Archiv für den Monat: März 2013

Zu viel Asche, dann muss man nicht reisen

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Die nachfolgende – schon etwas ältere – Entscheidung passt ganz gut zu meinem derzeitigen Aufenthalt. Ist/War ja auch eine kleine Reise, wenn auch keine Kreuzfahrt :-). Nämlich der Hinweis auf das BGH, Urt. v. 18.12.2012, X ZR 2/12 (hier die PM, den VT gibt es noch nicht), zum Reiserecht und zur Zulässigkeit einer Kreuzfahrt-Kündigung wegen einer Aschewolke.

Der BGH geht davon aus, dass Reisende den Vertrag über eine Kreuzfahrt kündigen können, wenn die Flüge zum Startpunkt wegen eines behördlichen Flugverbots gestrichen werden. Damit hat er zugunsten eines Passagiers entschieden, der 2010 wegen der Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull nicht zu seiner gebuchten Kreuzfahrt in die Karibik fliegen konnte. Ein Vertrag über die Teilnahme an einer Kreuzfahrt ist nach Ansicht des BGH ein Reisevertrag, den man wirksam kündigen kann, wenn die Reise aufgrund nicht vorhersehbarer höherer Gewalt nicht stattfinden kann. Nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull habe die Kreuzfahrt als solche zwar durchgeführt werden können, an ihr teilzunehmen, sei den Reisenden jedoch offensichtlich nicht möglich gewesen, zumindest aber erheblich erschwert.

Nun, muss man sich merken. Aber so häufig bricht der …?? wie hieß er gleich noch – ja hoffentlich nicht aus.

 

 

Strafzumessung: Was häufig übersehen wird – verjährte Delikte

Bei der Prüfung der Strafzumessung wird häufig ein Umstand übersehen, der allerdings für den Angeklagten nicht günstig ist. Es können nämlich auch Delikte, für die bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden. Darauf weist der BGH, Beschl. v. 20.12.2012 – 2 StR 257/12 – noch einmal hin. der Angeklagte war wegen mehrerer Fälle des sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. In vier Fällen war bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten. Insoweit hat der BGH die Verurteilung entfallen lassen, was aber an der ausgeurteilten Strafe nichts geändert hat. Denn:

„Dies zwingt nicht zur Aufhebung des Ausspruchs über die Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis II.5 der Urteilsgründe und der Gesamtstrafe. Das Landgericht hat die tateinheitliche Verwirklichung des Tatbestands von § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB bei der Strafbemessung nicht als bestimmenden Strafschärfungsgrund hervorgehoben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könnten Delikte, für welche die Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, im Übrigen auch zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2007 – 2 StR 441/07, NStZ 2008, 146). Schließlich käme dem Umstand, dass der Angeklagte eine Vertrauensstellung missbraucht hat, unabhängig von der Anwendbarkeit des § 174 StGB straferschwerende Wirkung zu, da dieser Gesichtspunkt die Tatschuld erhöht (BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 600/11).

 

Ganz interessant – Bußgeldrecht meets Insolvenzrecht

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Eine in meinen Augen ganz interessante Frage behandelt der LG Bochum, Beschl. v. 04.12.2012 – 9 Qs 86/12 -, nämlich die Frage, ob während des Insolvenzverfahrens und des Restschuldbefreiungsverfahrens die Anordnung von Erzwingungshaft zur Erzwingung der Zahlung einer Geldbuße nach § 96 OWiG zulässig ist oder nicht. Das LG Bochum hat das – in Fortschreibung seiner bisherigen Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit einigen anderen LG, aber auch in Abweichungen von anderen LG verneint. Begründung: Auch die Anordnung von Erzwingungshaft sei beine unzulässige Maßnahme der Einzelzwangsvollstreckung im Sinne der §§ 89, 294 InsO.

Ich habe da mal eine Frage/Bitte um Ihre Meinung, oder: Die Zeugenvernehmung durch den Rechtsanwalt im EV

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Vor einigen Tagen erreichte mich die Anfrage eines Kollegen zu folgender Problematik:

„Ich bin Verteidiger eines Mandanten, dessen von ihm getrennt lebende Ehefrau als Zeugin polizeilich vernommen wurde. Ein Protokoll über den Inhalt dieser Vernehmung liegt der Zeugin nicht vor.

Dem Mandanten habe ich eine Kopie der Ermittlungsakte einschließlich dieses Protokolls nach Akteneinsicht zur Verfügung gestellt. Der Mandant geht davon aus, daß die Vernehmung seiner Frau nicht korrekt stattgefunden hat und der Inhalt des Protokolls ihre tatsächliche Aussage verfälscht wiedergibt.

Sehen Sie eine legale Möglichkeit, der Zeugin im Vorverfahren (ohne Einschaltung eines weiteren Rechtsanwalts durch die Zeugin) eine Abschrift ihres Vernehmungsprotokolls zur Verfügung zu stellen oder wenigstens zur Kenntnis zu bringen, damit diese den Inhalt überprüfen und ggfs. berichtigen kann? Falls nicht, wäre ggfs. wenigstens ein Vorhalt des Protokollinhalts gegenüber dem Zeugen im Rahmen von eigenen Ermittlungen des Verteidigers zulässig?“

Ich war mir zunächst nicht gaz sicher, was ich ihm antworte, habe mich dann aber zu folgender Antwort entschlossen:

  1. Das Protokoll über die Vernehmung wird nicht herausgegeben.
  2. Einen Vorhalt können Sie daraus bei einer Vernehmung der Zeugin machen.
  3. Aber: Wenn Sie sich zu einer Vernehmung der Zeugin im Zuge „eigener Ermittlungen“ entschließen, dann vermeiden Sie alles, aus dem die Zeugin den Eindruck gewinnen könnte, Sie wollten Druck auf sie ausüben. Ich würde die Vernehmung in Abwesenheit des Mandanten führen, allerdings durch einen unbeteiligten Dritten (Kanzleiangestellte als Protokollführerin) sicher stellen, dass über die Umstände der Vernehmung später berichtet werden kann. Ggf. Tonbandprotokoll der gesamten Vernehmung. Wie Sie bei der Vernehmung vorgehen müssen (Belehrung usw.), finden Sie in meinem Handbuch Ermittlungsverfahren. Denken Sie bitte immer daran: Derzeit scheinen sich der Mandant und die Zeugin = als getrennt von ihm lebende Ehefrau gut zu verstehen. Das kann sich aber schnell ändern und dann haben Sie ggf. eine Zeugin, die über versteckten Druck berichtet bzw. so etwas andeutet. Dem müssen Sie begegnen können.“

Ich denke, damit kann er „leben“. 🙂

 

Der Aufklärungsgehilfe „bestätigt“ nur – reicht das?

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Der BGH, Beschl. v. 12.02.2013 – 5 StR 27/13 – hat ein Urteil des LG Berlin im Strafausspruch aufgehoben, durch das das LG den Angeklagten u.a. wegen Geldfälschung verurteilt hatte. Der BGH hat einen Fehler bei der Anwendung des § 46b StGB gesehen – Stichwort: Aufklärungsgehilfe.

„…Unbeschadet dessen haben beide Einzelstrafen (und die Gesamt-strafe) keinen Bestand, weil das Landgericht bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 46b StGB einen unzutreffenden Maßstab angelegt hat. Es hat eine Aufklärungshilfe allein deswegen verneint, „da der Angeklagte mit seinem frühen Geständnis … lediglich die bereits durch die Ermittlungen bestehenden Erkenntnisse bestätigt hat“, ohne hierzu Näheres mitzuteilen. Es ist jedoch anerkannt, dass es für § 46b StGB ausreichend sein kann, wenn die Angaben des Täters eine sicherere Grundlage für den Nachweis der betreffenden Tat der belasteten Person schaffen, also dessen Überführung erleich-tern (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2010 – 3 StR 403/10, wistra 2011, 99), etwa indem den Ermittlungsbehörden bereits vorliegende Erkenntnisse durch die Angaben des Täters weiter bestätigt werden (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2005 – 5 StR 476/04, StraFo 2005, 169).

Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafen bei Anwendung des § 46b StGB für den Angeklagten noch günstiger bemessen worden wären. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neue zur Entscheidung berufene Strafkammer wird das Vorliegen eines Aufklärungserfolges auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen und gegebenenfalls unter Heranziehung weiterer Umstände zu bewerten haben...“