Archiv für den Monat: Juli 2012

Nochmal Alkohol – Mit 3 Promille auf Fest randaliert – Fahrerlaubnisentzug

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Es ist ja auch schon an verschiedenen anderen Stelle zum VG Mainz, Beschl. v. 10.07.2012 – 3 L 823/12 – berichtet worden (hier die PM). Die Überschrift lautet – wie oben – „Mit 3 Promille auf Fest randaliert – Fahrerlaubnisentzug“. Dann heißt es weiter in der PM:

„Auch Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs kann zum Verlust der Fahrerlaubnis führen. Dies ergibt sich aus der Entscheidung der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz.

In stark alkoholisiertem Zustand – eine Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 3 Promille randalierte ein Mann (Antragsteller) auf einem Fest. Die Polizei nahm den Mann fest. Rettungskräfte brachten ihn zunächst in ein Krankenhaus und danach in die Rheinhessenfachklinik. Zur Abklärung eines möglichen Alkoholmissbrauchs gab die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Da der Mann dieser Aufforderung nicht nachkam, entzog ihm die Behörde unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis.

Den auf einen Stopp des Sofortvollzugs gerichteten Antrag des Mannes haben die Richter der 3. Kammer abgelehnt. Die Behörde habe bei dem Antragsteller zu Recht Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch gesehen und deshalb die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt. Alkoholmissbrauch sei zugrunde zu legen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könne. Insofern genüge auch eine Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs, wenn sie Anlass für die Annahme biete, der Betreffende werde voraussichtlich schon in überschaubarer Zukunft auch nach dem Genuss von Alkohol ein Kraftfahrzeug führen. Dies treffe beim Antragsteller zu. Nach wissenschaftlicher Erkenntnis gehörten Personen, die 1,6 Promille und mehr erreichten, zu den überdurchschnittlich alkoholgewöhnten Kraftfahrern mit regelmäßig dauerhaft ausgeprägter Alkoholproblematik, welche die Gefahr von Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr in sich berge. Dass der Antragsteller an größere Mengen Alkohol gewöhnt sei, werde auch dadurch bestätigt, dass er trotz 3,0 Promille aggressiv aufgetreten sei und im Krankenhaus von den Polizeibeamten habe bewacht werden müssen. Da der Antragsteller zudem zur Erreichung seiner Arbeitsstätte auf die Benutzung eines privaten Fahrzeugs angewiesen sei, sei zu befürchten, dass er künftig unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug führen werde. Damit sei die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens und nach dessen Nichtvorlage der Entzug der Fahrerlaubnis gerechtfertigt.

Die hier angesprochen Linie wird wohl neuerdings allgemein von den Straßenverkehrsämtern gefahren und scheint von der Rechtsprechung abgesegnet zu werden. Ich kenne ein Urteil des BVerwG dazu bisher nicht. Oder irre ich?

 

„Radler bei 1,1 Promille aus dem Verkehr ziehen“

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Unter der Überschrift „Radler bei 1,1 Promille aus dem Verkehr ziehen“ berichteten die Westfälischen Nachrichten Münster gestern über verschiedene Initiativen, für die sich der münsterische Polizepräsident und der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP gemeinsam stark gemacht haben. Das sind:

  • eben die 1,1 Promille bei Radfahrern,
  • ein OWi-Tatbestand für Radfahrer für Promille-Grenzen unter 1,1 Promille,
  • eine Ausweis-Mitführ-Pflicht,
  • allerdings keine Kennzeichen an Fahrrädern.

Ob die Frage des Mitführens des Ausweises nun wirklich ein Problem ist, kann ich nicht beurteilen. Man sollte nur bedenken: Desto mehr Pflichten, desto mehr Verstöße, desto mehr Bürokratie. Denn was würde eine Ausweispflicht nutzen, wenn ich deren Einhaltung nicht überwache.

Die Forderung nach einer niedrigeren Promille-Grenze bei Radfahrern ist nicht neu. 1,6 Promille ist nun wirklich ein bisschen (?) hoch. Allerdings im Fall eines infolge des Alkohols verursachten Unfalls reichen auch knappere Alkoholisierungen.

Man wird sehen, was daraus wird. Echte Initiative oder nur „Sommerlochfüller“

 

So nicht Frau Kollegin…. Mal wieder Bedienungsanleitung

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Es ist ja ein wenig Ruhe an der Front „Einsicht in die Bedienungsanleitung eingekehrt“, nachdem die Fragen die Rechtsprechung im vorigen Jahr und auch noch in den ersten Monaten des Jahres stärker beschäftigt haben. Im wesentlichen werden auch nur noch die alt bekannten Argumente ausgetauscht. Bahnbrechend Neues gibt es nicht.

Oder doch?

Vielleicht ja mit dem AG Ratzeburg, Beschl. v. 02.05.2012 – 3 OWi 700/12. Auf den ersten Blick meint man auch, dass er nichts Neues enthält. Aber dann am Ende kommt es kurz und trocken:

Da heißt es zur Begründung der Ablehnung der Übersendung einer Kopie der Bedienungsanleitung: „Der Betroffene hat jedenfalls die Möglichkeit, die Hilfe eines ortsansässigen Verteidigers in Anspruch zu nehmen.“

Frage an die Kollegin: Noch nie etwas vom Anwalt des Vertrauens gehört? Das Recht auf diesen ist m.E. mit der Argumentation tangiert. So geht es m.E. nicht. Zudem: Der Betroffene wohnt in Berlin: Also auf zu einem „Verteidigungstourismus“!!

Wiedereinsetzungsantrag – ist die Begründung denn so schwer? Anfängerfehler des Verteidigers

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Ist eine Frist versäumt und steht die Frage der Wiedereinsetzung an, dann ist es nicht nur die Frage, ob überhaupt eine Möglichkeit der Wiedereinsetzung besteht (vgl. dazu unser Beitrag zur „bewussten Verhinderung“ ), sondern es ist offenbar auch eine Klippe, den Wiedereinsetzungsantrag ordnungsgemäß zu begründen. An der Klippe erleiden viele Anträge Schiffbruch. Ich frage mich allerdings in den Zusammenhang immer wieder, ob es eigentlich so schwer ist, eine i.S. der §§ 44 StPO ausreichende Begründung zu Papier zu bringen. Wenn man jedoch sieht, wie viele als unzulässig – weil nicht ausreichend begründet – zurückgewiesen werden, kann man die Frage wohl nur bejahen. Dabei stehen die Voraussetzungen doch mehr als deutlich im Gesetz und alle Kommentare, Handbücher, Formularbücher-  und was es sonst noch so gibt – setzen sich mit den Fragen auseinander. Eine der Grundvoraussetzungen ist, dass mitgeteilt wird, wenn denn nun das Hindernis, das zur nicht rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels geführt hat, weggefallen ist. Denn Wiedereinsetzung gibt es eben nicht unbegrenzt. Auf dieses Grundwissen hat jetzt der BGH, Beschl. v. 21.06.2012 – 3 stR 231/12 – den Verteidiger eines Angeklagten noch einmal hinweisen müssen:

„Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, da der Verteidiger nur mit-geteilt hat, wann er davon erfahren hat, dass seine Revisionseinlegungsschrift nicht innerhalb der Wochenfrist beim Landgericht eingegangen war, und der Angeklagte nur dargelegt hat, dass – nicht aber wann – er durch eine Ladung zum Strafantritt auf die Rechtskraft der Entscheidung aufmerksam wurde. Die Mitteilung über den Zeitpunkt, zu dem das Hindernis weggefallen ist, gehört zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Wiedereinsetzungsantrags (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN).)

M.E. auch ein „Anfängerfehler“ :-(.

…“eine Revision hätte zu 99 % keine Erfolgsaussichten“, so berät der erste Verteidiger

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Der erste Verteidiger berät den Angeklagten dahin, “ „eine Revision hätte zu 99 % keine Erfolgsaussichten“. Wohl deshalb stimmt der Angeklagte der Nichteinlegung der Revision zu. Es kommt zum Verteidigerwechsel. Die neue Verteidiger sieht die Rechtslage offenbar anders. Sie legt Revision eine (begründet mit der allgemeinen Sachrüge) und beantragt Wiedereinsetzung. Der BGH, Beschl. v. 19.06.2012 – 3 StR 194/12 – stellt das fest, was ständige Rechtsprechung der Obergerichte ist: Derjenige, der bewusst ein Rechtsmittel nicht einlegt, ist nicht „verhindert“ i.S. der §§ 44 ff. StPO. Er hat nichts „versäumt“, sondern er hat – ggf. mit (guten) Gründen – von der Möglichkeit des Rechtsmittels keinen Gebrauch gemacht. Wenn die Entscheidung dann später reut, kann man das nicht mit der Wiedereinsetzung reparieren. Damit kann man auch nicht eine ggf. falsche Beratung des Verteidigers wieder wett machen, denn – so der BGH:

Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Angeklagten gleichwohl nicht bewilligt werden, weil seine letztgenannte Erklärung jedenfalls belegt, dass er sich nach Beratung durch seinen ersten Verteidiger zunächst bewusst gegen die Einlegung der Revision entschieden hatte; wer aber von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht, ist nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO „verhindert, eine Frist einzuhalten“ (BGH, Beschluss vom 10. August 2000 – 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160; Beschluss vom 23. September 1997 – 4 StR 454/97, NStZ-RR 1998, 109; KK-Maul, 6. Aufl., § 44 Rn. 17 mwN). Das gilt auch dann, wenn ein Angeklagter – wie hier vom Beschwerdeführer behauptet – nach Beratung durch seinen Verteidiger die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels möglicherweise falsch einschätzt (BGH, Beschluss vom 10. August 2000 – 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160; Beschluss vom 16. Mai 2000 – 4 StR 147/00, BGHR StPO § 44 Anwendungsbereich 2; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 44 Rn. 5).“