoch durch den Beschluss des OLG Jena v. 17.03.2021 — 1 OLG 331 SsBs 23/20 – gehindert. Er hat die Sache daher dem BGH vorgelegt:

„Der für die Vorlage einzig erheblichen Verfahrensrüge liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:

Der Verteidiger hat nach der am 10. Juli .2020 bewirkten Zustellung des Bußgeldbescheides an die Betroffene Einspruch eingelegt und mit Schriftsatz‘ vom 16. Juli 2020 bei der Verwaltungsbehörde „komplette Akteneinsicht“ beantragt. Ferner hat er um Einsicht in „die Falldatensätze der gesamten tatgegenständlichen Messreihe mit Rohmessdaten/Einzelmesswerten sowie Statistikdatei und Caselist“ sowie weitere Urkunden gebeten (zum Begriff der Rohmessdaten s. Thiele, DAR .2020, 614, 615;. Burhoff/Niehaus in Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Rn. 236). Zur Begründung hat er ausgeführt, aus einer Analyse der Messreihe könne sich ergeben, dass andere Messungen fehlerhaft sind oder technisch nicht nachvollzogen werden können, was Rückschlüsse auf die tatgegenständliche Messung zulasse. Dies gelte insbesondere für die Aspekte atypischer Fotopositionen, einer Divergenz zwischen der Anzahl der erfassten Messungen und der generierten Falldatensätze, der Annulierungsrate des Geräts, möglicher Bewegungen des Messgeräts während der Messung sowie einer, eventuellen Nutzung von Messpunkten außerhalb des Messbereichs. Mit Schreiben vom 31. Juli 2020 lehnte die Verwaltungsbehörde mit Verweis auf die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens die Übersendung „weiterer Unterlagen“ ab. Mit Schriftsatz vom 10. August 2020 beantragte der Verteidiger die Einholung einer gerichtlichen Entscheidung und die Übersendung der Sache an das Amtsgericht. Diesen Antrag lehnte das Amtsgericht durch Beschluss vom 26. August 2020 ab, weil ein Anspruch auf die Überlassung der Daten der gesamten Messreihe nicht bestehe und aus diesen auch keine Rückschlüsse auf die Messrichtigkeit des Geräts gezogen werden könnten. Der Verteidiger wiederholte nach Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht sein Begehren und erhob gegen den Beschluss vom 26:August 2020 sofortige Beschwerde, die bislang dem Landgericht noch nicht vorgelegt worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2021 beantragte der Verteidiger die Aussetzung des Verfahrens, die er mit der nach wie vor nicht erfolgten Einsicht in die begehrten Messunterlagen begründete. Nach Zurückweisung des Aussetzungsantrages widersprach der Verteidiger der Verwertung der Messdaten und des Messfotos. Das Amtsgericht verlas das Datenfeld des Messfotos und legte dieses ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe seiner Überzeugungsbildung zugrunde.

Die Rechtsbeschwerde sieht durch dieses prozessuale Geschehen das Gebot des fairen Verfahrens als verletzt an, weil das Amtsgericht das Recht der Betroffenen auf Einsicht in die begehrten -Unterlagen (gesamte Messreihe) rechtsfehlerhaft missachtet habe. Kern der Vorlage ist damit die Frage, ob es einen reversiblen Verfahrensfehler darstellt, wenn das Tatgericht im Bußgeldverfahren einen Antrag auf Beiziehung und Einsicht in nicht bei den Akten befindliche, tatsächlich aber vorhandene Unterlagen (hier: dritte Verkehrsteilnehmer betreffende Messdaten) abgelehnt hat, deren Relevanz für das Verteidigungsvorbringen nicht ersichtlich ist.“

Entscheiden soll der BGH daher folgende Frage:

„Liegt in der Verweigerung der Einsichtnahme in dritte Verkehrsteilnehmer betreffende Daten ( gesamte Messreihe ) auch dann ein Verstoß gegen, den Grundsatz des fairen Verfahrens, wenn eine Relevanz der betreffenden Daten für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des verfahrensgegenständlichen Messvorgangs und damit für die Verteidigung des Betroffenen nicht erkennbar ist?“

Damit geht es nun zum ersten Mal zum BGH. Mal sehen, was der aus der Sache macht. Und vielleicht gibt es ja den ein oder anderen – weiter führenden – Hinweis.

Haft II: 18 Monate zwischen BGH-Entscheidung und neuer HV, oder: Aufhebung des Haftbefehls

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Im zweiten Posting stelle ich den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.04.2021 – 3 Ws 129/21 – vor, mit dem das OLG einen Haftbefehl wegen nicht mehr gegebener Verhältnismäßigkeit aufgehoben  hat:

„Am 19.2.2018 hat das Landgericht Offenburg – nach Anklageerhebung am 14.2.2018 Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen und diesen zur Festnahme ausgeschrieben. Am 17.4.2018 wurde der Haftbefehl unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Nachdem diesen Auflagen nicht nachgekommen wurde, wurde der Haftbefehl durch Beschluss des Landgerichts vom 26.7.2018 in Vollzug gesetzt. Nach Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe im Zeitraum 10.7. bis 8.8.2018 wurde der Angeklagte ab dem 9.6.2018 in Untersuchungshaft überführt, die in Zeit vom 28.2. bis 29.3.2019 zur Vollstreckung einer weiteren Ersatzfreiheit; si unterbrochen wurde. Mit Urteil des Landgerichts vom 23.11.2018 wurde der Angeklagte zu eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Durch Beschluss vom 19.11.2019 änderte der Bundesgerichtshof auf die Revision des Angeklagten den Schuldspruch, bestätigte den Strafausspruch und verwies die Sache unter Aufhebung der zugehörigen Feststellungen, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen wurde, zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Offenburg zurück. Die Entscheidung vom 19.11.2019 ging dort erst am 6.2.2020 ein und das Verfahren wurde am 7.2.2020 der Strafkammer 1 zugewiesen. Zuvor hatte am 3.2.2020 noch die ursprünglich zuständige Strafkammer durch Beschluss den Haftbefehl aufrechterhalten, aber unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die bis dahin vollzogene Untersuchungshaft beträgt insgesamt etwas über ein Jahr und drei Monate. Die Strafkammer 1 hat am 17.7.2020 eine Sachverständige zur Gutachtenerstellung bzgl. einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB beauftragt. Nach Terminsabsprache im November 2020 wurde. am 29.1.2021 Termin zur Hauptverhandlung auf den 18.5.2021 bestimmt.

Trotz mehrfacher Anpassung der Auflagen bzgl. der Außervollzugsetzung kam es seitens des Angeklagten immer wieder zu Verstößen bzgl. der Meldeauflage, zweimal zum Nichtantritt einer vorgesehenen Therapie und zuletzt zum Abbruch einer am 11.1.2021 begonnenen stationären Therapie nach wenigen Wochen.

Daraufhin hat das Landgericht durch Beschluss vom 18.2.2021 den Haftbefehl vom 19.2.2018 wieder in Vollzug gesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde des Angeklagten ist begründet.

Zwar sind in dem Verhalten des Angeklagten durchaus beharrliche und gröbliche Zuwiderhandlungen gegen die erteilten Anweisungen im Sinne_des§116 Abs, 4 Nr. 1 StPO zu sehen, aber der Haftbefehl ist gemäß § 120 Abs. 1 StPO aufzuheben, da der Beschleunigungsgrundsatz verletzt ist.

Untersuchungshaftsachen sind von Beginn an und während der gesamten Dauer des Strafverfahrens mit der größtmöglichen Beschleunigung zu betreiben (BVerfG, StV 2009, 479 – juris). Die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Beschleunigungsgebot gelten nicht nur für den vollstreckten Haftbefehl, sondern sind auch für einen gemäß § 116 StPO außer Vollzug gesetzten Haftbefehl von Bedeutung (BVerfG, NJW 2006, 668 – juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.12.2014, 1 Ws 293/14 – juris). Denn auch die Beschränkungen, denen der Beschuldigte bzw. Angeklagte durch Auflagen und Weisungen ausgesetzt ist, dürfen nicht länger andauern, als es nach den Umständen des Falles erforderlich ist (hierzu insgesamt: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63.Aufl., Rdn. 3 und 5 zu § 120 m. w. N.)

Zwischen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.11.2019 und der geplanten Hauptverhandlung am 18.5.2021 liegen nahezu 18 Monate. Hinreichende Gründe, die diese Verzögerung in einer Haftsache rechtfertigen würden, sind aus dem oben dargestellten Ablauf nichtersichtlich. Der Haftbefehl ist daher wegen Verstoßes gegen das in Haftsachen stets zu beachtende Beschleunigungsverbot aufzuheben.“

Haft I: Dringender Tatverdacht, oder: Verwertungsverbot wegen EncroChat-Krypto-Handys?

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Heute stelle ich dann drei Haftentscheidungen vor.

Ich beginne mit dem OLG Schleswig, Beschl. v. 29.04.2021 2 Ws 47/21. Der ist in einem Haftbeschwerdeverfahren ergangen. Dem Angeklagten wird mit der a Anklage vorgeworfen, in fünf Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben (Tatzeitraum: 02.04. bis 23.05.2020).

Problematisch war der dringende Tatverdacht. Denn der ist mit der Auswertung von Kommunikationsdaten eines EucroChat-Mobiltelefons begründet worden, welche zur Identifizierung des Angeklagten geführt habe. Die Problematik beschäftigt uns ja schon eine Weile.Die Ermittlungsbehörden sind in den Besitz der zur Ermittlung des Angeklagten als Tatverdächtigem führenden Daten gelangt, nachdem es der Staatsanwaltschaft Lille in Frankreich im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe mit den Niederlanden, die gegen die EncroChat-Betreiber u.a. wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Begehung von Straftaten oder Verbrechen ermittelte, unter Beteiligung von Eurojust und Europol im Frühjahr 2020 gelungen war, mittels einer Datenabfanganlage auf den Server einzudringen und die Kommunikation zu entschlüsseln. Hierdurch wurde auf über 32.000 Nutzer-Accounts unter deren Nutzernamen – so auch des Angeklagten – in 121 Ländern zugegriffen. Alles Weitere setze ich als bekannt voraus.

Gestritten wird – so auch hier – dann immer um ein Beweisverwertunsgverbot, dass die mit den Fragen befassten Gerichte aber bislang abagelehnt haben, ich erinnere u.a. an OLG Bremen und OLG Hamburg. So auch jetzt das OLG Schleswig. Da dieses weitgehend auf der Linie der anderen OLG liegt, begnüge ich mich hier mit den Leitsätzen der Entscheidung:

  1. § 100e Abs. 6 StPO ist auch bei grenzüberschreitenden Ermittlungen geeignete Maßstabsnorm des deutschen Strafverfahrensrechts für die Verwertung aus dem Ausland erlangter Daten. Insoweit dürfen auch Zufallsfunde aus im Ausland geführten Ermittlungen verwertet werden, wenn im Zeitpunkt ihrer Verwendung die die sich aus § 100b oder § 100c StPO folgenden Anforderungen erfüllt sind.

  2. An die von französischen Strafverfolgungsbehörden erfolgte Auswertung der Telekommunikation mit Krypto-Telefonen der Plattform EncroChat kann am ehesten der Maßstab für eine Onlinedurchsuchung gemäß § 100b StPO angelegt werden.

  3. Soweit im europäischen Rechtsverkehr die gemäß Art. 31 Richtlinie 2014/41/EU vorgesehene Unterrichtung des anderen Mitgliedsstaates von der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs unterblieben ist, kann dies auf europäischer Ebene durch deren Verwendung geheilt werden.

  4. Gleichwohl kann aus deutscher Sicht ein Verfahrensfehler darin bestehen, dass es nicht zur Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle gemäß §§ 92 b, 92 d IRG anhand der besonders aus §§ 59 Abs. 3, 91 b IRG folgenden Kriterien gekommen ist. Allerdings folgt hieraus bei vorzunehmender Abwägung zwischen den Strafverfolgungsbelangen und dem Interesse des Betroffenen nicht zwingend ein Verwertungsverbot.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Altes oder neues Recht des RVG?

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Am Freitag ging es in dem RVG-Rätsel „Ich habe da mal eine Frage: Altes oder neues Recht des RVG?“ noch einmal um die Anwendung des neuen Rechts.

Die Frage war in der FB-Gruppe „Strafverteidiger“ gestellt. Dort haben wir ein wenig hin und her diskutiert mit etwas folgendem Ergebnis:

Der neue § 143 Abs. 1 StPO ist Verfahrensrecht, er gilt also auch in laufenden Verfahren bzw. für frühere Verfahren. Folge ist, dass die Bestellung mit der Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO geendet hat. Geht man davon aus, dann handelt es sich mit der „Wiederaufnahme“ um ein neues Verfahren mit der Folge, dass neu bestellt werden muss und damit auf jeden Fall neues Recht gilt.

Ein Problem könnte ggf. die Formulierung des § 143 Abs. 1 StPO sein, der von der „Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss“ des Verfahrens spricht. Es könnte die Gefahr bestehenem, dass sich der Vorsitzende auf den Standprunkt stellt: Die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO ist keine „rechtskräftige“ Einstellung, da jederzeit das Verfahren wieder aufgenommen werden kann. Dagegen spricht aber die Trennung von Einstellung und rechtskräftigem Abschluss.

In die Diskussion gebracht wurde dann auch noch die Zweijahresfrist des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG. Die Diskussion war dann allerdings akademisch, da die Frsit nocht nicht abgelaufen war. Aber: Die Idee ist grds. richtig, aber die Anwendung nicht ganz klar: Bei § 205 StPO ist das umstritten, bei § 170 Abs. 2 StPO wird das zwar vertreten (siehe Burhoff/Volpert, RVG-Kommentar, Teil A Rdn 12). Aber: Ggf. gibt es dieselbe Diskussion wie bei § 143 StPO.

Daher war man sich einig: Der Kollege soll zur Sicherheit eine neue Beiordnung beantragen.

Und wenn ich unseren RVG-Kommentar schon erwähne: Man kann ihn hier bestellen. Die angesprochenen Fragen lassen sich mit dem Kommentar lösen 🙂 .