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Sichtbarkeitsgrundsatz im überlappenden Halteverbot, oder: Abschleppen war erlaubt

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Und damit es dann wirklich bunt wird, hier noch etwas Verwaltungsrechtliches, nämlich noch einmla etwas zu Abschleppkosten, und zwar das VG München, Urt. v. 02.05.2023 – M 23 K 22.1665.

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Leistungsbescheides für eine Abschleppmaßnahme. Am 10.01.2022 sollte ein uf den Kläger zugelassene Fahrzeug auf Veranlassung der Polizei durch ein privates Unternehmen abgeschleppt werden, da es im mobilen Halteverbot (Zeichen 283) mit dem Zusatzzeichen „10.01.- 31.01.22“ geparkt war. Es entstand eine Leerfahrt, da der Kläger vor Ausführung der Abschleppung zurückkehrte.

Mit Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums wurden nach Anhörung Auslagen für die Leerfahrt (Forderung des Abschleppunternehmens) und Gebühren in einer Gesamthöhe von 223,22 EUR festgesetzt.

Ausweislich der Behördenakte erfolgte die Aufstellung der Verkehrszeichen am 06.01.2022.

Das VG hat die Klage abgewiesen:

„Die zulässige Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 15. Februar 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Voraussetzungen für die (versuchte) Abschleppmaßnahme gegeben waren, ebenso wenig hat es Anlass, die Höhe der Kosten in Zweifel zu ziehen, die im Übrigen auch von Klageseite nicht thematisiert wurden. Das Gericht folgt dem Leistungsbescheid in seiner Kostenfestsetzung sowie in der Bewertung der Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Abschleppmaßnahme (Art. 16 Abs. 5 KG). Das Fahrzeug des Klägers war unstreitig am 10. Januar 2022 im Bereich des Halteverbotsschildes abgestellt. Einer tatsächlichen Störung des Baustellenverkehrs bedurfte es nicht, da das verbotswidrige Abstellen des Fahrzeugs an sich bereits die Störung der öffentlichen Sicherheit begründet.

Zu den hier augenscheinlich vorliegenden sog. überlappenden Halteverbotszonen gilt straßenverkehrsrechtlich das Folgende:

Der Sichtbarkeitsgrundsatz (vgl. dazu BVerwG, U.v. 16.4.2016 – 3 C 10.15 – juris Rn. 16 ff.) gebietet nicht, dass bei überlappenden Haltverbotszonen sämtliche mobile Verkehrszeichen jeweils mit Zusatzschildern versehen sind, die die bestehenden Verbotszeiträume und -modalitäten in ihrer Gesamtheit verlautbaren (vgl. OVG Hamburg, U.v. 20.6.2009 – 3 Vf 408/08 – juris Rn. 32; OVG Berlin, U.v. 22.6.2018 – OVG 1 B 13.16 – juris Rn. 28). Dementsprechend war vom Kläger, der nach seinen Angaben nur das Halteverbot ab 12. Januar 2022 wahrgenommen hatte, grundsätzlich eine Prüfung weiterer im Nahbereich aufgestellten Verkehrszeichen zu verlangen. Denn der Verkehrsteilnehmer darf bei Bedarfshalteverbotszonen nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass dieses eine Verbotszeichen die Verkehrslage allein und abschließend regelt (vgl. OVG Hamburg, U.v. 20.6.2009 – 3 Vf 408/08 – juris Rn. 35). Vielmehr ist er auch in diesem Fall verpflichtet, sich im leicht einsehbaren Nahbereich nach weiteren verkehrsrechtlichen Anordnungen umzusehen, wobei vor Ort erkennbare Anhaltspunkte zu berücksichtigen sind, zumal gerade im großstädtischen Bereich räumlich sich überschneidende Haltverbotszonen nicht so ungewöhnlich sind, dass mit ihnen vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht (vgl. OVG Hamburg, U.v. 20.6.2009 – 3 Vf 408/08 – juris Rn. 35; OVG Berlin, U.v. 22.6.2018 – OVG 1 B 13.16 – juris Rn. 28). Diese Prüfung hat der Kläger offenbar nicht vorgenommen, wie sich aus den Lichtbildern in der Verwaltungsakte (Bl. 6 und 14) ergibt, weil das sich auf den Zeitraum 10.01.- 31.01.22 beziehende Halteverbotsschild deutlich sichtbar im Bereich des Parkplatzes des Kfz des Klägers und in kaum 2 Metern Entfernung zu dem weiteren Halteverbotsschild aufgestellt war.

Dass sich die beiden Schilder logisch widersprechen und damit unwirksam sind, wie die Klägerbevollmächtigte meint, trifft nicht zu: Das vom Kläger beachtete Schild ist in zeitlicher Hinsicht eine Teilmenge des vom Kläger übersehenen Schildes und widerspricht ihm demzufolge logisch nicht. Hätte der Kläger dieses Schild beachtet, hätte ihm klar sein müssen, dass ab 10. Januar 2022 hier das Parken verboten war….“

Prüfungspflicht, ob das Parken hier erlaubt ist, oder: Kosten des abgebrochenen Abschleppvorgangs

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Und dann heute der „Kessel-Buntes“ mit zwei Entscheidungen zu Abschleppkosten. Beide Entscheidungen kommen vom VG München.

Ich mache den Opener mit dem VG München, Urt. v. 13.03.2023 – M 23 K 21.5332. Worum gestritten worden ist, ergibt sich aus dem klageabweisenden Urteil des VG:

„Die Klage hat keinen Erfolg.

…..

Die Klage ist unbegründet. Der Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums München vom pp.. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Erhebung der Kosten (Gebühren und Auslagen) in Zusammenhang mit der (beabsichtigten) Abschleppmaßnahme am 28. Mai 2021 beruht auf Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 28 Abs. 5 Satz 1 Polizeiaufgabengesetz (PAG) i.V.m. Art. 93 PAG, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG), § 1 PolKV. Aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. Art. 16 Abs. 5 KG folgt, dass Kosten nur für rechtmäßige Polizeimaßnahmen erhoben werden dürfen (BayVGH, U.v. 17.4.2008 – 10 B 08.449 – juris Rn. 12).

I. Die Anordnung der Sicherstellung des Pkws zum Zwecke der Verbringung des Kfz zur polizeilichen Verwahrstelle ist nicht zu beanstanden. Eine auf Art. 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG gestützte Abschleppmaßnahme wäre im maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens rechtmäßig gewesen, denn die Polizei kann eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine gegenwärtige Gefahr für die Rechtsordnung stellen dabei unter anderem auch bereits eingetretene und andauernde Störungen durch Verkehrsordnungswidrigkeiten dar (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 11 Rn. 47, 62 ff). Die Polizei war zur Beseitigung des ordnungswidrigen Zustands befugt, das Abschleppen des Fahrzeugs anzuordnen, da der klägerische Pkw am pp.. Juni 2021 verkehrsordnungswidrig i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO geparkt hatte. Insoweit war sogar bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, indem der Pkw entgegen des Verbots des Verkehrsschildes parkte. Wie sich aus den im Behördenakt befindlichen Lichtbildern ziemlich eindeutig ergibt, war die Ausschilderung eines Behindertenparkplatzes bei Beachtung der im ruhenden Verkehr geltenden, gegenüber dem fließenden Verkehr erhöhten Sorgfaltsanforderungen deutlich zu erkennen. Denn dem Verkehrsteilnehmer im ruhenden Verkehr ist es zuzumuten, sich nach etwa vorhandenen Verkehrszeichen sorgfältig umzusehen und eingehend zu prüfen, ob er sein Fahrzeug an der von ihm gewählten Stelle abstellen darf. Dass das Parkverbot für Nichtberechtigte jedenfalls um die Mittagszeit galt, war dabei dem Kläger auch klar, wie seinem Schreiben im Anhörungsverfahren zu entnehmen ist.

Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig (Art. 4 PAG) und ermessensfehlerfrei (Art. 5 PAG, § 114 Satz 1 VwGO). Sie war geeignet und erforderlich, um die Beeinträchtigung des ausgeschilderten Behindertenparkplatzes zu beseitigen.

Gegen die Kostenerhebung bestehen auch im Übrigen keine Bedenken. Aus der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme folgt allgemein die Möglichkeit einer kostenrechtlichen Inpflichtnahme des Verantwortlichen (BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 – juris Rn. 20).

Auch der Höhe nach ist die Kostenerhebung nicht zu beanstanden. Die Amtshandlungsgebühr i.H.v. 59 Euro bewegt sich dabei im unteren Bereich des in § 1 Nr. 1 PolKV für eine unmittelbare Ausführung einer Maßnahme genannten Rahmens. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 28 Abs. 3 Satz 4 PAG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG können an Auslagen insbesondere die anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehenden Beträge erhoben werden. Dazu gehören auch die Kosten für eine Leerfahrt des Abschleppunternehmens, dessen Fahrzeug bereits ausgerückt ist, dann aber nicht mehr benötigt wird (BayVGH, B. v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 11, U.v. 12.11.2001 – 24 B 00.2655 – juris Rn. 22). Den Einwänden des Klägers bezüglich der Höhe der Abschleppkosten kann nicht gefolgt werden. Kostenersatz für einen sogenannten abgebrochenen Abschleppvorgang kann jedenfalls dann verlangt werden, wenn die Kosten bereits angefallen waren und die Beauftragung des Abschleppunternehmens nicht mehr rechtzeitig storniert werden konnte (VGH BW, U.v. 27.6.2002 – 1 S 1531/01 – juris Rn. 23). Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Klägers um 12.23 Uhr war der um 11.39 Uhr angeforderte Abschleppdienst ausweislich der Unterlagen bereits vor Ort und hatte mit Vorarbeiten begonnen. Konkret ist im Transportprotokoll des Abschleppdienstes (Bl. 3 d BA) aufgeführt: „Kran ausgefahren plus Stütze“, das heißt wohl, dass mit dem Vorgang der Aufladung des Autos bereits begonnen worden war. Dies ist dem Kläger, der erst nachträglich zum Abschlepport gestoßen ist, als der Abschleppunternehmer schon vor Ort war, möglicherweise entgangen. Die aufgrund von zulässigen Pauschalsätzen (vgl. BayVGH, B. v. 15.12.2006 – 24 ZB 06.2743 – juris Rn. 30) errechneten Auslagen i.H.v. 342,72 EUR für den Abschleppdienst sind nicht zu beanstanden. Auslagen, die anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehen (hier der Abschleppunternehmer), kann der Beklagte nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG vom Kostenpflichtigen erheben. Nach der Rechtsprechung des BayVGH ist grundsätzlich ein mit den Abschleppunternehmen geschlossener Rahmen-Tarifvertrag nicht zu beanstanden (BayVGH, B. v. 15.12.2006 – 24 ZB 06.2743 – juris Rn. 30; B. v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 14; B. v. 18.11.2022 – 10 ZB 21.2465 – juris Rn. 17). Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der dort geregelte Vergütungsanspruch an Dritte weitergegeben wird (a.a.O.); hierbei handelt es sich nicht etwa um einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter. Vielmehr regelt der Rahmen-Tarifvertrag nur die vom Beklagten an den von der Polizei beauftragten Abschleppunternehmer zu entrichtende Vergütung, die der Beklagte dann kraft der gesetzlichen Ermächtigung in Art. 9 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 28 Abs. 3 Satz 4 PAG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG als Auslagen gegenüber dem als Handlungs- oder Zustandsstörer Verantwortlichen erheben kann. Darüber hinaus kann die Polizei mit Hilfe des Rahmen-Tarifvertrags angesichts der Vielzahl von Abschleppfällen durch eine generelle pauschalierte Regelung zu einer vereinfachten Handhabung gelangen. Ein effektiver Gesetzesvollzug erscheint mangels sachgerechter Alternativen auch nur möglich, wenn die Kosten nach pauschalierten Sätzen abgerechnet werden (a.a.O.).

Soweit der Kläger auf ein Urteil des Amtsgerichts München aus dem Jahre 2018 rekurriert, dem ein privatrechtlicher Abschleppfall aus dem Frühjahr 2018 zugrunde liegt, ist dies kein geeigneter Maßstab für die vorliegenden pauschalierten Tarife. Eine anhand des Zeitaufwands bemessene Abrechnung findet bei den Pauschaltarifen, wie oben dargelegt zulässigerweise, gerade nicht statt. Im Hinblick auf die Aufwendungen der Abschleppunternehmen für das Vorhalten und den Einsatz von Sachmitteln und Personal sind aus Sicht des Gerichts keine Anhaltspunkte gegeben, die die mit dem hiesigen Abschleppunternehmen vereinbarten Pauschalvergütungen, auch angesichts der aktuellen Preisentwicklung, als unangemessen erscheinen ließen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.“

Entziehung der Fahrerlaubnis I: Entziehungsgründe, oder: Kranker älterer Kraftfahrer und Cannabis/ADHS

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Heute ist „Kessel Buntes-Tag“. Ich stelle an ihm mal wieder einige Entscheidungen zur verwaltungsrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis vor. Dazu habe ich lange nichts mehr gebracht.

Hier dann zunächst zwei Entscheidungen, und zwar nur mit den Leitsätzen, nämlich:

Zur Entziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines ärztlichen Gutachtens bei einem älteren Kraftfahrer nach Abkommen von der Fahrbahn aus ungeklärter Ursache und attestierten Herzkrankheiten (Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern) und einer chronische Niereninsuffizienz.

    1. Einmaliger Cannabiskonsum ist fahrerlaubnisrechtlich ohne Bedeutung, selbst wenn im Konsumzeitpunkt Zusatztatsachen i.S.d. Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur FeV vorlagen.
    2. Bei Vorliegen einer einfachen Aufmerksamkeitsstörung ist die Aufforderung, ein ärztliches Gutachten zur Fahreignung vorzulegen, grundsätzlich nur zulässig, wenn Verstöße gegen Verkehrsvorschriften bekannt geworden oder fahreignungsrelevante Ausfallerscheinungen aufgetreten sind. Diese zusätzlichen Tatsachen sind im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen.

 

Abschleppen wegen Parkverstoßes, oder: Was ist eine „scharfe Kurve“?

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In der zweiten Entscheidung geht es um die Rechtsmäßigkeit des Abschleppens des Pkw des Klägers. Dessen Pkw war wegen eines Parkverstoßes, und zwar Parken im Bereich einer scharfen Kurve, abgeschleppt worden.  Wegen der Kosten für die Abschleppmaßnahme wurde der Kläger in Anspruch genommen. Die Polizei hatte sich zur Begründung der Abschleppmaßnahme auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO gestützt. Der Kläger ist davon ausgegangen, dass er verkehrsgerecht geparkt hätte. Bei dem Bereich, in dem er seinen Pkw abgestellt hat, habe es sich nicht um eine scharfe Kurve gehandelt, sondern um einen weitgezogenen Bogen. Das Tatbestandsmerkmal der scharfen Kurve wäre nur dann erfüllt, wenn dort ein parkendes Fahrzeug ein unvermutetes Hindernis für den Straßenverkehr darstellen würde.

Das VG München nimmt dann im VG, Urt. v. 28.04.2020 – M 7 K 18.5617 – zum Begriff der schwafen Kurve Stellung:

„Die Polizei war befugt, das Abschleppen des Fahrzeugs der Klägerin anzuordnen, da das Parken des Wagens im Bereich der Berliner Straße, Höhe Anwesen Nr. pp., eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 12, § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO dargestellt hat.

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO handelt ordnungswidrig im Sinn des § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über das Halten oder Parken nach § 12 Abs. 1 StVO verstößt. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO ist das Halten im Bereich von scharfen Kurven unzulässig.

Eine Kurve ist ein gekrümmter Straßenverlauf bezogen auf eine einheitliche Fahrbahn. Dies bedeutet, dass die Schnittstelle zweier Straßen an Kreuzungen und Einmündungen und Wendehammer (Wendeschleife) nicht hierunter fallen (vgl. OLG Brandenburg, B. v. 3.11.2003 – 1 Ss (OWi) 218 Z/03 – juris Rn. 7). Scharf ist eine Kurve, wenn ihr Radius so klein ist, dass für Kraftfahrzeuge die Gefahr besteht, unabsichtlich auf die Gegenfahrbahn zu gelangen (vgl. Schubert in MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, StVO § 12 Rn. 16). In scharfen Kurven darf wegen der dort immer gefährlichen Sichtbehinderung durch haltende Fahrzeuge auch dann nicht gehalten/geparkt werden, wenn die Kurve selbst übersichtlich ist (vgl. Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/ Jahnke, 26. Aufl. 2020, StVO § 12 Rn. 9a). Das Verbot des Kurvenparkens dient dem Verkehrsfluss im Straßenraum und dem möglichst weitgehenden Ausschluss von Gefährdungen, die im Falle seiner Zulassung durch Brems- und Ausweichmanöver entstehen könnten. Eine Behinderung des fahrenden Verkehrs soll vermieden werden. Das Verbot trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass Kraftfahrzeuge in Kurvenbereichen nicht per se zum Fahren auf Sicht verpflichtet sind und darauf vertrauen dürfen, dort durch stehenden Verkehr unbeeinträchtigt zu bleiben (vgl. VG Schwerin, U.v. 14.9.2016 – 7 A 31/16 SN – juris Rn. 20). Vor diesem Hintergrund wird das Halten durch die Worte „im Bereich von“ nicht nur in, sondern auch so nahe vor oder hinter scharfen Kurven verboten, dass sich die Gefahr, die ein haltendes Kfz bilden könnte, in der Kurve nicht auswirken kann. Zudem gilt das Verbot für beide Fahrbahnseiten, nicht nur für die Innenseite. (vgl. Schubert in MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, StVO § 12 Rn. 16).

Die Berliner Straße bildet an der Stelle, an der das klägerische Fahrzeug geparkt war, eine scharfe Kurve i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Denn ausweislich der vorgelegten und der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder sowie einer Luftbildkarte (BayernAtlas) verläuft die Berliner Straße an der Stelle, an der das klägerische Fahrzeug geparkt war im 90° Winkel und stellt damit auf Grund des Radius des Straßenverlaufs eine scharfe Kurve dar (vgl. auch VG Düsseldorf, U.v. 17.2.2010 – 14 K 2614/09 – juris Rn. 13). Dabei ist für den einzelnen Verkehrsteilnehmern auf Grund der gesamten Gestaltung des Kurvenbereichs auch erkennbar, dass der Kurvenbereich von haltenden Fahrzeugen frei zu halten ist, um eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch haltende Fahrzeuge und die durch diese bedingten Brems- und Ausweichmanöver auszuschließen. So sind bis bzw. ab dem jeweiligen Kurveneingang bzw. -ausgang beidseitig optisch von der Fahrbahn abgesetzte (Kopfsteinpflaster) Parkflächen vorhanden. Im Kurvenbereich selbst sind die nicht zur Fahrbahn gehörenden Flächen demgegenüber durch entsprechende bauliche Gestaltung (hoher Randstein, Metallgeländer und Betonpylonen) von der Fahrbahn abgetrennt, sodass ein Parken dort nicht möglich ist. Diese straßenbauliche Gestaltung lässt somit eindeutig erkennen, dass der Kurvenbereich selbst von parkenden Fahrzeugen freigehalten werden soll. In der Gesamtschau der örtlichen Verhältnisse (Straßenverlauf und straßenbauliche Gestaltung) handelt es sich bei dem Verlauf der Berliner Straße auf Höhe des Anwesens Nr. … um eine scharfe Kurve i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO, in der ein Verkehrsteilnehmer nicht mit parkenden Fahrzeugen im Kurvenbereich und einer von diesen ausgehenden, Verkehrsbehinderung rechnen muss.“

Sicherstellung von Bargeld, oder: Steht die Verwendung zu Straftaten bevor?

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Die zweite Samstagsentscheidung kommt dann auch von einem VG, und zwar vom VG München. Das hat im VG, Urt. v. 28.11.2018 – M 7 K 16.6006 – zur sog. Sicherstellung von Bargeld Stellung genommen.

Grundlage war folgender Sachverhalt:

„Am 27. April 2016 kontrollierten Beamte der Polizeiinspektion Fahndung auf der Bundesautobahn A 8 (im Folgenden: A 8) in Fahrtrichtung pp. auf dem Parkplatz pp. einen Kleintransporter mit rumänischer Zulassung (amtl. Kennzeichen pp.). Eine INPOL-Überprüfung der neun Insassen ergab, dass zwei von ihnen bereits wegen Hehlerei und Urkundenfälschung in Erscheinung getreten waren. Aufgrund dessen wurde das Fahrzeug zu einer genaueren Kontrolle und Untersuchung zur Polizeiinspektion verbracht. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs wurde im Armaturenbrett im Bereich der Beifahrerseite hinter der Plastikblende des Beifahrerairbags eine weiße Papiertasche entdeckt. In dieser befand sich eine grüne Plastiktüte, in der 16 Bündel in 10-, 20-, 50- und 100- Euroscheinen, insgesamt 20.000,- Euro, festgestellt wurden. Zudem wurden bei einer körperlichen Durchsuchung der Personen insgesamt bei allen nochmals 2.700,- Euro und 200,- USD Bargeld aufgefunden. Im Rahmen einer anschließenden Befragung gab der Kläger an, dass es sich um sein Geld handle. Dieses habe er von seinen Eltern bekommen, um sich damit in Paris ein Auto zu kaufen. In Paris habe er einen Anruf von seinen Eltern bekommen. Diese hätten mitgeteilt, dass ein Onkel von ihm verstorben sei und er nach Hause fahren solle. Deswegen habe er keine Zeit mehr gehabt ein Auto zu kaufen. Wie der Onkel heiße wisse er nicht, er nenne ihn „Alter“. Das Geld habe er schon so versteckt von Rumänien nach Paris gebracht, weil er nicht so viel Geld habe bei sich tragen wollen. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs sei er nicht dabei gewesen. Wenn die Polizisten ihn gefragt hätten, hätte er ihnen das Geld gezeigt.

Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 teilte das Bayerische Landeskriminalamt dem Zollfahndungsamt München mit, dass der Kleintransporter (amtl. Kennzeichen pp. ) bereits am 30. Oktober 2015 auf der Bundesautobahn A 94 einer polizeilichen Kontrolle unterzogen worden sei. Damals hätten sich neun rumänische Staatsangehörige darunter auch der Kläger in dem Fahrzeug befunden. Diese hätten bei weiterer Befragung erklärt, nach Paris fahren zu wollen. Es habe der Verdacht nahe gelegen, dass die Personen möglicherweise als Bettler oder für sonstige illegale Handlungen eingesetzt würden. Der Kläger sei zudem schon im September und Oktober 2015 mit dem Kleintransporter aufgefallen. In beiden Fällen sei er auf der A 8 in Fahrtrichtung München unterwegs gewesen. Im Februar 2013 sei der Kläger zudem wegen Urkundenfälschung und des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz für ausländische Kfz und Kfz-Anhänger in Erscheinung getreten.

Laut Aktenvermerk vom 27. Juni 2016 wurden am 29./30. April 2016 zwei rumänische Staatsangehörige mit insgesamt 376 Stangen Zigaretten aufgegriffen. Diese hätten bei ihrer Vernehmung unabhängig voneinander angegeben, dass die Zigaretten nach Paris verbracht und dort Familien eines Wohnwagenparks zum Einkaufspreis weitergegeben hätten werden sollen. Bemerkenswert sei, dass der Kläger und die beiden „Zigarettenschmuggler“ ihre Meldeanschriften in der gleichen Ortschaft in Rumänien hätten.

Mit Verfügung vom 1. Juni 2016 – zugestellt am 3. Juni 2016 – ordnete das Zollfahndungsamt München die Sicherstellung des festgestellten Bargeldes in Höhe von 20.000,- Euro an, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (Nr. 1). Zugleich wurde die sofortige Vollziehung dieser Sicherstellungsverfügung angeordnet (Nr. 2).

Zur Begründung wurde angeführt, dass das Geld nach § 32 b Abs. 1 Zollfahndungsdienstgesetz – ZFdG – sichergestellt werden könne. Mit der Sicherstellung des Geldes sei eine gegenwärtige Gefahr abgewendet worden, die im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung bestehe und gegenwärtig vorliege. Es sei davon auszugehen, dass das in Rede stehende Bargeld in Höhe von 20.000,- Euro mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus rechtswidrigen Handelsgeschäften herrühre und im Falle einer Rückführung erneut einer illegalen Verwendung im Rahmen der Abwicklung von Zigarettenschmuggelgeschäften zugeführt werden solle. Für den Umstand, dass es sich um inkriminiertes Geld handle, spreche die Auffindesituation, die Stückelung des Geldes, die in der Befragung gemachten Angaben bezüglich der Herkunft des Geldes sowie die aufgrund der bisher durchgeführten Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse. Das Zollfahndungsamt sei der festen Überzeugung, dass das Bargeld aus Verkäufen von Schmuggelzigaretten – in den Wohnwagenparks von Paris – stamme und dem Kläger zu einem unbestimmten Zeitpunkt vor dem 27. April 2016 übergeben worden sei, damit dieser das Geld nach Rumänien verbringe, um es dort für den erneuten Ankauf von Schmuggelzigaretten zu verwenden. Hierfür spreche auch der aktuelle Aufgriff der mobilen Kontrolleinheit des Zolls vom 29./30. April 2016 auf der A 8.

Das VG hat die Klage als begründet angesehen:

„Die Sicherstellungsverfügung vom 1. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Sicherstellungsverfügung ist § 32 b Abs. 1 ZFdG. Danach können die Behörden des Zollfahndungsdienstes (hier nach § 1 Abs. 1 ZFdG das zuständige Zollfahndungsamt) im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren – wobei auch Bargeld (Banknoten, Münzen) als bewegliche Sache bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen präventiv sichergestellt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2015 – 10 CS 15.1435 – juris Rn. 21 m.w.N.).

Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr stellt eine besondere Qualifikation der konkreten Gefahr dar, welche eine besondere zeitliche Nähe der Gefahrenverwirklichung und ein gesteigertes Maß an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bezeichnet (vgl. Schenke in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 1. Aufl. 2014, § 14 BPolG Rn. 27). Eine konkrete Gefahr ist gegeben, wenn bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall eine Verletzung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eintreten wird (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 4. Aufl. 2014, Art. 11 Rn. 21). Eine gegenwärtige Gefahr liegt demgegenüber vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 4. Aufl. 2014, Art. 11 Rn. 47). Die Gefahrenprognose muss eine hohe Sicherheit aufweisen (vgl. OVG Bremen, U.v. 24.6.2014 – 1 A 255/12 – juris Rn. 25 m.w.N.). Dabei sind allerdings nach einem das Polizei- und Ordnungsrecht beherrschenden Rechtsgedanken an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.1974 – I C 31.72 – juris Rn. 41).

Die Sicherstellung von Bargeld zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr kommt dabei insbesondere auch dann in Betracht, wenn das Bargeld zur Begehung von Straftaten verwendet werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2015 – 10 CS 15.1435 – juris Rn. 21). Denn nach § 26 Abs. 2 Satz 1 ZFdG treffen die Zollfahndungsämter alle geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Verhütung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, zur Aufdeckung unbekannter Straftaten sowie zur Vorsorge für künftige Strafverfahren im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung. Dabei ist sowohl eine besondere zeitliche Nähe als auch ein besonders hoher Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts erforderlich. Letzteres bedingt eine entsprechend abgesicherte Prognose, d.h. es müssen hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Geld unmittelbar oder in allernächster Zeit zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten verwendet werden wird; ein bloßer Gefahrenverdacht oder bloße Vermutungen reichen dafür nicht; allerdings gilt – wie ausgeführt – ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2015, a.a.O. m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist insoweit der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. OVG Bremen, U.v. 24.6.2014 – 1 A 255/12 – juris Rn. 25; OVG NW, B.v. 22.2.2010 – 5 A 1189/08 – juris Rn 2; BVerwG, B.v. 4.7.2006 – 5 B 90/05 – juris Rn 6), hier der Erlass des Widerspruchsbescheids am 28. November 2016.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung lagen die Voraussetzungen für eine Sicherstellung des Bargeldes nach § 32 Abs. 1 ZFdG nicht vor. Es bestanden zwar Verdachtsmomente dafür, dass das Geld aus illegalen Geschäften stammt. Allerdings lagen zu diesem Zeitpunkt – bei Berücksichtigung der Gesamtumstände – keine hinreichend konkreten und nachvollziehbaren tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass das Geld auch unmittelbar oder in allernächster Zeit zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten verwendet werden wird.

Ausgehend von den in der Rechtsprechung hinsichtlich der Herkunft eines sichergestellten Bargeldbetrages aus dem Drogenhandel anerkannten Grundsätzen – die auch im Hinblick auf illegalen Zigarettenschmuggel herangezogen werden können – bestanden hinreichende Verdachtsmomente dafür, dass der bei dem Kläger aufgefundene Bargeldbetrag in Höhe des sichergestellten Betrages aus illegalen Geschäften herrührte.

In der Rechtsprechung sind folgende Gesichtspunkte, die für eine Herkunft des Geldes aus dem Drogenhandel sprechen, anerkannt (vgl. NdsOVG, U.v. 7.3.2013 – 11 LB 438/10 – Rn. 37): hoher Geldbetrag, Versteckthalten oder zumindest Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort, szenetypische Stückelung der Geldscheine, nicht plausibel erklärte Herkunft der Mittel, Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität, einschlägige strafrechtliche Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen.

Hiervon ausgehend durfte die Beklagte vorliegend insbesondere aufgrund der Höhe des Geldbetrages, des Verbergens des Geldes, dessen Stückelung sowie der nicht glaubhaften Schilderung des Klägers eine Herkunft des Geldes aus illegalen Geschäften annehmen.

So wurde vorliegend der Bargeldbetrag in Höhe von 20.000,- Euro bei der Kontrolle am 27. April 2016 trotz Verbergens aufgefunden. Dabei vermag der Einwand des Klägers, dass dieser als Angehöriger der Volksgruppe der Roma über kein Bankkonto verfüge und daher darauf angewiesen sei, alle Zahlungsvorgänge durch Bargeld abzuwickeln nicht zu überzeugen. Denn selbst dies als zutreffend unterstellt, vermag dies nicht das Verstecken des Geldes sowie dessen Stückelung zu erklären. Der Geldbetrag befand sich nicht in einer Geldbörse des Klägers, sondern war vollständig im Armaturenbrett im Bereich der Beifahrerseite hinter der Plastikblende des Beifahrerairbags in einer weißen Papiertasche versteckt. Die Banknoten waren weiterhin zu 15 Bündel à 1.000,- Euro und einem Bündel à 5.000,- Euro gebündelt. Die Bündel waren zudem jeweils mit Gummibändern umwickelt, so dass auszuschließen ist, dass eine Bank an dem Geldkreislauf beteiligt war. Zudem setzte sich der Betrag aus 422 10-Euroscheinen, 384 20-Euroscheinen, 154 50-Euroscheinen und vier 100-Euroscheinen zusammen. Insbesondere die auffällige Häufung von 10- und 20-Euroscheinen legt dabei den Verdacht der Herkunft aus illegalen Geschäften nahe.

Selbst wenn der beim Kläger aufgefundene Bargeldbetrag hinsichtlich der Häufigkeit und Verteilung der Banknoten auf die einzelnen Nennwerte statistisch dem jeweiligen Anteil der einzelnen Note am gesamten Eurobanknotenumlauf entspräche, wäre nicht geklärt, warum der Kläger einen derart gestückelten Bargeldbetrag mit sich geführt hat. Diesbezüglich vermag auch die Erklärung des Klägers zur Herkunft bzw. zur beabsichtigten Verwendung des Geldes nicht zu überzeugen. So gab der Kläger im Rahmen seiner Befragung am 27. April 2016 an, dass er das Geld von seinen Eltern bekommen habe, um damit in Paris ein Auto zu kaufen. Zugleich erklärte er, dass er und seine Eltern keine Arbeit hätten. Es erscheint nicht überzeugend, dass die Eltern des Klägers ohne gesichertes, regelmäßiges Einkommen in der Lage gewesen sein sollen, diesem zusätzlich zu den laufenden Kosten der eigenen Lebensführung einen Geldbetrag in Höhe von 20.000,- Euro zur Verfügung zu stellen. Ebenfalls vermag nicht zu überzeugen, dass der Kläger telefonisch über den Tod eines Verwandten informiert und zur sofortigen Rückkehr aufgefordert worden sein will, aber zugleich im Rahmen seiner Befragung am 27. April 2016 nicht in der Lage war den Namen des Verwandten zu benennen. Selbst wenn man nach dem Einwand des Klägervertreters berücksichtigt, dass es unter der Volksgruppe der Roma üblich ist, Spitznamen zu verwenden bzw. deutlich ältere Personen mit „Alter“ anzusprechen und zu bezeichnen, so wäre zu erwarten, dass bei einem Verwandten, dessen Tod den unmittelbaren Abbruch einer zweckgebundenen ca. 2.300 km weiten Reise ohne Zweckerreichung und eine sofortige Rückreise zu begründen vermag, zusätzlich dessen bürgerlicher Name benannt werden kann. Dies gilt umso mehr, als auch eine Identifikation unter den Verwandten allein aufgrund der Verwendung der Globalbezeichnung „Alter“ nicht praktikabel und dem Gericht auch unter Verwandten nur schwer möglich erscheint, so dass davon auszugehen ist, dass jedenfalls unter Verwandten eine weitere Form der Bezeichnung zur konkreten Identifizierung der jeweiligen Person gebräuchlich ist. Insgesamt erscheinen die Einlassungen des Klägers nicht glaubhaft und vermögen das Gericht nicht von der Richtigkeit der angegebenen Herkunft und des Verwendungszwecks des Geldes zu überzeugen.

Allerdings vermochten alleine diese Verdachtsmomente im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung keine hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Grundlage für die Annahme, dass das Geld unmittelbar oder in allernächster Zeit zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten verwendet werden wird, zu begründen. Zwar ist anerkannt, dass es kriminalistischer Erfahrung entspricht, dass das aus Drogengeschäften gewonnene Geld in der Regel zumindest teilweise wieder in die Beschaffung von Betäubungsmitteln investiert wird. Dies kann jedoch nicht allgemein auf Fälle wie der vorliegenden Art übertragen werden, da alleine die ungeklärte oder deliktische Herkunft noch nicht die Annahme einer deliktischen Verwendung des Geldes rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2016 – 10 CS 16.895 – juris Rn. 13; OVG Bremen, U.v. 24.6.2014 – 1 A 255/12 – juris Rn. 26). Vielmehr muss nach der konkreten, durch Indizien abgesicherten Situation der Schluss gerechtfertigt sein, dass das Geld mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit wieder zu illegalen Zwecken verwendet werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2016 a.a.O.).

Der Kläger war und ist bislang nicht nachweisbar in Zusammenhang mit Zigarettenschmuggel in Erscheinung getreten. Insbesondere wurde der Kläger vor und nach der streitgegenständlichen Kontrolle mehrfach kontrolliert, ohne dass sich hierbei Anhaltspunkte für eine Beteiligung des Klägers an einem Zigarettenschmuggel ergeben hätten. Soweit die Beklagte berücksichtigt hat, dass am 29./30. April 2016 zwei rumänische Staatsangehörige mit insgesamt 376 Stangen Zigaretten, die nach Paris verbracht werden sollten, aufgegriffen wurden, vermag dies – entgegen der Auffassung der Beklagten – alleine keinen hinreichenden Anhaltspunkt für eine geplante illegale Verwendung des Geldes zu begründen. Zwar erscheint es mehr als bloß zufällig, dass mehrere Personen aus einem 11.500 Einwohner-Ort binnen vier Tagen mehr als 1.300 km von deren Heimatort entfernt mit in dem jeweiligen Fahrzeug verbauten Zigaretten bzw. Bargeld angetroffen werden. Ein gesicherter Schluss, dass das beim Kläger aufgefundene Geld zum Ankauf von „Schmuggelzigaretten“ verwendet werden und dadurch wieder in die illegale „Kreislaufwirtschaft“ eingespeist werden sollte, ist dem jedoch nicht zu entnehmen. Zudem lässt sich die Sicherstellung auch nicht wegen der gegenwärtigen Gefahr der Begehung eines Geldwäschedelikts rechtfertigen. Es fehlt an hinreichenden Belegen für das Vorhandensein einer nach § 261 Strafgesetzbuch – StGB – erforderlichen Vortat. Da die einzelnen Varianten des Geldwäschetatbestandes sehr weitgehend sind, müssen an die notwendige Feststellung einer Vortat qualifizierte Anforderungen gestellt werden. Zwar ist die Feststellung einer bestimmten Vortat nicht erforderlich. Es müssen aber Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Katalogtat begangen wurde und es muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass der Tatgegenstand aus einer (von ggf. mehreren) Katalogtat(en) herrührt. Die Katalogtat muss dabei konkretisiert festgestellt sein (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 64. Aufl. 2017, § 261 Rn. 9). Dass das sichergestellte Bargeld aus einer solchen Katalogtat herrührt, steht nach den obigen Ausführungen jedoch nicht hinreichend konkret fest. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Mitnahme des Bargeldes durch den Kläger von Rumänien nach Paris und zurück nicht nach dem – ausschließlich für den die Gemeinschaftsgrenzen überschreitenden Bargeldverkehr geltenden – § 12 a Abs. 1 Zollverwaltungsgesetz – ZollVG – generell anmeldepflichtig war, da eine Anmeldepflicht nach § 12 a Abs. 2 ZollVG vielmehr erst im Falle eines – vorliegend nicht belegten – ausdrücklichen Verlangens der Zollbediensteten, mitgeführtes Bargeld von mehr als 10.000 Euro anzugeben, bestanden hätte (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2016 – 10 CS 16.895 – juris Rn. 15).

Nach einer Gesamtschau der Umstände konnte die Beklagte somit mangels hinreichend konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte somit nicht vertretbar davon ausgehen, dass das Bargeld im Falle einer Rückgabe an den Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die Begehung von Straftaten verwendet worden wäre.“