Archiv für den Monat: April 2015

Ich habe da mal eine Frage: Berufung und Revision – wie wird dann abgerechnet?

Fotolia © AllebaziB

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Eine Frage – sie stammt aus meinem Forum -, die sich in der Praxis sicherlich häufiger stellen wird, betrifft das Zusammentreffen von Berufung und Revision, und zwar:

Das Verfahren richtet sich gegen mehrere Angeklagte, jeder hat einen Pflichtverteidiger.

Gegen die Verurteilungen in I. Instanz legen zwei Angeklagte Rechtsmittel ein, einer die Berufung, einer Revision.
Nach Urteilszustellung, innerhalb der Begründungsfrist erfolgt Terminsladung vom LG. Ein Rechtsmittel wird als Revision fortgeführt und begründet.

Im Kostenfestsetzungsverfahren wird die Verfahrensgebühr gem. 4130 VV RVG nicht anerkannt, mit der Begründung, die Berufungseinlegung durch den Mitverteidiger sei früher erfolgt.

Wer weiß, ob die Ablehnung der Festsetzung der Revisionsgebühr rechtmäßig ist?

Na, wer hat eine Idee?

Der entkleidete Gefangene, oder: Guantanamo ist wohl doch überall

© cunaplus - Fotolia.com

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Die vorhin gestellte Frage, warum manche Dinge erst vom OLG entschieden werden (vgl: Die Besuchserlaubnis für die (mitangeklagte) Verlobte – warum erst vom OLG?), kann man noch toppen und fragen: Und warum ist manches so schwierig (?), dass erst das BVerfG die Lösung findet oder, um es salopp auszudrücken: Ran muss und dem jeweiligen Betroffenen zu seinem Recht verhelfen muss, obwohl die Lösung an sich auf der Hand liegen müsste. Ein Paradebeispiel ist dafür der BVerfG, Beschl. v. 05.03.2015 – 2 BvR 746/13, den man unter die Überschrift einordnen kann: Guantanamo ist wohl überall. Aufmerksam gemacht worden bin ich auf die Entscheidung in Zusammenhang mit dem Posting Causa Middelhoff, oder: Guantanamo ist vielleicht gar nicht so weit weg. Besten Dank an den „Informanten“.

Und es stimmt: Es ist nicht weit weg, sondern die Geschichte spielt in der JVA Gera, also in Thüringen. Der Gefangene, der dann später Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, war bis April 2014 in der JVA Mannheim inhaftiert. Am 06. 09. 2011 wurde er für eine Zeugenvernehmung in einem Verfahren vor dem AG Altenburg in die JVA Gera überstellt. Während der Zeit in der JV Gera erhielt er Besuch von seiner Großmutter. Jeweils kurz vor der Besuchsdurchführung und vor der Vorführung bei Gericht durchsuchten ihn Beamte der JVA. Nach seinen Angaben musste er sich bis auf die Unterhose ausziehen und seine Kleidung zur Kontrolle an einen Beamten weiterreichen. Danach musste er die Arme heben. Schließlich wurde er aufgefordert, die Unterhose herunterzuziehen, so dass seine unverdeckten Genitalien und nach einer Drehung auch seine unverdeckte Rückenansicht in Augenschein genommen werden konnten. Der Gefangene hat dann gegenüber dem Leiter der JVA beanstandet, dass er vor der Besuchsdurchführung einer mit Entkleidung verbundenen körperlichen Durchsuchung unterzogen worden sei. Für die Durchsuchung sei ihm kein Grund genannt worden. Auch sei ihm auf Nachfrage mitgeteilt worden, dass eine einzelfallbezogene Anordnung des Anstaltsleiters nicht vorliege. Vielmehr würden Durchsuchungen vor und nach jedem Kontakt mit Besuchern aufgrund einer allgemeinen Anordnung des Anstaltsleiters vorgenommen. Das BVerfG habe jedoch entschieden, dass eine Anordnung auf der Grundlage des § 84 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StVollzG jedenfalls nicht zur Durchsuchung aller oder fast aller Gefangenen vor jedem Besuchskontakt und damit nicht zu einer Durchsuchungspraxis führen dürfe, die das Strafvollzugsgesetz aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausdrücklich nur in den Konstellationen des § 84 Abs. 3 StVollzG erlaube.

Und dann geht es los: Die Thüringer Justiz – das LG Gera – war der Auffassung, eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung liege nicht vor, wenn der Gefangene zwar seine Kleidung komplett ablegen, seine Unterhose indes „lediglich herunter-, aber nicht vollständig ausziehen“ müsse. Dass der Gefangene hierbei „vorübergehend unbekleidet“ sei, sei unerheblich. Denn eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung sei nur dann gegeben, „wenn der Bedienstete der Anstalt nach der Entkleidung den Gefangenen zunächst auffordere, die Arme zu heben, sich zu bücken, den Mund zu öffnen, sich zu drehen, sich in die Ohren oder Nase blicken zu lassen, den Kopf zu senken und die Haare zu schütteln“. Der Prozessbevollmächtigte des Gefangenen findet das „kreativ“ und geht zum OLG, wo aber aus formalen Gründen die Rechtsbeschwerde scheitert und PKH abgelehnt wird.

Das sieht dann das BVerfG anders und schreibt mit einem schönen Gruß an das OLG Jena:

„Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stelle eine unzulässige Verkürzung des Rechtswegs dar. Bei der in Streit stehenden Untersuchungspraxis der Thüringer Justizbehörden handele es sich zweifelsfrei um eine rechtswidrige Anwendung materiellen Strafvollzugsrechts bei der Auslegung des § 84 StVollzG. Dies sei ein schwerer Rechtsfehler, der die Rechtsbeschwerde zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zulässig mache. Für die Intensität des Grundrechtseingriffs mache es keinen Unterschied, ob die Entkleidung Zweck oder Folge der Maßnahme der Justizvollzugsanstalt sei.“

Und in der Sache. Nun, das BVerfG setzt das „Kreativität“ des LG Grenzen und sieht die Rechte des Verurteilten verletzt, denn:

„….Jedenfalls die explizite visuelle Kontrolle des Körpers des Gefangenen muss jedoch für die Bejahung einer ‚körperlichen Durchsuchung‘ im Sinne des § 84 Abs. 2 StVollzG ausreichen. Zudem ist § 84 Abs. 2 StVollzG hinsichtlich des Entkleidungsgrades mindestens dann einschlägig, wenn die Genitalien des Gefangenen – unabhängig von der zeitlichen Dauer – entblößt werden müssen, da die visuelle Kontrolle dieser Körperteile durch Andere eine der schwerwiegendsten, mit einer Entkleidung verbundenen Beeinträchtigungen des menschlichen Schamgefühls darstellt….

c) Mit der Annahme, eine körperliche Durchsuchung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVollzG liege nur dann vor, wenn der Bedienstete der Anstalt nach der Entkleidung den Gefangenen zunächst auffordere, die Arme zu heben, sich zu bücken, den Mund zu öffnen, sich zu drehen, sich in die Ohren und Nase blicken zu lassen, den Kopf zu senken und die Haare zu schütteln, hat das Landgericht diesen eindeutigen Sinn der vom Gesetzgeber getroffenen differenzierten, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichteten Regelung verkannt. Auch die Annahme, es handele sich jedenfalls – selbst wenn der Beschwerdeführer seine Unterhose herunterziehen müsse und seine unbedeckten Genitalien und seine unbedeckte Rückenansicht kontrolliert würden – nicht um eine mit Entkleidung verbundene Durchsuchung im Sinne von § 84 Abs. 2 StVollzG, lässt sich mit den dargestellten Grundsätzen nicht vereinbaren und die verfassungsrechtlich gebotene Beachtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers vermissen. Die vom Landgericht ebenfalls zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen Umstände, dass weder Unbefugte im Untersuchungsraum anwesend gewesen seien noch Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass der Beschwerdeführer willkürlich oder diskriminierend behandelt worden sei, sind zwar notwendige, jedoch in keiner Weise hinreichende Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der erfolgten Durchsuchung.“

Und was sagt man nun dazu, wenn man die Worte wieder gefunden hat? Einmal: Warum erst das BVerfG? Und: Unerklärlich/unfassbar, dass nicht nur die JVA, sondern auch das LG, das OLG und das Justizministerium Thüringen die vom BVerfG als unhaltbar angesehene Rechtsauffassung bis zum Schluss hartnäckig vertreten und verteidigt haben! Und zum Schluss: Guantanamo ist wohl doch überall.

Die Besuchserlaubnis für die (mitangeklagte) Verlobte – warum erst vom OLG?

© Joachim B. Albers - Fotolia.com

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Manchmal frage ich mich, warum manche Fragen bis zum OLG müssen und dort dann erst entschieden werden, obwohl m.E. die Lösung auf der Hand liegt/lag und, wenn schon nicht das AG, dann aber doch zumindest die Beschwerdekammer die „richtige“ Entscheidung hätte finden können. So ist es mir mal wieder beim OLG Oldenburg, Beschl. v. 01.04.2015 – 1 Ws 197/15 gegangen; der Kollege, der ihn mir geschickt hat, hatte sich übrigens dieselbe Frage gestellt. Es ging um den Antrag auf Erteilung einer Besuchserlaubnis für einen U-Haft-Gefangenen. Die hatte das AG für seine für seine Verlobte, die Mitangeschuldigte war, unter Hinweis auf den Haftgrund der „Verdunkelungsgefahr“ im Haftbefehl abgelehnt. Nachdem die Beschwerde des Angeklagten auch beim LG keinen Erfolg hatte, hat das OLG dann die Besuchserlaubnis (endlich) erteilt und zur Begründung (nur) die Stellungnahme der GStA „eingerückt“:

Eine Versagung des Besuchsverkehrs des Untersuchungsgefangenen mit seiner Verlobten dürfte nur dann möglich sein, wenn im Einzelfall aufgrund konkreter Anhaltspunkte durch den unkontrollierten Kontakt des Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt eine reale Gefahr für den im Haftbefehl vom 08.10.2014 (BI. 3 HSH) auch nur als subsidiär angeführten Haftzweck der Verdunkelungsgefahr besteht. Die bloße Möglichkeit, dass der Untersuchungsgefangene B seine Freiheiten missbrauchen könnte, um – was das Landgericht wohl befürchtet – die Verteidigungsstrategie mit der Mitangeklagten mit Blick auf die bevorstehende Hauptverhandlung abzusprechen, genügt nicht (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O, § 119 Rn. 7 m.w.N.). Dabei ist besonders in den Blick zu nehmen, dass der Mitangeklagten H. lediglich in 4 Fällen Beihilfehandlungen (als Tippgeberin) angelastet werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht erkennen, welche Verdunkelungshandlungen in Bezug auf die Hauptverhandlung konkret zu besorgen sind, zumal die Mitangeklagte längere Zeit unkontrolliert mit dem Untersuchungsgefangenen hat telefonieren können (vgl. BI. 45 HSH).

Dass wegen weiterer, aber nicht aufgeklärter Taten noch ermittelt wird, die bislang nicht zum Gegenstand des Haftbefehls gemacht wurden, lässt sich anhand des Haftsonderhefts nicht feststellen. In Bezug auf Verdunkelungshandlungen wegen nicht aufgeklärter Taten ließe sich dieses Risiko jedenfalls aber durch einen kontrollierten Besuch (in Anwesenheit der Polizei) begegnen. Der angeklagte Sachverhalt ist jedenfalls ausermittelt, so dass keine Verdunkelung mehr für die angeklagten Taten auf der Hand liegt.

Dem schließt sich der Senat an.“

Dem ist nun auch wirklich nichts hinzuzufügen, außer: Richtig.

Streng ist man mit dem Zeugen, der nicht erscheint

© sss78 – Fotolia.com

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Der Zeuge, der nicht zur Hauptverhandlung erscheint, muss mit Sanktionen – Ordnungsgeld und – ggf. haft (§ 51 StPO) rechnen. Das weiß im Grunde jeder. Nicht so bekannt ist wahrscheinlich, dass die Rechtsprechung im Hinblick auf eine Entschuldigung für das Ausbleiben recht streng ist. Den sicherlich meinen viele Zeugen, dass z.B. eine Urlaubsreise ihr Frenbleiben entschuldigt. Das ist aber so nicht richtig. Denn die Gerichte, insbesondere auch die Obergerichte sind da sehr streng und gehen davon aus, dass auch eine Urlaubsreise den Zeugen grundsätzlich nicht von seiner Pflicht, zur Vernehmung vor Gericht zu erscheinen, entbindet. Das hat vor kurzem noch einmal das OLG Dresden im OLG Dresden, Beschl. v. 24.02.2015 – 2 Ws 82/15 – festgestellt:

„Die Pflicht eines Zeugen, vor Gericht zu erscheinen, ist eine von der Strafprozessordnung vorausgesetzte allgemeine Staatsbürgerpflicht, bei deren Nichterfüllung § 51 StPO verfassungsrechtlich unbedenklich die Möglichkeit gibt, dem ordnungsgemäß geladenen und nicht genügend entschuldigten Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen und gegen ihn ein Ordnungsgeld festzusetzen (BVerfG NJW 2002, 955 m.w.N.).

Private und berufliche Pflichten haben gegenüber dieser staatsbürgerlichen Pflicht grundsätzlich zurückzutreten. Der Zeuge ist daher verpflichtet, der Ladung auch dann zu folgen, wenn dies für ihn Unannehmlichkeiten mit sich bringt oder wenn er zur zeitweisen Umgestaltung seines Organisationskreises gezwungen ist. Eine Geschäfts- oder Urlaubsreise muss er notfalls verlegen oder vorzeitig abbrechen, wenn dringende Hinderungsgründe nicht entgegenstehen und dies nicht zu unverhältnismäßigen Nachteilen führt (vgl. Thüringer Oberlandesgericht NStZ-RR 1997, 333; Meyer-Goßner/Schmitt, § 51 Rdnr. 12 m.w.N.).

Dringende Hinderungsgründe oder unverhältnismäßige Nachteile lagen indes nicht vor. Der Termin zur Hauptverhandlung fand nur einen Tag vor dem ohnehin geplanten Ende des 14-tägigen Urlaubs statt, sodass einem unterbrochenen Erholungseffekt schon deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Der Zeuge hätte auch lediglich aus Schwerin zum Termin nach Chemnitz anreisen müssen; die Kosten für diese Anfahrt wären erstattungsfähig gewesen (§§ 5 Abs. 5, 19 Abs. 1 Nr. 1 JVEG). Zudem fand der Termin vor dem Landgericht des Ortes statt, in dem der Zeuge wohnt. Der Zeuge hätte seine Urlaubsreise deshalb unterbrechen oder abbrechen müssen.“

Toll, wenn man das so liest: „Allgemeine Staatsbürgerpflicht“ macht sich immer gut als Argument und hier kann man die Entscheidung auch noch, da es der letzte Tag war, einigermaßen nachvollziehen. Nur: Was ist, wenn der Termin mitten im Urlaub liegt? Muss ich dann auch in jedem Fall unterbrechen? Egal, wo ich bin? M.E. wohl kaum. Und wie ist es, wenn die ganze Familie mit dem Auto unterwegs ist? Müssen dann alle mitzurückfahren oder bleibt die Familie am Urlaubsort? Darum müsste man sich sicherlich auch mal Gedanken machen. Alles in allem: So einfach ist es m.E. nicht, aber so natürlich einfach für die Gerichte. Vor allem, wenn man – wie das OLG Dresden – davon ausgeht, dass man als Zeuge beim Schweigen des Gerichts nachfragen muss. Warum eigentlich muss eigentlich ich als Zeuge nachfragen? Das Gericht will doch was von ihm. Ach so, sicher. Staatsbürgerliche Pflicht.

Rettung in solchen Fällen kommt dann allerdings häufig über § 153 StPO. Die Gerichte stellen das Verfahren ggf. entsprechend dieser Vorschrift ein. Aber: Nach Auffassung des OLG Dresden erfasst die Einstellung des Verfahrensneben den Ordnungsmitteln nicht auch die Kostenüberbürdung . Auf denen bleibt der Zeuge dann ggf. „hängen“.

Der Frauenarzt, der heimlich seine Patientinnen filmt

entnommen wikimedi.org Urheber Rieser Bauernmuseum Maihingen

entnommen wikimedi.org
Urheber Rieser Bauernmuseum Maihingen

Der Frauenarzt, der heimlich die gynäkologische Untersuchung seiner Patientinnen filmt, ohne dass für das Filmen eine medizinische Notwendigkeit besteht, macht sich nach § 201a StGB a.F. strafbar, und zwar ohne dass die gefilmten und fotografierten Frauen hinreichend erkennbar sind.. Das ist das Fazit aus dem BGH, Beschl. v. 26.02.2015 – 4 StR 328/14:

„Hinsichtlich der Verurteilungen wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gemäß § 201a Abs. 1 StGB aF bemerkt der Senat ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts:

Nach der Strafnorm des § 201a Abs. 1 StGB aF (§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Fassung des 49. Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21. Januar 2015, BGBl I, S. 10), welche dem Schutz des durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleisteten höchstpersönlichen Lebensbereichs des Einzelnen vor Eingriffen durch Bildaufnahmen dient (vgl. BT-Drucks. 15/2466, S. 1; Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 201a Rn. 2; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 201a Rn. 3; Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 201a Rn. 1), macht sich in der Tatbestandsvariante des Herstellens strafbar, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, Bildaufnahmen herstellt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der Person verletzt. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dieser Vorschrift auch Bildaufnahmen unterfallen, die allein aus sich heraus eine Individualisierung der abgebildeten Person nicht ermöglichen (vgl. Bosch in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 201a Rn. 5; Altenhain in Matt/Renzikowski, StGB, § 201a Rn. 2; Koch, GA 2005, 589, 595; Kargl, ZStW 2005, 324, 340; Ernst, NJW 2004, 1277, 1278; aA Hoyer in SK-StGB [Stand: Oktober 2005], § 201a Rn. 12; Kühl in Lackner/Kühl aaO, Rn. 4), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Tatbestandlich erfasst werden jedenfalls solche Bildaufnahmen, die – wie hier vom Landgericht in den der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen festgestellt – aufgrund hinreichend vorhandener Identifizierungsmerkmale von den jeweiligen Tatopfern der eigenen Person zugeordnet werden können (vgl. Valerius in LK, 12. Aufl., § 201a Rn. 11; Kargl in NK-StGB, 4. Aufl., § 201a Rn. 6; Fischer aaO, Rn. 5; auf grundsätzliche Identifizierbarkeit abstellend vgl. Lenckner/Eisele aaO, Rn. 4; Heuchemer in Heintschel/Heinegg, StGB, § 201a Rn. 16.2). Weiter gehende Anforderungen an die Erkennbarkeit der abgebildeten Personen lassen sich bei einer am geschützten Rechtsgut orientierten Auslegung weder aus dem Tatbestandsmerkmal der Bildaufnahme einer anderen Person noch aus dem tatbestandlich vorausgesetzten Erfolg einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs ableiten. Da der Rechtsgutsangriff bereits in der Fertigung der Bildaufnahme durch den Täter liegt, ohne dass es auf eine mögliche spätere Weitergabe oder Verbreitung der Aufnahme ankommt, besteht insbesondere kein Grund, den Eintritt des Taterfolgs davon abhängig zu machen, dass die Identifizierung der abgebildeten Person von Dritten anhand auch anderen bekannter Merkmale oder Besonderheiten vorgenommen werden kann (so aber Graf in MK-StGB, 2. Aufl., § 201a Rn. 20).“