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Vertrauen ist gut, Kontrolle (durch den BGH) ist besser

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Zu den Entscheidungen, mit denen der BGH die Rechtsprechung des BVerfG zur Verständigung im Urteil vom 19.03.2013 (vgl dazu hier Da ist die Entscheidung aus Karlsruhe: Die genehmigte Verständigung, der verbotene Deal) in der letzten Zeit aufgearbeitet hat, gehört auch das BGH, Urt. v. 10.07.2013 – 2 StR 195/12 (übrigens auch für BGHSt bestimmt) (zum Ganzen auch die Zusammenstellung in Zwar nicht belehrt, aber darauf beruht das Urteil hier nicht – BGH arbeitet BVerfG auf). In dem Verfahren gin es (auch) um Dokumentation, und zwar der außerhalb der Verhandlung geführten Verständigungsgespräche. Dazu hieß es im Protokoll der HV nur:

„Der Vorsitzende gab bekannt, dass in der Verhandlungspause eine tatsächliche Verständigung nach § 257c StPO erörtert worden ist. Das Gericht hat für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von drei Jahren und eine Strafuntergrenze von zwei Jahren und zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. …

Die Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmten zu.

Die Hauptverhandlung wurde von 12.40 Uhr bis 12.46 Uhr unterbrochen.

Der Angeklagte und der Verteidiger erklärten Zustimmung. …“

Der Angeklagte hatte dazu dann in der Revision geltend gemacht „, die „formellen Anforderungen an eine Verständigung“ seien nicht eingehalten worden, „da insbesondere die erforderlichen Protokollierungsanforderungen nicht beachtet“ worden seien. Er trägt vor, anhand des Protokolls müssten zumindest die Fragen beantwortet werden können, von wem die Initiative zur Verständigung ausgegangen sei, ob alle Verfahrensbeteiligten an dem Gespräch beteiligt gewesen und von welchem Sachverhalt sie ausgegangen seien, ferner welche Vorstellungen sie vom Ergebnis der Verständigung gehabt hätten. Das Protokoll besage nichts darüber.

Und: Er hatte Erfolg. Nach Ausführungen zur Verfahrensrüge/Protokollrüge bejaht der 2. Strafsenat einen Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil auch beruht.

a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen im Sinne der §§ 202a, 212 StPO statt-gefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, und gegebenenfalls deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu auch Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310 S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1065, Tz. 85; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung der Möglichkeit einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.

Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob der Dokumentationspflicht nur dann ausreichend Genüge getan worden wäre, wenn der Protokollvermerk verlesen und genehmigt wurde (vgl. § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO), wie es sinnvoll sein kann, weil ein erhebliches Interesse des Angeklagten (vgl. unten II.2.b) an der Feststellung des Wortlauts der Mitteilung besteht.

b) Ein Mangel des Verfahrens an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97)…..“.

Also: Vertrauen ist gut, Kontrolle – auch durch den BGH – ist besser. Das bedeutet, dass ggf. also eine ganze Menge protokolliert werden muss. Nur „Verständigungsgespräche haben stattgefunden, reicht nicht.

Und: Der BGH hat zwar offen gelassen hat, „ob der Dokumentationspflicht nur dann ausreichend Genüge getan worden wäre, wenn der Protokollvermerk verlesen und genehmigt wurde (vgl. § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO)“. Ich würde das als Vorsitzender im Hinblick auf: „wie es sinnvoll sein kann, weil ein erhebliches Interesse des Angeklagten (vgl. unten II.2.b) an der Feststellung des Wortlauts der Mitteilung besteht.“ zur Sicherheit in Zukunft immer tun.

 

Zwar nicht belehrt, aber darauf beruht das Urteil hier nicht – BGH arbeitet BVerfG auf

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Im Moment arbeitet der BGH die „Verständigungsentscheidung“ des BVerfG vom 19.03.2013 ab (vgl dazu hier Da ist die Entscheidung aus Karlsruhe: Die genehmigte Verständigung, der verbotene Deal). Nach dem BVerfG-Urteil hat er in verschiedenen Entscheidungen zur Umsetzung der Auffassung des BVerfG Stellung genommen, und zwar u.a.:

In die Reihe gehört nun auch der BGH, Beschl. v. 07.08.2013 – 5 StR 253/13, der sich noch einmal mit den Belehrungsfragen befasst. In dem Verfahren war es zu einer Verständigung gekommen. Der Vorsitzende hat aber nicht unmittelbar im Zusammenhang damit, sondern erst später nach § 257c Abs. 5 StPO belehrt. Der BGH sieht das als einen Verfahrensverstoß, der auch nicht durch die spätere Belehrung geheilt worden sei. Eine Heilung des Verstoßes hätte nach Auffassung des BGH ei­ne rechtsfehlerfreie Wiederholung des von dem Verfahrensfehler betroffenen Verfahrensabschnitts vorausgesetzt. Dafür hätte es ei­nes ausdrücklichen Hinweises auf den Fehler und auf die daraus folgende gänzliche Unverbindlichkeit der Zustimmung des Angeklagten bedurft sowie einer Nachholung der versäumten Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO und der erneuten Einholung einer nunmehr verbindlichen Zustimmungserklärung des Angeklagten zur Verständigung.

Aber: Zwar ein Fehler, das Urteil beruht darauf nach Auffassung des BGH jedoch nicht. Insoweit macht der BGH eine Ausnahme von der BVerfG-Entscheidung v. 19.03.2013, die in den Fällen des Fehlens der Belehrung davon ausgeht, dass das Urteil darauf i.d.R. beruht. Begründung:

bb) Indes ist hier anders als in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen, in denen eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO gänzlich fehlte, eine solche, wenngleich verspätet, vor Ablegung des Geständnisses erfolgt, und zwar unmittelbar nach der allseitigen Zustimmung zum gerichtlichen Verständigungsvorschlag. Dadurch war der Angeklagte über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelten Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts vom in Aussicht gestellten Ergebnis unterrichtet. In Kenntnis dieses Umstands hat er das in das Urteil eingeflossene Geständnis abgelegt, und zwar nach einer ihm verbleibenden weiteren Überlegungsfrist von einer Woche. Er stand durchgehend im Beistand seines – notwendigen – Verteidigers. Dieser hatte die Verständigung selbst initiiert. An der Gestaltung des Geständnisses hat der Verteidiger – ersichtlich im Einvernehmen mit dem Angeklagten – durch die von ihm gefertigte Verteidigerschrift wesentlich mitgewirkt. Bei alledem ist eine die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten berührende Drucksituation auszuschließen. Im Übrigen liegt denkbar fern, dass der Verteidiger die Initiative zur Verständigung ohne Information seines Mandanten über deren Konsequenzen ergriffen hätte.

cc) Unter diesen besonderen Umständen ist davon auszugehen, dass der Angeklagte, bevor er seine Mitwirkungshandlungen vornahm, vollen Umfangs über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung informiert war und autonom darüber entscheiden konnte, ob er von seiner Freiheit, an seiner bisherigen Einlassung festzuhalten und gegebenenfalls darüber hin-aus die Aussage zu verweigern, Gebrauch machen wollte (vgl. BVerfG aaO, Rn. 125 f.). Schließlich war auch schon der in dem Verständigungsvorschlag enthaltenen Formulierung „… für den Fall, dass er ein glaubhaftes Geständnis ablegt …“ ein klarer Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Entscheidung hierüber ebenso wie über die Vornahme der weiteren Mitwirkungshand-lungen weiterhin beim Angeklagten lag.“

 

 

Das „vorgegebene“ Geständnis in der Revision

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In einem Verfahren wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung u.a., in dem es offenbar zu einer Verständigung (§ 257c StPO) gekommen ist, rügt die Angeklagte später, „ihr sei durch die Strafkammer ein Geständnis „vorgegeben“ worden“. Der BGH hat im BGH, Beschl. v. 08.08.2013 – 5 StR 312/13 – diese Rüge als unzulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO angesehen, und zwar

„Denn es wird schon nicht vorgetragen, dass ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden, der die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, bereits am 22. Verhandlungstag Gespräche über eine Verständigung geführt worden waren, in deren Rahmen die Verteidigung an einer Bekanntgabe einer Auflistung zu den Standpunkten der Strafkammer nach dem bisherigen Beweisergebnis interessiert gewesen war; diese hat die Strafkammer der Verteidigung dann zur Verfügung gestellt. Ferner hätte die Beschwerdeführerin zum Inhalt ihrer am 23. Verhandlungstag nach den Vorschlägen des Gerichts abgegebenen Erklärung vortragen müssen. Denn insoweit handelte es sich ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 34) nicht lediglich um ein sogenanntes „Formalgeständnis“; vielmehr hat die Angeklagte darin unter anderem Reue bekundet und die Gründe für ihr deliktisches Verhalten zum Nachteil der Nebenklägerin zu erklären versucht.“


Und nochmal Absprache: Die Geständnisüberprüfung

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Dann will ich der Entscheidung des BGH v. 11.04.2013 – 1 StR 563/12 (vgl. dazu An der Belehrung geht nach einer Absprache kein Weg vorbei) noch einen weiteren Beschluss des BGH hinterherschicken, und zwar den BGH, Beschl. v. 15.04.2013 – 3 StR 35/13. In dem wird noch einmal deutlich, welchen Stellenwert der BGH der Überprüfung des im Rahmen einer Verständigung abgelegten Geständnisses einräumt (§ 257c Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 244 Abs. 2 StPO). Im Verfahren waren mehrere Angeklagte, die  unter der Bezeichnung „W. -Radio“ ein Internetradio zur Verbreitung rechtsradikalen Gedankenguts betrieben, wegen der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied bzw. wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu Freiheitsstrafen verurteilt. Das LG hat bei der Verurteilung der Angeklagten wegen „Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied“ bzw. „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ und eines Teils der Mitangeklagten wegen zahlreicher mitverwirklichter Äußerungs- und Propagandadelikte unter anderem Feststellungen zu 73 Liedern größtenteils rechtsradikalen Inhalts getroffen, deren textliche Wiedergabe – teilweise in deutscher Übersetzung der englischen Originalfassung – über 35 Urteilsseiten umfasst. Es hat weiter bei einem Großteil der Angeklagten über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr mit minutengenauer Darstellung der Spielzeiten eine Vielzahl von über das „W. -Radio“ gesendeten Liedern und Äußerungen der Angeklagten nach Datum und Uhrzeit festgestellt. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat es lediglich ausgeführt, die getroffenen Feststellungen beruhten „auf den glaubhaften geständigen Einlassungen der Angeklagten in der Hauptverhandlung, den verlesenen Registerauszügen und den glaubhaften Bekundungen von Zeugen, die insbesondere über den Gang des Ermittlungsverfahrens berichtet haben.

 Dem BGH reicht das nicht:

„2. Diese Ausführungen belegen, dass die Strafkammer sich ihre Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten auf unzureichender Basis verschafft hat, was der Senat auch allein auf die Sachrüge zu berücksichtigen hat. Im Einzelnen:

a) Aus dem verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzip folgt im deutschen Strafprozessrecht die Verpflichtung der Gerichte, von Amts wegen den wahren Sachverhalt – die materielle Wahrheit – zu erforschen (§ 244 Abs. 2 StPO, vgl. zuletzt BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11, NJW 2013, 1058). Diese Pflicht bestimmt den Um-fang der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung. Die Würdigung der Beweise (§ 261 StPO) bildet wiederum die Grundlage für den Schuldspruch und die Festsetzung der entsprechenden Rechtsfolgen. Die Amtsaufklärungspflicht darf – schon wegen der Gesetzesbindung des Richters (Art. 20 Abs. 3 GG) – nicht dem Interesse an einer einfachen und schnellstmöglichen Erledigung des Verfahrens geopfert und kann nicht zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts gestellt werden (BVerfG aaO).

Es ist daher unzulässig, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu le-gen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte – unter Umständen aufgrund einer Verständigung – geständig gezeigt hat. Zwar unterfällt auch die Bewertung eines Geständnisses dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein (BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 2 StR 156/98, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 31). Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das abgelegte Geständnis mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren ist, ob es in sich stimmig ist und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 – 3 StR 335/11, NStZ-RR 2012, 256). Die Beschränkung der Beweiswürdigung im Wesentlichen auf den bloßen Hinweis, der Angeklagte sei geständig gewesen, genügt insbesondere dann nicht, wenn aufgrund der Komplexität und der zahlreichen Details des festgestellten Sachverhalts Zweifel bestehen können, dass der Angeklagte an das Tatgeschehen eine auch in den Einzelheiten genügende Erinnerung hat (BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2012 – 3 StR 335/11, NStZ-RR 2012, 256 f. und vom 5. Dezember 1995 – 4 StR 698/95, StV 1996, 214, 215).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, denn das Landgericht hat es ausweislich der Urteilsgründe unterlassen, die Geständnisse der Angeklagten einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Damit beruht seine Überzeugung nicht auf einer tragfähigen Grundlage. Insbesondere mit Blick auf die jeweils genauen Texte einer großen Zahl teilweise fremdsprachiger Lieder sowie die Frage, welcher Angeklagte genau bei welcher Moderation welche Lieder zu Gehör brachte, liegt es auf der Hand, dass die Angeklagten sich insoweit nicht an die exakten Einzelheiten des zudem einige Zeit zurückliegenden Geschehens erinnern konnten.

Also: Auch an der Geständnisüberprüfung geht nach einer Absprache/Verständigung kein Weg vorbei.

Gedanken des BGH nach dem Absprache-Urteil des BVerfG: Der „Sonderstrafrahmen“

Das BVerfG, Urt. v. 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 – – 2 BvR 2883/10 – – 2 BvR 2155/11, das uns die Bewährung für die Absprache/Verständigungsregelung gebracht hat (vgl. zum Urteil hier: Da ist die Entscheidung aus Karlsruhe: Die genehmigte Verständigung, der verbotene Deal), ist nun auch in der Rechtsprechung des BGH angekommen. Der 5. Strafsenat macht sich in seinem Beschl. v. 25.04.2013 –  5 StR 139/13 – Gedanken um die Umsetzung des Urteils. Zu entscheiden war ein Verfahren, in dem das LG den Angeklagten wegen – in einem Fall bewaffneten – Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt hatte. Dagegen die Revision, die der BGH verworfen hat, allerdings mit folgender Anmerkung:

1. Dem Urteil liegt – bei eindeutiger Beweislage – eine Verfahrensabsprache gemäß § 257c StPO zugrunde. Ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 5) wurde dem Angeklagten dabei „für den Fall eines umfassenden Geständnisses unter Annahme eines minder schweren Falles des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren und drei Monaten zugesichert“. Dies führt auch im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 (NJW 2013, 1058) nicht zu revisionsgerichtlicher Beanstandung.

a) Zwar sind nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts Strafrahmenverschiebungen selbst im Fall unbenannter Strafänderungsgründe wie dem hier in Frage stehenden § 30a Abs. 3 BtMG von Verfassungs wegen grundsätzlich kein zulässiger Gegenstand von Verfahrensabsprachen (vgl. BVerfG aaO Rn. 74, 109, 130). Jedoch hat der Angeklagte die Revision wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Er kann deshalb durch die Zubilligung des milderen Sonderstrafrahmens unter keinem Gesichtspunkt beschwert sein.

b) Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das Landgericht – dann unbedenklich – bei der Verständigung die Annahme eines minder schweren Falles nicht ohnehin vorausgesetzt oder – was nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken erwecken kann – die Annahme des minder schweren Falles von der Abgabe eines Geständnisses abhängig gemacht hat. Bereits an der Vielgestaltigkeit denkbarer Verfahrensabläufe erweist sich indessen, dass die revisionsrechtliche Beurteilung von Verfahrensabsprachen die Kenntnis der Details voraussetzt. Demgemäß muss die Beanstandung bei Anfechtung des Schuldspruchs im Rahmen einer dahingehenden Verfahrensrüge erfolgen.

c) Der Senat gibt zu bedenken, ob nach dem Gesamtzusammenhang des genannten Urteils des Bundesverfassungsgerichts Verfassungsgründe gegen die Einbeziehung von Sonderstrafrahmen in eine Verständigung gemäß § 257c StPO jedenfalls dann ausgeschlossen werden können, wenn die Zubilligung des Sonderstrafrahmens in nach herkömmlichen Strafzumessungsregeln nicht zu beanstandender Weise an den aus dem Geständnis abzuleitenden bestimmenden Strafzumessungsgrund anknüpft. Dem stehen als rechtsfehlerhaft zu erachtende Absprachen gegenüber, in denen sich aus der Verfahrensgestaltung im Zuge der Verständigung Anhaltspunkte für eine die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten sachwidrig beeinträchtigende Drucksituation ableiten lassen (vgl. BVerfG aaO insbesondere Rn. 130).“

Also:

  1. Die Annahme eines minder schwerer Fall kann nicht von der Abgabe eines Geständnisses abhängig gemacht werden.
  2. Ist das geschehen und soll das gerügt werden, bedarf es dazu einer Verfahrensrüge.
  3. Passt ein zugebilligter „Sonderstrafrahmen“, dann kann das ggf. zulässig sein, auch wenn seine Annahme in die Absprache/Verständigung einbezogen worden ist.