Archiv für den Monat: November 2017

Befangen? Ja, wenn die Richterin mittags mit dem Geschädigten Essen geht

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Und als zweite „Wochenauftaktsentscheidung“ kommt dann hier der BGH, Beschl. v. 11.07.2017 – 3 StR 90/17. Er ist in einem Sicherungsverfahren ergangen und hat u.a. auch eine Befangenheitsproblematik zum Gegenstand. Es geht um die „Begründetheit“ einer Selbstablehnung (§ 30 StPO), die von einer zuständigen Richterin erklärt worden und von der Strafkammer nicht anerkannt worden ist. Das wird vom BGH als rechtsfehlerhaft beanstandet:

„1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Geschädigter im vorliegenden Verfahren ist ein Richter am Landgericht Hildesheim. Noch vor Beginn der Hauptverhandlung gab die Vorsitzende Richterin der zuständigen 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Hildesheim eine Erklärung ab, mit der sie Selbstanzeige zu Umständen machte, die ihrer Ansicht nach eine Befangenheit begründen könnten: Der Verletzte sei ein Kollege, zu dem sie eine enge Bindung habe. Sie kenne ihn bereits aus der gemeinsamen Asses-sorenzeit und nehme mit ihm seit 2011 nahezu täglich – im Kreise weiterer Kollegen – das Mittagessen ein. Dabei würden auch regelmäßig Gespräche mit privatem Inhalt geführt. Aufgrund dieses – über kollegiale Beziehungen hinausgehenden – Verhältnisses zum Geschädigten sei sie dem Beschuldigten gegenüber nicht unvoreingenommen. Sie halte sich für befangen.

Mit Beschluss vom 28. Juni 2015 hat die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Hildesheim festgestellt, dass ein Grund, der geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin zu rechtfertigen, nicht vorliege. Ob die Richterin sich selbst für befangen halte, sei ohne Belang. Im Übrigen lege das dienstliche Verhältnis zwischen der Vorsitzenden Richterin und dem Verletzten keine Voreingenommenheit nahe. Ein solches Verhältnis könne nur dann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn es besonders eng sei und auf die persönlichen Verhältnisse ausstrahle. Aus der Anzeige ergebe sich jedoch weder eine dienstliche Zusammenarbeit noch ein privates Verhältnis, das die Schwelle zur Freundschaft überschreite.

Hiergegen wendet sich die Revision mit der Begründung, dass die Feststellung, ein Grund für Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richterin liege nicht vor, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar sei. Maßgeblich sei, dass die Vorsitzende Richterin ausdrücklich und unmissverständlich mitge-teilt habe, gegenüber dem Beschuldigten nicht unvoreingenommen zu sein. Diese innere Einstellung offenbare ihre Befangenheit.

2. Durch die Verfahrensweise des Landgerichts wurde der Beschuldigte seinem gesetzlichen Richter entzogen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG). Im Einzelnen:

a) In den Fällen des § 30 StPO kann das Revisionsgericht den Be-schluss, durch den die Selbstanzeige eines Richters wegen eines Verhältnis-ses, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, für begründet oder für nicht begründet erklärt wird, grundsätzlich nicht überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 1973 – 1 StR 541/72, BGHSt 25, 122, 127 mwN; vom 5. Januar 1977 – 3 StR 433/76, BGHSt 27, 96, 99). Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO betrifft lediglich den Fall der Ablehnung des Richters nach § 24 StPO, nicht die Selbstanzeige eines Richters nach § 30 StPO. Der Grundsatz der Nichtüberprüfbarkeit gilt indes nicht ausnahmslos. Vielmehr kann im Falle einer objektiv willkürlichen Verfahrensweise mit der Verletzung von § 16 Satz 2 GVG im Revisionsverfahren eine Nachprüfung unter dem Gesichtspunkt des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG begehrt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 1968 – 2 StR 360/67, BGHSt 22, 94, 100; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 30 Rn. 9). So greift eine Rüge, § 16 Satz 2 GVG sei verletzt, durch, wenn das Verfahren des § 30 StPO missbraucht wird, indem ein Richter Anzeige nach § 30 StPO erstattet und das Gericht sie für begründet erklärt, obwohl sowohl der Anzeigende als auch das Gericht keine Befangenheit besorgen (LR/Siolek, StPO, 26. Aufl., § 30 Rn. 24). Denn durch eine grundlose Selbstablehnung darf ein Angeklagter nicht dem verfassungsrechtlich garantierten gesetzlichen Richter entzogen werden (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1993 – 3 StR 512/93, BGHR StPO § 30 Selbstanzeige 1). Nichts anderes gilt, wenn die Selbstablehnung des Richters aus Gründen, die rechtlich unter keinem Gesichtspunkt mehr vertretbar sind, für unbegründet befunden wird.

b) Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Feststellung, Gründe für den Anschein einer Befangenheit der Vorsitzenden Richterin seien nicht gegeben, ist angesichts der in der Selbstablehnung vorgetragenen Angaben nicht vertretbar. Schon die von der Richterin angezeigten äußeren Umstände zu ihrem Verhältnis zu dem Geschädigten rechtfertigten die Besorgnis ihrer Befangenheit nach § 24 Abs. 1 Alternative 2, Abs. 2 StPO. Nach ihren Angaben besteht eine enge Bindung zu dem Verletzten, die auch in das Privatleben hineinreicht. Dies lässt aus der Sicht eines verständigen Angeklagten den Schluss zu, dass ihr Verhältnis zu dem Verletzten über dienstliche Beziehungen, die für sich allein die Annahme von Befangenheit nicht rechtfertigen können (vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 24 Rn. 10 mwN), hinausgehen. Ob die Zurückweisung der Selbstanzeige bereits deshalb nicht nur rechtsfehlerhaft, sondern – weil willkürlich – mit dem Grundsatz des gesetzlichen Richters nicht mehr zu vereinbaren ist, kann indes dahinstehen. Denn die Vorsitzende Richterin hat zudem ausdrücklich mitgeteilt, dass sie gegenüber dem Beschuldigten nicht unvoreingenommen sei. Zwar ist es für die Befangenheit grundsätzlich unerheblich, ob sich ein Richter für befangen hält, da es maßgeblich nicht auf dessen subjektive Sicht, sondern auf eine objektive Betrachtung der Sachlage ankommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 1972 – BvA 1/96, BVerfGE 32, 288, 290). Teilt der Richter dem Angeklagten aber mit, dass er ihm gegenüber voreingenommen sei, bekundet er eine innere Einstellung zu dem Angeklagten, die diesem – jedenfalls wenn sie mit nachvollziehbaren objektiven Umständen begründet wird – bei verständiger Würdigung Grund zu der Annahme liefert, dass der betreffende Richter eine innere Haltung gegen seine Person eingenommen hat, die seine Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflusst.“

Hier hat die Richterin Gründe für ihre Befangenheit angeführt, die schon für sich die Ablehnung gerechtfertigt hätten. Indem sie gleichzeitig erklärt hat, deshalb gegenüber dem Beschuldigten voreingenommen zu sein, musste dieser auch bei verständiger Würdigung davon ausgehen, dass sie ihn und seine Tat nicht unbefangen beurteilen würde. Vor diesem Hintergrund ist die Ent-scheidung der Strafkammer, der Beschuldigte habe keinen Grund, an der Un-parteilichkeit der Vorsitzenden Richterin zu zweifeln, nicht nur rechtsfehlerhaft, sondern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr vertretbar und damit objektiv willkürlich.“

Deutliche Worte des BGH: „nicht vertretbar“.

Befangen?, Ja, wenn die Haft unverhältnismäßig lange dauert.

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Gelinde ausgedrückt – ein wenig zu lange hat die Haft aufgrund eines § 230-er-Haftbefehls beim AG Bautzen gedauert. Hauptverhandlung war am 01.03.2017. Der Angeklagte bekommt zwar einen Pflichtverteidiger, der tut aber nicht so richtig etwas. Erst als sich ein Wahlverteidiger einschaltet, wird der Angeklagte am 05.10.2017 entlassen. Der Direktor des AG Bautzen hält im AG Bautzen, beschl. v. 14.11.2017 – 40  Ds 560 Js 24562/15  – die Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich des „agierenden (?) Amtsrichters für gegeben:

Für die Untersuchungshaft ist in § 121 Abs. 1 StPO bestimmt, dass deren Vollzug we­gen derselben Tat, solange kein auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maß­regel lautendes Urteil ergangen ist, nur aufrechterhalten werden darf, wenn die beson­dere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtferti­gen. Hingegen gibt es für die sogenannte Sitzungshaft nach § 230 Abs. 2 StPO eine entsprechende Fristenregelung nicht. Freilich ist auch und erst recht bei der Anord­nung einer Maßnahme nach dieser Vorschrift, die lediglich die Feststellung voraus­setzt, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung nicht erschienen und sein Ausblei­ben nicht genügend entschuldigt ist, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beach­ten. Denn ein Eingriff in die persönliche Freiheit kann nur hingenommen werden, wenn und soweit der legitime Anspruch der staatlichen Gemeinschaft auf vollständige Aufklä­rung der Tat und auf rasche Bestrafung des Täters nicht anders gesichert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.2006 — 2 BVR 473/06, Rn. 16, zitiert nach Ju­ris). Gerade die Sitzungshaft nach § 230 Abs. 2 StPO verpflichtet daher das Gericht zu einer schleunigen Terminierung (vgl. Julius in: Gercke/Julius/Temming, StPO, 5. Aufl., § 213 Rn. 8, § 230 Rn. 7, jeweils m.w.N.). Mit Rücksicht darauf sind besondere Um­stände, die ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richter rechtfertigen, gege­ben, wenn in einer Haftsache der Angeklagte den Eindruck gewinnen kann, die Bestim­mung eines zeitnahen Termins zur Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden unter­bleibe ohne nachvollziehbaren Grund (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.07.2005 – 2 Ss 83/05, zitiert nach Juris).

Einen solchen Eindruck kann hier der Angeklagte aufgrund der Verfahrensweise des abgelehnten Richters, auch wie sie ihm durch dessen dienstliche Äußerung vorn 16.10.2017 bekannt geworden ist, gewinnen. Eine Wiedervorlage der Akte an einen Richter, zumal den Vertreter des abgelehnten Richters, nach dessen Verfügung vorn 08.05.2017 (GA 145R), mit der der abgelehnte Richter „z.T.“, also Wiedervorlage zum Termin der Hauptverhandlung angeordnet hat, ohne dass sich eine entsprechende Terminsverfügung bei den Akten befindet, ist erst für den 26.09.2017 und zwar aus An­lass der Beantragung eines Einzelsprechscheins durch den jetzigen Wahlverteidiger des Angeklagten dokumentiert (GA 149). Dieser Umstand lässt – objektiv – befürchten, dass sich der Angeklagte noch länger als bis zum 05.10.2017 ohne Bestimmung eines Termins zur Hauptverhandlung in Haft befunden haben würde, wenn nicht sein jetziger Wahlverteidiger für ihn tätig geworden wäre. Dabei kann dahinstehen, ob die letztlich eingetretene Dauer der Sitzungshaft von nahezu sechs Monaten unter Berücksichti­gung des staatlichen Interesses an der vollständigen Aufklärung der hier dem Ange­klagten konkret vorgeworfenen Tat und, falls er sich dieser schuldig gemacht haben sollte, seiner raschen Bestrafung noch als verhältnismäßig angesehen werden könnte; eine längere Dauer wäre jedenfalls nicht verhältnismäßig gewesen. Diese Sicht nimmt im Übrigen auch der abgelehnte Richter ein, denn er hat den Haftbefehl sofort aufgeho­ben, als er selbst am 05.10.2017 das Verfahren wieder bearbeitet hat. Eine Verantwor­tung dafür, dass bis zu diesem Tag eine Hauptverhandlung nicht stattgefunden, sogar nicht einmal ein Termin hierfür – verbindlich – bestimmt worden war, träfe den abge­lehnten Richter in der Wahrnehmung des Angeklagten bei verständiger Würdigung nur dann nicht, wenn dieser spätestens nun zur Kenntnis nehmen müsste, dass das ein­getretene Versäumnis bei der Terminierung ausschließlich auf einem weisungswidrigen Verhaften der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beruhte. Gerade hierzu schweigt aber die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters aufgrund seines ausdrücklichen Verzichts „auf die weitere Darstellung der allein geschäftsinternen Ab­läufe“. Auch sein Eingeständnis, die Kontrolle über den Fristablauf nach dem 30.08.2017 nicht stets mit der allgemein gebotenen Sorgfalt überwacht zu haben, bleibt im Ungefähren. Weitere Aufklärung ist freilich schon deshalb geboten gewesen, weil die Aktenführung den genauen Gang des Verfahrens in der Zeit nach dem 26.04.2017, als der abgelehnte Richter „Terminierung“ verfügt hat, nicht erkennen lässt. Zumindest aufgrund der verbliebenen, vom abgelehnten Richter zu vertretenden Ungewissheit kann der Angeklagte die Schlussfolgerung ziehen, nach seiner Inhaftie­rung habe der abgelehnte Richter die Bestimmung eines zeitnahen Termins zur Hauptverhandlung ohne nachvollziehbaren Grund unterlassen.“

Das stimmte die „Krähentheorie“ mal nicht 🙂 .

Sonntagswitz: Heute mal wieder zu Blondinen

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Heute bietet sich für mich thematisch nichts an, daher greife ich zurück auf Blondinenwitze, und zwar auf:

Warum tragen Blondinen einen Ballen Stroh auf dem Rücken?

Speichererweiterung.


Warum stellt eine Blondine ihren Computer auf den Boden?

Damit er nicht abstürzen kann.


Unterhalten sich zwei Blondinen.

Sagt die eine: Habe gestern einen Schwangerschaftstest gemacht.

Meint die andere: „Und? Waren die Fragen schwer?“


Warum ist eine Blondine stolz, wenn sie ein Puzzle mit 50 Teilen nach nur sechs Monaten fertig bekommt?

Weil auf der Packung steht „vier bis sechs Jahre“.


 

Wochenspiegel für die 46 KW., das war Haftungsfalle beA, Vergütungsvereinbarung, „Unwürdigkeit“ und Fallen mit der Kaffeetasse

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Die 46. KW läuft ab, schauen wir, was die 47 KW. bringt – Jamaika: ja oder nein – aber schauen wir vorher zurück auf die 46. Woche und folgende Themen/Beiträge:

  1. Zum unerschrockenen Auftreten in der Hauptverhandlung ,

  2. Warum schließen Verteidiger eigentlich Honorarvereinbarungen ab?,

  3. Stillstand der Rechtspflege,

  4. „Unwürdig“ für den Anwaltsberuf?,

  5. Beim Plädoyer hören die anderen zu,

  6. Kennzeichnung von Polizeibeamten ist rechtsstaatlich geboten,

  7. LG Saarbrücken: Alleinhaftung bei Verkehrsunfall durch rücksichtsloses, plötzliches Öffnen der Fahrzeugtür,

  8. Sturz mit Kaffeetasse ein versicherter Arbeitsunfall?,

  9. Haftungsfalle beA,
  10. AG Brandenburg: Bei standardisierten Messverfahren besteht kein Recht auf Einsicht in Messdaten.

Neues von Gina-Lisa Lohfink, oder: Verfahren endlich beendet

entnommen openclipart.org

Gerade bin ich auf die „Pressemitteilung Nr. 71/2017 des AG Tiergarten vom 16.11.2017“. Sie berichtet über den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gegen Gina-Lisa Lohfink, über das ich hier ja auch schon berichtet habe. In der PM heißt:

„Das Urteil gegen Gina-Lisa L. ist mittlerweile rechtskräftig. Im Schriftwege wurde die Tagessatzhöhe der Geldstrafe auf 250 Euro festgelegt. Der entsprechende Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 16.10.2017 ist seit dem 24.10.2017 rechtskräftig. Gina-Lisa L. ist damit wegen falscher Verdächtigung rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 250 Euro (insgesamt 20.000 Euro) verurteilt und muss die Kosten des Verfahrens tragen. Die Akte wurde vom Amtsgericht Tiergarten am 26.10.2017 zur Vollstreckung an die Staatsanwaltschaft Berlin als Vollstreckungsbehörde weitergeleitet. Von dort wird die Verurteilte in der nächsten Zeit eine Zahlungsaufforderung erhalten.

Das Amtsgericht Tiergarten hatte die aus verschiedenen TV-Formaten bekannte Angeklagte am 22.08.2016 in erster Instanz wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 250 Euro verurteilt. Die zuständige Richterin sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte im Jahr 2012 zwei Männer bewusst wahrheitswidrig einer Vergewaltigung bezichtigt hatte. Die bei der Polizei angezeigte Vergewaltigung habe nicht stattgefunden. Vielmehr habe es sich bei dem zum Teil auf Handyvideos dokumentierten Geschehen um einvernehmlichen Sex gehandelt, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Gegen diese Entscheidung war die Verteidigung von Gina-Lisa L. mit einer sog. Sprungrevision vorgegangen, d.h. sie legte beim Kammergericht in Berlin Rechtsmittel wegen möglicher Verfahrensfehler ein. Daraufhin fand am 10. Februar dieses Jahres vor dem 4. Strafsenat des Kammergerichts eine Revisionsverhandlung statt, in der das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten im Schuldspruch und hinsichtlich der Tagessatzanzahl zwar bestätigt wurde, hinsichtlich der Höhe der einzelnen Tagessätze aber aufgehoben und an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen wurde. Zur Begründung dieser Entscheidung hatte der Vorsitzende des Senats ausgeführt, dass das Amtsgericht 2016 nicht genügend Feststellungen zur Höhe des tatsächlichen Einkommens der Verurteilten getroffen hätte. Denn während die Anzahl der Tagessätze nach der Höhe der Schuld bemessen wird (im konkreten Fall waren diese in erster Instanz auf 80 festgesetzt worden), richtet sich die Tagessatzhöhe nach den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen einer/s Angeklagten. Über allein diese Frage sollte das Amtsgericht Tiergarten erneut befinden.

Die nach dieser teilweisen Zurückverweisung nun zuständige Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten hat daraufhin zur Festsetzung der Tagessatzhöhe Ermittlungen zur Feststellung des tatsächlichen Einkommens der Verurteilten angestellt und dazu auch bei Fernsehsendern nachgefragt. Im Ergebnis wurde das bereits in erster Instanz geschätzte monatliche Nettoeinkommen bestätigt. Die so ermittelte Einkommenshöhe wurde anschließend auf den einzelnen Tagessatz runtergerechnet (Einkommen geteilt durch die Anzahl der Tage eines Monats) und jener mit Zustimmung der Verteidigung von Gina-Lisa L. und der Staatsanwaltschaft im Beschlusswege – d.h. ohne erneute mündliche Hauptverhandlung – auf 250 Euro festgesetzt.“

Past schön in den samstäglichen „Kessel Buntes“. Und der Kollege Verteidiger kann sich freuen. Nun hat er auch noch eine Gebühr Nr. 4141 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VV RVG verdient. Na ja, ob er sie „verdient“ hat, ist eine andere Frage. Zumindest ist die Gebühr entstanden 🙂 .