Archiv für den Monat: November 2010

BVerfG zur Liechtensteiner Steuer-CD: Erkenntnisse sind/waren verwertbar.

Gerade läuft die PM des BVerfG zum Beschl. v. 09.11.2010 – 2 BvR 2101/09 ein. Es geht um die Verwertbarkeit der Liechtensteiner Steur-CD. Das BVerfG sagt:

„Der für die Durchsuchung erforderliche Anfangsverdacht einer Steuerstraftat ist in den angegriffenen Entscheidungen ausreichend dargelegt worden. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte den Verdacht, die Beschwerdeführer hätten Kapitaleinkünfte aus Vermögen Liechtensteiner Stiftungen gegenüber den deutschen Finanzbehörden nicht erklärt, auch auf die Erkenntnisse der Daten aus Liechtenstein gestützt haben.“

Damit dürfte die Frage für die Praxis geklärt sein. Alles andere ergibt sich dann nach ruhigem Lesen :-).

Pferde-/Reiterwechsel bei Kachelmann – Kostenfolgen für Birkenstock??

Die Tagespresse, aber auch die Blogs (vgl. hier, hier, hier und hier), sind mal wieder voll Kachelmann. Nun ja, ist ja schon interessant, wenn in einem Strafverfahren kurz vor Beginn der „Gutachterphase, auf die es hier ja wohl besonders ankommt „die Pferde gewechselt werden. Das ist nie gut – da hat der Kollege Hoenig Recht -, aber manchmal geht es nicht anders.

Die Gründe für den Wechsel zum „scharfen Hund“ Schwenn (Begriff taucht bei Spiegle-online auf) wird die „interessierte Öffentlichkeit“ kaum erfahren, wie sollte RA Birkenstock darüber auch Auskunft geben dürfen?

Interessant finde ich in dem Zusammenhang Überlegungen bei Spiegle-online, vgl. hier. Da überlegt man, ob RA Birkenstock nicht ggf. auf den Kosten sitzen bleibt. Da heißt es:

„Der abrupte Wechsel könnte auch Folgen für den Anwalt selbst haben. Werden Sachverständige von einem Verteidiger als präsente Beweismittel in einem Strafverfahren gestellt, trägt die Kosten dafür erst einmal der Rechtsvertreter. Birkenstock hatte nach der Festnahme Kachelmanns in kürzester Zeit die namhaftesten Experten Deutschlands zu Stellungnahmen auf ihren jeweiligen Fachgebieten beauftragt. Die Kosten dafür dürften beträchtlich gewesen sein und sich im Lauf der Hauptverhandlung noch um einiges erhöht haben. Fragt sich nun, ob Birkenstock auf diesen Kosten sitzenbleibt“.

Na,  wo steht das denn so? Die Kosten für die präsenten Beweismittel – ich bin mir gar nicht sicher, ob es die klassischen präsenten Beweismittel i.S. des § 245 Abs. 2 StPO sind – werden im Zweifel vom Verteidiger gezahlt, aber „trägt“ er sie? Letztlich wird es im Zweifel immer eine Absprache mit dem Mandanten geben, der verteidigt wird. Auf den kommen die Kosten zu und er bleibt ggf. auf ihnen sitzen.

Wochenspiegel für die 49. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten:

  1. Immer wieder noch mal über Kachelmamn, vgl. hier, hier und hier.
  2. Zum übereilten Geständnis hier.
  3. Natürlich war die Winterreifenpflicht ein Thema, vgl. hier, hier, hier und hier.
  4. Zur „Wertigkeit“ von Strafrecht, hier. Wozu auch dieses passt.
  5. Um Redewendungen ging es mal wieder hier.
  6. Das übereilte Geständnis, hier.
  7. Karate für Staatsanwälte, war hier das Thema.
  8. Die Kennzeichnungspflicht für Berliner Polizisten, hier.
  9. Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Post, hier.
  10. Zum Rotlichtverstoß, hier.

Das Mindestmaß an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe

Mit wohl gesetzten, aber deutlichen Worten hat der BGH in seinem Beschl. v. 19.08.2010 – 3 StR 226/10 zum Ausdruck gebracht, was er von den landgerichtlichen Feststellungen zum Handeltreiben mit Betäbungsmitteln gehalten hat. Nämlich nichts. Da hießt es:

„Diese „Feststellungen“ sind untauglich, den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Auch dem Gesamtzusammenhang des Urteils kann nicht entnommen werden, dass der Angeklagte und U. sich eigennützig um ein eigenes Betäubungsmittelgeschäft bemühten. Dass der Angeklagte seine Taten eingeräumt hat, ist insoweit ebenso wenig von Bedeutung wie der Umstand, dass dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist (was entgegen § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO im Urteil nicht angegeben worden, dem Senat aber durch die Verfahrensrüge eines Mitangeklagten bekannt ist). Allein die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von der Pflicht zur Aufklärung und Darlegung des Sachverhalts, soweit dies für den Tatbestand der dem Angeklagten vorgeworfenen Gesetzesverletzung erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 5 StR 171/09, StV 2010, 60).

Auch in einem solchen Fall bedarf es eines Mindestmaßes an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 222/10).

Wie gesagt: Wohl gesetzt, aber deutlich.

Insolvenzrecht meets Strafrecht… Die Insolvenzanfechtung der Zahlung einer Geldstrafe

Manchmal stößt man ja auf recht interessante Entscheidungen. So z.B. das Urt. des BGH v. 14.10.2010 – IX ZR 16/10. Dort hatte ein Gläubiger wenige Tage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Zahlung einer gegen ihn zuvor verhängten Geldstrafe veranlasst. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor, trotz Kenntnis des bereits gestellten Insolvenzeröffnungsantrages, sofortige Zahlung der Geldstrafe verlangt und für den Weigerungsfall Zwangsmaßnahmen bis hin zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung der Zahlung. Seine Klage gegen die Justizkasse auf Rückzahlung hatte beim BGH Erfolg. Warum, kann man in der Entscheidung des BGH nachlesen.

Für den Schuldner stellt sich die Frage: Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe oder besteht wegen der erfolgten Zahlung ein Vollstreckungshindernis, für dessen Entfallen der Schuldner ja nicht verantwortlich ist.