Archiv für den Monat: November 2014

„Habe fertig“ – mit dem 5.236 Beitrag sagen wir „Adieu“

entnommen openclipart.org

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Ja, Sie haben richtig gelesen: „Habe fertig“ und „Adieu“? Was soll das denn, wird sich – hoffentlich – der ein oder andere sagen/fragen? Aber es ist in der Tat richtig: Mit diesem Posting/Beitrag, es ist – wenn Jurablogs richtig zählt – der 5.236 in diesem Blog, sagen wir „das war es“. Das „Strafrecht Blog“ wird eingestellt. Dem ein oder anderen wird sicherlich bereits aufgefallen sein, dass wir schon seit einiger Zeit nicht mehr unter „Jurion Strafrecht Blog“ firmieren. Der Hintergrund ist ziemlich einfach: Bereits zum 01.01.2014 hatte die Anwaltverlag-Gruppe in Bonn die Marke ZAP Verlag von Wolters Kluwer erworben und dann die ZAP Verlag GmbH mit Sitz in Bonn neu gegründet. Unter der Marke „ZAP“ sind in der Vergangenheit alle meine Bücher erschienen und dort erscheinen sie seit Jahresmitte in Zukunft wieder neu. Nun hat sich WKD – für mich überraschend – zusätzlich entschlossen, das Online-Portal „Strafrecht-online“, dem dieses Blog angegliedert war, einzustellen; lassen wir die – für mich nicht nachvollziehbaren – Gründen dahingestellt. Damit hatte dieses Blog keine Heimat mehr und wird – so die Ankündigung von WKD – ebenfalls „eingestampft“.

Schade, habe ich gedacht und so denken sicherlich – hoffentlich – viele Leser dieses Blogs. Denn damit geht an dieser Stelle eine „Ära“ zu Ende, die am 01.11.2008 mit dem ersten Beitrag „Anhebung der Tagessatzhöchstgrenze im Bundeskabinett beschlossen“ begonnen und zu mit diesem Beitrag 5.236 Postings geführt hat. Das ist – meine ich – eine ganze Menge, die ich allein gestemmt habe. Die „strafrechtsblogger“ aus Berlin haben mich 2012 dann ja auch mal zu den „Fleißigen“ gezählt (vgl. Die Strafrechts-Blogosphäre: Die Fleißigen). In derTat, ganz schön viele/ganz schön fleißig. Aber es hat auch immer Spaß gemacht, über neue/aktuelle Entscheidungen zu berichten und zu sehen, wie sie bzw. das Posting ankommt. Da sind und waren die Kommentare immer ein recht guter Gradmesser, zudem sie den Kommentatoren auch eine Möglichkeit geben, – sich – anonym – an mir und meinen Positionen abzuarbeiten. Das ist nun alles an dieser Stelle zu Ende. Traurig, aber wahr.

Aber wer mich kennt, weiß aber, dass mich solche Entwicklungen/Ankündigungen zwar überraschen, aber nicht stoppen können. Denn, wenn ich einmal „Blut geleckt habe“, bleibe ich am Ball. Und deshalb: Es wird an anderer Stelle weiter gehen. Denn ich habe WKD zumindest davon überzeugen können, dass man über 5.000 Beiträge eines Blogs nicht einfach mit einem Schalterklick in das Nirwana entschwinden lässt, dafür steckt zu viel Herzblut in den Beiträgen und Postings. Und somit hat man mir das Blog zum Betreiben in Eigenregie übertragen. Dafür herzlichen Dank – für alles andere nicht.

Der „Strafrecht Blog“ wird also weiterleben. Das wird jetzt hoffentlich viele Begleiter der letzten Jahre freuen, denjenigen, die sich über die Einstellungsankündigung gefreut haben, kann ich nur sagen: Zu früh gefreut, so schnell werdet ihr mich nicht los. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es aber: Die Umstellungsarbeiten/der Umzug bedingen, dass ich ein paar Tage Ruhe geben muss. Es ist zwar alles gut vorbereitet – von meinem „Blogwart“, dazu dann demnächst mehr – aber wir wollen erst sehen, ob auch alles richtig läuft, nachdem wir das neue Blog „scharf geschaltet“ haben. Bis dahin muss man sich also ein wenig gedulden, es dauert aber nur – wenn alles glatt geht – bis Montag, den 01.12.2014. Dann ist „Auferstehungstag“.

Und wer es bis dahin gar nicht aushält: Man kann schon mal ein wenig schauen im neuen „Burhoff Online Blog – kurz auch „BOB“, die Nähe zu meiner Homepage „Burhoff-online“ ist unverkennbar 🙂 . Gepostet wird da aber erst ab Montag. Wer also auf den Wochenspiegel wartet oder auf den Sonntagswitz: Am kommenden Sonntag ist Ruhetag. Ich hole das dann aber nach.

Was bleibt am Ende einer „Ära“ – ok, ja gut, es ist ja kein richtiges Ende, aber immerhin ein Umzug/Neuanfang? Nun, da muss und sollte man danken. Danken all denjenigen, die in den vergangenen sechs Jahren dieses Blog hinter der Kulisse betreut haben. Das waren eine ganz Reihe Mitarbeiter von LexisNexis – ja, da haben wir mal angefangen – und WKD. Also ein herzliches Dankeschön, natürlich an die Mitarbeiter der Technik, vor allem aber an Florian Blatz, Stefanie Kawik, Herrn Sahin, Judith Lipien und -last but not least – Paul Niemann, der zuletzt zuständig für das Blog war und ohne den der Umzug kaum so problemlos hätte durchgeführt werden können. Es war nicht immer einfach, aber es war schön. Besucht mich doch einfach mal in meinem eigenen Blog und schaut, was dort aus unserem Baby geworden ist.

So, das war es. Im Fernsehen würden jetzt wahrscheinlich Abschiedsmelodien erklingen, so wie: „Sag beim Abschied leise Servus…“ oder „Goodbye, my Love, Goodbye“ von Demis Roussos (ja, den hat es mal gegeben) oder auch, was sich immer gut macht:“Time to say good bye“ von Sarah Brightmann. Na ja, ich mache es dann lieber anders und nehme: „Niemals geht man so ganz“ von Trude Herr. Oder auch: Habe fertig bzw. „Guet goahn“ (ist westfälisch und heißt: Machs gut). Kurz dann auch: Bis die Tage im neuen „Burhoff Online Blog„.

Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich meine Gebühren einmal oder dreimal?

© AllebaziB - Fotolia.com

© AllebaziB – Fotolia.comRVg-Rätserl

Ich hoffe, die Leser unseres wöchentlichen RVG-Rätsels sind über den Zeitpunkt der Veröffentlichung am heutigen Tage nicht erstaunt. Ja, wir sind früher als sonst, noch ist nicht ganz Wochenende. Aber, da große Ereignisse ihren Schatten voraus werfen, muss ich ein wenig um terminieren und das RVG-Rätsel in dieser Woche eher online stellen.

Also folgende Frage eines Kollegen:

Mein Mandant hat gegen drei Personen eine Aussage getätigt. Alle drei Personen sollen nach seiner Aussage gemeinsam eine Straftat begangen haben, bzw. gibt es bei mehreren Straftaten Schnittmengen zwischen den drei Beschuldigten.

Die Polizei und die StA führen drei gesonderte Verfahren. Ich beantrage meine Beiordnung als Zeugenbeistand in allen drei Verfahren gemäß § 163 StPO, welche seitens der StA angeordnet wird.

Bei der nachfolgenden Vernehmung bin ich anwesend. Der Mandant wird in einer einzigen Vernehmung zu allen drei Beschuldigten ausführlich befragt.

Bekomme ich meine Gebühren 1x oder 3x?“

Viel Spaß bei der Antwort, und: Der Kollege, der gefragt hat, bitte nicht antworten 🙂 . Das wäre zu einfach.

Klassischer Fehler XIX: oder „Tretmine“/Dauerbrenner in der Hauptverhandlung

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Da ist mal wieder eine 🙁 . Eine Entscheidung aus der Abteilung: „Dauerbrenner des BGH zu § 247 StPO“. Es gibt zu der Problematik der Entfernung des Angeklagten aus der Hauptverhandlung (§ 247 StPO) und des Umgehens/Verhaltens des Gerichts mit dieser Verfahrenssituation eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen (!!!!) und unzählige „kleine“ Entscheidungen des BGH, die sich mit den Fragen befassen. Dennoch scheint das, was der BGH in diesen Entscheidungen ausgeführt hat, niemanden zu interessieren. Anders kann man sich kaum erklären, warum es immer wieder zu Fehlern kommt und der BGH immer wieder landgerichtliche Entscheidungen aufzuheben. Die Verfahrensrügen sind in diesem Bereich eine sichere Bank. So auch in dem dem BGH, Beschl. v. 23.09.2014 – 4 StR 302/14 – zugrunde liegenden Verfahren mit folgendem – im Grunde aus anderen Verfahren bekannten – Verfahrensgeschehen:

In der Hauptverhandlung wurde der Angeklagte für die Dauer der Vernehmung seiner Tochter, der Nebenklägerin, durch Beschluss der Strafkammer gemäß § 247 StPO aus dem Sitzungszimmer entfernt. Nach ihrer Aussage zur Sache blieb die Nebenklägerin auf Anordnung des Vorsitzenden unvereidigt und wurde entlassen, woraufhin sie den Sitzungssaal verließ. Nachdem der Angeklagte daraufhin den Sitzungssaal wieder betreten hatte, informierte ihn der Vorsitzende über den wesentlichen Inhalt der Aussage der Nebenklägerin. Nach einer 15-minütigen Unterbrechung der Hauptverhandlung erklärte der Verteidiger des Angeklagten, nach einer Besprechung mit diesem gebe es noch drei Ergänzungsfragen an die Nebenklägerin. Für diese ergänzende Vernehmung der Nebenklägerin wurde der Angeklagte erneut durch Gerichtsbeschluss gemäß § 247 StPO von der Teilnahme an der Vernehmung ausgeschlossen und verließ den Sitzungssaal. Nach Aussage der Nebenklägerin zur Sache blieb diese auf Anordnung des Vorsitzenden erneut unvereidigt und wurde entlassen. Daraufhin betrat der Angeklagte erneut den Sitzungssaal und wurde vom Vorsitzenden über die Angaben der Nebenklägerin informiert. Dagegen dann die Verfahrensrüge, die zulässig und begründet war. Der BGH arbeitet mit den leider bereits sattsam bekannten Ausfürhungen – wahrscheinlich gibt es dafür Textbausteine…

b) Die Rüge ist auch begründet. Der Beschwerdeführer war entgegen § 247 StPO auch von der Verhandlung über die Entlassung der Nebenklägerin als Zeugin nach deren zweiter Vernehmung ausgeschlossen. Dies begründet den Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO, denn die Verhandlung über die Entlassung der Nebenklägerin war, auch wenn es sich um eine ergänzende Ver-nehmung handelte, ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Verhandlung über die Entlassung eines Zeugen grundsätzlich ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung, die währenddessen fortdauernde Abwesenheit des nach § 247 Satz 1 oder Satz 2 StPO entfernten Angeklagten also regelmäßig geeignet, den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO zu begründen (BGH, Beschluss vom 21. April 2010 – GSSt 1/09, BGHSt 55, 87, 92). Die das Anwesenheitsrecht und die Anwesenheitspflicht des Angeklagten betreffenden Vor-schriften bezwecken unter anderem, dem Angeklagten eine uneingeschränkte  Verteidigung zu ermöglichen, insbesondere auf Grund des von ihm selbst wahrgenommenen Verlaufs der Hauptverhandlung. Das wird ihm durch seinen Ausschluss von der Verhandlung über die Entlassung des Zeugen erschwert, weil er in unmittelbarem Anschluss an die Zeugenvernehmung keine Fragen oder Anträge stellen kann, die den Verfahrensausgang beeinflussen können (BGH aaO). Gemessen daran kommt der ergänzenden Vernehmung einer Opferzeugin grundsätzlich erhebliche Bedeutung für das Verfahren zu, sodass der Angeklagte nach einer solchen ebenfalls stets die Möglichkeit haben muss, ergänzende Fragen oder Anträge zu stellen (BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – 1 StR 711/13, aaO, 533 mwN). Beim Vorwurf von Sexualstraftaten liegt es sogar nahe, dass Umstände zum Tatgeschehen selbst dann erörtert werden, wenn es nur deshalb zu einer erneuten Vernehmung der Opferzeugin kommt, weil Fragen zum Randgeschehen noch geklärt werden müssen. Kein Verfah-rensbeteiligter ist in einem solchen Fall rechtlich gehindert, bisher noch nicht gestellte, aber zur Sache gehörende und damit den gesamten Anklagevorwurf betreffende Fragen zu stellen. Dieser Möglichkeit zu ergänzenden Fragen kommt insbesondere dann besondere Bedeutung zu, wenn – wie im vorliegen-den Fall – der Angeklagte nach dem zutreffenden Vortrag der Revision bereits gemäß § 247 StPO von der Teilnahme an der Verhandlung über die Entlassung der Nebenklägerin nach ihrer ersten Zeugenvernehmung ausgeschlossen war. Die besondere Verfahrensbedeutung der zweiten Zeugenvernehmung liegt in solchen Fällen darin, dass mit dieser Vernehmung der Verfahrensfehler, dem Angeklagten bei der Verhandlung über die Entlassung nach der ersten Zeugen-vernehmung der Nebenklägerin die Anwesenheit nicht zu gestatten, geheilt wurde (BGH, aaO, 533). „

Geholfen hat dem Urteil im Übrigen auch nicht der Versuch des GBA, die Verfahrensrüge als unzulässig anzusehen. Das „Spiel“ hat der BGH nicht mitgemacht. Im Übrigen habe ich so oder so den Eindruck, dass der GBA zulässige Verfahrensrügen nicht kennt.

Fachanwalt: Wo Verkehrsrecht draufsteht, darf nicht zu viel Versicherungsrecht drin sein

© G.G. Lattek - Fotolia.com

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Die Überschrift zu diesem Posting „Fachanwalt: Wo Verkehrsrecht draufsteht, darf nicht nicht zu viel Versicherungsrecht drin sein“ passt m.E. ganz gut zu dem BGH, Urt. v. 27.10.2014 – AnwZ (Brfg) 85/13 – ergangen in einem Verfahren, in dem es um die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung „Verkehrsrecht“ ging. der klagende Kollege war Fachanwalt für Versicherungsrecht. Er hatte beantragt, ihm außerdem die Führung der Bezeichnung „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ zu gestatten. Dem Antrag waren Falllisten beigefügt, die 178 außergerichtliche Verfahren und 75 gerichtliche Verfahren enthielten. Der eigenen Darstellung des Klägers nach stammten insgesamt 152 Verfahren (118 außergerichtliche Verfahren, 34 gerichtliche Verfahren) aus den Gebieten des Verkehrszivilrechts, des Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts und des Versicherungsrechts mit unmittelbar versicherungsverkehrsrechtlichem oder personenversicherungsrechtlichem Bezug. Bei den übrigen Verfahren handelt es sich um versicherungsrechtliche Verfahren ohne Bezug zum Straßenverkehr; sie betrafen etwa eine Wohngebäudeversicherung, eine Betriebshaftpflichtversicherung oder eine Hausratsversicherung.Die RAK hat die „Zulassung“ abagelehnt. Dagegen die Klage. der Kollege meint: Die versicherungsrechtlichen Verfahren seien als solche berücksichtigungsfähig, unabhängig davon, ob sie einen Bezug zum Straßenverkehr aufwiesen oder nicht. Das sieht der BGH anders:

bb) Folgerichtig hat der Satzungsgeber davon abgesehen, den für das Fachgebiet Verkehrsrecht maßgeblichen Begriff des Versicherungsrechts durch eine Verweisung auf § 14a FAO zu bestimmen. Er hat ihn vielmehr durch eine beispielhafte Aufzählung – das Recht der Kraftfahrtversicherung, der Kaskoversicherung sowie Grundzüge der Personenversicherungen – erläutert, die im Zu-sammenhang mit dem Straßenverkehr und mit Verkehrsunfällen stehen und im Rahmen eines verkehrsrechtlichen Mandats Bedeutung erlangen können. Der Kläger meint und der Anwaltsgerichtshof hat erwogen, dass den genannten Beispielen keinerlei beschränkende Wirkung zukomme. Damit wird jedoch ver-kannt, dass § 14d Nr. 2 FAO Teil der Vorschrift des § 14d FAO ist, die sich aus-schließlich mit dem Fachgebiet Verkehrsrecht befasst. Einer ähnlichen Rege-lungstechnik unterliegt § 14d Nr. 5 FAO. Der hier ohne Einschränkungen oder Erläuterungen verwandte Begriff der „Besonderheiten der Verfahrens- und Pro-zessführung“ kann sich im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 14d FAO nur auf Verfahren und Prozesse im Rahmen eines verkehrsrechtlichen Mandats beziehen. Die genannte Formulierung findet sich so oder ähnlich auch in ande-ren Vorschriften der Fachanwaltsordnung (vgl. etwa § 14b Nr. 9 FAO für das Fachgebiet des Medizinrechts). Sie ist jeweils im Lichte derjenigen Vorschrift auszulegen, welcher sie angehört.

c) Hat der Bewerber nur solche Kenntnisse des Versicherungsrechts nachzuweisen, die für die Bearbeitung eines verkehrsrechtlichen Falles von Bedeutung sein können, heißt das zugleich, dass versicherungsrechtliche Fälle, die keinen Bezug zu einem verkehrsrechtlichen Vorgang haben, nicht geeignet sind, die in der Fachanwaltsordnung verlangten besonderen verkehrsrechtli-chen Kenntnisse nachzuweisen (im Ergebnis ebenso Berliner Empfehlungen 2006, BRAK-Mitt. 2006, 274, 275 Nr. 8; Weide, SVR 2010, 71, 73; Hartung/ Scharmer, BORA/FAO, 5. Aufl., § 5 FAO Rn. 178; aA wohl Offermann-Burckartin Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 5 FAO Rn. 143). Nur dieses Ergebnis entspricht den Erwartungen des rechtsuchenden Publikums, für welches die Fachanwaltsbezeichnungen maßgeblich bestimmt sind. Der Rechtsanwalt, der eine Fachanwaltsbezeichnung führt, weist damit auf Spezialkenntnisse hin, über die er im Unterschied zu anderen Rechtsanwälten verfügt, die keine Fach-anwaltsbezeichnung führen dürfen (BGH, Urteil vom 25. November 2013 – AnwZ (Brfg) 44/12, NJW-RR 2014, 751 Rn. 11 m.w.N.). Wer einen Fachanwalt für Verkehrsrecht aufsucht, rechnet nicht damit, dass dieser seine besonderen praktischen Erfahrungen zu einem wesentlichen Teil auf Teilgebieten des Versicherungsrechts gesammelt hat, die in keinerlei Zusammenhang mit einem verkehrsrechtlichen Vorgang standen. Das hat der Anwaltsgerichtshof zutreffend gesehen.“

Ich habe mich da jetzt nicht tief eingelesen. Aber irgendwie meine ich, dass man darauf auch ohne den BGH hätte kommen können.

Kein Fahrverbot beim Inhaber eines Kleingewerbetriebs

© sashpictures - Fotolia.com

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Ich habe in der letzten Zeit über eine ganze Reihe von amtsgerichtlichen Fahrverbotsentscheidungen berichten können, in den die AG von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot abgesehen haben.In die Reihe gehört dann auch das AG Lüdinghausen, Urt. v. 03.11.2014 – 19 OWi-89 Js 1403/14-131/14. Darin hat das AG bei einem „Kleingewerbetreibenden“ von einem Fahrverbot wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung mit folgender Begründung abgesehen:

„… Das Gericht hat von dieser Regelfahrverbotsanordnung ausnahmsweise unter angemessener Erhöhung der Geldbuße auf 250 Euro abgesehen. Der Betroffene hat nämlich durch Vorlage entsprechender Unterlagen aufzeigen können, dass er als Kleingewerbetreibender mit der A-GmbH in B nur ein Monatsnetto von 1753,08 Euro erzielt. Er hat entsprechende Bezügemitteilung bzw. Lohnsteuerbescheinigungen für 2013 vorgelegt. Da er alleingeschäftsführender Gesellschafter der GmbH ist,  hat er auch noch eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Firma derzeit keine Gewinne einfährt, sondern mit einem Jahresfehlbetrag von zuletzt 1700 Euro (cirka) zum Jahresabschluss gelangt ist. Von den etwa monatlich 1700 Euro Nettoeinkommen sind allein 500 Euro an privater Krankenversicherung zu zahlen. Insoweit hat der Betroffene den entsprechenden Versicherungsschein vorgelegt. Weiterhin zahlt er noch – nachgewiesen durch entsprechende Überweisungsbelege – 180 Euro monatlichen Kindesunterhalt, so dass sich ein Monatsnetto von dann noch knapp 1000 Euro ergibt. Der Betroffene selbst hat in seinem Betrieb 2 Auszubildende, jedoch keine weiteren Angestellten. Er verkauft Computerteile, insbesondere Computerkleinteile und macht laufende Wartungen  für Computer, Virenentfernungen oder auch die Einrichtung von Computeranlagen, insbesondere im privaten Umfeld. Die beiden Auszubildenden des Betroffenen sind 27 Jahre alt und ohne Führerschein bzw. 22 Jahre alt mit Führerschein. Die Auszubildenden haben ihren Arbeitsbereich im Ladengeschäft des Betroffenen. Dort wechseln sie zwischen der Werkstatt und dem Laden. Da sich beide in der Ausbildung befinden, sind sie nur eingeschränkt zeitlich erreichbar. Jeder der Auszubildenden, die eine Ausbildung als IT-Systemkaufleute absolvieren haben wöchentlich 2 Berufsschultage und einen weiteren freigestellten Tag, so dass sie in einer 6-Tage-Woche jeweils nur 3 Tage zur Verfügung stehen und sich so aufgrund der unterschiedlichen Lehrjahre im Laden jeweils abwechseln. Es ist so stets nur ein weiterer Mitarbeiter neben dem Betroffenen im Geschäft. Der Betroffene selbst ist zuständig für den gesamten technischen Service, insbesondere im technischen Service vor Ort, den er dadurch sicherstellt, dass er mittels seines Fahrzeuges Kundenbesuche durchführen kann. Die beiden Auszubildenden sind nicht in diesem Bereich tätig. Der Betroffene hat insoweit dargestellt, dass sich ein Fahrverbot für ihn existenzgefährdend auswirken wird, da er einen „betriebsinternen“ Fahrer allenfalls an den 3 Tagen zur Verfügung hätte, an denen der 22-jährige Auszubildende seines Dienst im Betrieb versieht. Dies würde dann jedoch dazu führen, dass im Ladenlokal des Betroffenen niemand mehr anwesend ist. Angesichts der beengten wirtschaftlichen Ergebnisse des Betriebes des Betroffenen und seines geringen Einkommens aus dem Betrieb, erschien die Einstellung eines Fahrers kaum als mögliche Alternative für den Betroffenen.

Das Gericht hat so angesichts dieser wirtschaftlichen und persönlichen Umstände des Betroffenen ausnahmsweise von der Fahrverbotsanordnung abgesehen unter Anwendung des § 4 Abs.4 Bußgeldkatalog-Verordnung. Eine Erhöhung der Geldbuße auf 250 Euro erschien dem Gericht durchaus sachgerecht, zumal der Betroffene Ersttäter war.

Ok, von der Tendenz her sicherlich zu begrüßen. Ist auch rechtskräftig geworden. Das wundert mich allerdings. Denn ich kenne Entscheidungen, bei denen das Absehen „viel dicker“ war und da ist die StA in die Rechtsbeschwerde gegangen. Nun, den Betroffenen wird es freuen. Und „vorsichtig“ wird er sicherlich sein in Zukunft.