Schlagwort-Archive: Verfahrensrüge

Ganz schön verquer: Die eher fernstehende Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen….

Das hatte ich so auch noch nicht gelesen, zeigt mir aber, wie elegant man umschreiben kann, dass die  Verfahrensrüge in einer Revision nicht zulässig begründet ist. Oder wie soll man sonst die Formulierung:

„Die beiden von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die eher fernstehende Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) kann dahinstehen. Letztlich geht es der Staatsanwaltschaft gar nicht entscheidend um eine etwa unzureichende Ausschöpfung in die Hauptverhandlung eingeführter Erkenntnisse über die Vermögensverhältnisse des Angeklagten im Urteil (§ 261 StPO) oder…..“

verstehen. Der 5. Strafsenat hätte auch schreiben können. „Die Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft ist nicht ausreichend i.S. des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet.…“. Gefunden im BGH, Beschl. v. 27.10.2011 – 5 StR 141/11:

Die Revision versäumt es,…

das liest man als Verteidiger in Zusammenhang mit einer Verfahrensrüge nicht gern, musste aber der Verteidiger lesen, der die Revision eingelegt und begründet hat, die dann zum Beschl. des BGH v. 25. Mai 2011 – 4 StR 87/11, führt.

Gerügt worden ist in einem Verfahren, in dem der Angeklagte wegen sexueller Nötigung verurteilt worden ist, mit der Verfahrensrüge die Ablehnung von Beweisanträgen auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Nebenklägerin sowie eines aussagepsychologischen Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Nebenklägerin. Dazu der BGH:

Die Verfahrensrüge, mit welcher die Ablehnung von Beweisanträgen auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Nebenklägerin sowie eines aussagepsychologischen Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Nebenklägerin beanstandet wird, ist nicht  zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zur Begründung seines Beweisbegehrens hat sich der Verteidiger des Angeklagten in dem in der Hauptverhandlung am 25. August 2010 gestellten Beweisantrag auf die von der Zeugin F. übergebenen Krankenunterlagen und in dem Wiederholungsantrag vom 12. Oktober 2010 u.a. auf den Inhalt der polizeilichen Vernehmungen der Nebenklägerin am 27. Januar und 9. Februar 2010 bezogen. Die Revision versäumt es, den Inhalt der Krankenunterlagen sowie der Protokolle der beiden polizeilichen Vernehmungen vollständig mitzuteilen.“

Tja, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist schwer bzw. seine Anforderungen liegen hoch – oder die, die die Revisionsrechtsprechung darauf gründet, aber m.E. nicht so hoch, dass man in diesem Fall nicht übersehen darf, die Unterlagen, auf die man sich bezogen hat, zur Begründung der Verfahrensrüge mit vorzutragen. Wie sonst soll der BGH aufgrund des Revisionsvorbringens prüfen, ob dem Beweisantrag hätte nachgegangen werden müssen?

Protokollrüge – tödlich für die Revision

Da ist mal wieder ein Fall der sog. bloßen Protokollrüge, der Tod der Verfahrensrüge in der Revision. Der Angeklagte hat in BGH, Beschl. v. 08.06.2011 – 4 StR 111/11 beanstanden wollen, dass nach dem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme nicht mehr/noch einmal beraten worden ist. Das kann grds. auch im Sitzungssaal erfolgen. Das hatte der Angeklagte beanstandet, aber eben nicht ausreichend. Der BGH führt dazu aus:

Die Verfahrensrüge des Angeklagten P. , mit welcher geltend gemacht wird, das Urteil sei nach Wiedereintritt in die Verhandlung und Erteilung eines Hinweises nach § 265 StPO unter Verletzung des § 260 Abs. 1 StPO ergangen, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf die erneute Beratung nach Wiedereintritt in die Verhandlung in Form einer kurzen, für alle Vefahrensbeteiligten erkennbaren Verständigung des Gerichts im Sitzungssaal erfolgen, wenn bei der Entscheidung einfacher Fragen rascheste Verständigung möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1971 – 3 StR 73/71, BGHSt 24, 170, 171; Beschlüsse vom 31. Juli 1992 – 3 StR 200/92, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Beratung 5; vom 25. November 1997 – 5 StR 458/97, NStZ-RR 1998, 142). Die Revision trägt nicht vor, dass eine solche Nachberatung durch Verständigung im Sitzungssaal unterblieben ist, sondern führt lediglich aus, dass sich der Protokollvermerk „nach Beratung“ nicht dazu verhält, in welcher Weise die Beratung erfolgt sei. Das Rügevorbringen erschöpft sich damit in der Beanstandung der Protokollierung, ohne einen konkreten Verfahrensfehler bestimmt zu behaupten. Abgesehen davon, dass die Urteilsberatung nicht zu den protokollierungspflichtigen Förmlichkeiten gehört (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 4 StR 260/08, NStZ 2009, 105), vermögen Fehler des Protokolls die Revision nicht zu begründen, weil das Urteil hierauf nicht beruhen kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2006 – 4 StR 604/05, NStZ-RR 2007, 52, 53).“

Ist im Grunde ein Klassiker, dass Fehler des Protokolls die Revision nicht begründen können.

Immer wieder übersehen wird § 238 Abs. 2 StPO…

wenn nicht in der Hauptverhandlung, dann aber häufig im Rahmen der Begründung der Verfahrensrüge. Denn da wird häufig vergessen vorzutragen, dass in der Hauptverhandlung der erforderliche (§ 338 Nr. 8 stPO) Gerichtsbeschluss gem. § 238 Abs. 2 StPO eingeholt wurde. Ergebnis: Die Verfahrensrüge ist nicht zulässig begründet (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

So auch mal wieder in BGH, Beschl. v. 08.06.2011 -1 StR 126/11.

Kurz und knapp – so ist er eben der BGH – manchmal

„Nette“ Begründung (?) zur Erfolglosigkeit der Verfahrensrüge kann man in BGH, Urt. v. 27.04.2011 -2 StR 631/10 lesen. Da heißt es kurz und knapp:

„Die Verfahrensrügen der Verletzung des § 261 StPO bleiben aus den in der Revisionshauptverhandlung erörterten Gründen ohne Erfolg.“

Ich suche derzeit noch die Vorschrift in der StPO, aus der sich die Zulässigkeit dieser „inhaltsvollen“ Begründung ableiten lässt. Ok, der Verteidiger und ggf. der Angeklagte haben an der Hauptverhandlung teilgenommen, aber: Kann man nicht doch vielleicht ein oder zwei Sätze zur Begründung im schriftlichen Urteil erwarten?