Zwang, Spraydose in die Vagina einzuführen, keine besonders schwere Vergewaltigung

Der BGH hatte in seinem Beschl. v. 17.08.2010 – 3 StR 265/10 folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Danach zwang der Angeklagte die Nebenklägerin – nachdem er diese geschlagen, beleidigt und vom Bett heruntergeschleudert hatte – unter Vorhalt eines abgebrochenen, scharfkantigen Sektglasstieles vor ihr Gesicht dazu, sich eine Spraydose vaginal selbst einzuführen. Als die Geschädigte diesen Gegenstand wieder aus ihrem Körper entfernt hatte, warf der Angeklagte sie erneut auf das Bett und riss ihr den String-Tanga vom Körper. Er setzte sich auf die Geschädigte und führte diesmal eigenhändig die Spraydose für wenige Sekunden gewaltsam in deren Vagina ein.“

Das LG hatte wegen besonders schwerer Vergewaltigung nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB – gefährliches Werkzeug – verurteilt. Der BGH sagt: Reicht nicht; dazu führt er aus:

Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung nicht. Durch die Nötigung der Nebenklägerin, sich die Spraydose selbst einzuführen, hat der Angeklagte den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB nicht verwirklicht; denn taugliche Nötigungserfolge des § 177 StGB sind allein sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an dem Opfer sowie sexuelle Handlungen des Opfers am Täter oder einer dritten Person. Sexuelle Handlungen vor dem Täter (oder einem Ditten) sind hingegen von diesem Tatbestand nicht erfasst (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 177 Rn. 48). In solchen Fällen kommt (lediglich) die Begehung einer Nötigung im besonders schweren Fall gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB in Betracht. Soweit der Angeklagte im weiteren Fortgang die Dose selbst gewaltsam eingeführt und damit eine Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) begangen hat, fehlt es an der Feststellung, dass er bei der Tat – also bei dieser Vergewaltigung – als Nötigungsmittel ein gefährliches Werkzeug verwendet hat. Es lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen, dass der Angeklagte, als er die Geschädigte zwang, sich den Gegenstand selbst einzuführen, bereits den Vorsatz zu der nachfolgenden Handlung hatte und deshalb mit der Drohung mit dem abgebrochenen Sektglasstiel bereits zur Begehung der sich anschließenden Vergewaltigung ansetzte; ebenso wenig ist zu erkennen, dass der Angeklagte bei diesem zweiten Übergriff zumindest konkludent erneut mit dem Einsatz des gefährlichen Werkzeugs drohte. Letztlich bleibt auch offen, ob die Geschädigte das Einführen der Dose durch den Angeklagten aufgrund der ursprünglichen oder einer erneuter Drohung mit dem Glasstiel duldete. Dies versteht sich angesichts der zahlreichen Nötigungshandlungen des Angeklagten und der nach der ersten Handlung veränderten Begleitumstände auch nicht von selbst.“

Ergebnis: Aufgehoben und zurückverwiesen, da weitere Feststellungen dem BGH möglich erscheinen.

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