Archiv für den Monat: März 2015

Klassischer Fehler XXIII: Urteil ohne Einlassung, das ist ein „Anfängerfehler“.

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Da kann/muss ich mal wieder über einen „Klassischen Fehler“ berichten, den ich allerdings noch besser in die Kategorie „Anfängerfehler“ eingeordnet hätte. Denn das, was das LG Gera da „verbrochen“ hat, geht m.E. gar nicht. Die Strafkammer verurteilt den Angeklagten wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und setzt die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus. Im Urteil kein Wort zur Einlassung des Angeklagten. Und das war es dann beim BGH, der dazu im BGH, Beschl. v. 30.12.2014 – 2 StR 403/14 – ausführt:

„Die Beweiswürdigung, aufgrund derer sich das Landgericht die Überzeugung vom Vorliegen der angeklagten Tatvorwürfe verschafft hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft, weil jegliche Angaben dazu fehlen, ob und wie sich die Angeklagte zur Sache eingelassen hat.

Aus § 267 StPO, der den Inhalt der Urteilsgründe festlegt, ergibt sich zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, eine Beweiswürdigung im Urteil vorzunehmen, in der die Einlassung des Angeklagten mitgeteilt und diese Einlassung unter Bewertung der sonstigen Beweismittel gewürdigt wird. Doch ist unter sachlich-rechtlichem Blickwinkel regelmäßig eine Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (vgl. zuletzt BGH NStZ-RR 2013, 134, 135 m.w.N. im Falle eines Freispruchs; siehe BGH NStZ-RR 1999, 45 zu einem Verurteilungsfall; dazu auch: auch OLG Hamm StraFo 2003, 133; OLG Köln StraFo 2003, 313). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlich-rechtliche Fehler hin überprüfen zu können.

In den Urteilsgründen fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Einlassung der Angeklagten. Es wird nicht einmal mitgeteilt, ob die Angeklagte sich überhaupt zu dem Anklagevorwurf geäußert hat. Soweit sich den Gründen der angefochtenen Entscheidung entnehmen lässt, dass die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten auf ihren Angaben beruhen, lässt dies – entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts – nicht den Schluss zu, dass die Angeklagte über Erklärungen zur Person hinaus keine Angaben zur Sache gemacht hat. Infolgedessen ist das Urteil mangels einer durch das Revisionsgericht überprüfbaren Beweiswürdigung aufzuheben.“

In meinen Augen ein Fehler, den man allenfalls noch einem frisch gebackenen „Neuling“ als Amtsrichter am AG durchgehen lassen kann – aber auch nur einmal, nicht aber eine Strafkammer mit einem Vorsitzeden und mindestens einem Richter am LG. Man fragt sich: Wieso haben die ihre Hausaufgaben nicht gemacht und wieso kann es zu so einem Fehler kommen? Möglicherweise liegt es dem in den Augen der der Kammer geringen Strafmaß und man hat nicht  mit einer Revision gerechnet. Aber: Im Zweifel wird das Urteil doch erst nach Einlegung der Revision begründet worden sein. Das wusste man, dass eine Revision im Spiel und der Weg nach Karlsruhe programmiert war.

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Es ist nicht Aufgabe des BGH, „die Tatgerichte zu „disziplinieren“.

entnommen wikimedia.org Urheber Photo: Andreas Praefcke

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Der BGH, Beschl. v. 27.01.2015 – 5 StR 310/13 – behandelt eine (erneute) Revision in einem Verfahren wegen Vergewaltigung u.a. Die gegen eine erste Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hatte der BGH bereits 2013 nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Diese Entscheidung hat dann das BVerfG auf die Verfassungsbeschwerde des Angeklagten aufgehoben, weil sie diesen in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt habe (BVerfG NStZ 2014, 592). Jetzt hat der BGH die Revision erneut verworfen, und zwar – weil kurz ausgedrückt – nach dem vom Senat durchgeführten Freibeweisverfahren feststeht, dass kein Gespräch, das eine Verständigung zum Gegenstand gehabt hätte, statt gefunden hat.

So weit, so gut. Aber darum geht es mir auch gar nicht, sondern es geht um den letzten Satz im BGH, Beschluss.

Abschließend bemerkt der Senat, dass es – anders als die Revision zu meinen scheint – nicht zu den Aufgaben des Bundesgerichtshofs zählt, die Tatgerichte zu „disziplinieren“.

Aber hallo, da scheint aber jemand auf den Schlips getreten zu sein, oder sehe ich das falsch…?

 

Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet, oder: Wer den falschen Verteidiger wählt, ist selber schuld

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Über den AG Kleve, Beschl. v. 29.01.2015 – 12 Cs-801 Js 522/12-965/12 – kann man m.E.- mit Fug und Recht den Satz schreiben: „Wer zunächst den falschen Verteidiger wählt, ist selber schuld“, oder auch: „Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet“. Im Beschluss geht es um die Erstattungsfähigkeit höherer Gebühren nach einem Anwaltswechsel. Der Beschuldigte war bereits vor dem 01.08.2013, dem Tag des Inkrafttretens des 2. KostRMoG anwaltlich vertreten. Ihm wurden verschiedene Verstöße gegen das AMG vorgeworfen; es ging um den Vertrieb von „Legal Highs“, die zu dem Zeitpunkt sämtlich nicht in der Anlage I des BtMG aufgeführt waren. Im Oktober/November 2013 kam es zu einem Anwaltswechsel. Der ursprüngliche Verteidiger, ein hauptsächlich im Zivil- und Arbeitsrecht tätiger Rechtsanwalt fühlte sich dem Verfahren fachlich nicht (mehr) gewachsen. Es kam daher zu dem einvernehmlichen Anwaltswechsel. Nach der auf Vorlage des BGH ergangenen Entscheidung des EuGH ist das Verfahren gegen den Beschuldigten dann nach § 153 StPO eingestellt worden. Die notwendigen Auslagen des Beschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt. Der neue Rechtanwalt hat Erstattungsansprüche gegenüber der Landeskasse in Höhe des nach dem am 01.8.2013 in Kraft getretenen 2. KostRMoG geltenden Gebührenrechts angemeldet. Hiergegen hat der Vertreter der Staatskasse eingewendet, dass sich bereits vor dem 01.08.2013 ein Verteidiger bestellt hatte und ein notwendiger Anwaltswechsel nicht vorlag. Die Gebühren sind dann nach altem Recht festgesetzt worden. Das AG argumentiert:

„Die nach dem Anwaltswechsel durch die Gesetzesänderung entstandenen höheren Gebühren sind nach §§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, 91 Abs. 2 ZPO als notwendige Auslagen gegenüber der Staatskasse nur dann erstattungsfähig, wenn in der Person des Anwalts ein Wechsel eintreten musste (vgl. LG Kleve, Beschluss vom 11.08.2011 – 120 Qs 68/11 -), dessen Ursache nicht in der Sphäre des Angeklagten liegt (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2000, 64).

Nach Mitteilung des zuvor tätigen Verteidigers fand der Wechsel im Einvernehmen statt. Der jetzige Verteidiger trägt selbst vor, dass ein Anwaltswechsel nahe lag und aus seiner Sicht auch notwendig war.

Sicherlich steht es dem Angeklagten frei, ob und wann er einen Anwalt beauftragt. Wenn er dies aber bereits getan hat und sich im Laufe des Verfahrens aufgrund der komplizierten Rechtslage einen spezialisierten Verteidiger und Fachanwalt für Strafrecht mandatiert, kann dies nicht zu Lasten der Landeskasse gehen.

Das OLG Frankfurt führt in seiner bereits o.g. Entscheidung vom 11. 8. 1999 (2 Ws 91/99) aus: „Denn die Ursache für den Anwaltswechsel liegt in der Sphäre des Bf. begründet. Dieser hatte in Kenntnis des gegen ihn erhobenen Vorwurfs Rechtsanwalt K mit seiner Verteidigung beauftragt. Hierbei trug er selbst das Risiko, dass der von ihm gewählte Verteidiger seine Interessen nicht zureichend wahrnahm (vgl. OLG Hamm, NStZ 1983, 284). Geänderte Umstände, die sachliche Gründe für die Notwendigkeit eines Verteidigerwechsels darstellen könnten, waren nicht eingetreten.“

Auf geänderte Umstände kann sich der Angeklagte hier nicht berufen, schließlich bestand der Anklagevorwurf von Anfang an und hat sich während des Verfahrens nicht geändert.

Tja, ich räume ein: Die Entscheidung entspricht der h.M. in der Rechtsprechung (vgl. zu den o.a. Nachweisen auch noch KG RVGreport 2007, 193 m.w.N. aus Rspr. und Literatur ; LG Duisburg, AGS 2005, 446; ähnlich LG Detmold DAR 2015, 118). Zum Teil wird das in der Literatur aber anders gesehen. Danach sollen stets die höheren Kosten zu erstatten sein, weil es der Partei freisteht, ob und wann sie einen Anwalt beauftragt. Danach wären die Kosten stets bis zur Höhe des höchsten Vergütungsanspruchs nach neuem oder bisherigen Recht zu erstatten (AnwKomm-RVG/N. Schneider, RVG, 7. Aufl., § 61 Rn. 153 f.; Schons AGS 2005, 447, in der Anm. zu LG Duisburg AGS 2005, 446; offen bei Burhoff/Volpert, RVG, 4. Aufl., Teil A: Übergangsvorschriften [§§ 61 ff.], Rdn. 1985). Diese Auffassung hat m.E. einiges für sich. Sie berücksichtigt – zumindest auch – die Interessen des Angeklagten und sein Recht auf bestmögliche Verteidigung.

M.E. bleibt in den Fällen wie den vorliegenden die h.M. auch eine Antwort auf die Frage schuldig, woher eigentlich der Angeklagte wissen soll, ob der von ihm zunächst beauftragte Rechtanwalt der „bestmögliche“ Verteidiger ist. Nur, wenn er das weiß, kann man ihn an seinem „Auswahlverschulden“ fest halten. Zudem: Stellt sich erst während des Verfahrens heraus, dass ein „Spezialist“ – hier offenbar für BtM-Verfahren – erforderlich ist, um eine ausreichende Verteidigung sicher zu stellen, dann kann man m.E. auch mit guten Gründen die „Notwendigkeit“ des Anwaltswechsels bejahen, so dass sich dann die vom AG entschiedene Frage gar nicht erst stellen würde. Das würde allerdings bei den „Hütern der Staatskasse“ ein wenig mehr Flexibilität voraussetzen, die man leider nur zu häufig vermisst.

Prüfungsfrage: Wie macht sich ein Arbeitnehmer strafbar, der nach dem Ausscheiden die ihm vom Arbeitgeber überlassene Tankkarte privat weiter benutzt?

entnommen wikimedia.org Urheber joho345

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Folgender Sachverhalt – in der Praxis vielleicht gar nicht so selten- lag dem OLG Koblenz, Urt. v. 02.02.2015 – 2 OLG 3 Ss 170/14 – zugrunde: Der Angeklagte war seit April 2009 bei der Geschädigten als Auslieferungsfahrer beschäftigt und erhielt für diese Tätigkeit eine S.-Tankkarte seines Arbeitgebers. Nachdem diese (erste) Karte aufgrund Zeitablaufs ungültig geworden war und er sie zurückgegeben hatte, gelangte eine weitere S.-Tankkarte in seinen Besitz, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihm diese ein verantwortlicher Mitarbeiter der Geschädigten ausgehändigt hatte. Diese Tankkarte, die zum Tanken an Tankstellen des Anbieters Shell auf Kosten der Geschädigten berechtigte, nutzte er für dienstlich veranlasste Tankvorgänge bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma. Wegen verschiedener  Vorgänge, die Gegenstand eines Strafverfahrens wegen veruntreuender Unterschlagung waren, kündigte die Geschädigte das Arbeitsverhältnis Anfang Oktober 2012 und forderte den Angeklagten auf, sämtliche noch in seinem Besitz befindlichen Arbeitsmittel zurückzugeben. Dieser behielt die in seinem Besitz befindliche Tankkarte jedoch zurück, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie zunächst vergaß und erst später in seinem Portemonnaie wieder entdeckte. Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt Ende des Jahres 2012 fasste er dann den Entschluss, die Tankkarte für sich zu verwenden, wobei ihm bewusst war, dass er hierzu gegenüber der Geschädigten nicht befugt war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er dies deswegen tat, weil er der Auffassung war, ihm sei die Lohnzahlung für den Monat September 2012 zu Unrecht vorenthalten worden. Unter Einsatz der Tankkarte verschaffte sich der Angeklagte in der Zeit vom 7. Januar bis zum 7. Mai 2013 bei verschiedenen Tankstellen in 43 Fällen insgesamt 3.790 Liter Diesel im Wert von insgesamt 5.334,92 Euro, den er für einen Preis von 0,80 bis 0,90 Euro pro Liter an Dritte weiterverkaufte. Der Geschädigten, die als Karteninhaberin für die vom Angeklagten veranlassten Tankvorgänge aufkommen musste, entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von 5.334,92 Euro.

Das LG hat den Angeklagten frei gesprochen. Dagegen die Revision der StA, die beim OLG Koblenz keinen Erfolg hatte. Das OLG sagt:

  • Kein (vollendeter oder versuchter) Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB, da der Angeklagte die Geschädigte in Bezug auf die hier verfahrensgegenständlichen Tankvorgänge, die allesamt nach seinem Ausscheiden aus der Firma erfolgten, nicht im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB getäuscht hat. Er hat ihr gegenüber weder ausdrücklich noch konkludent zum Ausdruck gebracht, die Tankvorgänge seien beruflich veranlasst gewesen.
  • Und: Auch kein Computerbetrugs in der hier allein in Betracht zu ziehenden Tatvariante der unbefugten Verwendung von Daten (§ 263a Abs. 1, 3. Alt. StGB), denn die mit der Benutzung der Tankkarte verbundene Einwirkung auf das Datenverarbeitungssystem durch den Angeklagten erfolgte nicht unbefugt im Sinne des § 263a Abs. 1, 3. Alt. StGB. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist in den Fällen des Einsatzes von Codekarten die für die Erfüllung von § 263a StGB zu fordernde Täuschungsäquivalenz nur dann gegeben, wenn der Täter die Karte gefälscht, manipuliert oder mittels verbotener Eigenmacht erlangt hat. Die nur im Innenverhältnis abredewidrig erfolgte Benutzung einer im Außenverhältnis wirksam überlassenen Codekarte stellt keine für § 263a StGB erforderliche täuschungsgleiche Handlung dar (vgl. BGH, 1 StR 412/02 v. 17.12.2002 – BGHR StGB § 263a Anwendungsbereich 1 ; 1 StR 482/03 v. 31.3.2004 – NStZ 2005, 213 ; OLG Celle, 1 Ws 277/10 v. 5.11.2010 – NStZ 2011, 218 für Tankkarte; OLG Köln, Ss 624/90 v. 9.7.1991 – NJW 1992, 125< 126 f.> für EC-Karte; LG Bonn, 32 Qs 144/99 v. 18.6.1999 – NJW 1999, 3726 für Mobilfunkcodekarte; Fischer, aaO. Rn. 13; Schönke/Schröder-Perron, aaO. Rn. 16; Küpper, jurisPR-StrafR 6/2011 Anm. 3; LK-StGB-Tiedemann/Valerius, 12. Aufl. § 263a Rn. 55; Brand/Hotz, JuS 2014, 714 <716>).
  • Eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB hat die Strafkammer mangels Vorliegen einer qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten zutreffend verneint (vgl. auch OLG Celle, aaO. Rn. 6 mwN).
  • Auch eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Missbrauchs von Kreditkarten gemäß § 266b Abs. 1 StGB kommt nicht in Betracht. Für eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 266b StGB fehlt es jedenfalls an einer Tathandlung in Gestalt des Missbrauchs der Karte, die nur darin gesehen werden kann, dass der berechtigte Karteninhaber sein rechtliches Können im Außenverhältnis unter Überschreitung des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis zum Kartenaussteller ausnutzt.
  • Der Angeklagte hat sich auch nicht wegen Unterschlagung des von ihm mit der Tankkarte bezahlten Kraftstoffs strafbar gemacht (§ 246 Abs. 1 StGB). Die Übertragung des Eigentums an dem Kraftstoff (§ 929 Satz 1 BGB) erfolgte nicht an die Geschädigte, sondern an den Angeklagten selbst, wobei es den Tankstellenbetreibern nur auf die durch die ordnungsgemäße Verwendung der Tankkarte gesicherte Bezahlung ankam; wer Eigentümer des Kraftstoffes wurde, war ihnen gleichgültig. Fragen des Innenverhältnisses zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten als Karteninhaberin berührten die Tankstellenbetreiber nicht (vgl. OLG Celle aaO. Rn. 11).

So richtig schön was für die Prüfung.

1. Strafsenat versus 4. Strafsenat?, oder: Eine „Weisung“ ist keine „Auflage“

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Wenn man die Rechtsprechung des BGH auswertet, hat man den Eindruck. Zum Verfahrensrecht besteht sie fast nur noch aus mit der Verständigung und/oder der Mitteilungspflicht zusammenhängenden Entscheidungen (§§ 257c, 243 Abs. 4 StPO), wobei ich mit Interesse die verfolge, wie der BGH versucht, sich an der ein oder anderen Stelle an der Rechtsprechung des BVerfG vorbei zu drücken. Ds führt dann immer wieder zu mehr als deutlichen (Ab)Mahnungen. Aber auch unter sich sind die Strafsenate nicht einig. Darauf deutet der BGH, Beschl. v. 07.10.2014 – 1 StR 426/14 – hin. Da ging es um die Frage, ob vor einer Verständigung auch auf eine beabsichtigte Bewährungsweisung hingewiesen werden muss. Das war in einigen BGH- Beschlüssen für Bewährungsauflagen bejaht worden. (vgl. BGH, Beschl. v. 29.01.2014 – 4 StR 254/13, NJW 2014, 238 f.; vom 11.09.2014 – 4 StR 148/14 Rn. 9 f., NJW 2014, 3173, 3174). Der 4. Strafsenat hatte das u.a. mit , dem Anspruch eines Angeklagten auf ein faires Verfahren begründet.

Der 1. Strafsenat sieht das offenabr anders, jedenfalls aber wohl für die Bewährungsweisung:

b) Ob dieser Rechtsprechung bei Verfahrensabsprachen (§ 257c StPO), auf deren Grundlage das Tatgericht eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe bei Erteilung von Bewährungsauflagen (§ 56b StGB) verhängt, uneingeschränkt zu folgen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls für die vorliegende Konstellation einer mit einer Anweisung des Verurteilten, jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht mitzuteilen, verbundenen Bewährungsstrafe, die durch ein auf einer Verfahrensabsprache beruhendes Urteil verhängt wird, bedarf es keiner vorherigen Information des Angeklagten über die in Betracht kommende Weisung. Dient – wie hier – die im Bewährungsbeschluss erteilte Anweisung dem Zweck, auf die zukünftige Lebensführung des Verurteilten helfend spezialpräventiv einwirken zu können, ist sie einer Bewährungsweisung im Sinne von § 56c Abs. 2 Nr. 1 StGB gleichzustellen (vgl. zum Diskussionsstand bzgl. der bewährungsrechtlichen Einordnung einer Anweisung der Wohnsitzwechselanzeige OLG Köln, Beschluss vom 28. März 2006 – 2 Ws 123/06, zit. nach juris, Rn. 9; OLG Oldenburg, NStZ 2008, 461 einerseits; OLG Celle, NStZ 2004, 627 andererseits; vgl. auch OLG Frankfurt/M., NStZ 2009, 39; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 56c Rn. 6 aE mwN; Mosbacher in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 56c Rn. 2 und 9).

Bewährungsweisungen dienen – anders als Bewährungsauflagen – nicht dem Ausgleich für das vom Täter schuldhaft verursachte Unrecht. Wie sich aus § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB ergibt, kommt ihnen die Aufgabe zu, dem zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe Verurteilten zu helfen, zukünftig ein straffreies Leben zu führen (näher Groß in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 56c Rn. 5 und 7 mwN). Sie haben damit ausschließlich spezialpräventiven Charakter (Thüringer OLG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – 1 Ws 455/10, zit. nach juris, Rn. 26; Stree/Kinzig aaO § 56c Rn. 1 mwN; Mosbacher aaO § 56c Rn. 1). Weisungen dürfen grundsätzlich auch lediglich zu dem Zweck erteilt werden, dem Verurteilten Hilfe zu seiner zukünftigen Straffreiheit zu gewähren. Fehlt es an einer solchen Zwecksetzung, ist die Weisung gesetzwidrig (vgl. § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO). In der unterschiedlichen Zwecksetzung liegt der fundamentale Unterschied (Groß aaO Rn. 2) zwischen Bewährungsauflagen einerseits und -weisungen andererseits.“

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2015 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…