Archiv für den Monat: März 2011

Geständnisüberfall der StA und Polizei…

so lautet die Überschrift zu einem Posting – man kann eher sagen zu einem Hilfeschrei oder auch zu einem Aufschrei – eines Kollegen in unserem Forum bei Heymanns Strafrecht, das ich mit dessen Genehmigung hier wiedergeben/einstellen darf. Natürlich nicht ganz uneigennützig, denn es geht um die Frage der Rechtsmittel.

Vielleicht fällt ja dem ein oder anderen noch etwas ein. Der Kollege hatte selbst schon eine ganze Menge Ideen, die ich hier aber zunächst mal noch nicht einstellen will. Denn, wenn man das „Publikum befragt“ ist es nie gut, sich vorher schon zu weit aus dem Fenster herauszulehnen. Also: Folgender Sachverhalt soll Gegenstand der Betrachtung sein – und wem nichts einfällt, der nimmt es zumindest – gelinde gesagt – erstaunt zur Kenntnis:

Liebe Listenkollegen,

ich hatte den „Spaß“ diese Woche Katz und Maus in Dunkeldeutschland spielen zu müssen oder dürfen.

Meiner Meinung nach wurde der Rechtsstaat mit Füssen getreten. Die Rechtsmittel gegen dieses Vorgehen muss ich noch einlegen und begründen.

Ich hoffe auf rege Diskussion und vielleicht sachdienliche Anregungen.

Leider ist die Sachverhaltsdarstellung lang. Ich werde das Forum in Stücken bedienen, die hoffentlich inhaltlich leichter verdaulich sind. Sie werden dann verstehen, dass ich die ganze Woche schon an Bluthochdruck leide.

Vorbemerkung:

Es handelt sich um ein Ermittlungsverfahren wegen angeblichen Doppelmord.

Die 2. Leiche ist bislang nicht gefunden worden. Mandant schweigt aus für manche nicht nachvollziehbaren Gründen bislang, trotz der dafür doch verordneten U-Haft von bislang über 6 Monaten.

Sachverhalt:

Am Montag 14.03.2011 – 13:58 Uhr erhält Verteidiger Fax von der Staatsanwaltschaft:

„Termin zur [b]Gewährung rechtlichen Gehörs[/b] wird bestimmt auf Dienstag, 15.03.2011, 09:00 Uhr Polizeipräsidium München (…) Die Vorführung des Beschuldigten zu diesem Termin aus der JVA-Stadelheim wird angeordnet. Die JVA wird um Überstellung in die Haftanstalt des PP München gebeten.“

Da die Staatsanwältin telefonisch nicht erreichbar ist schreibt die Verteidigung per Fax um 15:50 Uhr:

„… Bekanntlich will mein Mandant keine Angaben zur Sache machen. Daher ist hierin der Versuch zu sehen, durch einen kurzfristigen Vernehmungstermin die Konsultation mit dem Verteidiger zu verhindern.

Ich beantrage die Verfügung aufzuheben. Eine Vernehmung unter Umgehung des Anwalts wäre sowieso nicht verwertbar. Schon das Nicht-Gewähren der Verteidigerkonsultation führt zu Verwertungsverboten, dies gilt natürlich umso mehr, wenn die Möglichkeit gezielt ausgeschaltet wird.“

Die Staatsanwältin bleibt telefonisch unerreichbar. Sie hat aber Zeit für ein Fax um 17:01 Uhr:

„An dem Termin wird festgehalten. Es besteht die Möglichkeit, vor 09:00 Uhr mit dem Beschuldigten in der Haftanstalt zu sprechen.

Es ist bekannt, dass der Beschuldigte keine Angaben mehr machte. Es geht aber auch lediglich um die Gewährung rechtlichen Gehörs und nicht um die Herbeiführung einer Einlassung.“

Staatsanwältin und ermittelnde Polizisten bleiben telefonisch unerreichbar.

Weiterlesen

Augsburger Puppenkiste, oder was passierte am 6. Verhandlungstag im Verfahren ./. RA Lucas in Augsburg

Ich schulde noch den Prozessbericht über den 6. Hauptverhandlungstag im Verfahren gegen den Kollegen Lucas in Augsburg. Der Tag lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen.

  • RA Lucas wurde zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen befragt.
  • Sodann folgte die erneute Vernehmung des Zeugen, der am dritten HV-Tag im Verfahren K. Sitzungsvertreter war. Er hatte im Rahmen seiner ersten Einvernahme u.a. bekundet, keine Erinnerung an Zahlen und Gespräche über Strafhöhen zu haben. Mit dem Zeugen wurde der Sitzungsbericht der an sich sachbearbeitenden StAin/Sitzungsvertreterin erörtert und der darin enthaltene handschriftlichem Vermerk („4 J 10 M“). Dieser stammte von ihm. Welche Bewandnis es mit der Zahl auf sich hat, erinnerte sich der Zeuge nicht mehr sicher. Jedenfalls scheint es so, dass diese von RA Lucas in der Revision genannte Zahl wohl doch Thema in dem Ausgangsverfahren gewesen ist.
  • Dann wurde noch der BZR-Auszug verlesen.
  • Neuer Termin am 21.03.2011, 13.00 Uhr. In dem soll die Sachbearbeiterin der StA im Fall. K noch einmal vernommen werden. Denn derzeit sieht es so aus, als ob sie den Sitzungsbericht bei ihrer ersten Vernehmung zitiert hat, ohne aber den so wesentlichen handschriftlichen Vermerk offen zu legen.
  • Die StA wurde aufgefordert, die Handakte vollständig vorzulegen. Es soll geprüft werden, ob sich weitere bisher nicht mitgeteilte Informationen in den Akten befinden.
  • Anschließend soll plädiert werden.

Angehängt habe ich dann den Prozessbericht der Kollegen Grabow, der als Vertreter der Strafverteidigervereinigungen am Prozess teilnimmt.

Lesetipp: Vom rettenden Engel zum Mörder in Weiß – Ärzte und Betäubungsmittel: in StRR 2011, 84

Inzwischen ist StRR 03/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht der Beitrag „Vom rettenden Engel zum Mörder in Weiß – Ärzte und Betäubungsmittel“ von RA Dr. Peter Kotz (StRR 2011, 84) zum kostenlosen Download bereitgestellt. Im Hinblick auf die Entscheidung des BGH zum „Berliner Drogenarzt“ m.E. ganz interessant