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StGB III: Versuchter Wohnungseinbruchsdiebstahl, oder: Wenn der Beschuldigte noch auf der Leiter steht

Bei der dritten Entscheidung handelt es sich dann um einen auf eine Haftbeschwerde hin ergangenen Beschluss. Ja, richtig gelesen. Das gibt es tatsächlich, dass sich ein LG die Mühe macht und subsumiert. In diesem Fall war es das LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 15.04.2021 – 12 Qs 18/21, das im Rahmen einer Haftbeschwerde zu einem versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl Stellung genommen hat.

In dem zur Prüfung anstehenden Haftbefehl wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt:

„In der Nacht vom 2. auf den 3. März 2021, gegen 2:20 Uhr, begab sich der Beschuldigte auf das Grundstück des Zeugen P. in der pp. Straße pp. in Nürnberg, wofür er das abgesperrte Gartentor überwinden musste, da er die Absicht hatte, in das dortige Wohnhaus des Zeugen einzudringen, dieses nach Stehlenswertem zu durchsuchen und möglichst Hochwertiges zu entwenden. Um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, nahm der Beschuldigte eine im Garten des Anwesens stehende Leiter, lehnte diese gegen die Hauswand und bestieg diese in der Absicht, sich anschließend auf den Balkon des ersten Stockwerks des Anwesens zu hangeln und von dort aus in die Wohnung einzudringen. Der Zeuge P. bemerkte diesen Vorgang jedoch, machte die Hausinnenbeleuchtung an und begab sich selbst auf den Balkon, von wo aus er den Beschuldigten aufforderte, sich zu entfernen, was dieser tat.“

Darin hatte das AG einen versuchten schweren Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 242, § 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4, §§ 22, 23 StGB) gesehen.  Anders das LG. Das hat den dringenden Tatverdacht verneint und den Haftbefehl aufgehoben:

„Die zulässig erhobene Beschwerde ist in der Sache begründet. Nach gegebenem Ermittlungsstand besteht für das unmittelbare Ansetzen zum Wohnungseinbruchsdiebstahl, und damit für dessen Versuch, kein dringender Tatverdacht.

Ein dringender Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO liegt vor, wenn auf der Grundlage der ermittelten Tatsachen angenommen werden kann, dass sich der Beschuldigte mit großer Wahrscheinlichkeit der ihm angelasteten Tat schuldig gemacht hat; bloße Vermutungen genügen dagegen nicht (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 – StB 34/07, juris Rn. 4). Die Voraussetzungen liegen nicht vor.

1. Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte zur vollständigen Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in die Tatbestandsverwirklichung einmündet (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2020 – 4 StR 397/19, juris m. w. N.).

2. Diese allgemeinen Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 28. April 2020 (5 StR 15/20, juris) im Hinblick auf den Versuchsbeginn beim Wohnungseinbruchsdiebstahl unter Auswertung der bisherigen Rechtsprechung zusammengefasst und präzisiert. Dazu hat er ausgeführt (aaO Rn. 6-8 m. w. N.):

Bei Diebstahlsdelikten ist darauf abzustellen, ob aus Tätersicht bereits die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht. Hierfür ist entscheidend, ob der Gewahrsam durch Schutzmechanismen gesichert ist. Ist das der Fall, reicht für den Versuchsbeginn der erste Angriff auf einen solchen Schutzmechanismus regelmäßig aus, wenn sich der Täter bei dessen Überwindung nach dem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt. Sollen mehrere gewahrsamssichernde Schutzmechanismen hintereinander überwunden werden, ist schon beim Angriff auf den ersten davon in der Regel von einem unmittelbaren Ansetzen zur Wegnahme auszugehen, wenn die Überwindung aller Schutzmechanismen im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit paraten Mitteln erfolgen soll. Nicht erforderlich für das unmittelbare Ansetzen zur geplanten Wegnahme ist, dass der angegriffene Schutzmechanismus auch erfolgreich überwunden wird. Deshalb reicht der Beginn des Einbrechens, Einsteigens oder Eindringens im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB regelmäßig aus, um einen Versuchsbeginn anzunehmen. Demnach liegt ein versuchter Diebstahl noch nicht vor, wenn der Täter lediglich einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus anleuchtet, um ihn zu untersuchen. Desgleichen wenn er in der Nähe des Tatorts eintrifft, aber noch nicht sogleich mit der Benutzung des bereitgelegten Einbruchswerkzeugs beginnen will, oder er sich lediglich mit Mittätern zur Rückseite des Gebäudes begibt, in das eingebrochen werden soll. Kein Versuch ist weiter anzunehmen, wenn mit zeitlicher Verzögerung erst noch umfangreiches Werkzeug herbeigeschafft werden muss, um einen Bankautomaten aufbrechen zu können, oder wenn lediglich das Treppenhaus betreten und noch nicht auf den Wohnungsinhaber mit dem Ziel eingewirkt wird, den von ihm geschützten Gewahrsam anzugreifen. Beim Übersteigen eines Gartenzauns oder -tors mit der Absicht, in ein dahinter liegendes Haus einzubrechen, kommt es darauf an, ob Zaun oder Tor schon eine gewahrsamssichernde Funktion zukommt. Ein unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl ist hingegen zu bejahen, wenn der Täter das Einbruchswerkzeug bereits angesetzt hat, um damit einen Schutzmechanismus zu überwinden und anschließend in ein Gebäude zum Stehlen einzudringen.

3. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann im konkreten Fall ein unmittelbares Ansetzen des Beschuldigten zum Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht hinreichend wahrscheinlich angenommen werden.

…..“

StGB II: Wohnungseinbruchsdiebstahl, oder: Wenn der Angeklagte in die „Werkstatt“ einbricht

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In der zweiten StGB-Entscheidung geht es um Wohnungseinbruchsdiebstahl. Das LG hatte den u.a. wegen „Wohnungseinbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung“ in vier Fällen verurteilt.  Die Revision des Angeklagten hatte dann teilweise Erfolg. Der BGH meint im BGH, Beschl. v. 24.03.2021 – 6 StR 46/21.

„1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Fall 18 der Urteilsgründe wegen „Wohnungseinbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung“ verurteilt worden ist ( § 244 Abs. 4 StPO ; vgl. zur Tenorierung BGH, Beschlüsse vom 19. März 2019 – 3 StR 2/19 Rn. 6, NStZ 2019, 674; und vom 2. Februar 2021 – 4 StR 509/20 Rn. 3).

a) Nach den dazu getroffenen Feststellungen hebelte der Angeklagte ein Fenster der Werkstatt des Geschädigten auf und gelangte so in dessen Büroräumlichkeiten, die er nach stehlenswerten Gegenständen durchsuchte. Außerdem begab er sich in die nach dem gewaltsamen Eindringen ins Gebäude frei zugängliche und dauerhaft bewohnte Wohnung des Geschädigten im Obergeschoss, um auch dort nach Wertgegenständen zu suchen.

b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte in eine Wohnung eingebrochen ist ( § 244 Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 4 StGB ). Wohnungen sind abgeschlossene und überdachte Räumlichkeiten, die Menschen wenigstens vorübergehend als Unterkunft dienen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 – 3 StR 526/19 , NJW 2020, 1750 mwN). Der Begriff umfasst auch typischerweise dem Wohnen zuzuordnende Räume, wenn sie mit dem Wohnbereich unmittelbar verbunden sind, wie etwa Kellerräume eines Einfamilienhauses (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016 – 4 StR 112/16 ), nicht dagegen Geschäfts- oder Ladenlokale. Falls der Täter – wie hier – bei einem gemischt genutzten Anwesen in einen ausschließlich zu betrieblichen Zwecken genutzten Raum einbricht und von dort ungehindert in den Wohnbereich des Tatopfers gelangt, um auch dort zu stehlen, kann darin nur dann ein Wohnungseinbruch gesehen werden, wenn der Geschäftsraum so in den Wohnbereich integriert ist, dass beide eine in sich geschlossene Einheit bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2008 – 4 StR 126/08 , BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Wohnung 2 ).

Das war hier nicht der Fall. Der Einbruch betraf vielmehr die rein geschäftlich genutzte „Werkstatt“ des Geschädigten, die von dessen Wohnbereich getrennt war.“

StGB I: Die dauerhafte genutzte Privatwohnung, oder: Die unbewohnte Wohnung

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Heute dann mal wieder ein Tag mit ein wenig StGB, also materielles Recht.

Zunächst stelle ich das BGH, Urt. v. 24.06.2020 – 5 StR 671/19 – vor. Es geht um den Begriff der dauerhaft genutzten Privatwohnung i.S. des § 244 Abs. 4 StGB.

Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer Wohnungseinbrüche verurteilt. Der Angeklagte brach mit Diebstahlsabsicht in Gewerbe- und Wohnimmobilien ein. In einem Fall versuchte er, in ein Wohnhaus einzubrechen, dessen einzige Be­wohnerin einige Wochen zuvor in Pflegeheim eingezogen und wenige Tage vor dem Einbruch verstorben war. Das Haus war daher nicht bewohnt, allerdings noch möbliert. Es gelang ihm nicht, in das Wohnhaus einzudringen. Mit ihrer Revision rügt die StA, dass das LG den Angeklagten in diesem Fall nur wegen versuchten Diebstahls statt wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls verurteilt hat. Der BGH hat den Schuldspruch entsprechend korrigiert:

„a) Die Strafkammer hat ihrer rechtlichen Wertung bereits ein zu enges Verständnis vom Wohnungsbegriff des § 244 StGB zugrunde gelegt.

Wohnungen sind Räumlichkeiten, die Menschen wenigstens vorübergehend zur Unterkunft dienen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – 1 StR 462/16, BGHSt 61, 285, 289). Über diese Zwecksetzung hinaus bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass die Wohnung im Tatzeitraum als solche genutzt wird. Entgegen der Auffassung der Strafkammer sind mithin auch unbewohnte Immobilien Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Dies gilt jedenfalls solange, als sie nicht als Wohnstätte entwidmet sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 – 3 StR 526/19, NJW 2020, 1750 f.; siehe zu leerstehenden Wohnungen auch Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 244 Rn. 30; SSW-StGB/Kudlich, 4. Aufl., § 244 Rn. 40; MüKo-StGB/Schmitz, 3. Aufl., § 244 Rn. 60).

b) Ausgehend von diesem Fehlverständnis hat die Strafkammer den Unrechtsgehalt der Tat nicht ausgeschöpft und daher ihre Kognitionspflicht nach § 264 StPO verletzt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. März 2012 – 1 StR 648/11, NStZ-RR 2012, 215). Denn sie hat übersehen, dass sich der Angeklagte wegen eines versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 4, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat.

aa) Allerdings handelt es sich bei einem unbewohnten – also nicht nur vorübergehend verlassenen – Wohnhaus nicht um eine dauerhaft genutzte Privatwohnung im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB.

Dafür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, der über die dem Wohnungsbegriff des § 244 StGB immanente Zwecksetzung hinaus eine (dauerhafte) Nutzung der Wohnung verlangt. Aus dieser zusätzlichen Tatbestandsvoraussetzung folgt, dass die Wohnstätte zur Tatzeit tatsächlich bewohnt sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2011 – 1 StR 95/11, NStZ 2012, 39 f.; Beschluss vom 22. Januar 2020 – 3 StR 526/19, aaO, Rn. 18 mwN, zur insoweit entsprechenden Auslegung des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB).

Die Beschränkung des § 244 Abs. 4 StGB auf bewohnte Immobilien gebieten auch Sinn und Zweck der Vorschrift, die den Wohnungseinbruchdiebstahl zum Verbrechen qualifiziert (§ 12 Abs. 1 StGB). Sowohl der Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB als auch der des § 244 Abs. 4 StGB finden ihre Rechtfertigung darin, dass ein Wohnungseinbruchdiebstahl einen schwerwiegenden Eingriff in den privaten Lebensbereich darstellt, der gravierende Folgen und eine massive Schädigung des Sicherheitsgefühls der von der Tat Betroffenen zur Folge haben kann (vgl. BT-Drucks. 18/12359, S. 1 f.; 13/8587, S. 43). Die im Vergleich zu § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erhöhte Mindestfreiheitsstrafe des schweren Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 4 StGB, für den das Gesetz zudem keinen minder schweren Fall vorsieht, findet ihre Entsprechung in der höheren Intensität des Eingriffs in die Privat- und Intimsphäre, der mit dem Einbruch in eine zur Tatzeit tatsächlich bewohnte Wohnung verbunden ist.

bb) Die Strafkammer hat jedoch nicht bedacht, dass es bei einem (fehlgeschlagenen) Versuch nicht auf die objektiven Umstände, sondern gemäß § 22 StGB auf die Vorstellung des Täters von der Tat beim unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung ankommt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 – 4 StR 389/96, BGHSt 42, 268, 272). Entscheidend ist daher das Vorstellungsbild des Angeklagten vom Einbruchsobjekt beim Versuch, die Hauseingangstür, die Hintertür und ein Fenster des Gebäudes aufzuhebeln (vgl. zum Versuchsbeginn BGH, Beschluss vom 28. April 2020 – 5 StR 15/20). Angesichts der noch vorhandenen Möblierung des erst seit wenigen Wochen unbewohnten Hauses lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, dass der gewerbsmäßig in Wohnungen einbrechende Angeklagte im Sinne eines Eventualvorsatzes von einem tatsächlich bewohnten Haus ausgegangen ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat er sich mithin wegen eines (untauglichen) Versuchs eines schweren Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 4, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

Bandendiebstahl, oder: Bande, ja oder nein?

Die Frage, ob ein Wohnungseinbruchsdiebstahl „bandenmäßig“ begangen wurde, spielt in den Verfahren, in denen mehrere Täter an einem Einbruchsdiebstahl beteiligt sind/waren/sein sollen, im Hinblick auf das Strafmaß eine große Rolle. Mit der Frage „Bande, ja oder nein?“, hat sich nun das BGH, Urt. v. 14.07.2017 – 2 StR 14/17 – noch einmal befasst. Das LG Frankfurt am Main hatte in seinem Urteil, durch das wegen Wohnungseinbruchsdiebstahl verurteilt worden war, eine bandenmäßige Tatbegehung (§ 244a Abs. 1 StGB) nicht festgestellt/verneint. „Dafür seien keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden. Auch wenn die Benutzung desselben Fahrzeugs und eine teilweise Identität der Täter in beiden Fällen festzustellen sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Angeklagten in wechselnden Besetzungen mit unterschiedlichen weiteren Beteiligten Zugriff auf den bei beiden Taten verwendeten Pkw Opel Adam gehabt hätten. Der Vermieter des Fahrzeugs habe keinen der Angeklagten als Mieter bezeichnen können. Auch die zweimalige Zusammenarbeit der Angeklagten N. und D. , in ei nem Fall unter weiterer Mitwirkung des Angeklagten S. , sei kein hinrei chendes Indiz für eine Bandenabrede.“

Dagegen die Revision der Staatsanwaltschaft, die der BGH zurückgewiesen hat:

„bb) Auch sachlich-rechtlich ist die Annahme des Landgerichts, eine bandenmäßige Tatbegehung sei nicht festzustellen, nicht zu beanstanden.

(1) Das Landgericht hat nur feststellen können, dass sich die Angeklagten aus ihrer Heimatstadt kannten. Ihre konkrete Beziehung und Verbundenheit zueinander blieb offen. Ebenfalls war nicht zu klären, ob die Angeklagten bereits in der Vergangenheit gemeinsam Diebstahlstaten begangen hatten. Der Mitangeklagte S. kam zu der Tat im Fall II.2. der Urteilsgründe kurzfristig hinzu und war an dem vorangegangenen Diebstahlsversuch nicht beteiligt. Schließlich blieb offen, wer den bei den Taten benutzten Pkw Opel Adam an-gemietet hatte. Bei dieser Sachlage ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aus den festgestellten Umständen nicht auf eine bandenmäßige Tatbegehung durch die Angeklagten geschlossen hat.

(2) Das Landgericht hat nicht verkannt, dass sich das bei den abgeurteilten Taten verwendete Mietfahrzeug nach den Datenaufzeichnungen des Navi-gationsgeräts zeitnah in Tatortnähe zu einer Serie von Wohnungseinbrüchen in M. am 6. Dezember 2015 befunden hatte. Auch dies ergab kein aussagekräftiges Indiz für eine bandenmäßige Tatbegehung durch die Angeklag-ten. Die Täter jener Wohnungseinbrüche blieben unbekannt. Der Beweisschluss des Landgerichts, dass die Angeklagten in wechselnder Besetzung an verschiedenen Taten beteiligt und auch Dritte den angemieteten Pkw Opel Adam benutzt haben konnten, ist möglich und weist nicht auf überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Tatgerichts hin, zumal keiner der Angeklagten als Mieter des Fahrzeugs identifiziert werden konnte.

(3) Soweit die Beschwerdeführerin ergänzend darauf verwiesen hat, bei den abgeurteilten Taten habe sich eine „eingespielte Vorgehensweise“ der Angeklagten und ein planvolles Vorgehen gezeigt, ist dies ebenfalls kein Indiz, welches von Rechts wegen einen Schluss auf eine bandenmäßige Tatbegehung gebietet. Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen (vgl. BGH, Be-schluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 325). Bei der Tat am 7. Dezember 2015 waren zwei, bei der Tat am 14. Dezember 2015 alle drei Angeklagten beteiligt. Diese Feststellung und die Vorgehensweise bei der Tat zwingen nicht zu der Annahme, dass sich die drei Angeklagten zur wiederholten Begehung gleichartiger Taten zusammengeschlossen hatten. Der Schluss des Landgerichts darauf, dass die Angeklagten in wechselnder Beteiligung, möglicherweise im Zusammenwirken mit unbekannten Dritten, die Taten begangen haben, ist jedenfalls möglich.“

Wohnungseinbruchdiebstahl oder: Den Schmuckkoffer mit dem Modeschmuck will ich nicht…

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Bei der zweiten Entscheidung zu einer materiell-rechtlichen Frage handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 26.07.2017- 3 StR 182/17 – betreffend eine Verurteilung wegen mehrerer Wohnungseinbruchdiebstähle. Hinsichtlich einer Verurteilung hatte der Angeklagte mit seiner Revision Erfolg. Denn:

„1. Im Fall II. Fall 2 der Urteilsgründe hat der Schuldspruch keinen Bestand.

a) Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte brach mit einem unbekannten Mittäter in ein Wohnhaus ein, durchsuchte es und entwendete einen Schmuckkoffer mit Modeschmuck im Gesamtwert von 125 €. Ein Nachbar der Geschädigten fand den Koffer samt Inhalt einen Tag später im Wald, sodass sie diesen letztlich zurückbekam.

b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann die Verurteilung wegen vollendeten Wohnungseinbruchdiebstahls in diesem Fall keinen Bestand haben; denn sie tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte und sein Tatgenosse bezüglich des Schmuckkoffers samt Modeschmuck die nach § 242 Abs. 1 StGB erforderliche Zueignungsabsicht hatten.

Enthält ein Behältnis, das der Täter in seinen Gewahrsam bringt, nicht die vorgestellte werthaltige Beute, auf die es ihm bei der Tat allein ankommt, und entledigt er sich – nachdem er dies festgestellt hat – deswegen des Behältnisses sowie des ggf. darin befindlichen, ihm nutzlos erscheinenden Inhalts, so kann er mangels Zueignungsabsicht bezüglich der erlangten Beute nicht wegen eines vollendeten, sondern nur wegen versuchten (fehlgeschlagenen) Diebstahls bestraft werden (BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 – 3 StR 173/16, juris Rn. 5; vom 1. Februar 2000 – 4 StR 564/99, NStZ 2000, 531 f.; vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, NStZ-RR 2013, 309; jeweils mwN; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 162). So liegt es möglicherweise hier. Da der Nachbar den Schmuckkoffer samt dem Modeschmuck (ersichtlich in Tatortnähe) fand, liegt es nahe, dass der Angeklagte und sein Mittäter sich dessen entledigten, weil es sich hierbei nicht um die erhoffte wertvolle Beute handelte. Da Feststellungen zum konkreten Inhalt der Zueignungsabsicht der beiden bei der Tatbegehung fehlen, insbesondere nichts dafür dargetan ist, dass diese sich auf den Schmuckkoffer an sich oder jegliche darin befindlichen Sachen bezog, ist somit ein vollendeter Diebstahl nicht belegt.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass zu den Vorstellungen des Angeklagten und seines Mittäters bei Wegnahme des Schmuckkoffers weitere Feststellungen getroffen werden können, ist das Urteil insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Aufhebung des Schuldspruches in diesem Fall führt zum Wegfall der hierfür bemessenen Einzelstrafe sowie zur Aufhebung der Gesamtstrafe.“

Für mich nicht unbedingt zwingend, aber, wenn der BGH es so sieht………. 🙂