Archiv für den Monat: Januar 2015

BGH rettet Pauschgebühr, oder: Pflichtverteidiger kann man auch konkludent werden

© reeel - Fotolia.com

© reeel – Fotolia.com

Der BGH, Beschl. v. 04.11.2014 – 1 StR 586/12  – ruft nochmal einen Umstand in Erinnerung, der in Zusammenhang mit der Pflichtverteidigungsfragen auch für die Abrechnungspraxis Bedeutung haben bzw. bekommen kann. Denn der BGH bestätigt seine/die ständige Rechtsprechung der Obergerichte, wonach eine Bestellung als Pflichtverteidiger auch konkludent erfolgen kann (vgl. zuletzt  StRR 2011, 29). Wie und in welchem Umfang, zeigt der BGH-Beschluss. In dem ihm zugrunde liegenden Verfahren, das an sich durch die Revisionsentscheidung des BGH abgeschlossen war, ging es noch um die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG für die Teilnahme des Rechtsanwalts/Pflichtverteidigers am Revisionshauptverhandlungstermin. Der Verteidiger hatte diese beantragt, er war aber nicht ausdrücklich als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Das ist seinem Antrag offenbar vom Kostenbeamten entgegengehalten worden. Der Verteidiger hat dann beantragt, festzustellen, dass er für die Revisionshauptverhandlung zum Verteidiger des Angeklagten bestellt war.

Der BGH ist dem Antrag nachgekommen.

„An einer ausdrücklichen Bestellung fehlt es zwar. Rechtsanwalt Dr. N. ist hier jedoch stillschweigend zum Verteidiger des Angeklagten für die Revisionshauptverhandlung bestellt worden. Er hat nicht nur eine Terminsnachricht zugestellt bekommen, sondern war auch als einziger Verteidiger des nicht auf freiem Fuß befindlichen (vgl. dazu § 350 Abs. 3 StPO) Angeklagten in der Revisionshauptverhandlung aufgetreten. Seine Beiordnung war auch rechtlich geboten (vgl. dazu BGH, Verfügungen des Vorsitzenden vom 20. Juli 2009 – 1 StR 344/08, StV 2011, 645, und vom 19. Dezember 1996 – 1 StR 76/96, NStZ 1997, 299); denn der Senat hätte die Revisionshauptverhandlung ohne Anwesenheit eines Verteidigers nicht durchgeführt. Anlass für die mündliche Verhandlung war die Schwierigkeit der Rechtslage im Bereich der Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen, dabei insbesondere die Auslegung des Merkmals „pflichtwidrig“ in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO und die Frage der Zurechnung fremder Pflichtverletzungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Mittäterschaft. Für die Erörterung dieser Rechtsfragen bedurfte der Angeklagte eines Verteidigers in der Hauptverhandlung. Nachdem ein weiterer vom Termin benachrichtigter Verteidiger des Angeklagten zum Termin nicht erschienen war, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bestellung von Dr. N. zum Verteidiger für die Revisionshauptverhand- lung vor (vgl. § 140 Abs. 2 StPO).“

Mit dieser Entscheidung bzw. der dazu vorliegenden übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung kann man als Verteidiger, wenn man im Laufe des Verfahren nicht ausdrücklich zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, der Diskussion der Frage, ob nach (rechtskräftigem) Abschluss des Verfahrens noch nachträglich die Bestellung zulässig ist, was von der h.M. unzutreffend verneint wird,  ggf. dadurch entgehen, dass man zunächst mal prüft, ob nicht möglicherweise eine stillschweigende Beiordnung erfolgt ist. Dazu gibt die BGH-Entscheidung (erneut) Hinweise, worauf es an kommt.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Ist das Strafvollstreckung im JGG-Verfahren?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

Am vergangenen Freitag hatte ich gepostet: Ich habe da mal eine Frage: Ist das Strafvollstreckung im JGG-Verfahren?, und hier dann die Lösung:

Nein, es ist keine Strafvollstreckung. Zu der Problematik heißt es bei Burhoff/Volpert, RVG, 4. Aufl., Vorbem. 4.2 VV Rn. 13). Die nachträgliche Entscheidung über die Bewährungsaussetzung gem. § 57 JGG ist eine Entscheidung,

„die geeignet ist, den Inhalt des an sich rechtskräftig gewordenen Urteils zu ergänzen oder abzuändern (vgl. OLG Karlsruhe, StV 1998, 348). Die Tätigkeit im Rahmen dieser Entscheidung gehört noch nicht zur Strafvollstreckung (OLG Karlsruhe, StV 1998, 348; LG Mannheim, AGS 2008, 179 = RVGprofessionell 2008, 26 = StRR 2008, 120 = RVGreport 2008, 145; so auch Gerold/Schmidt/Burhoff, VV Einl. Vorbem. 4.2 Rn. 10; a.A. Mertens/Stuff, Rn. 324, Fn. 166). Das bedeutet, dass die Tätigkeit insoweit für den Verteidiger mit den Gebühren des Strafverfahrens nach Teil 4 Abschnitt 1 VV abgegolten ist (vgl. Vorbem. 4.1 Abs. 2 VV) und ggf. über § 14 Abs. 1 geltend gemacht werden muss (Teil A: Rahmengebühren [§ 14], Rn. 1051 ff.). Es entsteht ggf. noch eine allgemeine Terminsgebühr nach Abschnitt 1 des Teils 4 (Nrn. 4102 Ziff. 1 VV), wenn der Verteidiger einen gerichtlichen Termin (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 JGG) wahrnimmt (LG Mannheim, AGS 2008, 179 = RVGprofessionell 2008, 26 = StRR 2008, 120 = RVGreport 2008, 145; so auch Gerold/Schmidt/Burhoff, VV Einl. Vorbem. 4.2 Rn. 10). Eine Terminsgebühr für einen Hauptverhandlungstermin (Nr. 4108 VV) kann nicht entstehen (LG Mannheim, a.a.O.;……..).“

Die Kommentatorin hatte also Recht 🙂 .

Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren – das ist selten

© Picture-Factory - Fotolia.com

© Picture-Factory – Fotolia.com

Entscheidungen, in denen von den Gerichten Beweisverwertungsverbote angenommen werden, sind selten. Daher lohnt sich m.E. ein Hinweis auf solche Entscheidungen immer und daher ist der OLG Koblenz, Beschl. v. 30.10.2014 – 1 OWi 3 SsBs 63/14 – von (allgemeinem) Interesse. Ergangen ist er in einem Bußgeldverfahren wegen u.a. des Vorwurfs einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, auf der B 52 und auf der A 64 in Fahrtrichtung Luxemburg die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zunächst um 58 km/h und sodann um 33 km/h überschritten und dabei den erforderlichen Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug auf weniger als 4/10 des halben Tachowertes unterschritten zu haben. Das AG hat den Betroffenen frei gesprochen, weil es sich nicht zu der Feststellung in der Lage sah, der Betroffene sei der Fahrer des Tatfahrzeuges gewesen. Zwar hatten deutsche Polizeibeamte dieses Fahrzeug unmittelbar nach Tatbegehung angehalten und anschließend den Betroffenen anhand seiner mitgeführten Papiere als Fahrer festgestellt. Weil diese polizeiliche Maßnahme aber jenseits der Sauertalbrücke auf dem bereits auf luxemburgischem Staatsgebiet liegenden Rastplatz Mesenich durchgeführt worden war, hat das AG ein Verwertungsverbot angenommen.

Das hat das OLG Koblenz gehalten: .

„Weder Art. 41 SDÜ noch eine sonstige völkerrechtliche Vereinbarung erlaubt es deutschen Polizeibeamten, im Zusammenhang mit der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit eine strafprozessuale Ermittlungshandlung auf dem Staatsgebiet des Großherzogtums Luxemburg ohne vorherige Erlaubnis der dafür zuständigen luxemburgischen Behörde vorzunehmen. Damit liegt aber nicht „nur“ eine Verletzung des Hoheitsrechts eines fremden Staates vor. Das Territorialitätsprinzip gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG. Es ist „Bestandteil des Bundesrechtes“ und geht einfachen Gesetzen vor. Ein Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip ist somit zugleich eine Verletzung hochrangigen nationalen Rechts. Zudem ist der Staat, dem die Verletzung des Völkerrechts zuzurechnen ist, grundsätzlich verpflichtet, das völkerrechtliche Unrecht und seine Folgen nach Möglichkeit zu beseitigen und auszugleichen (Tiedemann, Festschrift für Paul Bockelmann 1978, S. 825 f.). Berücksichtigt man ferner, dass einerseits die allgemeinen Regeln des Völkerrechts einen besonderen, auch von den Gerichten zu beachtenden Stellenwert haben und andererseits lediglich ein Fehlverhalten unterhalb der Schwelle zu einer Straftat verfolgt werden soll, ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots folgerichtig.“

Sicherlich kein alltäglicher Fall, im „Grenzgebiet“ aber wahrscheinlich nicht so selten….

„Kreatives Gebührenrecht – wie kürze ich erfolgreich Verteidigergebühren“…

© mpanch - Fotolia.com

© mpanch – Fotolia.com

An sich will ich zu gebührenrechtlichen Fragen ja nur noch im Rahmen des freitäglichen RVG-Rätsels posten, aber: Keine Regel ohne Ausnahme. Und eine Ausnahme mache ich immer dann, wenn ich eine entweder „sehr schöne“ oder eine „weniger schöne“ gebührenrechtliche Entscheidung gefunden habe bzw. mit einem gebührenrechtlichen Problem befasst bin, das aus der „Reihe fällt“. Und ein solches hat ein Kollege gleich an Neujahr 2015 an mich herangetragen.

Ich zitiere dann aus der Mail, die ich leicht anonymisiert habe:

„Sehr geehrter Herr Burhoff,

ich habe dieses Jahr beim Schwurgericht in K. verteidigt. Am ersten Sitzungstag habe ich vor Beginn der Sitzung einen Ablehnungsantrag gegen die Berufsrichter der Kammer auf der Geschäftsstelle abgegeben. Um 09.00 Uhr erschien sodann die Kammer im Sitzungsaal. Alle setzten sich hin und der Vorsitzende teilte mit, dass ein Befangenheitsantrag auf der Geschäftsstelle abgegeben wurde und heute nicht verhandelt werden könne. Die Sitzung wurde unterbrochen.

Das Verfahren ist mittlerweile in erster Instanz jedenfalls abgeschlossen. Man kann sagen, dass ich sehr „aktiv“ verteidigt habe, was manche Gerichte als Konfliktverteidigung bezeichnen. Die Quittung habe ich jetzt im Kostenfestsetzungsverfahren bekommen. Die Rechtspflegerin verweigert mir sowohl die Fahrtkosten (B. – K.) als auch die Terminsgebühr. Denn es habe ja gar kein Termin stattgefunden wegen meines Antrags und ich hätte diesen „geplatzten Termin“ zu vertreten. Die Verteidiger der Mitangeklagten und der Vertreter der Nebenklage erhalten übrigens die Terminsgebühr!  So werde ich quasi für meine „Konfliktverteidigung“ abgestraft! Das heißt eigentlich, dass ich das nächste Mal,wenn ein Mandant mich beauftragt, ein Ablehnungsgesuch vor Beginn des 1. Sitzungstages anzubringen, ablehnen muss, um nicht die Terminsgebühr aufs Spiel zu setzen. Ich würde gerne Ihre Meinung dazu einholen.“

Als ich das gelesen hatte, war ich gleich am ersten Tag des neuen Jahres nicht mehr friedvoll gestimmt. Ich frage mich bei solchen oder ähnlichen Mails/Fragen immer, ob es eigentlich Fortbildungen unter dem Titel gibt: „Kreatives Gebührenrecht – wie kürze ich erfolgreich Verteidigergebühren“. Denn um nichts anderes geht es hier. Und der Kollege hat Recht, wenn er meint, dass er von der Rechtspflegerin (!!!) abgestraft wird für seinen Ablehnungsantrag.

Dass die Entscheidung nicht richtig ist, liegt m.E. auf der Hand. In Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG heißt es: „…. die er nicht zu vertreten hat …“. Und da stellt sich dann die ganz einfache Frage: Hat der Kollege den „geplatzten Termin“ wirklich zu vertreten = verschuldet? Oder: Will man bzw. kann man ihm den Ablehnungsantrag i.S. eines Verschulden „vorwerfen“? Wohl kaum, oder?

Zudem stellt sich die Frage, ob für die Terminsgebühr überhaupt Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG bemüht werden muss. Denn ist ein Termin „geplatzt“? Nein, denn es hat ja der Hauptverhandlungstermin stattgefunden, die Hauptverhandlung ist dann aber nach kurzer Zeit unterbrochen worden. Das reicht für das Entstehen der „normalen“ Terminsgebühr aus.

Mich machen solche Nachrichten ärgerlich. Und ich habe dem Kollegen geraten, auf jeden Fall Erinnerung einzulegen. Mal sehen, was die Kammer macht. Ob sie es genauso sieht, wie die Rechtspflegerin. Ich hoffe mal nicht.

Sonntagswitz: Mal wieder Nostalgie – mit Mantawitzen

© Teamarbeit - Fotolia.com

© Teamarbeit – Fotolia.com

Ist schon lange her, dass ich nach Mantawitzen gesucht und die gebracht habe, und zwar mehr als zwei Jahre. Daran knüpfe ich dann heute an mit:

Ein Mantafahrer fährt über die Grenze. Der Grenzbeamte hält ihn an und fragt: “Haben Sie was zu verzollen?”
Der Mantafahrer verneint.
Daraufhin öffnet der Zollbeamte den Kofferraum und sieht einen Pokal und fragt den Mantafahrer: “Und was ist das?!”
Der Mantafahrer antwortet: “Ach so, das! Ich habe bei einem Mathematikwettbewerb teilgenommen. Die Aufgabe hieß 3 mal 7. Ich habe mit 19 den dritten Platz geschafft.”


Woran erkennt man, dass ein Manta ein Automatikgetriebe hat?

Das linke Bein des Fahrers hängt aus dem Fenster.


Warum werden die Mantas mit dreieckigem Gaspedal gebaut?

Damit die Cowboystiefel besser draufpassen.


 Ein Manta-Fahrer zum anderen: „Ich hab mir einen Duden gekauft!“

„Und? Hast’n schon eingebaut?“


Und jetzt wird es wahrscheinlich wieder Kommentare geben: Zu alt, rassistisch usw. 🙂 .