Archiv für den Monat: März 2015

Ich habe da mal eine Frage: Was ist mit den Gebühren nach Abtrennung des Verfahrens?

Fotolia © AllebaziB

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Manchmal muss man Glück haben. Gestern Morgen hatte ich noch überlegt, welche Frage ich heute im RVG-Rätsel zur Diskussion stellen soll und dann flattert mir am Nachmittag eine E-Mail mit einer Frage ins Postfach. Es geht um eine in der Praxis sicher häufigere Problematik, die der Kollege wie folgt darstelle:

„Darüber hinaus würde mich sehr interessieren, was Sie von meinem Fällchen halten:

Mein Mandant wurde gemeinsam mit einem anderen wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, der andere darüber hinaus wegen Brandstiftung. In der Hauptverhandlung wurde das Verfahren gegen meinen Mandanten abgetrennt und sogleich eingestellt. Ich habe als Pflichtverteidiger sowohl für das ursprüngliche Verfahren Gebühren verlangt (und bekommen) als auch für das Verfahren nach Abtrennung. Nach meiner Ansicht handelt es sich mit Abtrennung um eine neue Sache mit neuem Gebührenanfall. Argumentiert habe ich auch mit Ihrem RVG-Kommentar.

Das AG hat mir die Gebühren ab Abtrennung verweigert, und nun ebenso das LG, und argumentiert ebenso mit Ihrem RVG-Kommentar…..“

Nun, Lösungsvorschläge werden gern bis Montagmorgen entgegen genommen … 🙂 .

Die Dickfelligkeit des AG München, oder: Ich bin einen Schritt weiter

entnommen wikimedia.org Author Bubo

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Author Bubo

Der regelmäßige Leser dieses Blogs erkennt/fragt sich, wenn er die Überschrift sieht/liest: Da war doch schon mal was mit dem AG München und der Dickfelligkeit? Richtig, und zwar das Posting vom 09.03.2015 – Die Dickfelligkeit des AG München, oder: Ich bin es leid. Da hatte ich über meine vergeblichen – fast einen Monat dauernden – Versuche berichtet, an das AG München, Urt. v. 05.02.2014 – 343 C 28512/12 – zu kommen = davon vom AG München eine Kopie zu erhalten. Der Beitrag hat – wie nicht anders zu erwarten – eine ganze Reihe von Kommentaren gebracht und – war ebenfalls zu erwarten – einige der Kommentatoren konnten mal wieder so richtig „ihr Mütchen an mir kühlen“. Man fand meine Anfrage(n) „teeniehaft“ – vielen Dank bei fast 65 Lebensjahren – oder es sogar „unverschämt, der Anfrage sogleich eine “Erinnerung” folgen zu lassen“. Ich weiß nicht, was dran unverschämt sein soll, aber was soll es? Den Kern treffen diese Kommentare nicht. Denn sie gehen an der Frage, warum denn nun fast einen Monat nichts passiert ist, schlicht vorbei.

Inzwischen ist aber etwas passiert. Denn seit gestern bin ich nun endlich im Besitz einer (Papier)Kopie des AG München, Urt. v. 05.02.2014 – 343 C 28512/12 -, die mir – wie erbeten – vom AG München auf dem Postweg zugegangen ist mit der „Bitte“ 12 € an die LJK Bamberg zu zahlen (ist inzwischen geschehen). Die Kopie ist „einfach nur so gekommen“. Ohne Anschreiben. Das kommt dann sicherlich noch 🙂 . Ich will dann nicht schon wieder erinnern 🙂 . Allerdings ist die Kopie auch ohne Rechtskraftvermerk.

In dem Zusammenhang übrigens besten Dank an all diejenigen, die mich im Hinblick auf mein Posting – in Kommentaren aber auch hinter den Kulissen – darauf hingewiesen haben, dass die Entscheidung inzwischen bei Juris veröffentlicht war. Da müsste man jetzt nur noch wissen, wann? Geprüft habe ich das vor meiner ersten Anfrage, dann aber nicht mehr. Und ganz besonders herzlichen Dank an Benjamin Bremert von openjur, der mir schon am 09.03.2015 abends die erbetene Entscheidung im Volltext zugemailt hat mit dem Hinweis, dass er sie am Morgen von der Pressesprecherin des AG München erhalte hatte. Schöne Duplizität der Ereignisse. Die zeitlichen Zusammenhänge will ich nun aber nicht auch noch aufdröseln 🙂 .

Fazit: Da ich nun das Urteil auch im Original habe, kann ich jetzt also – ich habe bewusst gewartet – die Frage prüfen, ob sich aus dem Urteil etwas Neues für den „Begriff des Unfalls“ i.S. des § 142 StGB ergibt – nur darum ging es an sich. Antwort: Auf den ersten Blick m.E. nicht. Die Entscheidung liegt auf der Linie des LG Düsseldorf, Urt. v. 06.05.2011 – 29 Ns 3/11, StRR 2011, 399 = VRR 2011, 433 = NStZ-RR 2011, 355 = VA 2011, 212 = NZV 2012, 194 (vgl. dazu: Der (weg)rollende Einkaufswagen), wenn das AG ausführt:

Die Beklagte zu zwei ist als Kfz-Haftpflichtversicherung nur einstandspflichtig, wenn sich ein Unfall „bei Betrieb“ des bei ihr haftpflichtversicherten Fahrzeugs ereignet. Nach der in der Rechtsprechung üblichen Definition ereignet sich ein Unfall „bei Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs, wenn er „durch die dem Kfz-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht wurde“ und sich „von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahren bei seiner Entstehung ausgewirkt haben“. Dabei genügt ein naher zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Einrichtung des Kraftfahrzeugs, nicht jedoch eine bloße räumliche Nähe (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 7 StVG Rn. 4 f.)

Nach dieser Definition liegt hier kein Unfall vor, der im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs steht. Der Beklagte zu eins hat zwar im Zusammenhang mit dem Unfall einen Einkaufswagen beladen, den er zu diesem Zweck in der Nähe des Kastenwagens der Klägerin abgestellt hatte. Dass dieser sich dann in Bewegung setzte, hat aber nichts mit den typischen Gefahren zu tun, die im Zusammenhang mit der Benutzung des Ducatos als Kraftfahrzeug stehen. Der Einkaufswagen hätte sich genauso gut in Bewegung setzen können, wenn zum Beispiel der Beklagte zu eins unmittelbar vor dem Supermarkt Getränkekästen von einem auf den anderen Einkaufswagen umgeladen hätte. Die Ursache des Unfalls liegt hier nicht in der Gefährlichkeit des Ducatos, sondern darin begründet, dass der Beklagte zu eins beim Abstellen des Einkaufswagens nicht darauf geachtet hat, dass dieser einen sicheren Stand hat und nicht wegrollt. So sieht es auch das LG Kassel (Urteil vom 16.1.2003, Az: 1 S 402/02, ZfSch 2003, 301-302). Demzufolge muss hier auch die Beklagte zu zwei, die die Betriebsgefahren im Zusammenhang mit der Benutzung des Fiat Ducatos absichern soll, für den entstandenen Schaden nicht aufkommen. Die Klage gegen die Beklagte zu zwei war abzuweisen.“

Aber das hatte das OLG Düsseldorf Urt. v. 07.11.2011 – III-1 RVs 62/11, StRR 2012, 228 = VA 2012, 120 = NStZ 2012, 326 = NStZ-RR 2012, 218 = NZV 2012, 350 schon anders gesehen (vgl. dazu Der (weg)rollende Einkaufswagen II – Unfall i.S. des § 142 StGB).

Jetzt bin ich dann nur noch gespannt, wie es weitergeht. Offen ist ja noch meine Dienstaufsichtsbeschwerde…..

Nochmals: Der „rasende bayerische Notarzt“ – dürre Einstellungsentscheidung

entnommen wikimedia.org Urheber Bubinator

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Urheber Bubinator

Ich erinnere: Da hat es vor einigen Wochen die Diskussion um den Strafbefehl gegen einen „rasenden bayerischen Notarzt“ gegeben. Den hatte das AG Neuburg a.d. Donau gegen den Notarzt erlassen. Nach einem „Shit-Storm“ in den Medien ist das Verfahren gegen den Notarzt dann aber von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. In den Blogs sind die damit zusammenhängenden Fragen mehr oder weniger heftig diskutiert worden (vgl. z.B. hier Staatsanwaltschaft zieht Strafbefehl gegen Notarzt nach Online-Protesten zurück) . Ich hatte mich dazu „enthalten“, greife das Thema aber jetzt noch einmal auf.

Grund für meine Enthaltsamkeit war, dass ich bei solchen Themen immer lieber erst die Entscheidungen sehe und ungern zu PM ö.Ä. blogge (von Ausnahmen mal abgesehen). Inzwischen habe ich mir die maßgeblichen Entscheidungen aber besorgen können (manchmal sind Connections, die man aufgrund von „Auftritten“ in FA-Kursen hat, ganz hilfreich 🙂 ). Ich stelle sie dann hier ein.

Der Strafbefehl des AG Neuburg a.d. Donau aus Januar 2015, durch den eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen von je 150 € festgesetzt worden war, lautet:

Die Staatsanwaltschaft legt Ihnen folgenden Sachverhalt zur Last:

Sie fuhren am 23.04.2014 gegen 13.30 Uhr mit dem Pkw Notarztfahrzeug, Kennzeichen XXXX, auf der St 2043 im Bereich Neuburg a.d.Donau mit hoher Geschwindigkeit, wobei Sie sich in einem Notarzteinsatz befanden und das Blaulicht eingeschaltet hatten.

Auf Höhe Abschnitt 140 – Km 0,500 im Bereich der Abzweigung Am Kreuz kurz nach der Ort­schaft Zell überholten Sie ein rechtsabbiegendes Fahrzeug und scherten dabei – nur auf Ihr schnelleres Fortkommen bedacht – nahezu ungebremst auf die Gegenfahrbahn aus, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt Fahrzeuge im Gegenverkehr näherten. Dies hatte zur Folge, dass der mit dem Pkw VW, a. Kz. XXXXXX entgegenkommende Zeuge ZZZZZZ, sowie auch der hinter ihm mit dem Pkw Saab, a. Kz. ZZZZZZZ fahrende Zeuge ZZZZZZ scharf abbremsen und nach rechts ins Bankett ausweichen mussten, um einen Zusammenprall mit Ihrem Fahr­zeug zu verhindern. Nur durch die sofortigen Ausweichreaktionen der Geschädigten konnte ein Unfall verhindert werden.

Dies hätten Sie bei Beachtung der auch für einen Arzt im Noteinsatz geltenden Sorgfaltspflich­ten im Verkehr erkennen und verhindern können.“

Und die Einstellungsverfügung der StA vom 02.03.2015 lautet:

„….in dem oben genannten Verfahren habe ich mit Verfügung vom 27.02.2015 folgende Entschei­dung getroffen:

Das Ermittlungsverfahren wird gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Hinsichtlich der Ordnungswidrigkeiten wird das Verfahren nach §§ 46 OWiG, 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Gründe:

Dem Beschuldigten liegt zur Last, am 23.04.2014 gegen 13.30 Uhr auf der Staatsstraße 2043 im Bereich Neuburg/Do. bei einer Einsatzfahrt mit einem Notarztwagen trotz Gegen­verkehr ein rechts abbiegendes Fahrzeug überholt zu haben und dadurch zwei entgegen­kommende Pkws bei voller Fahrt zum Ausweichen ins Bankett gezwungen zu haben, um einen Frontalzusammenstoß zu verhindern. Der Beschuldigte selbst hat sich inzwi­schen in einer schriftlichen Stellungnahme seines Verteidigers zum Vorwurf geäußert.

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung des Ermittlungsergebnisses einschließlich der Angaben der beiden Zeugen und der Stellungnahme des Beschuldigten ist als Ergebnis festzustellen, dass das Vorliegen einer Straftat beziehungsweise Ordnungswidrigkeit nicht feststellbar ist.

Etwaige zivilrechtliche Ansprüche werden durch diese Entscheidung nicht berührt.“

Schade, von der Einstellungsverfügung hatte ich mir mehr Inhalt erhofft als nur die Feststellung: „Straftat …. nicht feststellbar“; in den Handakten der StA steht wahrscheinlich mehr 🙂 . Da schließt sich dann aber doch die Frage an: Hätte man das nicht auch in der Zeit zwischen der angeblichen Tat im April 2014 und dem Erlass des Strafbefehls im Januar 2015 auch schon feststellen können? Was hatte sich nach dem Erlass des Strafbefehls verändert, was nicht schon vorher bekannt war und dem Antrag auf und dem Erlass des Strafbefehls entgegen gestanden hat? Alles in allem eine recht dürre Einstellungsentscheidung. Den Notarzt wird es nicht stören. Die Kuh ist für ihn (strafrechtlich) vom Eis.

„Du, du …“, oder: Das folgenlose Überschreiten von Fristen

© Stefan Rajewski Fotolia .com

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Wenn ich solche Beschlüsse wie den KG, Beschl. v. 14.10.2014 – 1 Ws 83/14 – lese, dann frage ich mich immer, warum es eigentlich gesetzliche Fristen gibt, wenn deren Überschreitung doch keine Folgen nach sich zieht, außer vielleicht einem symbolischen „Du, du“. Die Frage stellt sich für mich z.B. bei der Verletzung der Drei-Tages-Frist des § 306 Abs. 2 StPO, aber auch bei der Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 5 StPO. Die letztere sieht vor, das eine mündliche Haftprüfung „unverzüglich“ durchzuführen „ist“ und sie – ohne Zustimmung des Beschuldigten „nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden darf“. M.§. deutlich, oder?

Nun, leider nicht, wie der erwähnte KG, Beschluss mal wieder zeigt, den man dahin zusammenfassen kann: Die Überschreitung der Zwei-Wochen-Frist ist dann nicht schlimm, wenn sie nur geringfügig überschritten worden ist.

Der Senat hatte dabei auch die vom Angeklagten geltend gemachte Verletzung des § 118 Abs. 5 StPO bedacht. Zu der mit der Beschwerde erneut vorgetragenen Rüge bemerkt der Senat:

„Richtig ist zwar, daß die in dieser Vorschrift normierte Zweiwochenfrist für die Durchführung der mündlichen Haftprüfung nach dem Gesetzeswortlaut nicht überschritten werden „darf“ und hier bei dem auf den 31. Juli 2014 durch das Landgericht anberaumten Termin zu der am 14. Juli 2014 noch vor dem Amtsgericht beantragten mündlichen Haftprüfung nicht eingehalten worden ist. Das hat jedoch auch unter Beachtung des grundrechtlich geschützten Freiheitsanspruchs des Beschuldigten (Art. 104 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) nach herrschender Meinung nicht zur Folge, daß er bei einer Fristüberschreitung stets aus der Haft zu entlassen ist (vgl. KG, Beschluß vom 20. Juli 2009 – 4 Ws 72/09 -; OLG Köln StV 2009, 653; OLG Hamm NStZ-RR 2006, 17; Schmitt in Meyer-Goßner, StPO 57. Aufl., Rdn. 4 zu § 118; Hilger in LR, StPO 26. Aufl., Rdn. 20 zu § 118). Das steht auch im Einklang mit der zu § 121 Abs. 1 StPO ergangenen Rechtsprechung, wonach allein die verspätete Vorlage der Akten beim Oberlandesgericht noch kein Grund ist, den Haftbefehl aufzuheben (vgl. OLG Hamm NJW 2007, 3221 und NStZ-RR 2003, 143; OLG Karlsruhe StV 2000, 513 – bei juris). Für die Regelung des § 118 Abs. 5 StPO bedeutet das nach Auffassung des Senats, daß jedenfalls in den Fällen, in denen die Verspätung nur geringfügig ist und nicht auf groben Bearbeitungs- oder Organisationsfehlern beruht, wie in den vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen des AG Frankfurt/Main (StV 1993, 33) und des AG Hamburg-Harburg (StraFo 2005, 198), die Nichteinhaltung der Frist unschädlich ist. So liegt es hier.

Die Überschreitung der Frist von nur drei Tagen war dadurch bedingt, daß die Staatsanwaltschaft nach der Inhaftierung des Angeklagten unter Beachtung des Beschleunigungsgebots bereits am 23. Juli 2014 Anklage erhoben hatte und damit wegen des umfangreichen Prozeßstoffes ersichtlich auch aus prozeßökonomischen Gründen die weiteren Entscheidungen über die Haftverhältnisse dem für das Hauptverfahren zuständigen Gericht überlassen wollte, das sich ohnehin umfassend in die Sache einarbeiten mußte. In den Akten ist zudem ausführlich dokumentiert, daß unter Berücksichtigung einer angemessenen Vorbereitung der Strafkammer und zeitlicher Verhinderung der Richter sowie des Verteidigers ein früherer Termin nicht möglich war. Dem Angeklagten wäre zudem nicht damit gedient gewesen, wenn das Landgericht die mündliche Haftprüfung fristgerecht durchgeführt und wegen unzureichender Vorbereitung die Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Gesetz (§ 118a Abs. 4 StPO) um eine Woche hinausgeschoben hätte.

Also – wie gehabt: Gerade mal ein verstecktes „Du, du“. Noch nicht mal ein: „Aber nicht wieder tun, dann …..“

Wenn nichts besprochen ist, muss auch nichts mitgeteilt werden…..

© aerogondo - Fotolia.com

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Aus dem schier unerschöpflichen Fundus der „Verständigungsentscheidungen“ stelle ich dann den schon etwas älteren BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – 1 StR 242/14 – vor, der sich (mal wieder) mit der Mitteilungspflicht bzw. deren Inhalt befasst hat. Zugrunde gelegen hat der Entscheidung eine in der Praxis sicherlich häufiger anzutreffende Konstellation, die man m.E. auch unter dem Satz: „Nix Konkretes gewesen…..“ zusammen fassen kann. Dazu heißt es im BGH, Beschl.:

Der Angeklagte gab in der Hauptverhandlung zum Vorwurf der Vergewaltigung eine bestreitende Einlassung ab. Nachdem die Hauptbelastungszeugin an mehreren Tagen nicht erschienen war, bat der Vorsitzende der Strafkammer den Verteidiger, die Staatsanwältin und die Nebenklägervertreterin in das Beratungszimmer. Nachdem erörtert worden war, dass die Nebenklägerin bisher nicht vernommen werden konnte, fragte der Vorsitzende, ob die Möglichkeit einer Verständigung bestehe, wobei ein Geständnis des Angeklagten hierfür Voraussetzung sei. Der Verteidiger erklärte, dass dies vor der Vernehmung der Nebenklägerin nicht in Betracht komme. Er kam sodann mit dem Vorsitzenden überein, zunächst die Nebenklägerin zu hören, ein Geständnis „müsse“ nicht heute erfolgen.

Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende folgende Erklärung ab, die er auch protokollieren ließ:

„Der Vorsitzende gab bekannt, dass auf Initiative der Kammer ein Rechtsgespräch mit den Mitgliedern der Kammer, dem Verteidiger, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Nebenklagevertreterin stattgefunden hat. Seitens des Gerichts wurde die Möglichkeit einer Verständigung angesprochen. Dies wurde vom Verteidiger abgelehnt. Man kam überein, zunächst die Geschädigte zu vernehmen.“

Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung – auch nach Vernehmung der Nebenklägerin – kam keiner der Verfahrensbeteiligten auf das Verständigungsgespräch zurück.

Die Revision trägt darüber hinaus vor, der Vorsitzende habe bei dem Verständigungsgespräch zudem erklärt, dass „die Sache aus Sicht der Kammer bei Ablegung eines Geständnisses mit einer Bewährungsstrafe ausreichend sanktioniert sein könnte.“

Dazu hat der BGH dann dienstliche Stellungnahmen ein geholt, in denen es heißt: „So belegen die dienstlichen Stellungnahmen der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft, des Vorsitzenden und des Beisitzers, dass von Seiten des Gerichts ein für den Fall des Geständnisses für angemessen erachteter konkreter Strafrahmen, gar in Form einer noch die Aussetzung zur Bewährung eröffnenden Strafhöhe, nicht genannt worden ist. Zwar sei durch den Vorsitzenden zu Beginn erklärt worden, dass ein Geständnis Auswirkungen auf das Strafmaß habe und man sich abhängig vom Strafmaß gegebenenfalls Gedanken über eine Strafaussetzung machen könne. Übereinstimmend ergibt sich aus den dienstlichen Stellungnahmen jedoch, dass zur Abgabe von konkreten Strafrahmenvorstellungen nach „kategorischer“ Ablehnung eines Geständnisses durch den Verteidiger kein Raum mehr gesehen wurde.“

Und das war es dann:

„Die hier vom Vorsitzenden erfolgte Unterrichtung genügte diesen Anforderungen. Denn sie umfasste sowohl den Aspekt, auf wessen Initiative es zu dem Verständigungsgespräch gekommen war, als auch dass der Verteidiger eine Verständigung abgelehnt hatte und man zunächst die Nebenklägerin vernehmen wolle, mithin den wesentlichen Inhalt. Da ein konkreter Verständigungsvorschlag nach dem bewiesenen Verfahrensablauf von keinem geäußert wurde, bestand auch nicht das Erfordernis einer darauf gerichteten Mitteilung. Allein der Hinweis des Vorsitzenden, dass ein Geständnis Auswirkungen auf das Strafmaß habe und es vom Strafmaß abhängig sei, ob man sich Gedanken über eine Strafaussetzung machen könne, stellt noch keinen Verständigungsvorschlag dar. Hierin liegt weder die Zusage, dass das Gericht sich für den Fall des Zustandekommens der Verständigung daran gebunden sehen wollte, eine bewährungsfähige Strafe zu verhängen, noch beinhaltet es die Information, dass das Gericht eine bewährungsfähige Strafe im konkreten Fall für angemessen erachten würde. Gerade diese Frage ist offen gelassen worden, so dass bei dem Angeklagten kein Informationsdefizit bestand.“

Dürfte m.E. richtig sein.