Archiv für den Monat: Juni 2017

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: PKH oder Beiordnung als Pflichtverteidiger?

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Die Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: PKH oder Beiordnung als Pflichtverteidiger?, will ich dann heute – wie gewohnt – am folgenden Montag beantworten, obwohl Pfingstmontag ist.

M.E. ganz einfach und das habe ich dem Kollegen auch geschrieben:

„Ich verstehe nicht, wieso Sie dabei an Strafvollzug denken.

Es geht doch um eine erleichterte Vollstreckung der ausgeworfenen Strafe nach § 450a StPO. Daher Strafvollstreckung und Beiordnung (die schwierig werden wird). S. auch Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4204 VV Rn. 3.“

Und: Der Hinweis „Burhoff/Volpert……..“ geht auf unseren RVG-Kommentar, dessen 5. Auflage gerade vorbereitet wird. Vorstellungen hier. >Werbemodus aus >

„Kann er deutsch, kann er nicht?“, oder: Das muss man bei einem Ausländer ggf. aufklären

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Bei der zweiten „Pfingstmontagsentscheidung“ handelt es sich um den BVerfG, Beschl. v. 23.01.2017 – 2 BvR 2272/16, der (mal wieder) die Frage der Verletzung des rechtlichen Gehörs bei einem nicht der deutschen Sprache mächtigen Ausländer behandelt. Der Beschwerdeführer wendet sich – noch beim BVerfG – gegen die Verwerfung seines Einspruchs gegen einen Strafbefehl. Er ist gambischer Staatsangehöriger und reiste am 28.12.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das AG Heilbronn erließ am 09.12.2015 einen Strafbefehl über eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen wegen Verstoßes gegen eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts und Veränderung eines amtlichen Ausweises sowie Gebrauchs dieses Ausweises gegen den Beschwerdeführer. Am 11.12.2015 wurde der Strafbefehl im Wege der Ersatzzustellung an einen Vertreter der Wohneinrichtung, in welcher der Beschwerdeführer untergebracht war, zugestellt. Eine Übersetzung war nicht beigefügt; in der dem Strafbefehl zu Grunde liegenden Strafanzeige war unter der Überschrift „Sprachmerkmale / Deutsche Sprache“ vermerkt: „kein deutsch“.

Der Verteidiger des Beschwerdeführers legte am 29.07. 2016 Einspruch gegen den Strafbefehl ein und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist. Der Wiedereinsetzungsantrag ist vom AG verworfen worden. Begründung: Aus der Akte ergebe sich, dass der Beschwerdeführer über hinreichende Deutschkenntnisse verfüge, um vom Inhalt des Strafbefehls und der Einspruchsfrist Kenntnis zu nehmen. Weder bei dem Gespräch mit der Polizei bei Fertigung der Strafanzeige noch bei Gesprächen mit der Ausländerbehörde sei ein Dolmetscher hinzugezogen worden. Dagegen die Beschwerde zum LG, die zurückgewiesen worden ist.

Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg:

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 83, 24 <35>). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Eine Verpflichtung, jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden, besteht nicht. Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann feststellen, dass ein Gericht seine Pflicht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen verletzt hat, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (BVerfGE 22, 267 <274>; 87, 363 <392 f.>; 96, 205 <216 f.>).

2. a) Solche Umstände liegen hier vor. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdeschrift darauf hingewiesen, dass in der Strafanzeige vom 4. September 2015 ausdrücklich unter dem Punkt „Sprachmerkmale / Deutsche Sprache“ vermerkt wurde: „kein deutsch“. Das Landgericht hat sich im Beschluss vom 13. Oktober 2016 mit diesem Vortrag nicht auseinandergesetzt. Nachdem dieser Vermerk der Annahme, der Beschwerdeführer spreche hinreichend Deutsch, um den Inhalt des Strafbefehls und der Rechtsbehelfsbelehrung zu verstehen, entgegensteht, hätte es einer Begründung bedurft, warum das Landgericht dennoch von hinreichenden Sprachkenntnissen ausgeht. Auch den Hinweis des Beschwerdeführers, dass das Gespräch mit den Polizisten möglicherweise auf Englisch geführt wurde, was er zumindest ansatzweise beherrscht, hat das Landgericht unberücksichtigt gelassen. Der Akteninhalt ist angesichts des Vermerks zu den Sprachkenntnissen zumindest nicht eindeutig, so dass sich die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen aufdrängt. Es hätte daher einer Erläuterung bedurft, warum das Landgericht dies für nicht erforderlich hielt.

b) Der Gehörsverstoß ist durch die Entscheidung über die Gehörsrüge nicht geheilt worden, da auch im Beschluss vom 17. Oktober 2016 keine Auseinandersetzung mit dem vorgetragenen Umstand erfolgte, sondern lediglich floskelhaft ausgeführt wurde, die Schriftsätze seien bei der getroffenen Entscheidung berücksichtigt worden.

c) Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist auch entscheidungserheblich, da das Gericht bei Berücksichtigung des Vortrags zu den Sprachkenntnissen möglicherweise zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Das Landgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob das Fehlen der nach § 187 Abs. 2 GVG bei mangelnden Sprachkenntnissen erforderlichen Übersetzung die Unwirksamkeit der Zustellung des Strafbefehls zur Folge hat. Auf die Frage der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages kommt es daher erst dann an, wenn das Landgericht von der Wirksamkeit der Zustellung ausgehen sollte.“

Urteil ohne Gründe, oder: Ohne viel Worte

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Am Pfingstmontag neigt sich das lange Wochenende dem Ende zu. Morgen geht es dann normal weiter. Ich mache dann heute schon „Normalbetrieb“, und zwar mit zwei kleinen Entscheidungen – bevor es dann noch die Rätsellösung gibt.

Zunächst der OLG Hamm, Beschl. v. 25.04.2017 – 4 RBs 143/17 zu einem ganz einfachen Sachverhalt: Ein amtsgerichtliches Urteil hatte keine Gründe. Und das war es dann:

„Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und rechtzeitig eingelegte sowie mit der Sachrüge frist- und formwahrend begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache einen – zumindest vorläufigen – Erfolg.

Das angefochtene Urteil enthält entgegen §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, 267 StPO keine für das Rechtsbeschwerdegericht beachtlichen Gründe. Aus diesem Grunde ist die Rechtsbeschwerde bereits mit der Sachrüge begründet, weil das Rechtsbe­schwerdegericht ein Urteil ohne Gründe keiner materiell-rechtlichen Prüfung unter­ziehen kann (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.01.2014 – 111-1 RBs 8/14 -, zitiert nach juris).“

Also Aufhebung ohne viel Worte – dem angegriffenen Urteil angemessen. Tja, man fragt sich: Was hat sich der Amtsrichter dabei gedacht?

Sonntagswitz: An Pfingsten dann zum heiligen Geist und was damit zu tun hat….

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Am heutigen Pfingstsonntag gibt es dann traditionsgemäß „Pfingstwitze“ bzw. aus dem entsprechenden Umfeld. Und das sind:

Zunächst:

Fritzchen hat mal wieder seine liebe Not mit den Schularbeiten.
„Papa, schreibt man „Gewehr“ mit „e“ oder mit ä?“
Papa nach kurzem Überlegen: „Ist doch einfach, schreibt „Flinte“, mit  „V“ wie „Pfingsten!“


Der Papst ist tot und klopft an der Himmelstür.
Petrus öffnet und fragt: „Wer bist du?“

„Ich bin der Papst.“
Darauf Petrus: „Papst… Papst? Kenn ich nicht, ich frage mal Jesus.“
Doch auch Jesus kennt den Papst nicht und fragt deshalb den Heiligen Geist.
Dieser denkt nach: „Papst… Papst..? Na klar! Das ist dieser Arsch, der jedem auf der Erde erzählt, ich hätte was mit Jesus Mutter gehabt!“


Ein Busfahrer und ein Priester kommen in den Himmel.
Petrus lässt den Busfahrer eintreten, der Priester muss draußen warten.
Fragt der Geistliche: „Wieso wird der Fahrer bevorzugt?“
Petrus antwortet: „Bei deinen Predigten haben die Leute geschlafen, aber bei seinen Fahrten haben alle im Bus gebetet!“


Und immer wieder schön:

Im Himmel wird der diesjährige Betriebsausflug geplant. Man weiß aber nicht so recht, wohin man fahren soll.
Erste Idee: Bethlehem.
Maria ist aber dagegen. Mit Bethlehem hat sie schlechte Erfahrungen gemacht: Kein Hotelzimmer und so. Nein, kommt nicht in Frage.
Nächster Vorschlag: Jerusalem. Das lehnt Jesus aber ab. Ganz schlechte Erfahrungen mit Jerusalem!!
Nächster Vorschlag: Rom.
Die allgemeine Zustimmung hält sich in Grenzen, nur der Heilige Geist ist begeistert: „Oh toll, Rom! Da war ich noch nie!“


und dann war da noch – hatte ich – glaube ich – schon mal.

Ist’s an Ostern schön und warm, kommt die Verwandtschaft und frisst dich arm.
Ist’s an Pfingsten schön und heiter, kommt sie wieder und frisst weiter.

Wochenspiegel für die 22.KW., das war(en) Fake News, die „Bushido-Fahndung“, Watschn aus Karlsruhe und der Focus

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Am Pfingstsonntag zunächst allen Lesern/Followern ein frohes Pfingstfest und zwei schöne, erholsame Tage. Aber auch an Pfingsten gibt es den Blick zurück auf die vergangene Woche, aus der ich über folgende Dinge berichte:

  1. Befangenheitsrecht – das ganz kleine Einmaleins,
  2. Schadensersatz nach Verkehrsunfall – die Gegenstände im Fahrzeug,
  3. Fake News bei der Finanzverwaltung,
  4. OLG Naumburg zum Tanken oh­ne Bezahlen: Betrug nur voll­endet, wenn Kassenpersonal Tankvorgang be­merkt,
  5. Polizei darf mit „Bushido-Phantombild“ nach Räuber fahnden,
  6. LG Nürnberg-Fürth zum Haftungsrecht: Der auf­ge­wir­bel­te Stein als un­ab­wend­ba­res Ereignis,
  7. Watschn aus Karlsruhe für den Gesetzgeber,
  8. Kommentar: Gesichtsanalyse im Real-Supermarkt überschreitet Grenzen,
  9. und dann geht es noch einmal um den Focus mit: Nein, die spinnen nicht. Und ich schreibe jetzt nicht: Und sie spinnen doch 🙂 .