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Lesetipp: Anwaltliche Vergütung im Berufungsverfahren und bei förmlichen/formlosen Rechtsbehelfen

Auf meiner Homepage Burhoff-online sind folgende gebührenrechtliche Beiträge eingestellt worden und stehen damit zum kostenlosen Download bereit.

Und erlaubt ist bei diesem Beitrag noch einmal ein Hinweis auf „Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., 2012″.

Ordnungsgemäße Abrechnung eines Zeithonorars

Machen wir zum Wochenende mal wieder ein wenig Gebührenrecht mit dem Hinweis auf das OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.10.2011 – I 24 U 47/11, der sich (noch einmal) zur i.S. des § 10 RVG ordnungsgemäßen Abrechnung eines Zeithonorars verhält.

Nach dem Inhalt des Beschlusses gilt § 10 RVG auch für die Vereinbarung eines Zeithonorars. Mit Blick auf Sinn und Zweck der gesetzlich vorgeschriebenen Abrechnung (Transparenzgebot) sei § 10 Abs. 2 Satz. 1 RVG auf die vereinbarte Vergütung analog anzuwenden, soweit die Eigenart der vereinbarten Vergütung eine nähere Spezifizierung erfordert und zulässt. D.h. es muss im Einzelnen dargelegt/spezifiziert werden, was man getan hat.

Achtung bei der Vergütungsvereinbarung: Nicht drin/drunter herum schmieren

Die Vergütungsvereinbarung bedarf nach § 3a RVG der Textform, also an sich keine hohen formellen Anforderungen. Allerdings muss man als Rechtsanwalt/Verteidiger doch ein wenig aufpasse, wenn man handschriftliche Ergänzungen in der Vergütungsvereinbarung macht. Die können zu einem Formmangel führen (so das BGH, Urt. v. 03.11.2011 – IX ZR 47/11). Der Senat führt in seiner Entscheidung aus, dass der Textform nicht genügt ist, wenn es infolge nachträglicher handschriftlicher Ergänzungen an einem räumlichen Abschluss der Vereinbarung fehlt. Da bei Beachtung der Schriftform die Unterschrift den Vertragstext räumlich abschließen müsse, führten unterhalb der Unterschrift angefügte Vertragsnachträge zur Formunwirksamkeit der Erklärung.

(1) Anders als bei der Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB), bei welcher die Unterschrift den räumlichen Abschluss der Urkunde bildet, kennt die Textform keine starre Regelung für die Kenntlichmachung des Dokumentenendes (Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, 2. Aufl., § 126b Rn. 7). Es bedarf jedenfalls eines eindeutig wahrnehmbaren Hinweises, der sich räumlich am Ende befindet und inhaltlich das Ende der Erklärung verlautbart ([…]PK-BGB/Junker, 5. Aufl., § 126b Rn. 30). Zur Erfüllung dieses Zwecks kommt neben der Namensunterschrift ein Zusatz wie „diese Erklärung ist nicht unterschrieben“, ein Faksimile, eine eingescannte Unterschrift, eine Datierung oder Grußformel in Betracht (OLG Hamm NJW-RR 2007, 852 ; […]PK-BGB/Junker, aaO, § 126b Rn. 31, 32; MünchKomm-BGB/Einsele, aaO, § 126b Rn. 6; Bamberger/Roth/ Wendtland, aaO). Durch den räumlichen Abschluss der Erklärung muss die Ernstlichkeit des Textes in Abgrenzung eines keine rechtliche Bindung auslösenden Entwurfs deutlich gemacht werden (BT-Drucks., aaO, S. 20).“

Abgepresste/Sittenwidrige Vergütungsvereinbarung

In einem zivilrechtlichen Mandat wird noch kurz vor einem Verhandlungstermin eine Vergütungsvereinbarung geschlossen. Gegen den dann später geltend gemachten Anspruch wendet der beklagte Mandant ein: Die Honorarvereinabrung wurde mir „abgepresst“ und sie ist daher sittenwidrig. Damit setzt sich nun das OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.08.2011 – 1 U 505/10 – 151 auseinander. Das OLG hat Sittenwidrigkeit verneint, und zwar u.a. aus folgenden Gründen:

  1. Der Beklagte habe die Vergütungsvereinabrung vor dem Termin gekannt. Er sei davon nicht überrascht worden.
  2. Es lägen keine besondere Umstände vor, die das Geschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH NJW 2002, S. 2774, 2775). Dazu das OLG: „Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Wie erwähnt sind bei der Beurteilung sittenwidrigen Verhaltens die gesamten Umstände des Falles zu berücksichtigen. Danach ist, worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat, auch zu beachten, dass beträchtliche Gebührenforderungen der Klägerin offen waren und keine Aussicht auf eine Tilgung in absehbarer Zeit bestand. Die geschäftserfahrene Beklagte, die bis dato die Dienstleistungen der Klägerin mittels der von ihr geführten Gesellschaften in Anspruch nahm, musste damit rechnen, dass ihr diese Leistungen nicht dauerhaft ohne zwischenzeitlichen Ausgleich von Gebührenforderungen zur Verfügung gestellt werden.“

Also „Glück gehabt“, dass das OLG trotz derAnkündigung das Mandat niederlegen und im Termin nicht auftreten zu wollen, wenn die Vereinabrung nicht unterzeichnet werde. Dioe Enntscheidung ist alllerdings im Zivilrecht ergangen. Ob die Rechtsprechung auch in einem Strafaverfahren so großzügig wäre, wage ich zu bezwfeln (vgl. dazu hier BGH, Urt. v. 04.02.2010 – IV ZR 18/09).

Dreimal OLG, zweimal BGH – nun hat es (endlich) ein Ende

Der Spruch „Ende gut, alles gut“, passt zu dem dritten (!) Berufungsurteil des OLG Düsseldorf (vgl. hier das OLG Düsseldorf, Urt. v.  07.06. 2011 – 24 U 183/05) sicherlich nicht. Das passt schon besser ein einfaches „Endlich“ ist das Verfahren, das seit 2005 dauert und das OLG Düsseldorf insgesamt dreimal und den BGH zweimal beschäftigt hat, beendet. Dieser Rechtsprechungsmarathon hat, so traurig sich das Verfahren auch darstellt, immerhin etwas gut: Der BGH hat zweimal Gelegenheit erhalten, zur Beurteilung von Zeithonoraren Stellung zu nehmen und ist dabei von seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 2005 (vgl. NJW 2005, 2142 = StV 2005, 621 = AGS 2005, 378) zumindest teilweise abgerückt (vgl. dazu auch BVerfG StraFo 2009, 323 = JurBüro 2009, 641 [Ls.] m. Anm. Madert = StRR 2009, 318 = RVGreport 2009, 299 = StV 2010, 89; vgl. dazu u.a. das BGH, Urt. v. 21.10.2010 – IX ZR 37/10).  Den Schwenk hat das OLG Düsseldorf, dessen entscheidender Senat nun wahrlich nicht „Anwalts Liebling“ ist, mitmachen müssen. An der Bindungswirkung des Revisionsurteils ging kein Weg vorbei.Obwohl: Man merkt dem urteil m.E. an, dass man gerne anders entschieden hätte, wenn man rechtlich gekonnt hätte.

Für die Praxis von Bedeutung ist, dass das OLG die nach seiner Auffassung ungeklärten Zeiträume, die der Rechtsanwalt abgerechnet hatte, nicht zum Anlass genommen hat, die gesamte auf der Vergütungsvereinbarung basierende Abrechnung der vom Rechtsanwalt/Verteidiger erbrachten Tätigkeiten zu kippen. Für die Annahme einer betrügerischen Abrechnung hat es wohl nicht gereicht. In dem Zusammenhang kann nur empfohlen werden, den Zeitaufwand, der für den Mandanten erbracht wird, festzuhalten, um ihn im Streitfall ggf. nachweisen zu können.

Festgehalten hat das OLG Düsseldorf ausdrücklich an seiner Auffassung zur Unzulässigkeit von 15-Minuten-Zeittaktklausel (vgl. dazu schon OLG Düsseldorf AGS 2006, 530 = RVGreport 2006, 420 AGS 2009, 109). Andere Gerichte sind in der Beurteilung von deren Zulässigkeit großzügiger (vgl. OLG Schleswig RVGreport 2009, 179 = AnwBl. 2009, 554; LG München AGS 2010, 284 = BRAK-Mitt. 2010, 148; s. auch BGH AGS 2009, 209 [Frage des Einzelfalls], zu allem eingehend Hansens RVGreport 2009, 164 und Schons BRAK-Mitt. 2010, 52 in der Anm. zu OLG Düsseldorf, AGS 2009, 109). Auch das OLG Düsseldorf (vgl. AGS 2011, 366) hat allerdings die Regelung in einer Vergütungsvereinbarung als wirksam angesehen, die vorsieht, dass nur die letzte pro Tag angefangene Viertelstunde bei der Zeithonorarabrechnung aufgerundet wird. Die pro Tag einmalige Aufrundung auf eine Viertelstunde lasse sich rechtfertigen, weil der Rechtsanwalt so eine Kompensation für die Reibungsverluste, zum Beispiel wegen zwischenzeitlicher Anrufe Dritter oder Anfragen seines Personals, erlange.