Archiv für den Monat: Oktober 2010

Die ultimative Antwort/Anhörung in Reimform – ein Versuch war/ist es wert

Versuche ich es mal anders, hat sich eine Betroffener gedacht und auf einen Anhörungsbogen in Reimform geantwortet, denn: Vielleicht haben ja auch Beamte Humor (zumindest in Österreich, denn es war eine Anhörung  bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten)…

Es heißt da:

Mit Interesse habe ich Ihr Schreiben gelesen Und streite nicht ab, ich bin es gewesen.
Wie’s kam liebe Leut ‚, ich sag’s Euch genau, In Kematen war ich bei einer reizenden Frau.
Und hab‘ dann, sonst hätt‘ ich etwas versäumt, Von diesen schönen Tagen ein wenig geträumt.
Auf einmal ging’s bergab, ich war ganz verwundert, Wurde immer schneller und am Tacho stand „Hundert“.
Und plötzlich glaubt‘ ich, es klingt wie ein Witz,
Es kommt ein Gewitter, denn da sah ich ’nen Blitz.
Nach Ihrem Schreiben ist’s mir nun klar,
Dass es das nicht, sondern Eure Kontrolle war.
Auf die Strafe dafür warte ich nun geduldig, Mit einem Wort, ich bekenne mich schuldig.
21 Stundenkilometer zu schnell, leicht zu berechnen, Ich sehe es ein, es war ein Verbrechen.
Bitte trotzdem um Freispruch, ich sag’s ganz banal, Ein Mann der glücklich ist, fährt nicht normal.“

Geholfen hat es zwar nicht, aber der Sachbearbeiters antwortet im Strafbescheid von Amstetten:

„Ist der Reim auch noch so gelungen, Zum Bussgeld seh‘ ich mich gezwungen.
Kommen’s wieder mal von dieser Frau, Nehmen’s den Zug, seien Sie so schlau.“

Geht doch :-). Und: Besten Dank an den „Einsender“.

Kurios: Hanf im Wappen – was hat sich denn da die Polizei in HH ausgedacht?

Die Tagespresse berichtet seit einigen Tagen (vgl. u.a. hier)  über neue Uniformabzeichen bei der Hamburger Polizei, die den Träger als „Kenner“ von Drogen ausweisen sollen. Im Aufnäher, der am Ärmel getragen werden soll, ist ein Hanfblatt enthalten, das auf einen „Drogenexperten“ hinweist. Nette 🙂 Idee, allerdings regt sich auch Widerspruch. Zwar tragen auch die Niedersachsen das „Hanfblatt“, doch das niedersächischen Innenministerium ist „not amused“ (vgl. hier).

Zum Sonntag ein Gebührentipp: Bitte Nr. 5115 Nr. 5 VV RVG nicht übersehen.

Im OWi-Verfahren gar nicht so selten, ist die Entscheidung im Beschlussweg (§ 72 OWiG). Wenn das Gericht das anregt oder so vorgeht, wird dem Verteidiger sein Einverständnis dadurch „versüsst“ (er verliert ja ggf. eine Terminsgebühr), dass ihm eine Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 Anm. 1 Nr. 5 VV RVG zusteht. So auch das LG Düsseldorf im Beschl. v. 30.07.2010, 061 Qs 65/10, mit den Leitsätzen:

  1. Nach Abs. 1 Nr. 5 der Anm. zu Nr. 5115 VV RVG entsteht die zusätzliche Verfahrensgebühr, wenn das Gericht nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG durch Beschluss entscheidet.
  2. Als Mitwirkung des Verteidigers reicht es aus, wenn darauf hingewiesen wird, dass aufgrund der verdachtsunabhängigen Aufzeichnung von Daten der Betroffenen ein Verfahrenshindernis vorliegen dürfte und das Verfahren einzustellen sei.

Die Gebühr wird leider immer noch oft übersehen, und das mehr als 6 (!!) Jahre nach Inkrafttreten des RVG.

Wir basteln am Unmittelbarkeitsgrundsatz – Mehr Einsatz von Videotechnik..

Seit einiger Zeit gibt es den Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik (BT-Drucks. 17/1224), mit dem der Einsatz neuer Kommunikationsmöglichkeiten in der gerichtlichen Praxis gefördert werden soll. Ziel der Neuregelung ist es, die Möglichkeiten der Nutzung von Videokonferenztechnik in den gerichtlichen Verfahrensordnungen zu erweitern. Durch eine Neufassung von § 128a ZPO soll das Gericht von dem Erfordernis entbunden werden, das Einverständnis aller Parteien zum Einsatz von Videokonferenztechnik einzuholen und der Einsatz auf ein Antragserfordernis reduziert werden. Entsprechende Regelungen in den anderen Verfahrensordnungen sind vorgesehen.

Für das Strafverfahren sieht des Gesetzesentwurf eine eigenständige Regelung vor. Dazu hat jetzt der Strafrechtsausschuss der BRAK Stellung genommen. Nach Ansicht der BRAK dürfen die Rechte des Beschuldigten und der Verteidigung nicht auf der Strecke bleiben. Es sei daher fraglich, ob bei dem Einsatz der Videokonferenztechnik der Rechtsgedanke der Unmittelbarkeit (der Hauptverhandlung; § 250 StPO) noch in einem Maße gewahrt werde, dass dies rechtsstaatlichen Ansprüchen genüge.

Die Stellungnahme der BRAK finden Sie in ihrem kostenlosen Internetangebot: (PDF).  Den Gesetzentwurf des Bundesrates – samt Stellungnahme des Bundestages – finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 17/1224 (PDF)

Weitere Beiträge zum Gesetzgebungsverfahren:

19.04.2010 Deutscher Richterbund nimmt Stellung zum Gesetzesantrag des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik
01.04.2010 Bundesregierung begrüßt Anliegen der Länder, mehr Videokonferenztechnik in gerichtlichen Verfahren einzusetzen
12.02.2010 Bundesrat beschließt Gesetzentwurf über Videokonferenzen in Gerichtsverfahren
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer
KammerInfo Nr. 21/2010 vom 22.10.2010

Waffengleichheit im Strafverfahren – hergestellt durch Bestellung eines Pflichtverteidigers -II

Wir haben ja schon mehrfach (vgl. u.a. hier) über die Waffengleichheit im Strafverfahren berichtet. Die besteht oder sollte nicht nur im Hinblick auf das Verhältnis Gericht/Angeklagter/StA bestehen, sondern auch im Hinblick auf das Verhältnis mehrerer Angeklagter/Beschuldigter. In letzterem Bereich wird sie von den (Land)Gerichten zunehmend dadurch hergestellt, dass einem Angeklagten, der keinen Pflichtverteidiger hat, ein solcher bestellt wird, wenn ein Mitangeklagter einen (Pflicht)Verteidiger hat.

So zutreffend auch (mal wieder) das LG Magdeburg im Beschl. v. 29.09.2010 – 21 Qs 805 Js 70914/10 (77/10). Sollte man als Verteidiger argumentativ im Blick haben.