Archiv für den Monat: Juli 2015

Die Staatsanwältin, die nicht aussagen soll/darf

© stockWERK - Fotolia.com

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Beim LG Düsseldorf läuft seit einiger Zeit ein Strafverfahren u.a. wegen des Vorwurfs der schweren räuberischen Erpressung. Ich hatte über das Verfahren auch schon berichtet, allerdings betreffend einen gebühren-/kostenrechtlichen Aspekt, nämlich über die Frage, der Erstattung des Ausdrucks aus digital zur Verfügung gestellten Akten durch die Staatskasse. Der ein oder andere wird sich an die OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.09.2014 -III – 1 Ws 236/14Beschl. v. 22.09.2014 1 Ws 246+272/14; Beschl. v. 22.09.2014 – 1 Ws 247+283/14 und Beschl. v. 1 Ws 261/14; III – 1 Ws 307+312/14 und das Posting Mit der Sackkarre ins OLG, oder: Wie schaffe ich sonst 85.000 Blatt Kopien zum Senat? vielleicht noch erinnern. Nun, das LG-Verfahren hat inzwischen dann auch das VG Düsseldorf beschäftigt – es zieht also weiter Kreise.

Hintergrund des Verfahrens ist ein Beweisantrag der Verteidigung, mit dem die Vernehmung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft als Zeugin beantragt worden ist. Dafür braucht diese eine Aussagegenehmigung (§ 54 StPO), die vom LOSTA verweigert worden ist. Dagegen dann der Gang der Verteidigung zum VG Düsseldorf, das nun im VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.06.2015 – 13 L 1133/15 – eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO erlassen hat. Danach wird der LOStA verpflichtet, eine Aussagegenehmigung für die Zeugenaussage in dem bei dem Landgericht Düsseldorf anhängigen Strafverfahren zu erteilen. Von den Gründen, mit denen der LOStA die Verweigerung der Genehmigung begründet hatte, hält das VG nicht so ganz viel. Dazu:

„Gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG darf die Genehmigung, als Zeugin oder Zeuge auszusagen, nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Aussagegenehmigung zu erteilen; ein Ermessen steht dem Dienstvorgesetzten nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht zu. Erforderlich ist lediglich, dass der Dienstvorgesetzte durch Konkretisierung des von der Aussagegenehmigung erfassten Sachverhalts in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob der Erteilung Hinderungsgründe im Sinne des § 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG entgegenstehen……

Manches aus der sich aus dem VG, Beschluss ergebenden Begründung für die Genehmigungsverweigerung durch den LOStA mutet mir dann ein wenig abenteuerlich an. Und das VG wird damit auch fertig, denn

  1. dem LOStA müssen vor einer Entscheidung über die Erteilung der Aussagegenehmigung nicht auch die an die Zeugin zu richtenden Fragen bekannt gemacht werden, denn das steht u.a. nicht mit Nr. 66 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) in Einklang,
  2. die zeugenschaftliche Vernehmung der Staatsanwältin gefährdet nicht ernsthaft die Erfüllung öffentlicher Aufgaben: “ Die Versagungsgründe in § 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG zeigen auf, dass eine Genehmigung zur Aussage als Zeuge nicht an allgemeinen Unzuträglichkeiten scheitern darf. Eine Gefährdung oder Erschwerung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben rechtfertigt für sich gesehen noch nicht die Versagung der Aussagegenehmigung. Die gesetzliche Regelung macht die Versagung davon abhängig, dass die Gründe ein besonderes Gewicht besitzen, indem sie auf die Ernstlichkeit und Erheblichkeit des jeweiligen Grundes verweist. Diese Schwelle wird hier nicht erreicht. Der Antragsgegner macht als Versagungsgrund im Sinne des § 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG lediglich geltend, dass im Fall einer zeugenschaftlichen Vernehmung der Staatsanwältin H diese die Aufgaben der Sitzungsvertretung in dem Strafverfahren nicht weiter wahrnehmen dürfe und dass die Tätigkeit angesichts von Art und Umfang des Verfahrens nicht ohne Weiteres einem anderen Staatsanwalt übertragen werden könne. Damit sind allenfalls Erschwernisse der Aufgabenwahrnehmung dargelegt, die für eine Versagung der Aussagegenehmigung nicht ausreichen. Selbst wenn Staatsanwältin H n nach ihrer Vernehmung als Zeugin tatsächlich gehindert wäre, weiterhin in dem Strafverfahren als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zu fungieren, was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keineswegs eindeutig ist,vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2007 – 1 StR 480/07 juris, wo die Rechtsansicht, ein als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommener Staatsanwalt könne für den Rest der Hauptverhandlung an der Wahrnehmung der Aufgaben des Sitzungsvertreters gehindert sein, für zweifelhaft gehalten wird, wäre dadurch der Fortgang des Strafverfahrens nicht in Frage gestellt, weil die Aufgabe der Sitzungsvertretung noch durch einen weiteren Staatsanwalt, Herrn G , wahrgenommen wird, der ebenfalls in das Verfahren eingearbeitet ist und seine Tätigkeit als Sitzungsvertreter fortführen kann.“
  3. Der Einwand des LOStA, in die Überlegungen sei die Möglichkeit einzubeziehen, dass in der Folge seitens der Verteidigung auch auf ein Ausscheiden von Staatsanwalt G hingewirkt werde, sieht das VG als unerheblich an; im vorliegenden Fall gehe es um die Erteilung einer Aussagegenehmigung für die Staatsanwältin H, nicht für den Staatsanwalt G. Im Übrigen: es kann sich auch noch ein weiterer StA einarbeiten.
  4. Keine Prozesssabotage erkennbar.
  5. Über den Antrag ist auch unabhängig davon zu entscheiden, dass die Strafkammer über den Beweisantrag noch nicht entschieden hat. „Der Einwand des Antragsgegners, die Entscheidung über die Erteilung der Aussagegenehmigung müsse zurückstehen, weil sich sonst die Strafkammer der Möglichkeit einer eigenen Entscheidung über die Beweiserhebung von vornherein begeben und die Entscheidung der für die Aussagegenehmigung zuständigen Verwaltungsbehörde zuweisen würde (siehe Seite 50 unten des Schriftsatzes vom 6. Mai 2015 – Bl. 85 der Gerichtsakte), ist nicht nachvollziehbar. Mit der Aussagegenehmigung wird lediglich ein Hindernis für die Beweiserhebung beseitigt. Ob letztere stattfinden muss, wird durch die Aussagegenehmigung nicht präjudiziert; vielmehr ist die Strafkammer nicht gehindert, den Beweisantrag aus anderen Gründen gemäß §§ 244 Abs. 3, 245 Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO abzulehnen.“

Ich fand besonders das letzte Argument „pikant“. Denn: Die Auffassung des LOStA, „das Strafgericht müsse vor der Erteilung der Aussagegenehmigung über die Beweiserhebung befinden, hätte zur Folge, dass die Vernehmung eines Beamten letztlich niemals möglich wäre, weil der Strafrichter den Beweisantrag wegen Fehlens der Aussagegenehmigung stets nur ablehnen könnte.

Wie gesagt: Nicht so ganz nachvollziehbar – die Begründung des LOStA. Ich bin gespannt, ob der nun die Verpflichtung hinnimmt oder ob er nach Münster zum OVG zieht.

Bitte nicht schon wieder: BGH zur Straßenverkehrsgefährdung

© Dan Race Fotolia .com

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Die sprichwörtliche Tinte unter dem Blogbeitrag Ist das denn so schwer?, oder: Butter bei die Fische im Verkehrsrecht zum BGH, Beschl. v. 21.05.2015 – 4 StR 164/15 – ist noch nicht trocken, da stoße ich auf der Homepage des BGH gleich auf die nächste Entscheidung, die zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen bei einer Verurteilung wegen Straßenverkehrsgefährdung Stellung nimmt. Zwar nicht tragend und auch nicht an „prominenter Stelle“ im Beschluss, aber der BGH „legt noch einmal nach“, na ja, wenn man aufs Datum schaut: vor 🙂 -, wenn er im BGH, Beschl. v. 21.04.2015 – 4 StR 92/15 – wiederum ausführt:

„Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin:

1. Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese ab-strakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (BGH, Beschluss vom 9. September 2014 – 4 StR 251/14, NStZ 2015, 278; Beschluss vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13, Rn. 7; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 5, 17). Hierzu sind konkrete Feststellungen erforderlich, aus denen sich ergibt, dass durch die Tathandlung ein so hohes Verletzungs- oder Schädigungsrisiko begründet worden ist, dass es nur noch vom Zufall abhängt, ob es zu einer Rechtsgutsverletzung kommt (BGH, Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 340/11, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Gefährdung 6; Urteil  vom 30. März 1995 – 4 StR 725/94, NJW 1995, 3131; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 16). Die Gefährdung des dem Täter nicht gehörenden, aber als Tatwerkzeug benutzten Fahrzeugs genügt dazu nicht (BGH, Urteil vom 16. Januar 1992 – 4 StR 509/91, NStZ 1992, 233, 234). Der neue Tatrichter wird diese Grundsätze – näher als bisher geschehen – in den Blick zu nehmen haben.“

Also: Darauf achten – egal wer 🙂 .

Erkennungsdienstliche Behandlung: Einstellung ist nicht gleich Einstellung?

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Viele Mandanten/ehemalige Beschuldigte denken nach der Einstellung eines gegen sie anhängigen Ermittlungsverfahrens: Das war es. Jetzt habe ich Ruhe. Und sie sind dann überrascht, wenn dann doch noch eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO angeordnet wird und fragen: Geht das?

So auch der Kläger im Verfahren, das dann zum VG Münster, Urt. v. 27.05.2015 – 1 K 115/14 – geführt hat. Er war Beschuldigter in einem  Ermittlungsverfahren wegen Nachstellung. Ihm wurde vorgeworfen über einen längeren Zeitraum (mindestens von August bis Oktober 2013) versucht haben, sowohl seine ehemalige Ehefrau als auch seine Ex-Freundin unabhängig voneinander durch Drohungen und Einschüchtern mittels ständiger (auch nächtlicher) SMS, Anrufe und via Internet dazu zu bewegen, die Trennung rückgängig zu machen bzw. die Beziehung aufrecht zu halten.Das Ermittlungsverfahren wurde im November 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und die Anzeigeerstatterinnen/Geschädigten wurden auf den Privatklageweg verwiesen. In der Vergangenheit waren gegen den Kläger zudem auch noch weitere Ermittlungsverfahren anhängig gewesen, die sämtlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind.

Das VG Münster hat dem Kläger die Antwort auf die seine Frage: Geht das?, gegeben. Ja es geht, und zwar grdunsätzlich auch noch nach Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO:

„Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch nicht entgegen, dass sämtliche Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden. Entscheidend ist allein, ob ein hinreichender Verdacht besteht, die betroffene Person werde künftig wieder straffällig werden. Ein solcher (Rest-)Verdacht kann auch dann vorliegen, wenn alle Strafverfahren gegen die betroffene Person eingestellt worden sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 2002 – 1 BvR 2257/01-, […], Rn. 11; VGH Mannheim, Beschluss vom 20. Februar 2011 – 1 S 2054/00 -, NVwZ 2001, 1289 (1290); Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, § 14 Rn. 11.

Gegen den Kläger besteht nach den obigen Ausführungen nach wie vor ein „Restverdacht“. Aus den ausführlichen Darlegungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 00.00.0000und den in den übersandten Verwaltungsvorgängen enthaltenen Strafanzeigen ergibt sich, dass gegen den Kläger seit 2009 insgesamt acht strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt wurden. Der Restverdacht beruht – wie oben bereits geschildert – insbesondere auf den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wegen Nachstellung. Die gegen den Kläger geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurden nicht nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil der Kläger die Taten erwiesenermaßen nicht begangen hat, sondern weil oftmals Aussage gegen Aussage stand oder weil – wie im Fall der Nachstellung – eine Anklageerhebung nicht im öffentlichen Interesse lag.“

Nun, so ganz überzeugend ist das für mich nicht. Einstellung ist also nicht gleich Einstellung?

NSU-Verfahren: Vierter Pflichtverteidiger für B.Zschäpe – drei Fragen – drei Anworten

FragezeichenSeit dem „Entpflichtungsantrag“ von B. Zschäpe „gegen“ ihre Verteidigerin Anja Sturm macht das NSU-Verfahren mal wieder „Schlagzeilen“/Presse. Allerdings nicht mit inhaltlichen Fragen, sondern nur mit den Fragen um die Pflichtverteidigung. Nämlich einmal, ob Anja Sturm entpflichtet wird, was der Vorsitzende des Senats beim OLG München inzwischen (erneut) abgelehnt hat, und dann die Frage: Bekommt B. Zschäpe einen vierten Pflichtverteidiger (des Vertrauens)? (vgl. dazu auch hier NSU-Verfahren: Nach „Sturm, Stahl, Heer“ kommt jetzt die „Heßstraße“?).

Die Frage  ist seit gestern nun ebenfalls entschieden. Der Senat – besser dessen Vorsitzender – hat der Angeklagten B. Zschäpe einen vierten Pflichtverteidiger bestellt. Es handelt sich um den jungen Münchner Kollegen Mathias Grasel (vgl. u.a. hier: Neuer Zschäpe-Anwalt: Nach den Technokraten nun noch ein Rookie?). Ich will jetzt hier dazu gar nicht wieder das „Fass aufmachen“: Erfahrung, junger Kollege, schon langer Prozess usw.. Dazu nur: Ich bleibe dabei, dass es „ambitioniert“ ist, am 215 Verhandlungstag in ein solches Verfahen einzusteigen. Ich bin gespannt, ob und wie der Kollegen verteidigen wird, ob also z.B. ein Aussetzungsantrag kommt, um sich besser vorbereiten zu können. Und: Ich bin auch gespannt, wie die vier Pflichtverteidiger miteinander umgehen: Gibt es jetzt zwei (Verteidiger)Lager? Im Übrigen: M.E. ist auch für den Senat die Beiordnung nicht ganz ungefährlich. Denn: Mit der Bestellung wird anerkannt, dass das Vertrauensverhältnis zu zumindest einem der bestellten Pflichtverteidiger – m.E. „Wahlpflichtverteidiger“, was ich jetzt aber nicht weiter geprüft habe – zumindest angeschlagen ist. Und damit könnte das dann irgendwann auf eine Entpflichtung hinauslaufen – von zunächst einem ….. Und dann? Ggf. auch der zweite und/oder dann der dritte…..?

Das nur vorab, denn mir geht es jetzt hier um drei Fragen, die gestern von Kollegen an mich gestellt worden sind und die ich über Twitter auch bereits beantwortet habe. Da ich damit aber nicht so gut umgehen kann, hier also noch einmal die Fragen.

  1. Der eine Kollege hatte gefragt, ob das mit dem vierten Plfichtverteidiger überhaupt gehe und welche Reform in der StPO er denn wohl verpasst habe. Ich konnte ihn beruhigen: Er hat keine Reform verpasst. Es gilt hinsichtlich der Höchstzahl von Verteidigern immer noch der aus den RAF-Prozessen stammende § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO, der „die Zahl der gewählten Verteidiger“ auf höchstens drei begrenzt. Richtig: Die „Zahl der gewählten Verteidiger“, also die Zahl der Wahlverteidiger. Wir haben es hier aber nicht mit Wahlverteidigern i.S. des § 137 StPO zu tun, sondern mit Pflichtverteidigern. Und die werden bei der Berechnung der Zahl der Verteidiger nicht mitgerechnet. So die ganz h.M. in Rechtsprechung und Literatur. Allerdings wird – vom Sinn und Zweck des § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO – das Gericht nicht beliebig viele Plfichtverteidiger bestellen können/dürfen. Aber darüber wird sich der Vorsitzende des Senats beim OLG München sicherlich Gedanken gemacht haben. Bei erst vier Plfichtverteididgern dürfte das auch noch unproblematisch sein. Derzeit sehe ich auch nicht, wer die Bestellung mit Erfolg beanstanden sollte.
  2. Ein zweiter Kollege hatte gefragt: „Wie oft gibt es 4 Pflichtverteidiger?“ Nun, darauf konnte ich nur antworten, dass ich kein Verfahren kenne, in denen es vier Pflichtverteidiger gegeben hat. Ich habe das weder während meiner erstinstanzlichen Strafkammerzeit erlebt noch später beim OLG, und das sind zusammen immerhin 30 Jahre gewesen. Ist also schon ungewöhnlich, wobei ich natürlich nicht ausschließen kann, dass es bereits Verfahren gegeben hat, in denen vier Pflichtverteidiger bestellt waren. Drei Wahlverteidiger (s. § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) und ein oder zwei Pflichtverteidiger, das gibt es sicherlich häufiger.
  3. Und der zweite Kollege hatte dann noch die Frage: „Bekommt der Neue mehr Geld wegen der Gebührenreform 2013?“ Die Antwort: Ja, er erhält höhere gesetzliche Gebühren als die bereits vorhandenen drei Pflichtverteidiger. Denn er ist nach dem Stichtag für das Inkrafttreten des 2. KostRMoG bestellt worden. Und allein auf den Zeitpunkt seiner Bestellung kommt es an. Und die drei bereits bestellten Pflichtverteidiger können im Übrigen später im Pauschvergütungsverfahren (§ 51 RVG) nicht unter Hinweis auf den Umstand auch für sich höhere Gebühren reklamieren. So jedenfalls OLG Hamm, Beschl, v. 22. 09. 2005, 2 (s) Sbd. VIII – 181/05 – für den Übergang BRAGO/RVG. Und ich glaube, nachdem, was ich bislang an Pauschgebührenbeschlüssen aus München gesehen habe, dass nun gerade nicht das OLG München im NSU-Verfahren diese Rechtsprechung ändern wird.

Also: Drei Fragen – drei Antworten. Es werden in dem Verfahren wahrscheinlich nicht die letzten Fragen gewesen sein.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich nach der RVG-Reform zumindest eine höhere Pauschgebühr?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Für mich hat die Lösung zu der Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich nach der RVG-Reform zumindest eine höhere Pauschgebühr? – auf der Hand gelegen: Sie ist eidneutig mit „Nein“ zu beantworten. Und das habe ich dem Kollegen auch geschrieben:

„Hallo Herr Kollege,

nein, eine solche Rechtsprechung kenne ich nicht. Und Sie wäre auch wohl – so leid es mir tut – falsch, da damit der § 60 RVG „umgangen“ würde. Das Ganze geht so ein wenig in die Richtung wie OLG Hamm, Beschl, v. 22. 09. 2005, 2 (s) Sbd. VIII – 181/05 -. Werden Sie nicht gern lesen, lässt sich m.E. aber nicht ändern. Wenn Sie eine andere Entscheidung erzielen: Die hätte ich dann gern.“

Ich habe wenig Hoffnung, dass ich vom Kollegen eine in seinem Sinne positive Entscheidung bekommen werde.