Der Sachverständige (k)ein ungeeignetes Beweismittel

Das LG Kleve hat den Angeklagten vom Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung frei gesprochen. Dagegen die Revision der StA, die Erfolg hatte, und zwar mit der Verfahrensrüge. Die StA hatte gerügt, dass die Strafkammer einen von ihr gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt hat. Die StA hatte beantragt, ein anthropologisches Gutachten zu der Frage einzuholen, dass „es sich bei den zur Tatzeit mittels einer Überwachungskamera im Verkaufsraum der Tankstelle aufgezeichneten männlichen Personen um die Angeklagten handele„. Das LG hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um ein „ungeeignetes Beweismittel“ im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO, weil es nicht möglich sei, dem Sachverständigen neben dem aus den Aufzeichnungen der Überwachungskamera stammenden „Videomaterial“ das für die Begutachtung erforderliche „Vergleichsmaterial“ zu verschaffen. Entsprechendes Material könne nur mittels eines Nachstellens der Tat unter Mitwirkung der Angeklagten gewonnen werden. Dazu seien diese nicht bereit.

Der BGH hat diese Ablehnung im BGH, Urt. v. 01.12.2011 – 3 StR 284/11 – als rechtsfehlerhaft beanstandet:

„2. Diese Begründung trägt die Ablehnung des Beweisantrags nicht; sie ist mit § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht vereinbar.
a) Ein Beweismittel ist völlig ungeeignet im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO, wenn ungeachtet des bisher gewonnenen Beweisergebnisses nach sicherer Lebenserfahrung feststeht, dass sich mit ihm das im Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nicht erreichen lässt und die Erhebung des Beweises sich deshalb in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste (BGH, Beschluss vom 13. März 1997 – 4 StR 45/97, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 16; Beschluss vom 15. März 2007 – 4 StR 66/07, NStZ 2007, 476, 477; Beschluss vom 7. August 2008 – 3 StR 274/08, NStZ 2009, 48 f.).
Wird eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, kommt dies in Betracht, wenn es nicht möglich ist, dem Sachverständigen die tatsächlichen Grundlagen zu verschaffen, deren er für sein Gutachten bedarf. Umgekehrt ist ein Sachverständiger nicht schon dann ein völlig ungeeignetes Beweismittel, wenn er absehbar aus den Anknüpfungstatsachen keine sicheren und eindeutigen Schlüsse zu ziehen vermag. Als Beweismittel eignet er sich vielmehr schon dann, wenn seine Folgerungen die unter Beweis gestellte Behauptung als mehr oder weniger wahrscheinlich erscheinen lassen und hierdurch unter Berücksichtigung des sonstigen Beweisergebnisses Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts erlangen können (BGH, Beschluss vom 13. März 1997 – 4 StR 45/97, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 16; Beschluss vom 7. August 2008 – 3 StR 274/08, NStZ 2009, 48, 49 mwN).
Ob eine sachverständige Begutachtung auf der verfügbaren tatsächlichen Grundlage zur Klärung der Beweisbehauptung nach diesen Maßstäben geeignet ist, kann und muss der Tatrichter in Zweifelsfällen im Wege des Freibeweises – etwa durch eine Befragung des Sachverständigen zu den von ihm für eine Begutachtung benötigten Anknüpfungstatsachen – klären (BGH, Beschluss vom 31. Mai 1994 – 1 StR 86/94, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 14; Beschluss vom 9. März 1999 – 1 StR 693/98, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 20; Beschluss vom 15. März 2007 – 4 StR 66/07, NStZ 2007, 476, 477)…..“

Also: Auf ein neues

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