Archiv für den Monat: Februar 2013

Bei LTO gelesen: Kein Urteil in Sachen „Angriff mit Brüsten“

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Bei LTO lese ich gerade:

AG Unna stellt Verfahren ein Kein Urteil in Sachen „Angriff mit Brüsten“

„Meine Freundin wollte mich beim Liebesspiel mit ihren großen Brüsten ersticken.“ Mit diesem bizarren Vorwurf wandte sich ein Anwalt aus Unna im Sommer 2012 an die Polizei. Am Donnerstag wurde das Verfahren nach zweistündiger Verhandlung eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft hatte die 33-jährige Frau wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Nach der angeblichen Attacke mit ihren Brüsten soll sie den Anwalt außerdem mit den Händen gewürgt haben. Weil die Frau psychisch krank ist und als verhandlungsunfähig gilt, erschien sie nicht zum Prozess vor dem Amtsgericht (AG) Unna.

Für den glimpflichen Ausgang des Strafverfahrens, das nach Informationen der Mainpost nach § 153 Strafprozessordnung wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde, war vor allem ihr Ex-Partner selbst verantwortlich. Der Rechtsanwalt erklärte in seiner Zeugenaussage, dass er kein Interesse an einer Verurteilung habe, auch Strafantrag soll er nach Angaben der Mainpost, die sich auf die Sprecherin des AG Unna beruft, nie gestellt haben. „Ich habe sie aufrichtig und von ganzem Herzen geliebt. Was sie braucht, ist keine Bestrafung, sondern endlich eine ordentliche Therapie“, sagte der Jurist.

Den angeblichen Vorfall beim Liebesspiel wollte der Zeuge jedoch keinesfalls nachträglich als Bagatelle abtun. „Ich hatte echte Todesangst“, sagte er. Als seine wesentlich kräftigere und schwerere Partnerin seinen Kopf zwischen ihre großen Brüste gepresst habe, habe er „Sternchen gesehen“.

dpa/tko/LTO-Redaktion“

Ich gebe das mal unkommentiert weiter.

Sage ich doch: In der Revision immer (auch) die Sachrüge…

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Im Revisionsrecht kann man viele Fehler machen bzw. die Klippen in diesem Bereich sind vielfältig und scharf, führen sie doch in der Regel dazu, dass das Rechtsmittel keinen Erfolg hat. Eine der Klippen bzw. einer der Fehler ist der, dass nicht auch – auf jeden Fall – die Sachrüge erhoben wird, und zwar auch dann, wenn nur verfahrensrechtliche Fehler geltend gemacht werden. Denn (nur) die Sachrüge eröffnet dem Revisionsgericht den – wie es immer heißt – Blick ins Urteil mit der Folge, dass mit Urteilsinhalt ggf. der – nicht ausreichende -Vortrag zur Verfahrensrüge ergänzt/vervollständigt werden kann. Dazu jetzt noch einmal der BGH, Beschl. v. 18.12.2012 – 3 StR 458/12, in dem der BGH darauf (inzidenter) noch einmal hinweist:

„Ergänzend bemerkt der Senat zu der Rüge der Verletzung des § 261 StPO: Soweit der Generalbundesanwalt unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2008 (3 StR 441/08, StraFo 2009, 115) die Rüge bereits für unzulässig erachtet, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Der In-halt des Urteils ist bei gleichzeitig erhobener Sachrüge vom Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen (BGH, Beschluss vom 20. Juli 1995 – 1 StR 338/95, NJW 1998, 838) und kann daher den Sachvortrag der Revision zu einer Verfahrensrüge ergänzen. Aus der genannten Entscheidung des Senats ergibt sich nichts anderes. Dort ist lediglich dargelegt, dass es sich den-noch empfiehlt, auch die für die Verfahrensrüge relevanten, aus den Urteilsgründen ersichtlichen Umstände in den Revisionsvortrag mit aufzunehmen, damit dieser schon aus sich heraus verständlich ist.“

 

Da wundert sich der Verteidiger – ist aber richtig

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Ein Verteidiger hat mir den OLG Hamm, Beschl. v. 20.02.2013 – III-3 RBs 13/13 – übersandt und sein Erstaunen über den Beschluss zum Ausdruckt gebracht – „übersende ich Ihnen einen Beschluss des OLG Hamm, der mich ein wenig ratlos macht.“ Was ist passiert?

Folgender Sachverhalt: Gegen den Betroffenen ergeht wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften ein Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße und einem Fahrverbot von einem Monat. Zugestellt wird der  Bußgeldbescheid dem Betroffenen am 29.02.2012.  Zunächst wird – ich will es mal neutral ausdrücken – mit einem Schreiben des Verteidigers vom 02.03.2012 korrespondiert und angeregt, das verhängte Fahrverbot von einem Monat aufzuheben und die Geldbuße entsprechend anzuheben. Dann wird mit Schreiben des Verteidigers vom 14.03.2012 erneut wie folgt geschrieben: „Rein vorsorglich und fristwahrend lege ich gegen den Bußgeldbescheid (…) Einspruch ein.“ Das Schreiben geht – so das OLG – am 15.03. 2012 bei Bußgeldbehörde ein.

Die Bußgeldbehörde übersendet die Akten nunmehr über die Staatsanwaltschaft dem Amtsgericht, das den Betroffenen mit Urteil vom 15.11.2012 zu einer Geldbuße von 125,00 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Dagegen die Rechtsbeschwerde.

Und nun der Beschluss des OLG Hamm vom 20.02.2013, in dem es heißt:

Auf die Rechtsbeschwerde hin ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid als unzulässig zu verwerfen.

Das irritiert den Verteidiger bzw. macht ihn ratlos. Es ist aber richtig. Nach § 70 OWiG Abs. 1 OWiG ist der Einspruch durch das Gericht zu verwerfen, wenn die Vorschriften über die Einlegung nicht beachtet sind. Und wird die Unzulässigkeit erst im Rechtsbeschwerdeverfahren festgestellt, verwirft noch das OLG nach Aufhebung des Urteils, das ja zwischenzeitliche ergangen ist (so schon BGHSt 26, 183). Ist sicherlich ein wenig überraschend, aber h.M. :-).

Eine ganz andere Frage ist die, wie der Verteidiger mit dem Umstand umgehen muss, dass nach seinen Unterlagen, der Einspruch nicht verspätet war, sondern ausweislich des in seiner Handakte enthaltenen Faxberichts der Einspruch bereits am 14.03.2012 – und damit fristgerecht – bei der Verwaltungsbehörde eingegangen ist. Wie damit umgehen? M.E. hat er – die Richtigkeit des Faxberichtes unterstellt – nur die Möglichkeit, eine Gegenvorstellung gegen den OLG-Beschluss zu erheben – irren kann auch ein OLG 🙂 – und – so meine ich – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu beantragen. Wie das jetzt noch geht und wo, habe ich auf die Schnelle jetzt nicht geprüft. Aber m.E. müsste es noch gehen, denn der Verteidiger/Betroffene hat ja erst jetzt von der Verspätung erfahren. Das OLG wird es schon richten, wenn es sich tatsächlich vertan hat. Allerdings stellt sich dann die Frage: Was wird es im Ergebnis bringen? Droht dann nicht die Verwerfung der Rechtsbeschwerde als unbegründet?

Und für den Fall, dass die Verspätung zutreffend vom OLG festgestellt ist, ist auf eins noch hinzuweisen: Göhler/Seitz weist bei § 70 Rn. 8 darauf hin, dass die Kosten, die entstanden sind, nach § 21 Abs. 1 GKG (auf jeden Fall) nieder zu schlagen sind, da sie bei richtiger Sachbehandlung durch das AG nicht entstanden wären.

Akteneinsicht à la AG Ratzeburg – da kennt man den „Cierniak-Aufsatz“

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Im hohen Norden ist der“Cierniak-Aufsatz“ – “Prozessuale Anforderungen an den Nachweis von Verkehrsverstößen”(zfs 2012, 664 ff.) – angekommen, anders als beim AG Walsrode (vgl. dazu hier). Das zeigt deutlich der AG Ratzeburg, Beschl. v. 24.01.2013 – 8 OWi 111/13-., der sich auch noch einmal mit dem Verhältnis Urheberecht/Akteneinsichtsrecht befasst und letzterem den Vorrang gewährt.

Hier kann dahinstehen, ob grundsätzlich urheberrechtliche Bedenken gegen eine Fertigung einer Kopie der Bedienungsanleitung bestehen. Denn diese Bedenken müssen jedenfalls im Ordnungswidrigkeitenverfahren zurückstehen. Es ist insoweit nämlich für eine Prüfung des Vorliegens eines standardisierten Messverfahrens im Sinne der Rechtsprechung des BGH notwendig, dass der Messgeräteeinsatz der Bedienungsanleitung  entsprechend stattgefunden, hat. Kennen weder Verwaltungsbehörde, noch Verteidiger öder Gericht die Bedienungsanleitung, so kann diese Prüfung bei keinem der Verfahrensbeteiligten stattfinden. Dies gilt umso mehr, da jedem Hersteller von Geschwindigkeitsmessgeräten zur Verkehrsüberwachung bekannt ist, dass die mit den Geräten durchgeführten Messungen Gegenstand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sind und insofern der Prüfung auch durch Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung unterliegen. Vor diesem Hintergrund ist von einer zumindest konkludenten. Einräumung entsprechender Nutzungsrechte mit Erwerb des. Messgerätes auszugehen, zumal anderenfalls alle Messungen mangels Überprüfbarkeit unverwertbar und die Geräte des Herstellers damit letztlich unverkäuflich wären.

 

AG Herford – Poliscan Speed? – „Mich überzeugt dieses Messverfahren nicht“

Poliscan Speed ist und wird wahrscheinlich auch noch eine Zeit lang in der Diskussion bleiben. Die OLG sehen dieses Messverfahren zwar inzwischen wohl übereinstimmend als standardisiertes Verfahren an, allerdings nicht alle AG folgen dem. So hat das AG Aachen im Dezember 2012 im AG Aachen, Urt. v. 10.12.2012 – 444 OWi-606 Js 31/12-93/12 dieser Auffassung die Gefolgschaft versagt (vgl. hier). Jetzt kann ich hinweisen auf das AG Herford, Urt. v. 24.01.2013 – 11 OWi 502 Js 2650/12-982/12-, das ebenfalls zum Freispruch gekommen ist. Allerdings mit einem anderen Ansatz als das AG Aachen. Das AG Herford hat die Frage der: Standardisiert, ja oder nein?, offen gelassen. Es hat sich vielmehr darauf zurück gezogen, dass, unabhängig davon, ob standardisiert oder nicht, sich immer noch die Frage der richterlichen Überzeugungsbildung stellt, und ist dann dazu gekommen, dass das Messverfahren allgemein und seine Anwendung im konkreten Fall so erhebliche Zweifel aufwerfen, dass eine Verurteilung darauf nicht gestützt werden könne.

„Insgesamt gab es somit wegen der Gerichtsverwertbarkeit des Messverfahrens erhebliche Zweifel, außerdem aber auch wegen der Zuordnung des auf dem Messfoto abgebildeten Fahrzeuges zu der durchgeführten Geschwindigkeitsmessung. Wie bereits das Amtsgericht Aachen in seinem Urteil vom 10.12.2012 zutreffend festgestellt hat, konnte das in dieser Sache durchgeführte Messverfahren deshalb nicht für den Nachweis herangezogen werden, dass der Betroffene an der fraglichen Stelle so schnell fuhr, wie ihm im Bußgeldbescheid vorgeworfen wurde.“

Das ist ein etwas anderer Ansatz als AG Landstuhl und AG Kaiserslautern, die m.E. allein aus der nicht möglichen Überprüfbarkeit bei ESO ES 3.0 zur Unverwertbarkeit gekommen sind.