Archiv für den Monat: Juni 2015

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Terminsgebühr trotz Rücknahme der Berufung?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Die Antwort aus dem RVG-Rätsel des vergangenen Freitags: Ich habe da mal eine Frage: Terminsgebühr trotz Rücknahme der Berufung?, ergibt sich ganz locker aus dem LG Potsdam, Beschl. v. 30.04.2015 – 24 Qs 7/15. Das LG hat in dem Beschluss in einem vergleichbaren Fall eine Terminsgebühr gewährt. Das LG sieht einen Fall der Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG als gegeben an, was zutreffend ist. Ebenso zutreffend ist es, ein „Vesrchulden“ des Verrteidigers zu verneinen:

„Die Rücknahme eines Rechtsmittels durch den Rechtsanwalt erfolgt nach Absprache mit dem Mandanten und erfordert gemäß § 302 Abs. 2 StPO eine ausdrückliche Ermächtigung. Dabei ist es unerheblich, welche Vorgehensweise der Verteidiger bei der anwaltlichen Beratung empfohlen hat. Entscheidend ist letztlich der Wille des Angeklagten, den der Verteidiger im Rahmen der prozessualen Möglichkeiten pflichtgemäß umzusetzen hat. Daher kann eine im Auftrag des Angeklagten abgegebene prozessrechtliche Erklärung wie die Rücknahme eines Rechtsmittels, die einem bereits anberaumten Termin nachträglich den Rechtsgrund entzieht und die Aufhebung dieses Termins zur Folge hat, nicht als eine dem Verteidiger im gebührenrechtlichen Sinne anzulastende Handlung angesehen werden. Der Verteidiger muss für eine auf dem Willen seines Mandanten beruhende verfahrensrechtliche Erklärung (finanziell) nicht gerade stehen.

Ebenso wenig hat es der Verteidiger zu vertreten, wenn er – wie im vorliegenden Fall – die Rücknahme des Rechtsmittels erst im Gerichtsgebäude erklärt, nachdem er dort von seinem Mandanten einen entsprechenden Auftrag erhalten hat. Wann sich der Angeklagte für diese Vorgehensweise entscheidet, mag zwar von einer vorangegangenen anwaltlichen Beratung abhängen, ist aber in erster Linie eine Frage der zwischen Verteidiger und Mandanten abgestimmten Verteidigungsstrategie. Könnte man dem Verteidiger vorwerfen, dem Mandanten zu spät zu einer Rücknahme des Rechtsmittels geraten zu haben, liefe dies darauf hinaus, nachträglich die Verteidigungsstrategie ggf. gebührenrechtlich zu sanktionieren (vgl. Burhoff, RVGreport 2011, 64).“

Nicht zutreffend sind m.E. die Ausführungen des LG zum Begriff des „Erscheinens“. Sie sind/waren zudem bei dem zu entscheidenden Fall auch überflüssig, da es auf die Frage vom Standpunkt des LG gar nicht (mehr) ankam. Aber so sind sie manchmal die LG 🙂 .

„Du, du…“, oder: Das (nach wie vor) folgenlose Überschreiten von Fristen im Haftrecht

entnommen open.clipart.org

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„Siehste, habe ich doch schon immer gesagt“, das war mein spontaner Gedanke beim Lesen des BerlVerfG, Beschl. v. 18.02.2105 – VerfGH 176/14, auf den ich erst jetzt gestoßen bin, aber gerade noch rechtzeitig, um ihn in der Neuauflage des Handbuch für das Ermittlungsverfahren, 7. Aufl., zitieren zu können. Das Berliner VerfG behandelt in dem Beschluss nämlich eine Frage, die in der Praxis immer wieder eine große Rolle spielt, nämlich: Wie ist damit umzugehen, wenn in der StPO den Gerichten vorgegebene Frist versäumt/überschritten werden. Das Problem stellt sich im Beschwerdeverfahren bei der Vorlagefrist des § 306 Abs. 2 StPO, aber vor allem auch bei der Frist zur Anberaumung eines mündlichen Haftprüfunbgstermins. Da sieht § 118 Abs. 5 StPo eine Frsit von zwei Wochen vor, die ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht überschritten werden darf. Die OLG sind bei Fristüberschreitungen recht großzügig in der Frage, welche Auswirkungen das hat. Ein Beispiel dafür ist z.B. der KG, Beschl. v. 14. 10. 2014 – 1 Ws 83/14 (vgl. dazu “Du, du …”, oder: Das folgenlose Überschreiten von Fristen, wo es um eine Überschreitung von drei Tagen wegen Anklageerhebung ging. Nich so schlimm, hatte das KG gesagt.

Nun, das BerlVerfG sieht das im BerlVerfG, Beschl. v. 18.02.2015 – m.E. zu Recht – anders und rüffelt das KG, zumindest versteckt, wenn es im Beschluss heißt:

„Welche rechtlichen Folgen die Überschreitung der Frist nach § 118 Abs. 5 Halbsatz 2 StPO hat, kann für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde offen bleiben. Das gilt auch für die Frage, ob der Auffassung des Kammergerichts in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2014 zugestimmt werden kann, eine geringfügige Verspätung, die nicht auf groben Bearbeitungs- oder Organisationsfehlern beruhe, sei unschädlich und führe auch in Ansehung des grundrechtlich geschützten Freiheitsanspruchs des Beschuldigten nicht dazu, dass er aus der Haft entlassen werden müsse (ebenso wohl OLG Köln, StV 2009, 653; OLG Hamm NStZ-RR 2006, 17; Hilger, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2007, § 118 Rn. 20; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 118 Rn. 4). Angesichts der verfassungsrechtlichen Ausgangslage muss als ernsthaft zweifelhaft angesehen werden, ob das Verständnis von der Wirkung des § 118 Abs. 5 StPO als einer Ordnungsvorschrift, deren Verletzung jedenfalls unter den vom Kammergericht hervorgehobenen Bedingungen ohne Sanktion bleibt, der Bedeutung der Norm entspricht (verneinend: Herrmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2014, § 118 Rn. 18 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).“

So weit so und auch schön. Nur: In der sache bringt uns die Entscheidung des BerlVerfG nicht weiter. Denn letztlich hat der Fehler keine Auswirkungen, da das VerfG davon ausgeht, dass die nachfolgenden Haftentscheidungen die U-Haft (weiter/wieder) legitimiert haben:

„Wird nämlich für den Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens unterstellt, dass die Zwei-Wochen-Frist in allen Fällen verbindlich ist – es sei denn, der Beschuldigte stimmt der Verlängerung zu -, führt dies nicht dazu, dass der Beschwerdeführer sofort aus der Haft zu entlassen ist. Zwar führt die Fristüberschreitung dann zu einem Rechtsverstoß, der auch rückwirkend nicht geheilt werden kann, doch kann die Entlassung aus der Haft gleichwohl nur verlangt werden, wenn die Haft nicht im Zeitpunkt der Geltendmachung des Entlassungsbegehrens durch nachfolgende Haftfortdauerentscheidungen legitimiert worden ist. So liegt es hier. Dies ist der Umstand, der zur offensichtlichen Unbegründetheit der Verfassungsbeschwerde führt.“

Also: Zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber im Ergebnis aber doch wieder nur ein „Du, du…“ mit der Folge, dass es in solchen Fällen im Zweifel nie zu einer Haftentlassung kommen wird, da meist nachfolgende „legitimierende Haftefortdauerentscheidungen“ vorliegen. Schade.

Was die „Bild“-Zeitung so alles weiß: „Fahrer können sich mit Smartuhr strafbar machen“ (?)

entnommen wikimedia.org Urheber Jojoball89

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Auf BILD.de ist vor einigen Tagen unter der Überschrift:“Apple Watch & Co. im Straßenverkehr Fahrer können sich mit
Smartuhr strafbar machen“ ein Beitrag erschienen, in dem es u.a. hieß: 

Wer beim Autofahren mit seiner Smartwatch telefoniert oder schreibt – und dabei von der Polizei erwischt wird – muss Strafe zahlen. Wer ausschließlich die Uhr-Funktion nutzt, dem drohe aber keine Geldstrafe.

Das sagte ein Pressesprecher der Polizei Berlin am Freitag der BILD.

„Benutzt der Fahrer das Gerät ähnlich wie ein Mobiltelefon oder bedient die Programme, dann ist das unzulässig im Sinne der Vorschriften“, sagte der Sprecher. Dem Fahrer drohe dann eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro und ein Punkt in Flensburg.“

Na, da war ich dann aber doch ein wenig erstaunt. Nicht darüber, dass eine Geldstrafe“ droht – wenn überhaupt bei einem Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO, um den es dann wohl gehen soll eine Geldbuße, aber solche „Kleinigkeiten“ werden in der Berichterstattung eh meist übersehen. Nein, erstaunt darüber, dass die „Polizei Berlin“ – wer immer das ist – offenbar davon ausgeht, dass bei der Benutzung einer „Smart-Uhr“ beim Führen eines Kraftfahrzeuges die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO erfüllt sind.

Da muss man sich dann aber bitte auch mal die Vorschrift ansehen und schauen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Tut man das, stößt man als erstes auf den Begriff des „Mobil- oder Autotelefons“. Und schon da hängt es bei mir. Denn entscheidendes Merkmal für ein Telefon ist – so wenigstens bisher die Literatur und Rechtsprechung ist -, dass es dem Benutzer die Möglichkeit gibt, durch Übermittlung von Tönen mit einem anderen in Echtzeit zu kommunizieren. Ist das mit einem Gerät nicht möglich, greift § 23 Abs. 1a StVO nicht ein. Deshalb fallen ja auch z.B. Geräte wie ein iPOD, mit denen man nur über eine Internetverbindung ggf. telefonieren kann,  nicht unter den Begriff des Mobiltelefons i.S. des § 23 StVO (AG Waldbröl, Urt. v. 31.10.2014 – 44 OWI-225 Js 1055/14-121/14 und dazu: Ist ein iPod ein Mobiltelefon?).Und vom Wortlaut der Vorschrift -„…..telefon“ passt es auch nicht.

Aber selbst wenn: Nach § 23 Abs. 1a StVO muss das Mobiltelefon „aufgenommen oder gehalten werden“. Und? Nun ich nehme die Smartwatch nicht auf und halte sie auch nicht i.S. der Vorschrift, sondern ich habe die Smartwatch im Zweifel wie eine Armbanduhr am Arm. M.E. verlassen wir da also den Anwendungsbereich der Vorschrift und es wird eine Analogie zu Lasten des Betroffenen. Die Diskussion hatten wir schon beim OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.06.2008 – 1 Ss 187/08 und der Frage des Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO bei Benutzung eines Mobiltelefons unter Verwendung der Blue-Tooth-Funktion und eines Earsets.

Also: Liebe (?) Bildzeitung und „Polizei Berlin“: (M..E.) liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO nicht vor. Aber das wird dann sicherlich bald ein AG entscheiden müssen und dann das entsprechende OLG. Wahrscheinlich das AG Berlin-Tiergarten und das KG, wenn die „Polizei Berlin“ ernst macht und denjenigen, den sie beim „Benutzen“ einer Smartwatch während des Autofahrens erwischt, mit einer „Geldstrafe“ bestraft. 🙂

Sonntagswitz: Heute mal ein wenig zu Politikern

© Teamarbeit - Fotolia.com

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Sonntagswitz heute? Nun, im Angesicht des G-7-Gipfels in Bayern und der in NRW dem dortigen Oppositionsführer verloren gegangenen Klausuren: Zu Politikern: Und das wären:

Angela Merkel stirbt. Sie kommt in den Himmel und trifft auf Petrus.
Der sagt: “Hallo liebe Frau! Ihnen steht nun eine Entscheidung bevor: Wollen Sie im Himmel bleiben oder in die Hölle?” Daraufhin Merkel: “Ich würde mir gerne beides einmal ansehen.”
Petrus führt sie zuerst in die Hölle. Alle Freunde (?) von Merkel sind dort. Sie trinken, feiern ausgelassen und lachen zusammen. Anschließend führt Petrus sie in den Himmel. Dort sitzen die ganzen Engel auf den Wolken, schauen dämlich in die Gegend und spielen monoton auf ihren Harfen.
Schließlich sagt Merkel zu Petrus: “Also wenn das so ist, würde ich lieber in die Hölle. Im Himmel ist es mir viel zu langweilig.” – “Ihr Wunsch sei mir Befehl…” erwidert Petrus.
Sie gehen zusammen wieder in die Hölle, doch all ihre Freunde lachen und feiern nicht mehr, stattdessen arbeiten und schufteten sie im Schweiße ihres Angesichts.
“Was ist denn hier passiert?!” ruft Merkel entsetzt. “Naja,” meint Petrus, “das kennen Sie ja: Gestern war vor der Wahl, heute ist nach der Wahl.”


Im Urlaub tritt ein Wanderer versehentlich in ein Bodenloch und fällt hin. Zufällig kommt die Bundeskanzlerin Merkel vorbei und hilft ihm wieder auf die Beine. “Jetzt müssen Sie mir bei der nächsten Wahl aber Ihre Stimme geben”, meint sie. Da antwortet der Mann: “Ich bin doch nur aufs Knie gefallen und nicht auf den Kopf!”

Zusatz: Kann man beliebig abändern 🙂


Manche Politiker versprechen nichts, aber das halten sie dann auch.


und dann war da noch:

Der Bundespräsident ist zum Staatsbesuch in London. Er trifft die Queen und darf mit einer Kutsche durch die britische Hauptstadt fahren. Plötzlich hebt eines der Pferde den Schweif und furzt. Es beginnt tierisch zu stinken.
Der Queen ist das ziemlich peinlich, weshalb sie sagt: “Oh, I’m so sorry, Mr. President!”
Antwortet dieser: “Ach, das macht doch nichts, Eure Hoheit. Und ich habe erst gedacht, es sei das Pferd gewesen.”

Wochenspiegel für die 23. KW., das war Humor bei Gericht, verlorene Klausuren, Fremdgeld und Vorsorgevollmacht

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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Das war dann also die Woche, in der der Sommer kam, wenigstens zum Ende der Woche hin. Das war dann aber auch mal wieder eine Woche mit interessanten Beiträgen. Aus der großen Zahl will ich hinweisen auf:

  1. Humor bei Gerichten ist immer gut, daher: Ernstgemeinter Humor beim Landgericht,

  2. nicht aus dem Strafrecht, sondern aus dem Zivilrecht, aber m.E. auch da falsch: AG Koblenz – Wer sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft ist schuldig – Filesharing,

  3. Klausuren weg, Noten da, – Herr Laschet und seine verlorenen Klausuren,

  4. Be­frei­ung eines ne­ben­be­ruf­lich­en Rechts­an­waltes von der Ver­sich­er­ungs­pflicht,

  5. So geht es einfach nicht (Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren,

  6. Was ist eigentlich ein Tagessatz?,

  7. Der selbsternannte König von Deutschland fährt ohne Fahrerlaubnis,

  8. Nochmal (hatte ich auch schon): Fremdgelder: Zur Untreue des Rechtsanwalts,

  9. und dann war da noch: Problem offener E-Mail-Verteiler: Vorbeugung und Nachsorge,

  10. und dann war da noch ganz zum Schluß: Die Vorsorgevollmacht und das Musterformular des Bundesjustizministeriums.