Archiv für den Monat: Januar 2016

Sonntagswitz: Heute über/mit Rechtsanwälte(n)

© Teamarbeit - Fotolia.com

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Heute dann mal wieder Anwaltswitze: Ja, zum Teil sind sie schon älter und ja, es kann auch sein, dass ich den ein oder anderen schon mal gebracht habe. Bei der Vielzahl der „Sonntagswitz-Postings“ ist es mir – das räume ich ein – zu mühsam, das nachzuvollziehen. Also ggf. eben doppelt, wird ja so schlimm nicht sein:

Eine Frau und ihre Tochter besuchen das Grab der Oma.
Auf dem Rückweg fragt das Mädchen: „Ist es erlaubt, zwei Leute in einem Sarg zu bestatten?“

„Nein, nein.“
„Da drüben muss man aber eine Ausnahme gemacht haben, da steht: „Hier liegt ein Anwalt und ehrlicher Mann.“


Der Rechtsanwalt hat den Prozess gewonnenn und telegrafiert seinem Mandanten:
„Die Gerechtigkeit hat gesiegt!“

Der Mandant telegrafiert zurück: „Sofort Berufung einlegen!“


„Erkennen Sie in dem Angeklagten den Mann wieder, der ihr Auto gestohlen hat“, fragt der Richter den Geschädigten.
Der antwortet: „Nach den Ausführungen des Herrn Verteidigers bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich überhaupt ein Auto besessen habe.“

so sollte es sein 🙂


und dann hatten wir noch aus der Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. vom 15.12.1726:

„Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, daß die Advocati wollene schwartze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man diese Spitzbuben schon von weitem erkennt“.

Wochenspiegel für die 4. KW, das war Anwälte gegen Merkel, Dashcam, ein Kind in „falschen Kreiesen“.

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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Ein die Blogs beherrschendes Straf- bzw. owirechtliches Thema hat es in der vergangenen Woche nicht gegeben, es war eine „normale“ Woche. In Goslar hat zwar der 54. VGT stattgefunden, über dessen Ergebnisse habe ich aber gestern schon berichtet (vgl. 54. VGT – die Ergebnisse, oder: Zumindest die Richtung stimmt (teilweise)). Heute ist zu berichten über:

  1. Verfassungsbeschwerde von Anwälten gegen Merkel,
  2. Mit dem mache ich keinen Deal mehr,
  3. Nur ein Kind „in falschen Kreisen“?,
  4. AG Emmendingen ver­wer­tet Fahrzeugdaten aus dem ESP-Steuergerät im Strafprozess,
  5. Dashcam-Nutzung ist unzulässig! LG Memmingen bejaht Unterlassungsanspruch, oder: Datenschutzrechtlich zulässige Dashcams?,
  6. Prozessbegleitung ist jetzt Gesetz – Gibt’s ab 2017 noch Nebenklage am Amtsgericht?,
  7. Wiedereinsetzung – und der Verlust auf dem Postweg,
  8. Schneller Schadensersatz bei wirtschaftlichen Totalschaden,
  9. eine Vorankündigung: Lästerliches in Lüdinghausen,
  10. und dann war da noch: Referendariat in Hessen – Land Hessen verbietet Referendarvergütung.

So, das war es dann für diesen Sonntag. Am nächsten (Karnevals)Sonntag dann auf ein Neues.

Kfz-Kaskoversicherung: Ersatz von Bergungskosten?

entnommen wikimedia.org Autor: Maschinenjunge

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Autor: Maschinenjunge

Ein Versicherungsnehmer hat gegenüber einer Vollkaskoversicherung keinen Aufwendungsersatzanspruch aus § 83 VVG hinsichtlich der Kosten einer Abschleppmaßnahme, wenn das versicherte Fahrzeug weitgehend zerstört ist und erkennbar über keinen relevanten Restwert mehr verfügt. So die Entscheidung des OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.12.2015 – 12 U 101/15. Nach dem Sachverhalt war das bei der Beklagten vollkaskoversicherte Kfz der Klaägerin in Österreich vollständig ausgebrannt. Das Wrack hatte keinen nennenswerten Restwert mehr. Es wurde auf Veranlassung der örtlichen Polizei abgeschleppt. Der Klägerin wurden dafür etwa 5.000 € in Rechnung gestellt. Die Beklagte/Kasko-Versicherung verweigert die Zahlung der Abschleppkosten. LG und OLG sagen: Sie muss auch nicht zahlen. Denn:

a) Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 83 Abs. 1 VVG setzt Aufwendungen im Zusammenhang mit Rettungsmaßnahmen nach § 82 Abs. 1, 2 VVG voraus. Diese müssen sich auf einen versicherten Schaden beziehen (Prölss/Martin/Voit, VVG, 29. A., § 83 Rn. 5 m.w.N.). Ein Rettungswille des Versicherungsnehmers ist dabei nicht erforderlich. Dementsprechend sind Rettungskosten auch zu ersetzen, wenn der Versicherungsnehmer zur Handlung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften verpflichtet war (BGH, VersR 2007, 200, Tz. 14ff; Prölss/Martin/Voit, aaO).

Erstattungsfähig sind aber nur solche Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer für geboten halten durfte. Geboten sind dabei solche Maßnahmen, die Erfolg versprechen und die in ihrem Aufwand nicht außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen (Senat, Urteil vom 07.05.2015, 12 U 146/14, juris, Tz. 40 m.w.N. [zu den Rückführungskosten bei einer privaten Krankenversicherung]). Fehlreaktionen und Fehleinschätzungen sind dabei bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit unschädlich (Senat, aaO, Tz. 41). Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH NJW-RR 2011, 1055 , Tz. 10 m.w.N.). Dementsprechend kann ein Versicherungsnehmer Abschleppkosten auch bei einem offensichtlichen Totalschaden regelmäßig zur Sicherung des Restwerts für erforderlich halten (Senat, Urteil vom 18.01.2013, 12 U 117/12, juris, Tz. 43; Stomper in: Halm/Kreuter/Schwab, AKB, 2. A., Rn. 126 zu A.2.5.1). Dies gilt aber nicht, wenn es bei einem völlig zerstörten oder ausgebrannten Fahrzeug auch einem Laien hätte einleuchten müssen, dass das Fahrzeugwrack keinerlei Wert mehr verkörpert (Stomper, aaO).

Die Darlegungs- und Beweislast, dass er die konkrete Handlung ohne grobe Fahrlässigkeit für geboten halten durfte, liegt beim Versicherungsnehmer (Senat, aaO; Prölss/Martin/Voit, aaO, Rn. 32). Sofern die Handlung nicht vom Versicherungsnehmer selbst, sondern von einem Dritten vorgenommen wurde, ist darauf abzustellen, ob dieser die Maßnahme für erforderlich halten durfte (BGH VersR 2003, 1250, Tz. 8; Prölss/Martin/Voit, aaO, Tz, 10).

b) Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs liegen bei Anwendung dieser Grundsätze hier nicht vor.

(1) Es besteht ein objektives Missverhältnis zwischen dem Restwert und den geltend gemachten Abschleppkosten. Letztere übersteigen den Restwert um den Faktor 100. Bei dieser Sachlage war die Durchführung der Maßnahme unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung objektiv ungeeignet. Ohne Belang ist dabei, ob entsprechend dem erstinstanzlich gehaltenen Vortrag die Abschleppmaßnahme auch zur Sicherung der Ladung erforderlich war. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nicht um versicherte Gegenstände handelte.

(2) Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beauftragung eines Abschleppunternehmens ohne grobe Fahrlässigkeit für geboten gehalten werden durfte. Der ihr obliegende Beweis ist nicht geführt. Die vorgelegten Lichtbilder (AH I) zeigen ein durch den Brand zerstörtes Fahrzeug. Das Führerhaus ist vollständig ausgebrannt. Die Ladefläche ist lediglich im Heckbereich in ihrer ursprünglichem Form und Struktur ansatzweise zu erkennen. Dagegen ist sie im vorderen und mittleren Bereich sichtbar deformiert. Bei diesem Schadensbild musste sich jedem Betrachter auch ohne Spezialkenntnisse hinsichtlich der Bewertung von Nutzfahrzeugen geradezu aufdrängen, dass ein relevanter Restwert nicht mehr vorhanden sein konnte und die Kosten für eine Abschleppmaßnahme diesen deutlich übersteigen würden. Dementsprechend war letztere zur Geringhaltung des Schadens erkennbar nicht geeignet. Dabei ist unerheblich, ob die Klägerin aus der Distanz den Sachverhalt zutreffend beurteilen konnte. Denn insoweit ist – wie ausgeführt – auf die Person des Handelnden, also des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs abzustellen.

Das von der Klägerin erstinstanzlich in Bezug genommene Urteil des Senats vom 18.01.2013 (12 U 117/12) steht damit nicht in Widerspruch. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt lag kein derartig offensichtliches und erkennbares Missverhältnis zwischen Rettungskosten und voraussichtlich erzielbarem Restwert vor…..“

Fahrradabstellen ohne Befestigung: Wie wird gehaftet?

entnommen wikimedia.org Urheber Rüdiger Wölk

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Urheber Rüdiger Wölk

Schon etwas älter ist die Entscheidung einer Berufungskammer, die sich mit der Frage befasst, wie sicher eigentlich ein Fahrrad abgestellt werden muss und ob den Besitzer des Fahrrades insoweit eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Nein, es handelt sich nicht etwa um eine Entscheidung des LG Münster 🙂 , sondern es ist das LG Köln, Urt. v. 25.08.2015 – 11 S 387/14. Nach den Entscheidungsgründen hatte der Besitzer eines Fahrrades sein Fahrrad auf der der Straße zugewandten Seite an einen bogenförmigen Fahrradständer abgestellt, ohne es daran zu befestigen. Das Fahrrad stürzt um und beschädigt einen Pkw. Frage: Haftet der Fahrradbesitzer? Das LG Köln sagt ja:

„1. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte, indem sie das Fahrrad auf der der Straße zugewandten Seite an den bogenförmigen Fahrradständer abstellte, ohne es daran zu befestigen, gegen ihre Verkehrssicherungspflichten verstieß.

a) Wer ein Fahrrad abstellt, hat grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass hiervon keine Gefahr für das Eigentum anderer ausgeht (LG Hannover, Urteil vom 08.10.1998, Az.: 3 S 158/98). Dies folgt aus den allgemeinen Grundsätzen über das Bestehen von Verkehrssicherungspflichten, wonach derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, diejenigen Vorkehrungen zu treffen hat, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um eine Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (Sprau in Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 Rn.46). Ein umstürzendes Fahrrad kann Schäden am Eigentum Dritter verursachen; dies zeigt der vorliegende Fall eindrücklich. Soweit das AG Lichtenberg (Urteil vom 28.06.2006, Az.: 14 C 120/06) dies anders sieht, folgt die Kammer dem nicht. Auch insofern schließt sich die Kammer den Feststellungen des Amtsgerichts an. Das Amtsgericht Lichtenberg argumentiert in erster Linie damit, dass von abgestellten Fahrrädern keine große Gefahr ausgehe. Die bloße Möglichkeit, dass ein Dritter mit einem abgestellten Fahrrad fremdes Eigentum verletze, liege nicht so nahe, dass es jedem Fahrradfahrer zuzumuten sei, sich jeweils eine Möglichkeit zu suchen, sein Fahrrad anzuschließen. Dies ist vor dem Hintergrund, dass im vorliegenden Fall ein Schaden von über 1.000,00 EUR entstanden ist, nicht überzeugend. 1.000,00 EUR sind entgegen der von der Beklagten in der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht kein kleiner Betrag; es handelt sich vielmehr um einen Schaden, der deutlich über die Bagatellgrenze hinausgeht. Die Sicherungsmaßnahmen, die seitens desjenigen, der das Fahrrad abstellen möchte, zu ergreifen sind, sind auf der anderen Seite nicht hoch und daher im Verhältnis zu dem drohenden Schaden an Rechtsgütern Dritter nicht unverhältnismäßig.

b) Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht auch verletzt, als sie ihr Fahrrad neben den Fahrradständer stellte, ohne es auch daran anzuketten. Direkt neben dem Fahrradständer ist die Straße, an der Autos parken dürfen; dies ist auf den zur Akte gereichten Lichtbildern gut erkennbar. Die Gefahr, dass das Fahrrad auf ein ordnungsgemäß parkendes Fahrzeug fallen könnte, war ohne Weiteres ersichtlich. Die Beklagte hätte dies berücksichtigen und entweder ihr Fahrrad an den Fahrradständer anketten oder es auf die andere – den Häusern zugewandte – Seite stellen müssen.

Soweit sie in der Berufungsbegründung behauptet, sie habe in der Vergangenheit mehrfach ihr Fahrrad so wie im vorliegenden Fall erfolgt abgestellt, ohne dass etwas passiert sei, viele Kölner täten dies, entlastet sie das nicht. Dass ungesichert abgestellte Fahrräder umfallen können, ist allgemein bekannt. Allein die Tatsache, dass – ihren Vortrag unterstellt – das Fahrrad in der Vergangenheit nicht umgefallen ist, führt nicht dazu, dass sie davon ausgehen durfte, dass das Fahrrad nicht umfallen könnte. Es muss hierbei beachtet werden, dass der von der Beklagten zu verlangende Sorgfaltsmaßstab weder besonders hoch noch mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (s.o.).

Die Behauptung, in Köln stellten viele Fahrradfahrer ihr Fahrrad neben einem fest installierten Fahrradständer auf der zur Fahrbahn gewandten Seite ab, ist bereits zu pauschal und unsubstantiiert, um zu einer Entlastung führen zu können. Das Argument überzeugt aber auch deswegen nicht, weil die Tatsache, dass möglicherweise eine Vielzahl von Fahrradfahrern ihre Verkehrssicherungspflichten nicht beachtet, nicht dazu führen kann, dass dann das Bestehen oder die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht an sich verneint wird.“

54. VGT – die Ergebnisse, oder: Zumindest die Richtung stimmt (teilweise)

Autor User Grosses on de.wikipedia

Autor User Grosses on de.wikipedia

Der 54. VGT, der vom 27. – 29.01.2016 in Goslar stattgefunden hat, ist dann gestern zu Ende gegangen. Die Empfehlungen der verschiedenen Arbeitskreise sind inzwischen natürlich schon onlone. Man findet sie insgesamt hier. Jetzt darf man gespannt sein, ob und was die Politik daraus macht.

Mich haben vor allem vier Arbeitskreise interessiert, darum will ich deren Ergebnisse hier dann auch einstellen.

Arbeitskreis I – „Moderne Messmethoden“ und Blutentnahme im Verkehrsstrafrecht

1. Der Arbeitskreis fordert, den für die Anordnung der Blutprobenentnahme bestehenden Richtervorbehalt in § 81 a Abs. 2 StPO zu streichen und eine originäre Anordnungskompetenz der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu schaffen.
2. Der Arbeitskreis stellt fest, dass in Ermangelung hinreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse die Atemalkoholanalyse gegenwärtig kein ausreichendes Beweismittel zur Feststellung „absoluter“ Fahrunsicherheit im deutschen Verkehrsstrafrecht ist.
3. Der Arbeitskreis fordert die Bundesregierung auf, vor dem Hintergrund vorhandener und laufender Studien zur Erforschung insbesondere nachfolgender Themen Forschungsaufträge zu erteilen:
– Begründung eines Grenzwertes für die AAK (Atemalkoholkonzentration) zur Feststellung der „absoluten“ Fahrunsicherheit
– Möglichkeit einer Rückrechnung der AAK auf den Tatzeitpunkt
– Ermittlung der erforderlichen Wartezeit für die Bestimmung der AAK bei Verdacht auf höhere Alkoholkonzentrationen
– Überprüfung der Plausibilität von Trinkmengenangaben.
Darüber hinaus fordert der Arbeitskreis die Bundesregierung auf, die Entwicklung weniger invasiver „moderner Messmethoden“ zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zu fördern.
4. Das Ergebnis einer „beweissicheren“ Atemalkoholanalyse kann ein geeigneter Beweis im Rahmen einer Gesamtwürdigung zur Feststellung „relativer“ Fahrunsicherheit sein.

Dazu nur: Aha, Abschaffung des Richtervorbehalts. Nun dazu gibt es ja bereits eine Gesetzesinitiative, die seit 2010 im Bundestag vor sich hin schlummert. Da wollte man den Richtervorbehalt ganz abschaffen. Jetzt also Verlagerung der Zuständigkeiten auf die Staatsanwaltschaft. Was das bringen soll? Je nachdem, wie man das ausgestaltet, hat man m.E. dieselben Problem (?) wie bisher – nur an anderer Stelle. Der Punkt 2 überrascht mich nicht. Und auch Punkt 4 ist letztlich nicht neu, denn das Ergebnis einer AAK kann auch jetzt schon bei der Frage nach der „relativen“ Fahrunsicherheit herangezogen werden.

Arbeitskreis II MPU unter 1,6 Promille?

1. Es besteht ein Auslegungswiderspruch in der aktuellen Anwendung des § 13 Fahrerlaubnisverordnung (FeV): Dieser führt zu regional unterschiedlicher Praxis bei der Anordnung der Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU).
2. Die Vorschrift des § 13 FeV bedarf daher umgehend einer eindeutigen Formulierung.
3. Der Arbeitskreis vertritt die Ansicht, dass aufgrund der Rückfallwahrscheinlichkeit die Anordnung der MPU bei Kraftfahrzeugführern bereits ab 1,1 Promille erfolgen sollte.
4. Der Arbeitskreis sieht keine fachliche Grundlage für die grundsätzliche Annahme von Eignungszweifeln im Verwaltungsverfahren aufgrund einmaliger Trunkenheitsfahrt unter 1,1 Promille.
5. Alkohol-Interlock stellt keine Alternative zur Begutachtung der Fahreignung dar.

Dazu nur: Kann man im Ergebnis nur begrüßen. Dann wäre das Rechtsprechungschaos vielleicht endlich beendet. Ob die Grenze allerdings auf 1,1 Promille gesenkt werden soll/muss, das kann man diskutieren.

Arbeitskreis V Neues Mess- und Eichwesen: Ausverkauf der Messsicherheit?

1. Der Arbeitskreis stellt fest, dass mit der Gesetzesänderung des Mess- und Eichrechts begrüßenswerte Verbesserungen unter anderem im Bereich der Dokumentations- und Verwenderpflichten erzielt wurden. Um eine höhere Akzeptanz der Verkehrsmessungen zu erreichen, bedarf es jedoch weitergehender Regelungen.
2. Bei Inverkehrbringen neuer oder veränderter Geschwindigkeitsmessgeräte ist die Rechtsprechung zum „standardisierten Messverfahren“ vorerst nicht anzuwenden.
3. Der Arbeitskreis fordert erneut bundeseinheitliche, ausführliche Messprotokolle. Diese verbindlichen Vorgaben für die Messprotokolle müssen Bestandteil der Gebrauchsanweisung werden.
4. Die den Verwender treffende Pflicht zum Führen einer Geräteakte ist in die Gebrauchsanweisung aufzunehmen.
5. Der Gesetzgeber wird aufgefordert sicherzustellen, dass alle für die Überprüfung des Messergebnisses erforderlichen Daten gespeichert und dem Betroffenen im Einzelfall auf Antrag zur Verfügung gestellt werden.
6. Der Arbeitskreis empfiehlt, eine zentrale Ansprechstelle für Nachfragen von Rechtsanwälten, Gerichten und Sachverständigen, die die Überprüfung des Messverfahrens betreffen, einzurichten.

Dazu nur: Auch die Forderungen sind zu begrüßen, die wussten, worum es beim „standardisierten Messverfahren“ geht. Sie setzen im Ergebnis teilweise das um, was von vielen – leider nicht von allen – Gerichten teilweise schon jetzt praktiziert wird. Die anderen und die Messgerätehersteller und die PTB wird es nicht unbedingt freuen.

Arbeitskreis VI – Dashcam

1. Die Video-Aufzeichnung von Verkehrsvorgängen mithilfe von Dashcams kann einen Beitrag zur Aufklärung von Unfallhergängen und Straftaten leisten, aber auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten führen. Der Arbeitskreis beklagt, dass weder in Deutschland noch in den Nachbarländern eine klare Rechtslage zur Verwendung derartiger Kameras und zur Verwertung damit
erzeugter Aufnahmen vor Gericht besteht.
2. Der Arbeitskreis empfiehlt daher eine gesetzliche Regelung, die auf der Basis des europäischen Datenschutzrechts möglichst ein einheitliches Schutzniveau innerhalb der EU gewährleistet.
3. Anstelle eines generellen Verbotes oder einer generellen Zulassung derartiger Aufzeichnungen ist ein sachgerechter Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht durch den Gesetzgeber geboten.
4. Dieser Ausgleich könnte darin bestehen, dass die Aufzeichnung mittels derartiger Geräte dann zulässig ist, wenn die Aufzeichnung anlassbezogen, insbesondere bei einem (drohenden) Unfall, erfolgt oder bei ausbleibendem Anlass kurzfristig
überschrieben wird.
5. Die Verwertung von rechtswidrigen Dashcam-Aufnahmen im Gerichtsverfahren richtet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu den Beweisverwertungsverboten.
6. Die Verfolgung von Verkehrsverstößen ohne schwerwiegende Gefährdung oder Folgen soll weiterhin nicht auf die Aufzeichnungen von Dashcams gestützt werden können.
7. Der Missbrauch von Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten, z. B. eine Veröffentlichung im Internet, sollte mit Sanktionen bedroht werden.

Dazu nur: Auch die Forderungen sind zu begrüßen, um den sich abzeichnenden „Rechtsprechungsmarathon“ möglichst bald zu beenden. Und dabei sollte man auf klare Regelungen achten, sonst bringen sie nicht den gewünschten Erfolg. Das gilt insbesondere bei Punkt 5.

Fazit: Zumindest die Richtung stimmt m.E. teilweise. Allerdings: Ich glaube nicht, dass von den Forderungen/Empfehlungen noch in der Legislaturperiode etwas umgesetzt wird.