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Winterliche Räum- und Streupflicht der Gemeinde, oder: Wann und wo muss gestreut werden?

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Am Samstag ist „Kessel-Buntes“-Zeit 🙂 . Und heute habe ich im „Kessel-Buntes“ zwei Entscheidungen, und zwar einmal aus dem Zivilrecht und einmal aus dem Verkehrsverwaltungsrecht. Also: Richtig bunt 🙂 .

Ich beginne mit dem Zivilrecht, und zwar mit dem OLG Celle, Urt. v. 07.02.2024 – 14 U 105/23. In dem geht es (noch einmal) um die Räum- und Streupflicht, ist also der Jahreszeit angemessen.

Die Parteien streiten um Schadenersatz. Die Klägerin nimmt die beklagte Gemeinde wegen einer (behaupteten) Verletzung der (winterlichen) Räum- und Streupflicht in Anspruch. Das LG hatte die Beklagte teilweise zur Zahlung verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg, die der Beklagten hatte Erfolg:

„1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gem. § 839 Abs. 1, § 253 BGB; Art. 34 GG; § 256 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die ihr obliegende Streupflicht nicht verletzt.

a) Grundsätzlich hat die Beklagte gem. § 10 Abs. 1; § 52 Abs. 1 Nr. 3c NStrG die Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden und bei ihrer zweckgerechten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen. Dazu gehört, dass die Beklagte dafür Sorge trägt, dass u.a. Gehwege eine möglichst gefahrlose Benutzung zulassen und somit bei Glätte gestreut sind.

Die Pflicht der öffentlichen Hand, Straßen und Wege bei Schnee und Eis zu räumen und zu bestreuen, kann sich sowohl aus der Pflicht zur polizeimäßigen Reinigung, die in Niedersachsen in § 52 des Straßengesetzes (NStrG) geregelt ist, als auch aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergeben. Zwischen diesen Pflichten braucht vorliegend nicht unterschieden zu werden, da sie, soweit es – wie hier – um die Sorge für die Sicherheit des Straßenverkehrs geht, deckungsgleich sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1990 – III ZR 4/89 –, Rn. 14, juris; BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 – III ZR 134/91 –, BGHZ 118, 368-374, Rn. 10; BGH, Urteil vom 21. November 1996 – III ZR 28/96VersR 1997, 311, 312) und in Niedersachsen nicht nur die Aufgabe der polizeimäßigen Reinigung, sondern auch die der Verkehrssicherungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 NStrG als Amtspflicht in Ausübung öffentlicher Gewalt ausgestaltet ist.

b) Diese Verpflichtung unterliegt indes sowohl rechtlichen als auch praktischen Einschränkungen.

aa) Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht daher nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1994 – III ZR 60/94 –, Rn. 7, juris).

Entsteht eine Glätte erst im Laufe des Tages, muss dem Pflichtigen ein angemessener Zeitraum zur Verfügung stehen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte einzuleiten. Der Pflichtige braucht aber keine zwecklosen Maßnahmen zu ergreifen. Dichter Schneefall kann sehr bald alle Streumittel so weit bedecken, dass sie wirkungslos werden; in solchen Fällen wird dem Verpflichteten wiederum eine angemessene Frist gewährt, bis er nach Beendigung eines solchen dichten Schneefalls mit dem Streuen beginnen muss (BGH, Urteil vom 22. November 1965 – III ZR 32/65 –, Rn. 31, juris). Andererseits befreit auch anhaltender oder drehender Schneefall nicht unter allen Umständen von der Streupflicht (BGH, Urteil vom 22. November 1965 – III ZR 32/65 –, Rn. 31, juris; umfassend hierzu: Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. August 2023 – 2 U 1/23 –, Rn. 31 mwN, juris). Die Streupflicht besteht unverzüglich, d.h. im Rahmen einer gewissen Zeitspanne nach Beendigung des Schneefalls (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 1998 – 22 U 154/97 –; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. August 2023 – 2 U 1/23 –, beide zitiert nach juris).

Für Fußgänger müssen die Gehwege, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfindet, sowie die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege bestreut werden (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1994 – III ZR 60/94; BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 – III ZR 8/03 –, Rn. 4 – 5, juris).

bb) Grundsätzlich muss der Verletzte alle Tatsachen beweisen, aus denen sich sein Anspruch ergibt, also hier alle Umstände, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss z.B. nachweisen, dass eine solche Glätte herrschte, die ein Bestreuen zur Beseitigung der für diese Örtlichkeit bestehenden Gefahren nötig machte; er muss nachweisen, dass es sich um eine solche Stelle handelte, bei der überhaupt eine Streupflicht besteht; er muss auch beweisen, dass er infolge dieser Glätte eine Verletzung erlitten hat. Er muss auch bei Streit darüber, ob die zeitlichen Grenzen der Streupflicht beachtet sind, den Sachverhalt dartun, der ergibt, dass zur Zeit des Unfalls bereits oder noch eine Streupflicht bestand, also unter Umständen die genaue Uhrzeit des Unfalls dartun oder die Überschreitung der angemessenen Zeit nach Auftreten der Glätte im Verlaufe eines Tages (BGH, Urteil vom 22. November 1965 – III ZR 32/65 –, Rn. 32, juris).

c) Nach den vorgenannten Maßstäben hat die Beklagte ihrer Räum- und Streupflicht genügt.

aa) Soweit die Klägerin bestritten hat, dass die Beklagte die maßgebliche Unfallstelle überhaupt gestreut habe, ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Die Klägerin zeigt keine derartigen konkreten Anhaltspunkte auf.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Zeuge B. die Unfallstelle gegen 17:00-17:30h gestreut. Er habe dabei seinen Streuplan (vgl. Bl. 43) abgearbeitet, der mit der „L.- W.straße“ endete. Seinen Streudienst habe er an diesem Tag um 18:30h beendet.

Da eine gleichzeitige Räumung und Sicherung aller betroffenen Straßen und Wege der Beklagten – von dieser unbestritten vorgetragen (vgl. Schriftsatz vom 26.09.2023, Seite 4, Bl. 239 d.A.) – weder personell und technisch möglich noch von Rechts wegen zu verlangen wäre, ist es auch nicht zu beanstanden und nach den vorgenannten Maßgaben des Bundesgerichtshofs – im Gegenteil – sogar erforderlich, dass die Beklagte bei ihrer Streupflicht Prioritäten setzt.

Der Pflichtige hat insoweit belebte, über Fahrbahnen führende Fußgängerwege vorrangig vor unbedeutenden Nebenstraßen zu sichern (vgl. BGH, aaO).

Mit ihrem Streuplan (vgl. Bl. 43 d.A.) hat die Beklagte eine solche Priorisierung vorgenommen. Die Beklagte hat dort belebte und verkehrsreiche Punkte vor unbedeutenderen Straßen priorisiert (vgl. Post-H.straße, Busbahnhof, Grundschule vor W.straße). Es ist auch weder von der Klägerin behauptet noch ansonsten ersichtlich, dass diese Priorisierung ermessensfehlerhaft wäre.

Sie entspricht vielmehr den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäben, nach denen unbedeutende Nebenstraßen nachrangig zu sichern seien. Bei der W.straße handelt es sich um eine solche Straße – zumindest im Vergleich mit den vorrangig zu räumenden Straßen. Die W.straße führt durch ein Wohngebiet und es besteht dort, zumindest am Unfalltag, einem Sonntag, kein bedeutender erheblicher Fußgängerverkehr (vgl. Lichtbilder, unstreitiger Vortrag, vgl. Schriftsatz vom 26.9.2023, Bl. 239). Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung betont, dass das streitgegenständliche Stück der W.straße eine stark befahrene Ausfallstraße darstelle, kommt es für den vorliegenden Fall nicht auf den Kraftfahrzeugverkehr, sondern auf den dortigen Fußgängerverkehr an, der eine andere Priorisierung zwingend erforderlich machen müsste. Tatsachen für eine solche sind von der beweisbelasteten Klägerin nicht dargetan (s.o.).

Dass die Klägerin zunächst eine Metallabsperrung durchqueren musste, worauf der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat, ändert die rechtliche Bewertung nicht. Zum einen ist die Klägerin erst nach dem Passieren der Metallabsperrung gestürzt, wie sich ihrer eigenen Zeichnung entnehmen lässt (Lichtbild mit handschriftlichen Eintragungen der Klägerin, Anlage zum Schriftsatz vom 29.09.2022, Bl. 124 d.A). Zum anderen ändert die Metallabsperrung nicht die zu Recht von der Beklagten vorgenommene Priorisierung, die den Unfallort nachrangig bewertet.

bb) Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass die Beklagte erst gegen Mittag, mit nachlassendem Schneefall, mit den Räumarbeiten begonnen hat und nicht – wie von der Klägerin gefordert – bereits in den Morgenstunden.

Es hatte nach den eigenen Angaben der Klägerin in den Morgenstunden sehr viel geschneit („tüchtig geschneit“). Erst gegen Mittag sei der Schnee weniger geworden, es seien ca. 10 cm Schnee auf dem Gehweg gewesen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1.9.2022, Seite 1, Bl. 101 f). Die Beklagte durfte insoweit ein Nachlassen des Schneefalls abwarten (s.o.).

2. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Klägerin jedenfalls ein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten gewesen wäre, weil sie erkannt hat, dass die Unfallstelle nicht geräumt war und sich sehenden Auges in die Gefahr begeben und damit das Risiko einer Selbstgefährdung in Kauf genommen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.03.1998, 22 U 154/97, VersR 2000, 63 f.; OLG München, Urteil vom 30.01.2003, 19 U 4246/02, VersR 2003, 518; Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 21. August 2013 – 3 W 20/13 –, Rn. 4, juris).

Winterliche Verkehrssicherungspflicht bei Glätte, oder: Woher stammte die Eisfläche?

entnommen wikimedia.org
Urheber Simon A. Eugster

Im Kessel Buntes dann heute das LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 11.08.2023 – 4 O 477/22 –, das sich – passend zur beginnenden Wintersaison – mit der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht befasst.

Geklagt worden ist von der Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung des Landes Sachsen-Anhalt, die aus übergegangenem Recht nach einem Unfallereignis am 09.02.2021 Schadensersatz geltend gemacht hat. Infolge eines Sturzes hatte sich der Bedienstete der Klägerin eine Fußgelenksverletzung links zugezogen, welche ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu einer Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit vom 10.02.2021 bis 16.04.2021 führte. Für die Zeit der Dienstunfähigkeit leistete die Klägerin an den Verletzten Herrn Zahlungen in Höhe von 16.849,72 EUR.

Behauptet wird, dass der Verletzte am 09.02.2021 gegen 19:00 Uhr auf dem linksseitigen Gehweg der E.-W.-Straße in D.-R. in Richtung Sportplatz J.-S.-Straße gelaufen sei. In Höhe der Hausnummer pp. sei er auf Glatteis mit dem linken Fuß ausgerutscht und gestürzt. Das Glatteis sei von einer dünnen Schneeschicht verdeckt und deshalb nicht erkennbar gewesen. Die Eisfläche habe sich auf Höhe einer auf den Gehweg einmündenden Dachentwässerung befunden und sich trichterförmig über die gesamte Breite des Gehweges erstreckt. Am Rande des Gehweges zur Straße hin habe sich hoch aufgetürmter Schnee befunden. Streumaterial sei im gesamten Bereich des Gehweges des Hausgrundstückes Nr. pp. zum Unfallzeitpunkt nicht vorhanden gewesen. Ausweislich eines Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom hätten zum Unfallzeitpunkt an der Unfallstelle die meteorologischen Voraussetzungen für das Auftreten von Schnee- und Eisglätte vorgelegen. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei den in der Satzung über den Winterdienst in der Stadt D.-R.  geregelten Räum- und Streupflichten nicht nachgekommen. Das Dach des Hauses Nr. pp. sei aufgrund der vorhergehenden Schneefälle mit Schnee bedeckt gewesen. Durch die vom Dach ausgehende Wärme könne Schmelzwasser gebildet worden sein, das durch das Regenrinnenfallrohr auf den Gehweg geflossen und dort aufgrund der herrschenden Minustemperaturen gefroren sei. Insoweit hätte der Beklagte im Rahmen des Winterdienstes die Bildung einer Eisschicht in Ausübung gesteigerter Kontroll- und Beseitigungspflichtigen zu unterbinden gehabt. Auch könne sich der Beklagte nicht auf die Übertragung seiner Winterdienstpflichten berufen, weil die hierfür in § 4 Abs. 4 Winterdienstsatzung geregelten Voraussetzungen nicht gegeben seien.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen:

„Ein schadensersatzbegründender Verstoß gegen die dem Beklagten als Eigentümer des Grundstückes E.-W.-Straße # obliegende Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs.1 BGB in Verbindung mit der Winterdienstsatzung der Stadt-D. R. kann nicht festgestellt werden.

Die Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch die Verkehrseröffnung und setzt deutliche Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahrenlage voraus. Bei öffentlichen Wegen obliegt die Pflicht regelmäßig der Gemeinde im Zusammenhang mit der Wegebaupflicht. Anlieger haften nur, soweit die Pflicht auf sie übertragen wurde oder sie eine eigenständige Gefahrenquelle geschaffen haben. Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebend ist, was zur Sicherung des Verkehrs, dem die jeweilige Einrichtung dient, erforderlich und bezogen auf die einzelnen Maßnahmen dem Pflichtigen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, etwa der Gefährlichkeit des Weges, dessen Art und Wichtigkeit, Stärke des Verkehrs, Art der Nutzer, und der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen zumutbar ist (Grüneberg, BGB, 82.A. 2023, § 823 Rn. 209 ff.). Im vorliegenden Falle ergibt sich der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht aus der Winterdienstsatzung der Stadt D.-R. (Anlage K 12, Bl. 29 d.A.). Danach war der Winterdienst im Unfallbereich E.-W.-Straße # gemäß § 4 Abs.1 für Gehwege auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke übertragen. Nach § 2 Abs. 1 der Winterdienstsatzung umfasst der Winterdienst die Räumung von Schnee und das Bestreuen der Gehwege bei Winterglätte. Dabei genügt es, auf Gehwegen einen ca. 1,5 m breiten Streifen freizuhalten. Bei Auftreten der Winterglätte sind für Gehwege abstumpfende Mittel zu verwenden. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung ist der in der Zeit von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr gefallene Schnee und entstandene Glätte unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls bzw. nach dem Entstehen der Glätte zu beseitigen. Nach 20:00 Uhr gefallener Schnee und entstandene Glätte sind werktags bis 7:00 Uhr zu beseitigen. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte geltend gemacht, seine Winterdienst-Pflichten auf das Ehepaar K. übertragen zu haben. Eine wirksame Übertragung in diesem Sinne scheitert zunächst nicht an dem Umstand, dass nach § 4 Abs. 4 der Winterdienstsatzung ein Dritter die Winterdienstpflichten nur durch schriftliche Erklärung gegenüber der Stadt und mit deren Zustimmung übernehmen kann. Eine derartige Konstellation hätte lediglich zur Folge, dass der übernehmende Dritte dem Geschädigten unmittelbar haftet. Sofern – wie im vorliegenden Falle – die Verantwortlichkeit für den Winterdienst bei dem Beklagten verbleibt, hat er die Möglichkeit, die Ausübung des Dienstes auf Hilfspersonen zu übertragen. Eine derartige Übertragung bedarf klarer Absprachen, welche die zuverlässige Sicherung der Gefahrenquelle zum Gegenstand hat. Der Übertragende muss sich vergewissern, dass der Übernehmende bereit und in der Lage ist, die Pflichten zu erfüllen, welche nach Art und Umfang der Gefahrenquelle auftreten können. Die Verkehrssicherungspflicht des Abgebenden bzw. Delegierenden verengt sich in diesem Falle nunmehr auf Kontroll- und Überwachungspflichten (vgl. Grüneberg, BGB 82. Aufl. 2023 § 823 Rn. 50).

Nach Vernehmung des Zeugen G. K. ist zunächst davon auszugehen, dass das Unfallgeschehen am 09.02.2021 – wie von der Klägerin behauptet – stattgefunden hat…..

Gleichwohl kommt eine Haftung des Beklagten für das Schadensereignis im vorliegenden Falle nicht in Betracht, weil ein Verstoß gegen die oben beschriebenen Verkehrssicherungspflichten nicht festgestellt werden kann. Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht zudem fest, dass der Beklagte, die ihm obliegende Räum- und Streupflicht anforderungsgerecht übertragen und hinreichend überwacht hat…..“

Weiter dann bitte im verlinkten Volltext. Hier nur noch der Leitsatz, und zwar.

Wird ein Unfallgeschehen durch eine Eisfläche verursacht, welche von einer der Dachentwässerung dienenden Regenrinne stammt, liegt dann eine außergewöhnliche, nicht voraussehbare Gefahr vor, wenn die Bildung des Wassers nicht auf dem Einsetzen von Tauwetter sondern auf der individuellen Heizsituation des Hauses beruht. Ohne weitere, auf das entsprechende Risiko weisende Anhaltspunkte kommt eine Haftung wegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht in Betracht.

Habe ich einen Anspruch auf eine „gestreute Straße“?

Die Frage haben sich in den letzten Wochen sicherlich viele Bürger gestellt (nicht nur im „Schnee-Chaos-Münster“). In Schleiden haben einige Bürger dann versucht, einen Anspruch gegenüber der Stadt durchzusetzen und sind dafür dann bis zum VG Aachen gegangen.

Dies teilt in einer PM vom 05.01.2011 mit:

Straßenanlieger und Straßenbenutzer haben gegen ihre Gemeinde keinen durchsetzbaren Anspruch auf eine gestreute Straße Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen hat mit Beschluss vom 5. Januar 2011 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass Straßenbenutzer keinen Anspruch darauf haben, auf welche Weise die Gemeinde ihrer Pflicht zur Straßenreinigung einschließlich Winterwartung nachkommt. Die Antragsteller begehrten von der Stadt Schleiden, die vor ihrem Grundstück verlaufende Straße mit Salz oder einem Lavagemisch zu streuen. Das Gericht verwies darauf, dass das Straßen- und Wegegesetz des Landes zwar den Gemeinden eine Reinigungspflicht für bestimmte Straßen auferlegt und sie zudem dazu anhält, bei Schnee und Eisglätte zu räumen und zu streuen. Dieser objektiven Pflicht stehe jedoch kein einklagbarer Anspruch des Straßenbenutzers bzw. Anliegers auf ordnungsgemäße Erfüllung gegenüber. Erst wenn bei Nichterfüllung der Pflicht der Einzelne zu Schaden komme, könne der Betroffene einen Schadensersatzanspruch gegen die Gemeinde geltend machen. Eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben von Straßenbenutzern, die die Gemeinde ausnahmsweise zu einem unverzüglichen Einschreiten verpflichtet hätte, vermochte die Kammer im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt werden.

Beschluss vom 05.01.2011, Az.: 6 L 539/10

PM vom 05.01.2011

Weihnachtshauptstadt – was anderes wäre mir lieber

Jetzt ist Münster auch noch „Weihnachtshauptstadt“, vgl. hier, aber wahrscheinlich wäre es vielen Münsteranern – so wie mir auch – und auch vielen Besuchern lieber, man könnte sich auf den Hauptverkehtsstraßen einigermaßen gefahrlos bewegen, was leider nicht bzw. kaum möglich ist (vgl. hier und hier). Die ersten (Straf)Anzeigen sind übrigens beim RP gestellt/eingegangen. Der meint aber, dass mit Einrichtung des Krisenstabs (jetzt) alles ok sei. Na ja. Nur: Wer sagt dem Chef der Abfallwirtschaftsbetriebe, dass er falsch gelegen hat mit seiner Einschätzung und sie nicht dadurch richtig wird, dass er sie immer wieder wiederholt. Ach so: Und die Versicherungen haben Regressforderungen gegen die Stadt auch schon angekündigt.