Archiv für den Monat: Februar 2019

OWi I: Einsicht in Messunterlagen – der Kampf geht weiter

entnommen wikimedia.org
Urheber KarleHorn

Heute dann seit längerem mal wieder Entscheidungen zur Akteneinsicht im Bußgeldverfahren, über die zum Teil auch schon der Kollege Gratz im VerkehrsrechtsBlog berichtet habe. Ich tue es hier nur noch sporadisch, da die Problematik sich – man kann so viel berichten, wie man will – letztlich doch nicht erledigt. Die Verwaltungsbehörden, zum Teil die AG und noch schlimmer: die OLG, wollen einfach nicht und bleiben zum Teil bei ihren – nicht nur in meinen Augen – falschen Auffassungen.

Aber es gibt auch Lichtblicke, wie die hier heute vorgestellten Entscheidungen zeigen.

So z.B. der AG Dillenburg, Beschl. v. 26.11.2018 – 3 OWi – 2 Js 57859/18 – zur Form der Einsicht in die sog. Falldatei:

„Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt hat der Betroffene einen Anspruch darauf, dass ihm „seine“ Falldatei vom RP zur Verfügung gestellt wird. Hier hat die Verteidigung die Daten trotz ausdrücklicher Bitte nicht erhalten.

In der maßgeblichen Entscheidung des OLG Frankfurt wird ausgeführt: ,Sie [die Verwaltungsbehörde] ist zumindest verpflichtet, in den Räumen der Verwaltungsbehörde die Einsicht in die vom Messgerät erzeugte digitalisierte Falldatei des Betr. zu gewähren und dort das Auswerteprogramm, mit dem die Auswertung vorgenommen wird, zur Verfügung zu stellen‘.‚ (NStZ-RR 2016, 385, beck-online). Damit soll aber wohl ausgedrückt werden, dass auch dem Betroffenen, der kein Auswerteprogramm zur Verfügung hat, zumindest dies ermöglicht werden muss – nicht aber, dass dieses Vorgehen in jedem Fall ausreichend ist.

Dagegen spricht, dass die vorgesehen Vorgehensweise für Betroffene und Verteidiger unpraktikabel ist und einen unzumutbaren Aufwand erfordert. Es sollte in Zeiten der Digitalisierung möglich sein, einen solch bescheidenen Datentransfer auf die eine oder andere Weise ohne körperliche Anwesenheit des Empfängers im Einklang mit datenschutzrechtlichen Anforderungen zu ermöglichen. Das RPI hat immerhin jahrelang anders Verfahren, ohne dass klar wird, warum dies auf einmal nicht mehr möglich sein soll.“

In die grundsätzlich gleiche Richtung zielt der AG Dillenburg, Beschl. v. 04.01.2019 -3 OWi 80/18, allerdings: Es besteht für den Betroffenen nur ein Recht auf Einsicht in „seine Falldatei“.

Und dann habe ich noch:

Bei Vorsatz „Absehen von einem Drogenfahrverbot überhaupt nicht … möglich“, oder: Will das AG den Betroffenen verspotten?

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Und zum Schluss das AG Dortmund, Urt. v. 29.05.2018 – 729 OWi-260 Js 706/18-101/18, das vom AG mit „Leitsatzvorschlägen“ übersandt worden ist, und zwar mit folgenden Vorschlägen:

  1. Wenn zwei Drogenfahrten abzuurteilen sind, ist nur ein einheitliches (nicht wegen Mehrfachtat zu verlängerndes) Fahrverbot festzusetzen und zwar auch dann, wenn das Verfahren zunächst hinsichtlich beider Taten getrennt geführt und terminiert wurde und erst im Rahmen des zuerst terminierten Hauptverhandlungstermins beide Verfahren miteinander verbunden worden sind.
  1. Im Falle des Vorsatzes ist das Absehen von einem Drogenfahrverbot überhaupt nicht für möglich.
  1. Das Geld, das der Täter einer Drogenfahrt für Drogen ausgibt, kann für die Dauer eines Fahrverbots zur Abwendung beruflicher Härten für Fernbusfahrten zur Arbeit (1 Fahrt monatlich) verwendet werden.

Die Leitsätze betreffen die vom AG getroffene Fahrverbotsentscheidung, zu der das AG im Urteil ausgeführt hat:

„Ferner war ein Fahrverbot festzusetzen gemäß §§ 24 a, 25 Abs. I Satz 2 StVG.

Auch wenn zwei Drogenfahrten abzuurteilen waren, konnte nur ein einheitliches Fahrverbot festgesetzt werden, und zwar mit der für eine Drogenfahrt ohne einschlägige Voreintragungen vorgesehenen Regeldauer von einem Monat.

Dies gilt auch dann, wenn wie im vorliegenden Falle das Verfahren zunächst getrennt geführt und terminiert wurde und erst im Rahmen des zuerst terminierten Hauptverhandlungstermins beide Verfahren miteinander verbunden werden.

Das Fahrverbot war sodann noch mit einer Schonfrist gemäß § 25 Abs. II a StVG zu versehen.

Dem Gericht war bewusst, dass unter Anwendung des § 4 Abs. IV BKatV von einer Fahrverbotsanordnung abgesehen werden kann unter angemessener Erhöhung der Geldbuße. Das Gericht hat hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Maßgeblich war hierfür vor allem, dass der Betroffene die zweite Drogenfahrt vorgenommen hat, obwohl ihm das Fahren eines Fahrzeugs durch die Polizei nach vorheriger Blutprobenentnahme untersagt worden war. Der Betroffene handelte daher vorsätzlich. Im Falle des Vorsatzes hält das Gericht das Absehen von einem Drogenfahrverbot überhaupt nicht für möglich. Sicherheitshalber hat das Gericht jedoch die persönlichen Verhältnisse im oben genannten Umfange nachgefragt. Das Gericht konnte insoweit auch keine beruflichen Härten feststellen. Für einen Drogenfahrer hält es das Gericht durchaus für zumutbar, für den Fall des Abbüßens eines einmonatigen Fahrverbotes zwei einfache Fahrten nach Leipzig und nach Stuttgart mittels öffentlicher Verkehrsmittel durchzuführen und hier ggf. im Anschluss dann noch vor Ort ein Taxi zu nehmen. Das Gericht kann auch entgegen der Schilderung des Betroffenen nicht erkennen, dass eine Fahrt mit einem Flix-Bus und eine kurze Taxifahrt vor Ort teurer sein sollten, als das Fahren mit einem Mercedes-AMG. Zudem ist es so, dass der Betroffene als Gutverdiener einzuschätzen ist, der sogar genügend Geld hat, sich illegale Drogen zu beschaffen. Wenn er in Zukunft sein Geld, das er für Drogenkonsum ausgibt, spart, so wird er sich sicherlich eine Flix-Bus-Fahrt leisten können.

Über die Leitsätze und die Begründung kann ich –  mit Verlaub – nur den Kopfschütteln. Denn:

M.E. ist es falsch, wenn das AG in den Fällen des Vorsatzes bei einer Drogenfahrt das Absehen vom Fahrverbot „überhuapt nicht für möglich“ hält. Dass es schwer wird/ist, in den Fällen vom Fahrverbot abzusehen, keine Frage. Aber unmöglich? Die Absehensentscheidung ist immer eine Einzelfallentscheidung, so dass auch bei vorsätzlichen Drogenfahrten die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abzuwägen sind und es auch in diesen Fällen grundsätzlich möglich ist, vom Fahrverbot abzusehen. So ganz sicher ist sich das AG in seiner vollmundigen Aussage dann ja auch selbst nicht. Denn sonst hätte es nicht „sicherheitshalber“ die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen ausgeklärt. Also warum dann die Aussage: Absehen beim Fahrverbot überhaupt nicht möglich?

Und der zweite Punkt, der mich den Kopf schütteln lässt, sind die beiden letzten Sätze: „Zudem ist es so, dass der Betroffene als Gutverdiener einzuschätzen ist, der sogar genügend Geld hat, sich illegale Drogen zu beschaffen. Wenn er in Zukunft sein Geld, das er für Drogenkonsum ausgibt, spart, so wird er sich sicherlich eine Flix-Bus-Fahrt leisten können.“ Was sollen solche Formulierungen? Sie sind in meinen Augen mehr als unnötig. Wie muss sich der Betroffene, der das liest, vorkommen? Ich würde mich als Betroffener fragen: Will – um das Wort „verar….en „zu vermeiden – das AG mich ärgern/verspotten/verhöhnen?

Ach so: Die Rechtsbeschwered gegan das Urteil ist übrigens, wie das AG mitgeteilt hat, verworen worden.

Und: Ich bin bei der Volltexteinstellung den „Leitsatzvorschlägen“ des AG nicht gefolgt.

Freispruch, weil Täter nicht erkannt, oder: So hätten wir gern das Urteil

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Schon etwas älter ist der OLG Bamberg, Beschl. v. 10.07.2018 – 3 Ss OWi 870/18, der zu den Anforderungen an ein freisprechendes Bußgeldurteil wegen Nichterkennens des Betroffenen durch das Tatgericht aufgrund eines Lichtbildabgleichs Stellung nimmt. Das AG hatte den Freispruch des Betroffenen ein wenig knapp begründet, was dann zur Aufhebung geführt hat. Denn:

„1. Kann sich ein Gericht nicht von der Täterschaft eines Betr. überzeugen, ist zunächst der ihm zur Last gelegte Vorwurf aufzuzeigen. Sodann muss in einer geschlossenen Darstellung dargelegt werden, welchen Sachverhalt das Gericht als festgestellt erachtet. Erst auf dieser Grundlage ist zu erörtern, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Dies hat so vollständig und genau zu geschehen, dass das Rechtsbeschwerdegericht in der Lage ist nachzuprüfen, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 24.05.2017 – 2 StR 219/16; 16.06.2016 – 1 StR 50/16  [jeweils bei juris]; 18.05.2016 – 2 StR 7/16 = wistra 2016, 401 und vom 05.02.2013 – 1 StR 405/12 = NJW 2013, 1106 = NStZ 2013, 334; OLG Bamberg, Beschl. v. 13.02.2017 – 3 Ss OWi 68/17 = BA 54, 208; Urt. v. 12.11.2014 – 3 OLG 8 Ss 136/14 = OLGSt StPO § 267 Nr 27, jew. m.w.N.). Lassen sich ausnahmsweise überhaupt keine Feststellungen treffen, was im vorliegenden Verfahren aber von vornherein fern liegt, so ist auch dies in den Urteilsgründen unter Angabe der relevanten Beweismittel darzulegen (vgl. BGH, Urt. v. 10.07.1980 – 4 StR 303/80 = NJW 1980, 2423 = MDR 1980, 949; OLG Bamberg, Beschl. vom 28.09.2017 – 3 Ss OWi 1330/17 [bei juris]).

2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn es wird nicht mitgeteilt, welche Feststellungen getroffen werden konnten. Vielmehr beschränkt sich das Tatgericht auf die bloße Schilderung eines Geschwindigkeitsverstoßes und den Hinweis, es könne nicht festgestellt werden, wer der Fahrer gewesen sei, der Betr. sei es jedenfalls nicht gewesen. In diesem Zusammenhang fehlt bereits die Mitteilung, ob und ggf. wie der Betr. sich zu dem Tatvorwurf eingelassen hat. Ferner wären vor allem Feststellungen dazu erforderlich gewesen, ob der Betr. ggf. Eigentümer, Besitzer oder Halter des Fahrzeugs war, mit dem der Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde. Denn gerade diesen Umständen käme im Rahmen der gebotenen, vom AG allerdings unterlassenen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls durchaus ein beachtlicher Indizwert insbesondere unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung und deren Plausibilität zu (OLG Bamberg a.a.O.). Aufgrund dieses Darstellungsmangels kann der Senat schon im Ansatz nicht prüfen, ob nicht auch Indizien vorhanden sind, die bei der erforderlichen Gesamtschau für eine Täterschaft des Betr. gesprochen hätten. Das AG blendet diese Gesichtspunkte aber von vornherein völlig aus und verstellt sich so den Blick auf eine sorgfältige, dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung, bei der im Rahmen einer Gesamtschau alle für und gegen die Täterschaft des Betr. sprechenden Umstände zu berücksichtigen wären….“

Und wie es geht bzw. zu gehen hat, teilt das OLG dem AG dann mit:

3. Von dieser Gesamtwürdigung war das AG auch nicht etwa deshalb enthoben, weil es zu der Überzeugung gelangt war, dass der Betr. nicht der Fahrer gewesen sei, zumal die diesem Ergebnis zugrunde liegende Beweiswürdigung für sich genommen ebenfalls grundlegende Rechtsfehler aufweist. Das AG hat seine Überzeugung auf einen Abgleich des Betr. mit den Messbildern, auf die es gemäß § 46 I OWiG i.V.m. § 267 I 3 StPO in den Urteilsgründen verwiesen hat, gestützt. Sein Ergebnis, dass der Betr. nicht der Fahrer gewesen sei, hat es aber allein damit begründet, dass auf den Messbildern zwar lediglich die Augenpartie und der Mund „uneingeschränkt“ und der „noch erahnbare“ Haaransatz „bedingt“ erkennbar gewesen seien; diese stimmten jedoch mit der Erscheinung des Betr. nicht überein. Hinzu komme, dass der Betr. Brillenträger sei, während der Fahrer auf dem Messfoto keine Brille trage. Allein aufgrund dieser Feststellungen ist das AG zu der Erkenntnis gelangt, dass der Betr. als Fahrer „auszuschließen“ sei. Diese Begründung ist von vornherein nicht tragfähig, weil die Beweiswürdigung auch insoweit lückenbehaftet ist.

a) Das AG zieht schon nicht in Erwägung, dass eine Aussage über die Identität des Betr. mit dem Fahrer bzw. deren positiver Ausschluss, zu dem das AG gelangt ist, deswegen auf einer unsicheren Tatsachenbasis beruht, weil auf den Lichtbildern nach eigener Einschätzung des AG nur wenige Teile des Gesichtes erkennbar sind.

b) Ebenso ist es nicht haltbar, wenn das AG lediglich auf wenige Merkmale (Augenpartie und Nase sowie den nach eigener Einschätzung lediglich „erahnbaren“ Haaransatz) abhebt. Die vom AG gezogene Schlussfolgerung, auf Grund dieser Merkmale sei der Betr. als Fahrer auszuschließen, stellt schon einen Verstoß gegen Denkgesetze dar, weil sich aus einem nur „erahnbahren“ Merkmal nach der Logik ein verlässlicher Schluss auf die Nichtidentität verbietet.

c) Ungeachtet dieser Unzulänglichkeiten ist die Beweiswürdigung aber auch deshalb lückenhaft, weil das AG überhaupt nicht in seine Überlegungen einstellt, dass die vermeintlichen, aufgrund einer bloßen Inaugenscheinnahme konstatierten Abweichungen von Augenpartie und Nase für einen Laien ohne Sachkunde auf dem Gebiet der Anthropologie keine verlässliche Aussage zulassen. Bereits durch technische Einflüsse wie etwa die Brennweite der Kamera, den Abstand zwischen Kamera und Abgebildetem, die Linseneigenschaften, die Beleuchtung und dergleichen mehr kann es für den Betrachter ohne besondere Sachkunde zu scheinbaren Unähnlichkeiten kommen (vgl. hierzu eingehend Buck/Krumholz[Hrsg.]-Rösing, Sachverständigenbeweis im Verkehrs- und Strafrecht, 2. Aufl. S. 302 f.). Ferner können die Ernährung und die Lebensweise ebenso wie Krankheiten zu einer kurzfristigen Beeinflussung der Weichteildicken führen (vgl. Rösing a.O. S. 304). Aber auch den sich geradezu aufdrängenden Gesichtspunkt, dass schon durch geringfügige Veränderungen der Mimik sich vermeintliche Unähnlichkeiten einzelner Gesichtspartien ergeben können, hat das AG nicht bedacht, sondern es ist vorschnell und ohne kritische Hinterfragung dieser Selbstverständlichkeiten zu der Überzeugung gelangt, dass der Betr. nicht der Fahrer gewesen sei. Es hat damit eine Sachkunde für sich in Anspruch genommen, über die es erkennbar nicht verfügte.

d) Schließlich ist der Hinweis darauf, der Betr. sei „Brillenträger“, während der Fahrer auf dem Messfoto keine Brille trage, von vornherein verfehlt. Entgegen der Auffassung des AG kommt dem kein Indizwert zu, weil es sich nicht um ein dauerhaftes Merkmal, sondern um einen äußeren Umstand handelt, der jederzeit veränderbar ist.“

Beschränkung der Telefonerlaubnis eines U-Haft-Gefangenen, oder: Einzelfallentscheidung

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Heute dann ein „Kessel Buntes“ am Dienstag.

Und da ist dann zunächst der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.01.2019 – 2 Ws 365/18, den mir der Kollege Rinklin aus Freibrug übersandt hat. Das OLG entscheidet überdie Beschränkung einer Telefonerlaubnis durch die Justizvollzugsanstalt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Beschuldigten unter Angabe der jeweiligen Telefonnummern gestattet, „wöchentlich unter akustischer Überwachung auf seine Kosten für die Dauer von max. 15 Minuten“ mit insgesamt fünf benannten Personen (zwei Schwestern, seine Mutter, sein Sohn und die Kindesmutter) zu telefonieren. Die JVA teilt dann dem Verteidiger später mit, dass aufgrund der hohen Anzahl der Untersuchungsgefangenen, für die in einer Großzahl die Überwachung der Telefonate angeordnet sei, aus Kapazitäts- und Gleichbehandlungsgründen überwachte Telefonate in einem wöchentlichen Rhythmus für die Anstalt nicht leistbar seien, sondern lediglich 14-tägig stattfinden könnten. Für den Beschuldigten seien mittlerweile zahlreiche Personen für Telefongespräche zugelassen worden, so dass bereits 14-tägige Telefongespräche einen erheblichen Aufwand mit sich brächten und als ausreichend erachtet würden.

Darüber kommt es zum Streit, den das OLG Karlsruhe vorläufig zugunsten des Beschuldigten entschieden hat. Tenor der Entscheidung: So nicht:

„1. Nach § 20 Abs. 1 JVollzGB II Baden-Württemberg (im Folgenden JVoIIzGB II BW) kann Untersuchungsgefangenen gestattet werden, zu telefonieren. Über den Verweis in § 20 Abs. 2 Satz 1 JVoIIzGB II BW gelten dabei die für den Besuch geltenden Vor-schriften (§§ 12 ff. JVoIIzGB II BW) mit Ausnahme von § 12 Abs. 2 JVollzGB II BW entsprechend. Dementsprechend ist nach §§ 13, 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 JVoIIzG II BW der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin befugt, Telefongespräche zu untersagen (bzw. als mildere Maßnahme zu beschränken), wenn die Sicherheit und Ordnung der Anstalt ansonsten gefährdet ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.08.2012 ¬3 Ws 314/12, juris).

Die Gestattung von Telefonaten steht im (pflichtgemäßen) Ermessen der Anstalt und ist dementsprechend nur eingeschränkt auf die Einhaltung von Ermessensgrenzen gerichtlich überprüfbar (vgl. allgemein KK-StPO/Schultheis, 7. Aufl. 2013, StPO § 119a Rn. 9). Es liegt daher grundsätzlich im Ermessen der Vollzugsanstalt, welche Maßnahmen im Einzelnen angezeigt sind, um Telefonate der Untersuchungsgefangenen organisatorisch zu bewältigen und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt aufrecht erhalten zu können. Die Vollzugsanstalt hat hierbei im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung — wie stets bei der Auslegung der Vorschriften des Untersuchungshaftrechts — allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht verurteilt ist und deswegen allein unvermeidbaren Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl. zur Bedeutung der sog. Unschuldsvermutung im Untersuchungshaftvollzug nur BVerfG NStZ 1994, 52). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss daher den Vollzug der Untersuchungshaft in besonderem Maße prägen (BVerfG, Beschluss vom 17.10.2012 – 2 BvR 736/11, juris Rn. 24). Ebenso ist dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Untersuchungsgefangenen auf den Schutz seiner Privatsphäre und seiner Familie Rechnung zu tragen (KG, Beschluss vom 27.06.2011 – 3 Ws 136/11, BeckRS 2011, 20094). § 12 Abs.1 Satz 2 JVollzG II BW sieht insoweit vor, dass der Kontakt zu Angehörigen gefördert wird. Diese Regelung ist Ausfluss des in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten besonderen Schutz der staatlichen Ordnung für Ehe und Familie (zu § 33 Abs. 2 UVoIIzG Berlin vgl. BGH, Beschluss vom 21.07.2014 — 2 BGs 255/14 -, juris; vgl. auch BeckOK Strafvollzug BW/Dorsch, 10. Ed. 1.10.2018, JVoIIzGB II BW § 12 Rn. 7 f.). Es bedarf daher einer besonders eingehenden, auch die Dauer der Untersuchungshaft und die persönliche Situation des jeweiligen Untersuchungsgefangenen berücksichtigenden Abwägung dessen, was einerseits dem Untersuchungsgefangenen gemessen an seinen grundrechtlichen Freiheiten an Beschränkungen und andererseits der Anstalt und dem für ihre angemessene Ausstattung verantwortlichen Staat an Aufwand zumutbar ist.

2. Nach diesen Maßstäben erweist sich die von der Justizvollzugsanstalt getroffene Entscheidung schon deshalb als ermessensfehlerhaft, weil eine auf den Einzelfall bezogene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Untersuchungsgefangenen nicht getroffen wurde. Die Justizvollzugsanstalt hat, indem sie ihre ablehnende Entscheidung auf Kapazitäts- und Gleichbehandlungsgründe und die Anzahl der bei dem Antragsteller insgesamt genehmigten Telefonate gestützt hat, den Umstand, dass Telefonate mit Angehörigen (zur Reichweite des Begriffs des Angehörigen vgl. Dorsch aaO JVoIIzGB II BW § 12 Rn. 7 – 8.1) in Rede standen, nicht in den Blick genommen. Die erforderliche Prüfung, ob aus diesem Grunde im Einzelfall die Gestattung häufigerer Telefonate geboten war, ist daher unterblieben. Der pauschale und nicht durch Zahlenwerk untermauerte Hinweis auf die hohe Anzahl von Untersuchungsgefangenen, für die in einer Großzahl der Fälle“ die Überwachung angeordnet ist, genügt den Anforderungen jedenfalls nicht. Demgegenüber könnte in die Ermessenserwägung eingestellt werden, ob die Angehörigen neben den Telefonaten auch die Möglichkeit von Besuchen haben, was zumindest bei der Mutter und der Schwester der Fall sein dürfte (Telefonvorwahl von pp.).“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Reicht die Kostenentscheidung des OLG oder muss der BGH auch noch entscheiden?

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Am Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Reicht die Kostenentscheidung des OLG oder muss der BGH auch noch entscheiden?. Ausgangspunkt für diese Frage war der BGH, Beschl. v. 15.01.2019 – 4 StR 56/16-, über den ich ja am vergangenen Montag berichtet hatte (vgl. Keine Berichtigung eines BGH-Beschlusses, oder: Auch der BGH macht Fehler).

Und hier dann die Antwort an die Kollegin zur gebühren-/kostenrechtlichen Problematik:

„Sie haben für die Tätigkeit betreffend den KFB des LG eine Kostengrundentscheidung des OLG? Dann m.E. Vorbem. 4 Abs. 5 Nr. 1 1. Alt. VV RVG i.V.m. Nr. 3500 VV RVG.

Für die Tätigkeit im Berichtigungsverfahren beim BGH gibt es nichts zusätzlich. Das ist m.E. durch die Nr. 4130 VV RVG abgegolten.

Zu allem Burhoff/Volpert, Vorbem. 4 VV Rn. 118 ff.“

Und, wem der Telegrammstil zu knapp ist:

Die Kollegin war mit der Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG tätig geworden, also nach § 464b StPO. Das ist einer der wenigen Fälle, in denen die Tätigkeit in einem Beschwerdeverfahren in Teil 4 VV RVG nicht gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10a RVG von der (allgemeinen) Verfahrensgebühr erfasst wird. Dafür gibt es vielmehr die Regelung in Vorbem. 4 Abs. 5 Nr. 1 1. Alt. VV RVG, die auf den Teil 3 VV RVG und dort auf die Nr. 3500 VV RVG verweist. Der Gegenstandswert für die Beschwerdegebühr richtet sich nach den Kosten/Gebühren, die im Streit sind, hier also im Zweifel die zugunsten des Nebenklägers festgesetzten.

Die Tätigkeit der Kollegin im Berichtigungsverfahren beim BGH wird nicht gesondert vergütet. Die wird mit der Verfahrensgebühr Nr. 4130 – Revisionsverfahren – als so. Nachbereitungstätigkeit abgegolten.

Und der o.a. Verweis bezieht sich auf <<Werbemodus an>> Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017″, den man hier bestellen kann. <<Werbemodus aus>> 🙂 .