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KCanG II: „Kessel Buntes“ vom LG, AG und VG, oder: Funkzellenabfrage, Mietverhältnis, Erkennungsdienst

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Und dann im zweiten Posting ein „Kessel Buntes“ zum KCanG, nämlich eine LG-, eine AG und eine VG-Entscheidun. Im Einzelnen:

Der Anordnung steht einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO steht nicht entgegen, dass kein Verdacht einer besonders schweren Straftat im Sinne des § 100g Abs. 2 StPO vorliegt, da eine solche Katalogtat für eine Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO nicht erforderlich ist. (Anschluss an: LG Hamburg, Beschl. v. 06.06.2024 – 621 Qs 32/24; entgegen: BGH, Beschl. v. 10.01.2024 – 2 StR 171/23).

Eine Kündigungsgrund kann auch nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetz – KCanG – grundsätzlich dann gegeben sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsum überschritten wird, da insofern dann ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine erhebliche Störung des Hausfriedens in Betracht kommt (§ 241 Abs. 2, § 535, § 543 Abs. 1, § 549, § 569 Abs. 2, § 573, § 573c, § 574, § 574a BGB unter Beachtung des KCanG).

Zu den Auswirkungen der Neuregelungen des KCanG auf die für eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Abs. 1 Alt. StPO erforderliche Gefahrenprognose.

„Einsatz“ des Baseballschlägers im Straßenverkehr, oder: Entziehung der Fahrerlaubnis

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Und im zweiten Posting gibt es dann mal wieder etwas zur Entziehung der Fahrerlaubnis, und zwar den VG Düsseldorf, Beschl. v. 07.05.2024 – 14 L 783/24. Die Verwaltungsbehörde hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen die Klage mit Antrag, die aufschiebende Wirkung wieder herzustellen, den das VG abgelehnt hat. Der Betroffene hatte das wegen „erhöhten Agressionspotential“ angeforderte Gutachten nicht vorgelegt. Das VG hat den Antrag abgelehnt:

“ ….. Die materiellen Voraussetzungen für die Gutachtenanordnung lagen ebenfalls vor. Nach § 11 Abs. 3 Ziffer 6 FeV kann zur Klärung von Eignungszweifeln ein medizinisch-psychologisches Gutachten angeordnet werden bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen.

Dabei können Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial etwa bei hoher Angriffslust und Streitsüchtigkeit oder bei impulsivem Durchsetzen eigener Interessen unter schwerwiegender Verletzung der Interessen anderer bestehen, wobei Anhaltspunkte für diese Eigenschaften ausreichen und deren Vorhandensein nicht festgestellt sein muss,

vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, § 11 FeV, Rdnr. 35d; VG Ansbach, Urteil vom 29. Oktober 2012 – 10 K 12.00455 – juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2016 – 14 L 3473/16 – juris.

Allerdings lässt hohe Aggressionsbereitschaft nur dann Rückschlüsse auf die Kraftfahreignung zu, wenn zu besorgen ist, dass der Betreffende in konflikthaften Verkehrssituationen emotional impulsiv handelt und dadurch das Risiko einer gefährdenden Verkehrssituation erhöht,

vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 11 C 12.874 – juris.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der am 00. 00 0000 geborene Antragsteller ist strafrechtlich in Erscheinung getreten. Ausweislich des rechtskräftigen Strafurteils des Landgerichts H. vom 00. 00 0000 (Az.: 00 KS-000 Js 00/00-00/00) ist der Antragsteller wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt worden. Das Urteil führt u.a. aus:

„Am 00. 00 0000 befuhr der Angeklagte gegen 06:15 Uhr pp. den linken Fahrstreifen der Autobahn A 59 in Fahrtrichtung N.. Vor ihm fuhr der im folgenden Getötete E. J., geboren am 00. 00 0000. J. war erheblich alkoholisiert – er wies eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,25 Promille auf – und fuhr Schlangenlinien. Als sich der Angeklagte mit seinem Fahrzeug unmittelbar hinter J. befand, bremste dieser plötzlich ohne ersichtlichen Grund stark ab, woraufhin der Angeklagte ebenfalls stark abbremsen musste, um eine Kollision zu vermeiden. Der Angeklagte betätigte die Lichthupe und überholte J., der schließlich die linke Spur geräumt hatte. Beim Überholvorgang zeigte J. noch dem Angeklagten den Mittelfinger, was der Angeklagte auch wahrnahm. Kurz darauf nahmen beide Fahrzeuge die Ausfahrt H.-X., wobei der Angeklagte nunmehr vor J. fuhr. Im Bereich der Abbiegespur in Richtung W., unmittelbar vor der Ampelanlage in der Autobahnausfahrt, kam der Angeklagte zum Stehen. J. hielt hinter ihm. Der Angeklagte stieg aus, nahm einen ca. 60-70 cm langen Baseballschläger aus Holz, der sich in seinem Fahrzeug befand, an sich und ging auf J., welcher sein Fahrzeug ebenfalls verlassen hatte, zu. Der Angeklagte … griff mit beiden Händen den Baseballschläger, holte seitlich zum Schlag aus und schlug in Körperverletzungsabsicht auf den Körper des J., den er auch traf, … J. kam zu Fall und lag rücklings auf dem Boden, … Zu diesem Zeitpunkt schlug der Angeklagte erneut in Verletzungsabsicht mit dem Baseballschläger zu.“ Nachdem ein weiteres Fahrzeug, besetzt mit drei Personen, angekommen und die Personen ausgestiegen waren, schrie der Antragsteller den Personen zu „Das Schwein ist besoffen“ , stieg in sein Fahrzeug und fuhr davon. Der Geschädigte J. erlitt aufgrund von Komplikationen im Krankenhaus ein Multiorganversagen, dass am 13. November 2020 zum Tod führte.

Diese Straftat gibt ausreichende Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial des Antragstellers. Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht der der Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt insofern im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung und dem Straßenverkehr, als der Antragsteller aufgrund des Verhaltens eines anderen motorisierten Verkehrsteilnehmers derartig aggressiv geworden ist, dass er diesen mit einem Baseballschläger zu Boden geschlagen und weiter auf den bereits auf dem Boden liegenden eingeschlagen hat. Nachdem er geschrien hat „Das Schwein ist besoffen“ hat der Antragsteller den Geschädigten überdies auf dem Boden liegen lassen und ist davongefahren. Aufgrund der Art, Schwere und Umstände dieser Tat besteht die Gefahr, dass der Antragsteller im motorisierten Straßenverkehr in Konfliktsituationen und beim Zusammentreffen mit alkoholisierten Kraftfahrern die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer nicht respektieren wird und auch dort eigene Bedürfnisse aggressiv durchsetzen will. Zwar geht aus dem Urteil des Landgerichts auch hervor, dass die Tat vor dem Hintergrund gesehen werden müsse, dass der Antragsteller durch den alkoholisierten Kraftfahrer an den Tod seines Bruders erinnert wurde, der im Jahr 2017 durch einen alkoholisierten Kraftfahrer ums Leben kam. Auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass dies für den Antragsteller einen gravierenden Schicksalsschlag bedeutete, so ist es dennoch vor dem Hintergrund des Gefahrenabwehrrechts nicht zu verantworten, dass der Antragsteller den – möglicherweise nicht verarbeiteten Tod des Bruders – in aggressiver Weise in vergleichbaren Verkehrssituationen an anderen Verkehrsteilnehmern auslässt. Ob der Antragsteller den Tod des Bruders nun in einer Weise verarbeitet hat, dass er in zukünftigen Situationen nicht in ähnlicher Weise aggressiv wird, hätte durch das angeordnete Gutachten geklärt werden müssen.

Das in § 11 Abs. 3 FeV eingeräumte Ermessen hat die Antragsgegnerin angesichts der geschilderten Verurteilung richtigerweise dahingehend ausgeübt, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Ein Untätigbleiben wäre bei der aufgrund der vom Antragsteller möglicherweise ausgehenden erheblichen Gefährdung des Straßenverkehrs nämlich unverantwortlich gewesen.

Die Antragsgegnerin ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Gutachtenaufforderung und die auf die Nichtbeibringung eines solchen Gutachtens gestützten Entziehung der Fahrerlaubnis nicht die Bestimmung des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG entgegensteht. Nach dieser Bestimmung kann die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren, in dem sie einen Sachverhalt berücksichtigen will, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, nicht zum Nachteil des Betroffenen vom Inhalt des Strafurteils abweichen, als sich dieses auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung u.a. der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht.

Mit dieser Vorschrift soll die sowohl dem Strafrichter (vgl. § 69 StGB) als auch der Verwaltungsbehörde (vgl. § 3 Abs. 1 StVG) eingeräumte Befugnis, bei fehlender Kraftfahreignung die Fahrerlaubnis zu entziehen, so aufeinander abgestimmt werden, dass Doppelprüfungen unterbleiben und die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschaltet wird. Der Vorrang der strafrichterlichen vor der behördlichen Entscheidung findet seine innere Rechtfertigung darin, dass auch die Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter als Maßregel der Besserung und Sicherung keine Nebenstrafe, sondern eine in die Zukunft gerichtete, aufgrund der Sachlage zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung zu treffende Entscheidung über die Gefährlichkeit des Kraftfahrers für den öffentlichen Straßenverkehr ist. Insofern deckt sich die dem Strafrichter übertragene Befugnis mit der Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde. Während die Behörde allerdings die Kraftfahreignung aufgrund einer umfassenden Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers zu beurteilen hat, darf der Strafrichter nur eine Würdigung der Persönlichkeit vornehmen, soweit sie in der jeweiligen Straftat zum Ausdruck gekommen ist. Deshalb ist die Verwaltungsbehörde an die strafrichterliche Eignungsbeurteilung auch nur dann gebunden, wenn diese auf ausdrücklich in den schriftlichen Urteilsgründen getroffenen Feststellungen beruht und wenn die Behörde von demselben und nicht von einem anderen, umfassenderen Sachverhalt als der Strafrichter auszugehen hat. Die Bindungswirkung lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Verwaltungsbehörde den schriftlichen Urteilsgründen sicher entnehmen kann, dass überhaupt und mit welchem Ergebnis das Strafgericht die Fahreignung beurteilt hat. Deshalb entfällt die Bindungswirkung, wenn das Strafurteil überhaupt keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthält oder wenn jedenfalls in den schriftlichen Urteilsgründen unklar bleibt, ob das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat. Dabei gilt die in § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG angeordnete Bindungswirkung nicht nur für die Maßnahme der Entziehung selbst, sondern nach ihrem Sinn und Zweck für das gesamte Entziehungsverfahren unter Einschluss der vorbereitenden Maßnahmen, so dass in derartigen Fällen die Behörde schon die Beibringung eines Gutachtens nicht anordnen darf.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 2012 – 16 B 711/12 -, juris. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1988 – 7 C 46.87 -, BVerwGE 80, 43; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 3. Mai 2010 – 10 S 256/10 -, VRS 119, 164 = Blutalkohol 47, 310 = juris, Rn. 3 m.w.N.

Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Antragsgegnerin hier gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG nicht gehindert, die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Eignungsgutachtens anzuordnen und auf die Nichtvorlage gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV mit der Entziehung der Fahrerlaubnis zu reagieren.

Allein die Tatsache, dass ein Strafgericht – wie vorliegend – anstelle einer in Betracht kommenden Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) ein Fahrverbot (§ 44 StGB) verhängt, ist regelmäßig nicht schon für sich genommen Ausdruck einer stillschweigenden Prüfung (und Bejahung) der Fahreignung, so dass nicht bereits deswegen eine Bindungswirkung entsteht,

vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, § 3 FeV, Rdnr. 59; Bay VGH, Beschluss vom 7. August 2008 – 11 CS 08.1854 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2015 – 16 B 55/15 – juris.

Aus den Urteilsgründen lässt sich hier eine eindeutige Feststellung zur Fahreignung des Antragstellers nicht erkennen. Das Urteil des Landgerichts H. führt dazu wörtlich aus:

„Daneben hielt die Kammer gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 StGB die Verhängung eines Fahrverbots für erforderlich, um allen Strafzwecken zu genügen. Unter Berücksichtigung des gesamten Tatbildes, der Täterpersönlichkeit und des Umstandes, dass das hier verhängte Fahrverbot gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 StGB der Vermeidung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe dienen sollte, war nach Auffassung der Kammer ein Fahrverbot von fünf Monaten angemessen“.

Daraus wird deutlich, dass das Strafgericht nicht deshalb von einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB abgesehen hat, weil es den Antragsteller als fahrgeeignet angesehen hat, sondern ausschließlich aus anderen Gründen, nämlich, weil dies der Vermeidung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe dienen sollte. Eine Bindungswirkung an das strafgerichtliche Urteil kann bei einer solchen offenen Formulierung jedenfalls nicht angenommen werden. Denn Grundlage für die Frage, ob die Fahrerlaubnisbehörde an der eigenständigen Beurteilung der Fahreignung des Antragstellers gehindert ist, sollen nicht Mutmaßungen sein, sondern eindeutige Feststellungen im Urteil, an denen es indessen fehlt….“

Verhältnismäßigkeit einer Abschleppmaßnahme, oder: „Du hättest mich ja zunächst mal anrufen können.“

Die zweite Entscheidung kommt dann aus dem Verkehrsverwaltungsrecht, und zwar geht es in dem VG Düsseldorf, Urt. v. 25.09.2023 – 14 K 2723/22 – noch einmal um die Rechtmäßigkeit einer Abschleppmaßnahme.

Die Klägerin ist Halterin einer Containerchassis/Auflieger. Die beklagte Gemeinde erhielt am 13.02.2022 von der Kreispolizeibehörde die Mitteilung, dass bei dieser mehrere Beschwerden wegen eines auf der Y.-straße/ Ecke M.-straße verbotswidrig abgestellten Chassis eingegangen sind.

Eine unmittelbar entsandte Mitarbeiterin der Beklagten fand den Auflieger vor Ort entgegen der Fahrtrichtung auf der Straße kurz vor einer Kurve geparkt vor. Er stand somit nicht am rechten Fahrbahnrand. Der fließende Verkehr fuhr dadurch nicht auf den hinteren Teil des Chassis zu, an dem sich die Rückleuchten und Reflektoren befinden, sondern auf die unbeleuchtete Verbindungsstange. In unmittelbarer Umgebung des Chassis befand sich kein Verantwortlicher.

Der Auflieger wurde auf Veranlassung der Beklagten am Tag der Kenntniserlangung gegen 15:00 Uhr durch einen Abschleppdienst abgeschleppt und zum Firmengelände gebracht. Von dort wurde er dann von der Klägerin am 15.02.2022 gegen Zahlung der Abschleppkosten in Höhe von 440,30 EUR beim Abschleppunternehmer abgeholt.

Die Beklagte hat von der Klägerin für den Abschleppvorgang eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 EUR gefordert. Dagegen die Klage, zu deren Begründungim Wesentlichen ausgeführt wird, das sofortige Abschleppen ohne vorherige Halterabfrage und Kontaktaufnahme zur Halterin sei unverhältnismäßig gewesen. Die Halterin hätte sofort ohne zeitliche Verzögerung ermittelt werden können. Am Unterfahrschutz des Chassis sei auf jeder Seite eine deutlich sichtbare Werbung mit der Büro Telefonnummer der Klägerin angebracht. Hinten am Heck des Chassis stehe zusätzlich eine Stellenanzeige mit Angabe der Handynummer des Geschäftsführers der Klägerin.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das VG führtzur Verhältnismäßigkeit aus:

„Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war verhältnismäßig (§ 15 OBG NRW). Das Abschleppen war zur Abwehr der bereits eingetretenen und noch andauernden Störung durch das rechtswidrig abgestellte Chassis geeignet.

Es war auch erforderlich, da andere, die Klägerin weniger beeinträchtigende, ebenso effektive Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes nicht zur Verfügung standen. Insbesondere konnte die Klägerin den Auflieger nicht selbst entfernen. Zwischen den Beteiligten ist unbestritten, dass sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Gefahrenbeseitigung in unmittelbarer Umgebung kein Verantwortlicher befand.

Die Beklagte war jedoch nicht dazu verpflichtet, vor Einleitung der Abschleppmaßnahme die Halterin des Chassis ausfindig zu machen. Denn sofern sich ein unbekannter Fahrer – wie im vorliegenden Fall – von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur Verfügung steht, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen zu veranlassen, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden Verzögerungen führt.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 6 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 2005 – 3 Bf 25/02 -, Rn. 36, juris; VGH Bayern, Urteil vom 16. Januar 2001- 24 B 99.1571 -, Rn. 36, juris; VGH Hessen, Urteil vom 11.11.1997 – 11 UE 3450/95 -, Rn. 27, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 – 14 K 1421/09 -; VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007 – 20 K 2162/06 -, Rn. 22, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Dezember 2022 – 14 K 1640 -, Rn. 17 juris.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lag auch kein besonders gelagerter Ausnahmefall vor. Die Klägerin war nicht sofort mühelos und ohne Zeitverzögerung auffindbar. Für die Annahme einer Nachforschungspflicht der Beklagten müssten erkennbare Umstände vorgelegen haben, die darauf hindeuteten, dass sich der Verantwortliche in unmittelbarer Nähe des verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs befindet oder innerhalb einer absehbaren Zeit dort erscheinen würde.
Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. November 2016 – 14 K 8007/15 -, juris Rn. 49, 50.

Der Umstand, dass an dem Unterfahrschutz des Chassis Werbung der Klägerin angebracht war, begründet eine solche Nachforschungspflicht hingegen nicht. Denn eine Benachrichtigung des Verantwortlichen kann nur dann geboten sein, wenn er selbst den Ermittlungsaufwand reduziert, und gleichzeitig die Erfolgsaussichten dadurch vergrößert, dass er einen konkreten Hinweis auf seine Erreichbarkeit und seine Bereitschaft zum umgehenden Entfernen des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs gibt.
Vgl. VGH Kassel, Urteil vom 11. November 1997, NVwZ-RR 1999 S. 23, 25; OVG Koblenz, Urteil vom 22. Mai 1990, NVwZ-RR 1991 S. 28; Urteil vom 11. Mai 1999, NJW 1999 S. 3573, 3574; OVG Hamburg, Urteil vom 28. März 2000, NJW 2001 S. 168, 169; Klenke, NWVBl 1994 S. 288, 290; Vahle, DVP 2001 S. 58, 63); OVG Hamburg, Urteil vom 14. August 2001 – 3 Bf 429/00 -, juris Rn. 31, 35.

Eine gut sichtbare Anbringung einer Handynummer stellt jedoch keinen konkreten Hinweis auf den Aufenthaltsort des Verantwortlichen dar. Dies gilt erst recht für eine Büro Festnetznummer, deren Erreichbarkeit regelmäßig an Sprechzeiten geknüpft ist. Der „Werbenachricht“ lässt sich darüber hinaus kein Bezug zu der konkreten (Abschlepp-) Situation entnehmen.

Anhand der Werbeanzeige war weder erkennbar, dass die Störung (auf Anruf) zeitnah beseitigt werden konnte noch dass hierzu die ernstliche Bereitschaft bestand. Die Beklagte musste den möglichen Hinweisen, die aus der Werbung hervorgingen, deshalb nicht nachgehen, da deren Informationsgehalt in Bezug auf die Abschleppmaßnahme zu unbestimmt war. Sie war damit weder zu einer telefonischen Kontaktaufnahme noch zu einer Internetrecherche hinsichtlich möglicher Aufenthaltsorte eines Verantwortlichen verpflichtet,
vgl. VG Düsseldorf vom 13. September 2022 – 14 K 7125/21 -, juris Rn. 23, 31.

Im Übrigen lässt sich dem entsprechenden Verwaltungsvorgang bei der Kreispolizeibehörde B. entnehmen, dass die Diebstahlsanzeige der Klägerin am 0. Februar 0000 und damit zeitlich nach der Durchführung der Abschleppmaßnahme erfolgte. Die Beklagte konnte und musste hiervon im Zeitpunkt des ordnungsbehördlichen Eingreifens keine Kenntnis haben.

Das Abschleppen des Chassis war auch angemessen. Die Nachteile, die für die Klägerin mit der Abschleppmaßnahme verbunden sind, stehen nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg. Das Chassis stellte eine konkrete Gefährdung für den fließenden Verkehr dar, da es unbeleuchtet und entgegen der Fahrtrichtung in einem Kurvenbereich stand und somit die Gefahr drohte, dass sich die herannahenden Fahrzeuge an der Verbindungsstange aufspießen. Außerdem hat die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass im Zeitpunkt des Abschleppvorgangs an einem frühen Nachmittag Anfang Februar die Dämmerung kurz bevorstand und sich die Gefahr, die von dem unbeleuchteten Chassis ausging, nochmals erheblich erhöht hat.

Da von dem verkehrswidrig abgestellten Chassis eine konkrete Gefahr ausging, konnte die Beklagte, ohne vorher aufwändige Ermittlungen anstellen zu müssen, diese Gefahr beseitigen.“

Amphetaminkonsum oder Medikamenteneinnahme?, oder: Untersuchung der Blutprobe erforderlich

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Und dann hier noch der VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2023 – 6 L 2377/23 – zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums. Die Verwaltungsbehörde hat die Fahrerlaubnis entzogen und die sofortige Vollziehung angeordnet. Der Antrag des Betroffenen nach § 80 Abs. 5 VwGO hatte keinen Erfolg. Das VG führt u.a. aus:

„Ob die Entziehung der Fahrerlaubnis auch materiell rechtmäßig ist, vermag das Gericht nach summarischer Prüfung nach Aktenlage nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit zu beurteilen.

Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Maßgeblich für die Beurteilung der Kraftfahreignung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 – 3 C 25.04 -, juris, Rn. 16, und vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Oktober 2003 – 19 A 2549/99 -, juris, Rn. 12, sowie vom 6. Juli 2012 – 16 A 1928/11 -, n.v., S. 2 des Beschlussabdrucks.

Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt ein Fahrerlaubnisinhaber insbesondere dann als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 (zu den §§ 11, 13 und 14 FeV) vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV in Verbindung mit Nr. 3 der Vorbemerkung zu Anlage 4 zur FeV ist die Eignung bzw. die bedingte Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs regelmäßig ausgeschlossen bei Einnahme von Betäubungsmitteln i.S.d. BtMG, ausgenommen Cannabis. Wegen ihres hohen Suchtpotenzials und der Schwierigkeit, ihre Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit einzuschätzen, rechtfertigt bereits ein einmaliger Konsum von sog. harten Drogen im Sinne des BtMG – zu denen Amphetamin zählt – im Regelfall die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis, und zwar unabhängig davon, ob unter dem Einfluss des Betäubungsmittels auch ein Kraftfahrzeug geführt wurde.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 11. April 2019 – 3 C 9/18 -, juris, Rn. 30; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. April 2014 – 16 B 89/14 – juris, Rn. 5, und vom 23. Juli 2015 – 16 B 656/15 -, juris, Rn. 5, jeweils m.w.N. zu der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung der Obergerichte anderer Bundesländer.

Entscheidend für die Verneinung der Kraftfahreignung ist demnach allein, ob feststeht, dass der Kläger jedenfalls einmal Amphetamin konsumiert hat, was einen willentlichen Konsum voraussetzt.

Laut des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums der I. -I1. -Universität E. vom 00. Mai 2023 fiel die dem Antragsteller am 00. Februar 2023 entnommene Blutprobe positiv auf Amphetamin (338 ng/ml) aus. Die Gutachterin Univ.-Prof. Dr. X. -U. kommt in ihrer Beurteilung weiter zu dem Ergebnis, dass damit der Nachweis eines Konsums von Amphetamin (z.B. Pep) geführt wurde. Auch der am 00. Februar 2023 durchgeführte Drogenvortest verlief positiv auf Amphetamin/Metamphetamin.

Es ist angesichts der beschränkten Aufklärungsmöglichkeiten im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Aktenlage allerdings nicht hinreichend sicher, dass der Befund nicht – wie vom Antragsteller vorgetragen – auf einer bestimmungsgemäßen, nach ärztlicher Verordnung erfolgten Einnahme des Medikaments F. 00 mg Hartkapseln beruht. In einem solchen Fall würde sich die Frage der Kraftfahreignung nicht nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV, sondern nach Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV richten. Bei einer ordnungsgemäßen Dauerbehandlung mit einem betäubungsmittelhaltigen Arzneimittel i.S.v. Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV entfällt die Kraftfahreignung „nur“ bei einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß. Das Vorliegen einer solchen Beeinträchtigung dürfte wiederum lediglich durch die Einholung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzuklären sein.

Das Medikament F., das der Antragsteller nach eigenen Angaben zur Behandlung seiner XXX-Erkrankung einnimmt, enthält den Wirkstoff Lisdexamphetamin. Bei einer Einnahme kann es bei Tests auf Drogengebrauch – wie auch in der vom Antragsteller eingereichten ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie I2. vom 00. August 2023 attestiert – zu falsch positiven Ergebnissen kommen.

Vgl. auch die entsprechende Angabe im Beipackzettel des Medikaments F. Hartkapseln, abrufbar unter https://www.takeda-produkte.de/system/files/produkt-info/gebrauchsinformation-elvanse-20-mg30-mg40-mg50-mg60-mg70-mg-hartkapseln.pdf, S. 4.

Eine Analyse der dem Antragsteller entnommenen Blutprobe mittels eines gaschromatographischen Untersuchungsverfahrens wurde bislang nicht durchgeführt. Nach der Beurteilung der Gutachterin Univ.-Prof. Dr. S. -U. im toxikologischen Gutachten vom 00. Mai 2023 sowie nach telefonischer Auskunft des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums der I. -I1. -Universität E. am 00. September 2023 gegenüber dem Antragsgegner (vgl. Bl. 31 VV) könnte bei einer solchen Untersuchung festgestellt werden, ob die im Blut des Antragstellers festgestellte Konzentration an Amphetamin auf der Einnahme des Medikaments F. oder (zusätzlich) auf einem sonstigen Amphetaminkonsum beruht.

Vgl. bezüglich der bei einer ADHS-Erkrankung ebenfalls eingesetzten Medikamente Ritalin und Medikinet dazu, dass bei einer gaschromatischen Untersuchung des Blutes eindeutig zwischen Amphetamin und dem in diesen Medikamenten enthaltenen Wirkstoff Methylphenidat unterschieden werden kann, nur OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2019 – 16 B 730/19 -, n.v., S. 2; VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. November 2019 – 6 L 2821/19 -, juris, Rn. 7 f. jeweils m.w.N.

Nach alledem vermag das Gericht ohne eine abschließende Klärung im Hauptsacheverfahren in Gestalt einer gaschromatographischen Untersuchung der dem Antragsteller am 00. Februar 2023 entnommen und laut des toxikologischen Gutachtens vom 00. Mai 2023 noch bis Mai 2025 beim V. E. lagernden Blutprobe nicht ausreichend zuverlässig zu beurteilen, ob der Antragsteller zum Zeitpunkt der Entziehung kraftfahrungeeignet und ihm daher (zwingend) die Fahrerlaubnis zu entziehen war.

b) Lässt sich demnach die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung nicht hinreichend sicher abschätzen, kann das Gericht lediglich eine Interessenabwägung in Form einer Folgenabschätzung vornehmen. Dabei sind die Folgen, die eintreten, wenn die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird, die angefochtene Verfügung sich aber als rechtmäßig erweist, gegen die Folgen abzuwägen, die eintreten, wenn die aufschiebende Wirkung nicht wiederhergestellt wird, sich die Verfügung aber später als rechtswidrig erweist. Auf die betroffenen Grundrechte ist in besonderer Weise Bedacht zu nehmen.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 -, juris, Rn. 23 ff.

Diese Abwägung fällt zulasten des Antragstellers aus…..“

„Verbrenner-Fahrzeug“ auf einem „E-Auto-Ladeplatz“, oder: Abschleppen erlaubt

Und dann zum Wochenschluß noch ein wenig Verkehrsverwaltungsrecht mit zwei verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen.

Hier zunächst das VG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2023 – 14 K 7479/22. Die Entscheidung, die im Übrigen zu „OWi“ gepasst hätte, befasst sich mit der Zulässigkeit des Abschleppens eines „Verbrenner-Fahrzeugs“ von einem „E-Auto-Ladeplatz“.

Folgender Sachverhalt liegt zugrunde: Der Kläger wendet sich gegen einen Leistungs- und Gebührenbescheid nach einer Abschleppmaßnahme in Form einer Versetzung. Das Kraftrad des Klägers hatte im August 2022 auf einem Ladeplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge geparkt. Der Platz war mit einer Ladesäule ausgestattet sowie mit dem Zeichen 314 (Parken) und mit den Zusatzzeichen „auf dem Seitenstreifen“, „Symbol für elektrisch betriebene Fahrzeuge“ und „Parkscheibe 4 Stunden“ versehen. Eine Außendienstkraft der Beklagten beauftragte ein Abschleppfahrzeug. Der Fahrer des Abschleppfahrzeuges versetzte das Kraftrad auf den angrenzenden Bürgersteig. Die Beklagte hate mit einem Leistungs- und Gebührenbescheid den Kläger zu einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 84,00 EUR und den Kosten des Abschleppunternehmers in Höhe von 75,01 EUR, insgesamt 159,01 EUR in Anspruch genommen. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:

„Die Abschleppmaßnahme war hier rechtmäßig. Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung gemäß § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW auf Grundlage der ordnungsrechtlichen Generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen,
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 28. November 2000 – 5 A 2625/00 -, Rn. 13, juris,

denn sie ist nach beiden Alternativen rechtmäßig.

Die in § 14 OBG NRW als Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Einschreitens verlangte gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Als Gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne ist insbesondere der Verstoß gegen Rechtsnormen anzusehen. Der Kläger verstieß durch das Abstellen seines Kraftrades auf dem Ladeplatz, der durch das Aufstellen einer entsprechenden Beschilderung Elektrofahrzeugen während des Ladevorgangs vorbehalten ist, gegen § 12 Abs. 3 Nr. 2 StVO.

Hier war durch das Richtzeichen 314 (Parken) der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) nebst Zusatzzeichen Nr. 1008-66 (Elektrofahrzeug) und Zusatzzeichen Nr. 1040-32 (Parkscheibe mit Höchstparkdauer 4 Stunden) des Katalogs der Verkehrszeichen der StVO (VzKat StVO) der Parkplatz ausschließlich PKWs vorbehalten. Durch das einschränkende Zusatzzeichen wird das Richtzeichen 314 zum Verbotszeichen für die nicht berechtigten Fahrzeuge, vgl.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, § 12 StVO, Rdnr. 57. Da der Parkplatz nach der Beschilderung lediglich Elektrofahrzeugen während der Dauer des Ladevorgangs für eine Zeit von höchstens 4 Stunden vorbehalten ist, wird ein Fahrzeug mit Verbrennermotor, das die Ladesäule nicht in Anspruch nimmt, so angesehen, dass es in einem absoluten Halteverbot stand.

Die Beklagte hat auch das ihr durch § 14 OBG eingeräumte Ermessen für die Entscheidung, ob die Gefahr durch Sicherstellung der Sache beseitigt werden soll, ordnungsgemäß ausgeübt.

Das Einschreiten des Außendienstmitarbeiters durch Beauftragung eines Abschleppwagens zur Versetzung des Kraftrades des Klägers war auch verhältnismäßig. Die Versetzung war geeignet und erforderlich, um den Verstoß gegen die Parkregelung zu beseitigen. Sie war unter Inanspruchnahme eines Abschleppunternehmens auch angemessen. Eine den Kläger weniger beeinträchtigende Maßnahme als die vorgenommene Versetzung kam nicht Betracht. Dabei wäre aus Sicht des Gerichts auch ein Verbringen auf das Betriebsgelände des Abschleppunternehmens rechtmäßig gewesen. Die interne Verwaltungspraxis der Beklagten, die ordnungswidrig geparkten Krafträder nicht durch die Außendienstmitarbeiter bewegen zu lassen, begegnet vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme keinen Bedenken, da es nicht darauf ankommen kann, ob der konkrete Außendienstmitarbeiter körperlich in der Lage ist, das in Rede stehende Fahrzeug zu bewegen oder nicht.

Die durch die Maßnahme für den Kläger entstehenden Unannehmlichkeiten und Kosten stehen zu dem bezweckten Ziel, den durch die Beschilderung ausschließlich für Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs freizuhaltenden Parkraum nicht längerfristig durch einen Unberechtigten blockieren zu lassen, nicht außer Verhältnis.

Nach der Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts Münster ist das Abschleppen eines verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn es allein der Beseitigung eines Rechtsverstoßes von nicht unerheblicher Dauer dient, ohne dass eine konkrete Verkehrsbehinderung vorgelegen haben muss,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 -, NJW 1990, 2835 m.w.N..

Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob eine Abschleppmaßnahme auch dann angemessen ist, wenn der Zweck des Abschleppens allein in der Beseitigung des im verbotswidrigen Parken liegenden Rechtsverstoßes liegt, oder ob dies stets nur dann der Fall ist, wenn eine weitere Beeinträchtigung (etwa Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, negative Vorbildwirkung gegenüber weiteren Kraftfahrern, Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche) hinzukommt.

So etwa OVG NRW, Urteil vom 29. September 1989 – 5 A 878/89 -; Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 -, NJW 1990, 2835 ff.; BVerwG, Urteil vom 14. Mai1992 – 3 C 3/90 -, NJW 1993, 870; Beschluss vom 18. Februar.2002 – 3 B 149/01 -, DVBl. 2002, 1560, 1561.

Denn das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges steht jedenfalls dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 5 A 2802/11 -, Rn. 3 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. September 2022 – 14 K 8443/19; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2013 – 14 K 6792/13 – juris.

Auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung kommt es dabei nicht an.
Vgl. VG Aachen, Urteil vom 23. Februar 2007 – 6 K 78/07 -, Rn. 21, juris.

Von einer derartigen Funktionsbeeinträchtigung ist beim Abstellen eines Fahrzeuges mit Verbrennermotor im Bereich einer Ladestation für Elektrofahrzeuge regelmäßig auszugehen, sodass es keiner Überprüfung bedarf, ob der Kläger durch das verbotswidrige Abstellen konkret ein bevorrechtigtes Elektrofahrzeug am Parken und Laden gehindert hat. Die parkbevorrechtigten Benutzerkreise sollen nach der gesetzgeberischen Wertung darauf vertrauen dürfen, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen unbedingt zur Verfügung steht. Den Verkehrsordnungsbehörden kann nicht die Pflicht auferlegt werden, den Bedarf an freizuhaltenden Parkplätzen fortlaufend zu überprüfen und hiervon ein Einschreiten abhängig zu machen. Die Funktionen der Parkplätze an Ladesäulen für Elektrofahrzeuge wird nur dann gewährleistet, wenn sie jederzeit von nicht parkberechtigten Fahrzeugen freigehalten werden,
vgl. VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2018 – 2 K 7476/17 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 – 17 K 4015/18 – juris.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Kürze zu seinem Fahrzeug zurückkehren würde und dass ein Abschleppvorgang daher unverhältnismäßig sein könnte, lagen nicht vor.

Gleichermaßen ist das Abschleppen aus spezial- und generalpräventiven Zwecken gerechtfertigt, da von einem an einer Elektrotankstelle abgestellten Fahrzeug mit Verbrennermotor, eine negative Vorbildwirkung für andere Kraftfahrer ausgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen im Elektromobilitätsgesetz deutlich gemacht hat, dass er der Bevorrechtigung von Elektrofahrzeugen im allgemeinen und unter anderem dem bevorzugten Parken auf öffentlichen Straßen und Wegen im Besonderen eine hohe Bedeutung beimisst. Eine gegenteilige Bewertung steht dem Verkehrsteilnehmer nicht zu,
vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 – 17 K 4015/18 – juris.

Nach alledem ist die erfolgte Abschleppmaßnahme rechtlich nicht zu beanstanden.“